VwGH 97/13/0127

VwGH97/13/012731.7.2002

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Hargassner und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Sellner, in der Beschwerdesache des L in L, vertreten durch Dr. Paul Doralt, Dr. Wilfried Seist und Dr. Peter Csoklich, Rechtsanwälte in 1090 Wien, Währingerstraße 2-4, gegen die Erledigung der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat VI) vom 30. April 1997, Zl. GA 16- 96/3373-1/14, betreffend einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften für die Jahre 1979 bis 1981 und Wiederaufnahme des Verfahrens der einheitlichen und gesonderten Feststellung von Einkünften für 1979 und 1980, den Beschluss gefasst:

Normen

BAO §101 Abs3;
BAO §188;
BAO §191 Abs1 litc;
BAO §191 Abs3 litb;
BAO §290 Abs1;
BAO §81 Abs8;
BAO §93 Abs2;
BAO §97 Abs1;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;
BAO §101 Abs3;
BAO §188;
BAO §191 Abs1 litc;
BAO §191 Abs3 litb;
BAO §290 Abs1;
BAO §81 Abs8;
BAO §93 Abs2;
BAO §97 Abs1;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 332 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer war im Streitzeitraum Gesellschafter der später die Firma G GesmbH & Co KG führenden G & R GesmbH & Co KG (im Folgenden kurz: KG).

Mit an die KG gerichteten Bescheiden hatte das Finanzamt die Verfahren zur Feststellung der Einkünfte gemäß § 188 BAO für die Streitjahre wieder aufgenommen und die Einkünfte (neu) festgestellt. Gegen diese Bescheide hatten sowohl die KG (mit Schriftsatz vom 12. Juni 1991) als auch der Beschwerdeführer (mit Schriftsatz vom 1. August 1991) Berufung erhoben.

Im Zuge des Berufungsverfahrens hatte der nach den Streitjahren als Gesellschafter ausgeschiedene Beschwerdeführer im Schriftsatz vom 17. Juli 1992 gemäß § 81 Abs. 8 BAO den Vertretungsbefugnissen des Vertreters der KG hinsichtlich den Beschwerdeführer betreffende Maßnahmen widersprochen.

Mit einer einerseits an die KG, andererseits an den Beschwerdeführer gerichteten Berufungsentscheidung vom 3. Dezember 1992 hatte die belangte Behörde über die gemäß § 277 BAO zu einem gemeinsamen Verfahren verbundenen Berufungen des Beschwerdeführers und der KG gemäß § 290 Abs. 1 BAO einheitlich entschieden.

Gegen diesen Bescheid hatte die KG vor dem Verfassungsgerichtshof Beschwerde erhoben. Mit Erkenntnis vom 28. Februar 1994, B 80/93, hatte der Verfassungserichtshof diesen Bescheid, soweit er die einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften für 1981 betraf, hinsichtlich der Feststellung über die Vortragsfähigkeit des Verlustes aufgehoben, im Übrigen die Beschwerde der KG gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten. Der Beschwerdeführer hatte gegen diesen Bescheid vor dem Verwaltungsgerichtshof Beschwerde erhoben.

Mit den hg. Erkenntnissen vom 24. September 1996, 93/13/0018 (Slg. 7121/F) und 94/13/0132, (Vorerkenntnissen) hat der Verwaltungsgerichtshof die Beschwerden der KG und des Beschwerdeführers, soweit sie die Wiederaufnahme der Verfahren betreffend Feststellung von Einkünften für 1981 betrafen, als unbegründet abgewiesen, den Bescheid im Übrigen - soweit er von der Aufhebung durch den Verfassungsgerichtshof unberührt geblieben war - wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Im fortgesetzten Verfahren hat die belangte Behörde am 21. April 1997 eine mündliche Berufungsverhandlung abgeführt; der Niederschrift über deren Verlauf ist zu entnehmen, dass es sich um die Berufungssache der KG handelte und als Berufungswerber die KG (Vertreter Dkfm. F. und H. H.) und der Beschwerdeführer (als Gesellschafter) sowie Vertreter der Berufungswerber anwesend waren.

Die nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtene Erledigung der belangten Behörde ist an den Beschwerdeführer, zu Handen der ihn vertretenden Wirtschaftsberatungs GmbH, gerichtet und spricht über die Berufung des Beschwerdeführers ab.

Die Frage, welches Schicksal die von der KG erhobene Berufung gefunden hat (worüber sich in den vorgelegten Verwaltungsakten nichts findet), kann auf sich beruhen.

Gemäß § 93 Abs. 2 BAO ist jeder Bescheid ausdrücklich als solcher zu bezeichnen, hat den Spruch zu enthalten und in diesem die Person (Personenvereinigung, Personengemeinschaft) zu nennen, an die er ergeht.

Nach ständiger Rechtsprechung ist die Personenumschreibung notwendiger Bestandteil eines Bescheidspruchs mit der Wirkung, dass ohne gesetzmäßige Bezeichnung des Adressaten im Bescheidspruch (zu dem auch das Adressfeld zählt) kein individueller Verwaltungsakt gesetzt wird (siehe etwa die hg. Beschlüsse vom 17. Oktober 2001, 96/13/0058, und vom 16. Mai 2002, 96/13/0170).

Nach der Bestimmung des § 190 Abs. 1 BAO finden auf Feststellungen gemäß §§ 185 bis 189 die für die Festsetzung der Abgaben geltenden Vorschriften sinngemäß Anwendung. Gemäß § 191 Abs. 1 lit. c BAO ergeht der Feststellungsbescheid in den Fällen des § 188 leg. cit. an die Personenvereinigung (Personengemeinschaft) ohne eigene Rechtspersönlichkeit, deren Gesellschaftern (Mitgliedern) gemeinschaftliche Einkünfte zugeflossen sind.

Nach § 191 Abs. 3 lit. b BAO wirken Feststellungsbescheide im Sinne des § 188 leg. cit. gegen alle, denen gemeinschaftliche Einkünfte zufließen.

Gemäß § 290 Abs. 1 BAO können im Berufungsverfahren nur einheitliche Entscheidungen getroffen werden. Die Berufungsentscheidung wirkt für und gegen die gleichen Personen wie der angefochtene (erstinstanzliche) Bescheid.

Gemäß § 97 Abs. 1 BAO werden Erledigungen dadurch wirksam, dass sie demjenigen bekannt gegeben werden, für den sie ihrem Inhalt nach bestimmt sind.

Damit ein Feststellungsbescheid die ihm nach § 191 Abs. 3 lit. b BAO zukommende Wirksamkeit äußern kann, muss er nach § 97 Abs. 1 leg. cit. auch seinem Adressaten zugestellt sein oder als zugestellt gelten.

Gemäß § 101 Abs. 3 BAO sind schriftliche Ausfertigungen, die in einem Feststellungsverfahren an eine Personenvereinigung ohne eigene Rechtspersönlichkeit oder an eine Personengemeinschaft gerichtet sind (§ 191 Abs. 1 lit. a und c BAO), einer nach § 81 BAO vertretungsbefugten Person zuzustellen. Mit der Zustellung einer einzigen Ausfertigung an diese Person gilt die Zustellung an alle Mitglieder der Personenvereinigung oder Personengemeinschaft als vollzogen, wenn auf diese Rechtsfolge in der Ausfertigung hingewiesen wird.

In einer Zusammenschau der dargestellten Regelungen tritt die im § 191 Abs. 3 lit. b BAO festgestellte Wirkung eines Feststellungsbescheides somit nur beim kumulativen Vorliegen folgender Voraussetzungen ein:

1. Der Bescheid muss in seinem Spruch seinen Adressaten gesetzmäßig bezeichnen (§ 191 Abs. 1 lit. c BAO iVm § 93 Abs. 2 BAO).

2. Der Bescheid muss seinem Adressaten zugestellt sein oder kraft Zustellfiktion ihm gegenüber als zugestellt gelten (§ 97 Abs. 1 BAO iVm § 101 Abs. 3 BAO).

Das Fehlen auch nur einer dieser Voraussetzungen steht der Wirksamkeit einer behördlichen Erledigung als Bescheid entgegen (vgl. den hg. Beschluss vom 2. August 2000, 99/13/0014).

Vor dem Hintergrund dieser Rechtslage hat die angefochtene Erledigung aber keine Bescheidqualität erlangt.

Gemäß § 191 Abs. 1 lit. c BAO hat der Feststellungsbescheid in den Fällen des hier anzuwendenden § 188 leg. cit. an die Personenvereinigung (Personengemeinschaft) ohne eigene Rechtspersönlichkeit, deren Gesellschaftern (Mitgliedern) gemeinschaftliche Einkünfte zugeflossen sind, zu ergehen. Dieser zwingenden gesetzlichen Anordnung zufolge hätte die angefochtene Erledigung an die KG ergehen müssen.

Der vom Beschwerdeführer im Berufungsverfahren erhobene Widerspruch im Sinne des § 81 Abs. 8 BAO hätte lediglich bewirkt, dass die in § 101 Abs. 3 BAO vorgesehene Zustellfiktion, wonach mit der Zustellung einer einzigen Ausfertigung an den Vertreter der KG die Zustellung an alle (gemäß § 81 Abs. 8 BAO bis zum Widerspruch auch an alle ausgeschiedenen) Mitglieder der Personenvereinigung oder Personengemeinschaft als vollzogen gilt, für ihn nicht mehr gilt und dass die an die KG zu richtende Erledigung der belangten Behörde sowohl dem Vertreter der KG als auch dem Beschwerdeführer zuzustellen gewesen wäre.

Dass die belangte Behörde von dieser Zustellfiktion Gebrauch machen wollte und auf diese Rechtsfolge in der Ausfertigung der angefochtenen Erledigung hingewiesen hat, kann nicht bewirken, dass eine an den einen Widerspruch erklärt habenden Beschwerdeführer gerichtete Ausfertigung zur Folge hätte, dass die Zustellung der angefochtenen Erledigung auch an die übrigen Mitglieder der KG als vollzogen gilt.

Somit mangelt es der angefochtenen Erledigung an der Bescheidqualität, weil ungeachtet des Umstandes, dass der Beschwerdeführer (auch) Berufung erhoben hatte und über seine Berufung abgesprochen wurde, die angefochtene Erledigung als Berufungsentscheidung im Feststellungsverfahren gemäß § 290 Abs. 1 iVm § 191 Abs. 1 lit. c BAO an die KG zu richten gewesen wäre.

Weiters ist die angefochtene Erledigung nicht allen Personen, denen gegenüber sie gem. § 191 Abs. 3 lit. b BAO wirken soll, zugestellt worden.

Dass die KG aufgelöst und im Firmenbuch gelöscht worden wäre und ihre Parteifähigkeit nach Abwicklung ihrer Rechtsverhältnisse zu Dritten beendet gewesen wäre (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, 98/13/0223), geht aus den vorgelegten Verwaltungsakten, welche im Gegenteil eine Teilnahme der KG durch ihre Vertreter an der mündlichen Berufungsverhandlung erkennen lassen, nicht hervor.

Im Hinblick darauf, dass das Wesen eines Bescheides nach § 188 BAO durch die Einheitlichkeit der Feststellung geprägt ist, konnte die angefochtene Erledigung demnach auch aus diesem Grund - unbeschadet des Umstandes, dass sie an den Beschwerdeführer gerichtet und ihm zugestellt wurde - nicht einmal dem Beschwerdeführer gegenüber die im Spruch der angefochtenen Erledigung ausgedrückten Rechtswirkungen entfalten (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. Juni 1991, 91/13/0002, und den erwähnten hg. Beschluss vom 2. August 2000), weshalb die Möglichkeit einer durch diese Erledigung bewirkten Verletzung der geltend gemachten subjektiv-öffentlichen Rechte des Beschwerdeführers auszuschließen war.

Die Beschwerde war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff, insbesondere auf § 51 VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 31. Juli 2002

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