VwGH 2001/20/0332

VwGH2001/20/033227.9.2001

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kremla und die Hofräte Dr. Nowakowski und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Weiss, 1. über den Antrag des T in G, geboren am 1. Oktober 1983, vertreten durch Mag. Michael-Thomas Reichenvater, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Herrengasse 13/II, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 16. März 2001, Zl. 221.048/0-XI/33/01, betreffend §§ 7 und 8 AsylG, und 2. in dieser Beschwerdesache (weitere Partei: Bundesminister für Inneres), den Beschluss gefasst:

Normen

VwGG §46 Abs1;
VwGG §46 Abs1;

 

Spruch:

  1. 1. Gemäß § 46 VwGG wird dem Antrag nicht stattgegeben.
  2. 2. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Der minderjährige Beschwerdeführer, nach seinen Angaben ein Staatsangehöriger Sierra Leones, stellte am 26. Juli 2000 einen Asylantrag. Mit Einleitung des Asylverfahrens wurde der Magistrat Graz, Jugendamt, als örtlich zuständiger Jugendwohlfahrtsträger gesetzlicher Vertreter des Antragstellers. Dieser beauftragte Mag. Liselotte T, eine Mitarbeiterin der Caritas, mit der Vertretung des Antragstellers im Asylverfahren.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 16. März 2001 wies die belangte Behörde den Asylantrag ab und sprach aus, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Antragstellers nach Sierra Leone zulässig sei. Dieser Bescheid wurde der Vertreterin des Antragstellers am 19. März 2001 durch Hinterlegung zugestellt.

Mit Schriftsatz vom 23. Mai 2001 begehrte der Antragsteller die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof und begründete diesen Antrag im Wesentlichen wie folgt:

"Nachdem der zweitinstanzliche negative Asylbescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 16.03.2001 schlussendlich Mag. L.T., per Adresse der Caritas Graz zugestellt worden ist, wurde nach Angaben des WW dieser nicht vom negativen Ausgang des Asylverfahrens in Kenntnis gesetzt.

Der WW war zu diesem Zeitpunkt und ist er weiterhin noch an umseits bezeichneter Adresse ordnungsgemäß gemeldet. Er hat jedoch weder eine mündliche noch schriftliche Verständigung vom Abschluss des Asylverfahrens erhalten, obwohl er den Wohnsitz nicht gewechselt hat.

Der WW hatte sohin auch keinerlei Möglichkeit, eine Bescheidbeschwerde gegen die oben genannte Entscheidung einzubringen, bzw. allenfalls einen Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe und Beigebung eines Verfahrenshilfeanwalts zu stellen.

Von Seiten der Caritas Graz wurde ein entsprechender Antrag auf Verfahrenshilfe auch nicht eingebracht.

Der WW selbst hat jedoch vertraut, dass zumindest ein entsprechender Antrag von Seiten der Caritas gestellt wird, zumal ihm bewusst war, dass Mag. T. von der Caritas Graz vom Amt für Jugend und Familie beauftragt wurde.

Schlussendlich hat am Mittwoch, den 09.05.2001 der WW beim Bundesasylamt Graz vorgesprochen, um seine vorläufige Aufenthaltsberechtigung gemäß § 19 AsylG zu verlängern, wo ihm mitgeteilt wurde, dass sein Asylverfahren rechtskräftig negativ abgeschlossen worden sei.

In weiterer Folge hat der WW mit Mag. T. von der Caritas Graz Rücksprache gehalten und hat sie dies bestätigt und ergänzend ausgeführt, dass von Seiten der Caritas auch kein Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe sowie Beigebung eines Verfahrenshilfeanwalts eingebracht wurde."

Gleichzeitig mit dem Antrag auf Wiedereinsetzung holte der Antragsteller die versäumte Handlung nach und erhob gegen den Bescheid der belangten Behörde die vorliegende Beschwerde.

Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG ist der Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einer großen Zahl von Entscheidungen festgehalten, dass sich die Partei eines Verfahrens das Verschulden ihres Vertreters zurechnen lassen muss (vgl. das Erkenntnis vom 30. November 2000, Zl. 99/20/0543 mwN). Die "Pflichtverletzung", auf die sich das Verschulden des Vertreters bezieht, besteht darin, dass er den - sonst die Partei treffenden -

Obliegenheiten zur Vermeidung einer Säumnis nicht nachkommt, obwohl er deren Erfüllung auf Grund eines regelmäßig mit der Bevollmächtigung einhergehenden Auftrages übernommen hat. Zu seinen Pflichten gehört insbesondere die Verständigung des Vertretenen - hier nicht des minderjährigen Antragstellers, sondern seines gesetzlichen Vertreters - soweit der Vertreter nicht ohnedies verpflichtet wurde, das Rechtsmittel einzubringen. Unterlaufen dem Vertreter bei der Unterlassung der Erhebung des Rechtsmittels oder bei der Verständigung des von ihm Vertretenen Sorgfaltswidrigkeiten, so sind diese dem Vertretenen zuzurechnen.

Dass aber Mag. T an der Wahrnehmung der genannten Pflichten durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis gehindert gewesen wäre, ja dass überhaupt die Verständigung des gesetzlichen Vertreters des Antragstellers unterblieben und damit eine Pflicht der Vertreterin verletzt worden wäre, hat der Antragsteller gar nicht behauptet.

In Ermangelung eines behaupteten, insoweit tauglichen Wiedereinsetzungsgrundes konnte dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand daher nicht Folge gegeben werden.

Bei diesem Ergebnis war die am 23. Mai 2001 zur Post gegebene Beschwerde wegen Versäumung der Beschwerdefrist gemäß § 34 Abs. 1 VwGG durch Beschluss in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.

Wien, am 27. September 2001

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