Normen
BAO §308 Abs1;
BAO §308 Abs1;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Nach dem Inhalt der Beschwerde und dem über Mängelbehebungsauftrag vorgelegten angefochtenen Bescheid endete am 29. Juli 1994 die nach mehrmaliger Fristerstreckung verlängerte Berufungsfrist gegen bestimmte, im angefochtenen Bescheid im Detail genannte, im Anschluss an eine abgabenbehördliche Prüfung ergangene Bescheide. Am 1. August 1994 langte beim Finanzamt eine mit 29. Juli 1994 datierte Berufung ein. Mit Bescheid vom 30. August 1994 wurde diese Berufung als verspätet zurückgewiesen.
Mit Schreiben vom 14. September 1994 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, damit "die eingelangte Berufung rechtsgültig" werde. In der Folge wird ersucht, "Näheres den Bestätigungen über den Krankenstand" zu entnehmen, wobei als Anlage eine Bestätigung eines praktischen Arztes vom 25. Juli 1994, wonach der Beschwerdeführer seit dem 19. Juli 1994 bis voraussichtlich 12. August 1994 arbeitsunfähig sei, sowie ein Konsiliarbefund eines Krankenhauses vom 24. August 1994 beigelegt war, worin ein stationärer Aufenthalt vom 16. August bis 24. August 1994 bestätigt wird.
Mit Bescheid vom 6. Oktober 1994 wies das Finanzamt den Wiedereinsetzungsantrag im Wesentlichen mit der Begründung ab, dass Krankheiten als Wiedereinsetzungsgründe nur in Betracht kämen, wenn sie zu einer Dispositionsunfähigkeit geführt hätten. Von einer solchen könne jedoch im Hinblick auf die zwischen dem 27. April 1994 (erster Antrag auf Rechtsmittelfristverlängerung) und dem 29. Juli 1994 gesetzten Handlungen nicht ausgegangen werden. Noch am 29. Juli 1994 habe der Beschwerdeführer zwecks Akteneinsicht beim Finanzamt persönlich vorgesprochen.
In einer dagegen am 4. November 1994 erhobenen Berufung führte der Beschwerdeführer aus, er sei am 29. Juli 1994 sehr wohl dispositionsunfähig gewesen, weil er nach der Akteneinsicht einen Kreislaufkollaps und einen Nervenzusammenbruch erlitten habe, wobei als Ursache die grob rechtswidrige Betriebsprüfung zu nennen sei. Er berief sich hiezu auf eine ärztliche Bestätigung vom 20. Oktober 1994, in welcher ausgeführt wurde, dass der Beschwerdeführer am 29. Juli 1994 einen Kreislaufkollaps und einen Nervenzusammenbruch erlitten habe und vom dies bestätigenden Arzt zu Hause mit Injektionen und Medikamenten behandelt worden sei.
Mit Berufungsvorentscheidung wies das Finanzamt die Berufung als unbegründet ab, worin unter anderem darauf hingewiesen wurde, dass in der genannten ärztlichen Bestätigung (vom 20. Oktober 1994) zwar ein Kreislaufkollaps und ein Nervenzusammenbruch bestätigt worden sei, von einer allfälligen Dispositionsunfähigkeit aber keine Rede sei. In einem Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz hielt der Beschwerdeführer fest, dass er auf Grund seines Nervenzusammenbruches am 29. Juli 1994 dispositionsunfähig gewesen sei, wiederholte, dass Hauptursache hiefür der Einblick in seinen Steuerakt gewesen sei und stellte klar, dass er sich am darauf folgenden Wochenende wieder erholt und am 1. August 1994 die Berufung eingebracht habe.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung im Wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, dass es dem Beschwerdeführer letztlich nicht gelungen sei, glaubhaft zu machen, dass sich sein Gesundheitszustand am Freitag, dem 29. Juli 1994, derart verschlechtert habe, dass ihm jegliche Disposition hinsichtlich seines Steuerverfahrens unmöglich gewesen wäre.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen erhobene Beschwerde in einem gemäß § 12 Abs 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Gemäß § 308 Abs 1 BAO ist gegen die Versäumung einer Frist (§§ 108 bis 110) auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bildet eine die Dispositionsfähigkeit völlig ausschließende Krankheit einen tauglichen Wiedereinsetzungsgrund. Im Allgemeinen wird eine Antwort darauf, ob Dispositionsunfähigkeit vorliegt, anhand medizinischer Befunde und hievon abgeleiteter ärztlicher Schlussfolgerungen zu finden sein. Dabei genügt es zunächst, wenn der Wiedereinsetzungswerber den behandelnden Arzt namhaft macht und dieser die Dispositionsunfähigkeit bestätigt (vgl das hg Erkenntnis vom 16. Februar 1994, 90/13/0004 mwN).
Im Beschwerdefall hat sich der Beschwerdeführer in seinem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand einerseits auf eine ärztliche Bestätigung vom 25. Juli 1994, in welchem eine Arbeitsunfähigkeit vom 19. Juli 1994 bis voraussichtlich 12. August 1994 bescheinigt wird, und andererseits auf einen Konsiliarbefund vom 24. August 1994 berufen, worin ein stationärer Aufenthalt in einem Krankenhaus vom 16. August bis 24. August 1994 sowie eine voraussichtliche Dienstunfähigkeit von einem Monat bescheinigt wird.
In seiner Beschwerde räumt der Beschwerdeführer ein, dass aus der Bestätigung vom 25. Juli 1994 "selbstverständlich noch nicht die Dispositionsunfähigkeit des Beschwerdeführers am 29. Juli 1994" habe hervorgehen können. Hinsichtlich des Konsiliarbefundes vom 24. August 1994 wird in der Beschwerde lediglich vorgebracht, dass dieser eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes und die Notwendigkeit eines stationären Spitalsaufenthaltes aufzeige. Dass damit eine Dispositionsunfähigkeit des Beschwerdeführers am 29. Juli 1994 dargetan worden wäre, behauptet der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde nicht.
Eine Dispositionsunfähigkeit am 29. Juli 1994 behauptete der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren erstmals in seiner Berufung gegen die Abweisung des Wiedereinsetzungsantrages unter Hinweis auf einen auch ärztlich bestätigten Kreislaufkollaps und Nervenzusammenbruch. Der in der Beschwerde vertretenen Ansicht, wonach die Bestätigung über den Nervenzusammenbruch und Kreislaufkollaps eindeutig die Dispositionsunfähigkeit des Beschwerdeführers ausgewiesen habe, weshalb es, wenn die Behörde die Ausführungen in der Bestätigung bezweifle, erforderlich gewesen wäre, zumindest den behandelnden Arzt einzuvernehmen, kann aus folgenden Gründen nicht gefolgt werden: Ein vom Beschwerdeführer angenommener, zwingender Zusammenhang zwischen Nervenzusammenbruch und Kreislaufkollaps einerseits und einer Dispositionsunfähigkeit andererseits ist für medizinische Laien nicht ohne weiteres erkennbar. Die Beurteilung, ob eine Krankheit nach Art und Ausmaß ihres Auftretens geeignet ist, zur Dispositionsunfähigkeit zu führen, muss deshalb ebenso einem Arzt vorbehalten bleiben wie die Diagnose der Krankheit selbst. Die Rechtsprechung ist daher davon ausgegangen, dass von einem Arzt die Dispositionsunfähigkeit als solche (und nicht nur deren allfällige medizinische Ursache) zu bestätigen ist. Es ist daher sowohl die Annahme des Beschwerdeführers, er habe mit der Vorlage einer ärztlichen Bestätigung über einen erlittenen Kreislaufkollaps und Nervenzusammenbruch gleichzeitig eine Dispositionsunfähigkeit glaubhaft gemacht, als auch die Folgerung des Beschwerdeführers unzutreffend, bei Annahme einer nicht glaubhaft gemachten Dispositionsunfähigkeit durch die belangte Behörde müsse diese die Ausführungen in der ärztlichen Bestätigung bezweifelt haben. Im Beschwerdefall kommt hinzu, dass selbst nach ausdrücklichem Hinweis in der Berufungsvorentscheidung, wonach seitens des behandelnden Arztes zwar ein am 29. Juli 1994 erlittener Kreislaufkollaps und Nervenzusammenbruch bestätigt worden, in dieser Bestätigung aber von einer allfälligen Dispositionsunfähigkeit des Beschwerdeführers nicht die Rede sei, der Beschwerdeführer eine Dispositionsunfähigkeit weiterhin lediglich behauptet hat. Er hat weder den Arzt beauftragt, zutreffendenfalls eine ergänzende Äußerung abzugeben, noch hat er bei der Behörde den Antrag gestellt, den Arzt zur Frage der behaupteten Dispositionsunfähigkeit einzuvernehmen. Die belangte Behörde durfte daher, auch wenn sie die tatsächlichen Angaben des Arztes über das Erleiden eines Nervenzusammenbruches und Kreislaufkollapses nicht in Zweifel zog, eine Dispositionsunfähigkeit als nicht glaubhaft gemacht ansehen, ohne dass es zur Vermeidung eines Verfahrensmangels einer amtswegigen Einvernahme des Arztes bedurfte.
Die Ansicht der belangten Behörde, wonach eine Dispositionsunfähigkeit des Beschwerdeführers am letzten Tag der Berufungsfrist und damit eine den Beschwerdeführer an der Einhaltung dieser Frist hinderndes unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis nicht glaubhaft gemacht wurde, ist daher nicht als rechtswidrig zu erkennen.
Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 26. September 2000
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