VwGH 2001/14/0146

VwGH2001/14/014625.9.2001

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Zorn, Dr. Robl und Dr. Büsser als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Dr. Urtz, über die Beschwerde der A GmbH in B, vertreten durch Mag. Dr. Michael Michor und Mag. Walter Dorn, Rechtsanwälte in 9500 Villach, Bahnhofstraße 16, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Kärnten vom 14. Dezember 2000, Zl. RV339/1-7/97, betreffend u.a. Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen für den Zeitraum der Jahre 1994 bis 1996, zu Recht erkannt:

Normen

EStG 1988 §22 Z2;
EStG 1988 §47 Abs2;
FamLAG 1967 §41 Abs2;
FamLAG 1967 §41 Abs3;
EStG 1988 §22 Z2;
EStG 1988 §47 Abs2;
FamLAG 1967 §41 Abs2;
FamLAG 1967 §41 Abs3;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Im Beschwerdefall ist die Vorschreibung von Dienstgeberbeiträgen zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen strittig. Die Vorschreibung betraf die in den Jahren 1994 bis 1996 an die wesentlich beteiligten Gesellschafter-Geschäftsführer HB (bis April 1996 zu 50%, seither zu 99% beteiligt) und OS (bis April 1996 zu 50% beteiligt) bezahlten Geschäftsführervergütungen.

Im angefochtenen Bescheid wird ausgeführt, die Beschwerdeführerin habe in Beantwortung eines Vorhaltes zur Beschäftigung ihrer Geschäftsführer u.a. Folgendes vorgetragen:

Die Tätigkeiten umfassten auf Grund mündlicher Vereinbarung die Leitung der Gesellschaft nach betriebswirtschaftlichen Erkenntnissen sowie die Projektentwicklung. Für die ordnungsgemäße Leistungserbringung erhalte der Geschäftsführer ein Stundenhonorar, für dessen Versteuerung er selbst zu sorgen habe. Die konkreten Aufgaben der Geschäftsführer seien die Projektentwicklung, Konzepterstellung, Investitionsberechnungen, Budgeterstellung, Bankverhandlungen, Grundstückssuche, Planung, Logistik, Besichtigung vergleichbarer Betriebe, Verhandlungen mit diversen Geschäftspartnern, laufende Bauaufsicht und Kontrolle, Verwaltungsaufbau, Rechnungskontrollen, Fertigstellung näher bezeichneter Pflegeheime, laufende Besichtigung der Pflegeheime, Instandsetzungsarbeiten, Verfolgung von Haftungsansprüchen, und vieles mehr. Eine Vertretung sei möglich, sei jedoch "damals" nicht vorgekommen. Arbeitsort sei - soweit nicht außendienstliche Tätigkeiten anfielen - ein Büro am Firmensitz. Die Bürokosten seien von 1992 bis 1994 von der Gesellschaft, von 1994 bis April 1996 von den Geschäftsführern und ab Mai 1996 von der "Firma" bezahlt worden. Die Gesellschaft habe den privaten PC des Geschäftsführers HB benutzt, Telefonkosten und die Kosten anderer Betriebsmittel habe die Gesellschaft übernommen. Von Mai 1995 bis Mitte 1996 seien den Geschäftsführern für Dienstfahrten Firmenfahrzeuge zur Verfügung gestanden.

Nach den vorgelegten (mit Umsatzsteuerausweis erfolgten) Honorarabrechnungen habe HB der Beschwerdeführerin folgende Beträge in Rechnung gestellt: 1995 monatlich (12 mal) jeweils 100 Stunden mit einem Netto-Betrag von S 83.333,33; 1996 drei mal ebenfalls je 100 Stunden mit S 83.333,33 und (seit dem Ausscheiden von OS im April) neun mal je 150 Stunden mit S 166.667,-- .OS habe im Kalenderjahr 1995 monatlich (12 mal) jeweils 100 Stunden mit einem Netto-Betrag von je S 83.333,33 und 1996 bis zu seinem Ausscheiden ebenfalls monatlich je 100 Stunden mit S 83.333,33 verrechnet.

In rechtlicher Hinsicht wird im angefochtenen Bescheid ausgeführt, die Beschäftigung der Geschäftsführer weise ungeachtet ihrer gleichzeitigen Eigenschaft als an der Gesellschaft wesentlich beteiligte Gesellschafter mit Ausnahme der Weisungsgebundenheit sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses im Sinn des § 47 Abs. 2 EStG 1988 auf. Die beiden Geschäftsführer hätten für ihre Tätigkeit "monatlich idente Honorarabrechnungen" gelegt. Aus dem Ausweis von Umsatzsteuer erwachse kein Unternehmerwagnis, zumal die Geschäftsführer die ausgewiesene Umsatzsteuer ohnedies zusätzlich erhalten hätten. Die tatsächliche Umstände deuteten auf eine laufende Gehaltszahlung hin, die Rechnungslegung stelle demgegenüber eine reine Formalität dar. An Betriebsausgaben im Zusammenhang mit der Geschäftsführertätigkeit habe HB 1994 Ausgaben in Höhe von insgesamt S 255.090,-- (im Wesentlichen für Kfz, Sozialversicherung, AfA, Fachliteratur und IFB) erklärt, in den Kalenderjahren 1995 und 1996 habe er das Betriebsausgabenpauschale des § 17 Abs. 1 EStG 1988 geltend gemacht. OS habe für alle drei Jahre lediglich pauschale Betriebsausgaben erklärt. Ein ins Gewicht fallendes Unternehmerrisiko ergebe sich daraus nicht.

Sozialversicherungsbeiträge und Fahrtkosten seien auch von klassischen Dienstnehmern zu tragen, die übrigen 1994 erklärten Aufwendungen würden in Relation zu den Einnahmen ein relevantes Unternehmerwagnis nicht begründen. Das Fehlen arbeitsrechtlicher Ansprüche beruhe auf den Umstand, dass keine Arbeitsverhältnisse im Sinne des Arbeitsrechtes vorlägen. Die von der Beschwerdeführerin gegebene Tätigkeitsbeschreibung ihrer Geschäftsführer zeige eine auf Dauer angelegte kontinuierliche Leistungserbringung mit kontinuierlicher Entlohnung, was für die organisatorische Eingliederung der Geschäftsführer in den betrieblichen Organismus der Beschwerdeführerin spreche. Die Gesellschafter-Geschäftsführer erzielten aus der Geschäftsführertätigkeit Einkünfte gemäß § 22 Z. 2 Teilstrich 2 EStG 1988, weshalb sie im Sinn der Bestimmung des § 41 Abs. 2 FLAG in der ab dem Jahr 1994 anzuwendenden Fassung Dienstnehmer seien. Dies habe die Pflicht der Beschwerdeführerin ausgelöst, von den Bezügen der Geschäftsführer den Dienstgeberbeitrag abzuführen.

Der Verfassungsgerichtshof hat die Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom 27. Juni 2001, B 179/01, abgelehnt und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof abgetreten.

In der vor dem Verwaltungsgerichtshof ergänzten Beschwerde wird vorgebracht, die Tätigkeit der beiden Gesellschafter-Geschäftsführer gleiche jener eines "Chefs" in einem Einzelunternehmen. Der einzige Unterschied zwischen einem Einzelunternehmer und den gegenständlichen Geschäftsführern bestehe darin, dass Einzelunternehmer Entnahmen tätigen könnten, während die Tätigkeit von Gesellschafter-Geschäftsführern über Geschäftsführerbezüge abgegolten werde. Die beiden Geschäftsführer hätten keinen Anspruch auf Urlaubsgeld, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfalle und keinen Anspruch auf Sonderzahlungen. Die Geschäftsführer hätten auch Ausgaben getragen, wobei das Verhältnis zu den Einnahmen branchenabhängig sei und keinen Rückschluss auf eine Dienstnehmerähnlichkeit ihrer Tätigkeit erlaube.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

Im Erkenntnis vom 1. März 2001, G 109/00, hat der Verfassungsgerichtshof den Antrag des Verwaltungsgerichtshofes auf Aufhebung bestimmter, auch im gegenständlichen Fall zur Anwendung kommender gesetzlicher Bestimmungen abgewiesen. Er hat dazu u. a. ausgeführt, dass verschiedene Merkmale eines Dienstverhältnisses, die im Zusammenhang mit einer weisungsgebundenen Tätigkeit Indizien für ein Dienstverhältnis seien, im Fall der - auf die gesellschaftsrechtliche Beziehung zurückzuführenden - Weisungsungebundenheit ihre Unterscheidungskraft verlieren und daher für die Lösung der Frage, ob nach dem Gesamtbild der Verhältnisse die sonstigen Merkmale eines Dienstverhältnisses im Vordergrund stehen, nicht brauchbar sind. Zu den Merkmalen, die in diesem Sinn vor dem Hintergrund der Weisungsungebundenheit ihre Indizwirkung zur Bestimmung des durch eine Mehrzahl von Merkmalen gekennzeichneten Typusbegriffes des steuerlichen Dienstverhältnisses verlieren, gehören vor allem folgende: fixe Arbeitszeit, fixer Arbeitsort, arbeitsrechtliche und sozialversicherungsrechtliche Einstufung der Tätigkeit, Anwendbarkeit typischer arbeitsrechtlicher Vorschriften wie Arbeits- und Urlaubsregelung, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall oder Kündigungsschutz, sowie die Heranziehung von Hilfskräften in Form der Delegierung von bestimmten Arbeiten (vgl. dazu und zu den folgenden Ausführungen insbesondere die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. April 2001, 2001/14/0052, 2001/14/0054, und vom 10. Mai 2001, 2001/15/0061, jeweils mwN).

Insgesamt stellt somit das in § 22 Z. 2 Teilstrich 2 EStG 1988 für wesentlich beteiligte Gesellschafter normierte Vorliegen der sonstigen Merkmale eines Dienstverhältnisses - abgesehen vom hinzuzudenkenden Merkmal der Weisungsgebundenheit - vor allem auf die Kriterien der Eingliederung in den geschäftlichen Organismus der Kapitalgesellschaft und das Fehlen des Unternehmerwagnisses ab. Von Bedeutung ist noch das Merkmal der laufenden (wenn auch nicht notwendig monatlichen) Entlohnung. Eine laufende Entlohnung liegt auch dann vor, wenn der Jahresbezug nicht in monatlich gleich bleibenden Monatsbeträgen ausbezahlt wird. Ausgehend von diesen Kriterien ist bei Anwendung des § 22 Z. 2 Teilstrich 2 leg.cit. zu beurteilen, ob nach dem Gesamtbild der Verhältnisse die für ein Dienstverhältnis sprechenden Kriterien im Vordergrund stehen.

Vor dem Hintergrund dieser in der Rechtsprechung sowohl des Verfassungs- als auch des Verwaltungsgerichtshofes herausgearbeiteten Beurteilung in Bezug auf die Erfüllung der Voraussetzungen des § 22 Z. 2 Teilstrich 2 EStG 1988, die unter Hinweis auf § 43 Abs. 2 VwGG auch dem gegenständlichen Beschwerdefall zugrunde zu legen ist (vgl. dazu auch das Erkenntnis vom 18. Juli 2001, 2001/13/0063), kann der Verwaltungsgerichtshof nicht finden, dass die belangte Behörde zu Unrecht die Betätigung der Geschäftsführer als solche im Sinn des § 22 Z. 2 Teilstrich 2 EStG 1988 qualifiziert und daraus die Rechtsfolgen hinsichtlich Dienstgeberbeitrag gezogen hätte.

Die für die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus der Beschwerdeführerin wesentliche kontinuierliche und über einen längeren Zeitraum andauernde Erfüllung der Aufgaben der Geschäftsführung ist im Beschwerdefall unbestritten geblieben. Mit dem Beschwerdevorbringen, wonach sich die wesentlich beteiligten Gesellschafter-Geschäftsführer nicht von Einzelunternehmern unterscheiden, übersieht die Beschwerdeführerin, dass die Rechtsordnung der Beschwerdeführerin als GmbH eigene Rechtspersönlichkeit zubilligt und infolge des Trennungsprinzips auch steuerlich wirksame Leistungsbeziehungen zwischen dem Gesellschafter (auch dem Mehrheitsgesellschafter) und der Kapitalgesellschaft ermöglicht (vgl. dazu im Übrigen ebenfalls das oben zitierte Erkenntnis vom 18. Juli 2001).

Ein einnahmenseitiges Unternehmerrisiko ist im Verfahren nicht hervorgekommen. Aber auch ein Risiko ins Gewicht fallender Schwankungen auf der Ausgabenseite wurde von der Beschwerdeführerin nicht nachvollziehbar aufgezeigt.

Da sohin bereits der Inhalt der ergänzten Beschwerde erkennen lässt, dass die von der Beschwerdeführerin gerügte Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung abzuweisen.

Wien, am 25. September 2001

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