VwGH 2000/02/0303

VwGH2000/02/030322.2.2002

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schlegel, über die Beschwerde des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 12. September 2000, Zl. VwSen-107109/7/Br/Bk, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960 (mitbeteiligte Partei: JP), zu Recht erkannt:

Normen

StVO 1960 §2 Abs1 Z15;
StVO 1960 §84 Abs2;
VwRallg;
StVO 1960 §2 Abs1 Z15;
StVO 1960 §84 Abs2;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 20. Juni 2000 wurde der Mitbeteiligte für schuldig erkannt, er habe als Verantwortlicher der P.W. GesmbH. verbotenerweise außerhalb des Ortsgebietes an der Straße innerhalb einer Entfernung von 100 m, jedenfalls am 5. Dezember 1999 bei Strmk 8,02 der B 137 Innviertler Straße, ca. 15 m vom Fahrbahnrand entfernt die Werbung "Gundacker Millenium" angebracht. Er habe dadurch § 84 Abs. 2 und § 99 Abs. 3 lit. j StVO 1960 übertreten; über ihn wurde eine Geldstrafe in der Höhe von S 3.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 3 Tage) verhängt.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 12. September 2000 wurde der Berufung der mitbeteiligten Partei Folge gegeben, das erstinstanzliche Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG eingestellt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf Art. 131 Abs. 1 Z. 2 B-VG gestützte Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat erwogen:

Gemäß § 84 Abs. 2 StVO sind außerhalb von Ortsgebieten Werbungen und Ankündigungen an Straßen innerhalb einer Entfernung von 100 m vom Fahrbahnrand verboten.

Unbestritten ist der Anbringungsort der gegenständlichen Werbung. Sie befindet sich einerseits an einer Straßenstelle, welche in einem Bereich liegt, der durch die Aufstellung von Ortstafeln zum Ortsgebiet gehört, andererseits aber in einer Entfernung von weniger als 100 m vom Fahrbahnrand der B 137, die an dieser Stelle nicht durch die Aufstellung von Ortstafeln als Ortsgebiet festgelegt ist.

Dieser Sachverhalt entspricht jenem, der bereits dem hg. Erkenntnis vom 6. Juni 1984, Zl. 84/03/0016, auf welches gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, zu Grunde lag. Der Verwaltungsgerichtshof sieht keinen Grund, von der darin vertretenen Ansicht abzugehen, dass es in Anbetracht des § 84 Abs. 2 StVO auf die Entfernung der Werbung vom Fahrbahnrand einer Straße, welche außerhalb des Ortgebietes liegt, ankommt. Den Feststellungen der belangten Behörde zufolge ist die gegenständliche Werbung im Winkel von 90 Grad zur B 137 angeordnet, wobei die Sichtbarkeit von der B 137 aus beiden Fahrtrichtungen auf etwa 65 m in einem Eingangswinkel von etwa 45 Grad anzunehmen ist.

Der Ansicht der belangten Behörde, dass dem allgemeinen Sprachempfinden nach "im Ortsgebiet angebrachte Werbungen" vom Verbot des § 84 Abs. 2 StVO nicht umfasst seien, ist entgegenzuhalten, dass der Verwaltungsgerichtshof bereits im Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 8. Mai 1979, Slg. Nr. 9831/A, ausgeführt hat, dass das Ortsgebiet im Sinne der genannten Bestimmung durch § 2 Abs. 1 Z. 15 StVO festgelegt wird. Demnach ist unter Ortsgebiet das Straßennetz innerhalb der Hinweiszeichen "Ortstafel" (§ 53 Z. 17a) und "Ortsende" (§ 53 Z. 17b) zu verstehen. Dass bei der Beurteilung des in § 84 Abs. 2 StVO normierten Verbotes nach dem Gesetzeswortlaut und dem Zweck der Bestimmung jeweils auf alle Straßen, in deren Blickfeld, welches der Gesetzgeber mit 100 m vom jeweiligen Fahrbahnrand aus gerechnet festlegte, die Werbung beziehungsweise Ankündigung fällt, abzustellen ist, ist der ausführlichen Begründung des oben zitierten Erkenntnisses vom 6. Juni 1984, Zl. 84/03/0016, zu entnehmen.

Insoweit die belangte Behörde diesbezüglich dem zitierten hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 8. Mai 1979, Zl. 886/78 (= Slg. Nr. 9831/A), Gegenteiliges zu entnehmen vermeint, verkennt sie dessen tragende Entscheidungsgründe, in welchen sich der Gerichtshof zwar mit der Auslegung der Wortfolge "außerhalb des Ortsgebietes", nicht aber mit deren Beziehung zu den Tatbestandselementen des § 84 Abs. 2 StVO abschließend auseinander setzte.

Da auf Grund des oben Ausgeführten die rechtlichen Bedenken des beschwerdeführenden Bundesministers zu Recht bestehen, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Wien, am 22. Februar 2002

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