VwGH 2000/11/0046

VwGH2000/11/004614.3.2000

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Bernard, Dr. Graf, Dr. Gall und Dr. Schick als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde des P in A, vertreten durch Mag. Dr. Philip de Goederen und Mag. Brigitte Steinhuber-Kals, Rechtsanwälte in 4820 Bad Ischl, Kurhausstraße 10, gegen den Bescheid des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr vom 26. Jänner 2000, Zl. 421.812/2-II/B/8/99, betreffend Abweisung eines Devolutionsantrages in Angelegenheit Entziehung der Lenkberechtigung, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §38;
AVG §73 Abs2;
FSG 1997 §24 Abs1;
FSG 1997 §29 Abs1;
FSG 1997 §7 Abs4;
AVG §38;
AVG §73 Abs2;
FSG 1997 §24 Abs1;
FSG 1997 §29 Abs1;
FSG 1997 §7 Abs4;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde und der ihr angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ergibt sich folgender Sachverhalt:

Mit Vorstellungsbescheid der Erstbehörde, der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck, vom 24. Juni 1999 wurde dem Beschwerdeführer die Lenkberechtigung für die Klassen A, B, C, E, F und G wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit für die Dauer von 36 Monaten entzogen. Dem lag die Annahme zugrunde, dass der Beschwerdeführer näher umschriebene Verbrechen (schwerer und gewerbsmäßiger Betrug sowie Teilnahme an einer kriminellen Organisation) begangen habe. Nachdem der Landeshauptmann von Oberösterreich über die dagegen erhobene Berufung innerhalb der Entscheidungsfrist nicht entschieden hat und dem Beschwerdeführer von der Berufungsbehörde mitgeteilt wurde, es werde der Ausgang des beim Landesgericht Wels anhängigen Strafverfahrens abgewartet, erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 29. Oktober 1999 Devolutionsantrag an die belangte Behörde.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde dieser Devolutionsantrag abgewiesen.

In seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend und beantragt dessen kostenpflichtige Aufhebung.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Unter dem Gesichtspunkt der behaupteten Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften bringt der Beschwerdeführer vor, er habe bei der Berufungsbehörde vergeblich die Erlassung eines verfahrensrechtlichen Bescheides betreffend Aussetzung des Entziehungsverfahrens begehrt. Die Aussetzung des Verfahrens hätte jedenfalls mit einem solchen Bescheid erfolgen müssen; die erfolgte Aussetzung "durch Aktenvermerk" sei gesetzwidrig.

Dem ist zu entgegnen, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Aussetzung eines Verfahrens nach § 38 AVG die Erlassung eines verfahrensrechtlichen Bescheides zwar zulässig, aber nicht Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit der Aussetzung ist. Sofern die materiellen Voraussetzungen für eine Aussetzung des Verfahrens gegeben sind, kann die Behörde auch ohne Erlassung eines förmlichen Aussetzungsbescheides die Entscheidung über die Vorfrage durch die zuständige Behörde (Gericht) abwarten (vgl. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 1. Oktober 1996, Zl. 96/11/0233, und vom 25. August 1998, Zl. 97/11/0391). Aus der vom Beschwerdeführer zitierten Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes (27. Februar 1996, Zl. 95/05/0041) ergibt sich nichts Anderes: In ihr wurde eine gegenüber dem damaligen Beschwerdeführer erfolgte Mitteilung betreffend die Aussetzung eines Verfahrens als verfahrensrechtlicher Bescheid gewertet. Liegt hingegen keine derart deutbare Erledigung der Behörde vor, ist aus der genannten Entscheidung für den Standpunkt des Beschwerdeführers nichts zu gewinnen.

Der Beschwerdeführer bestreitet ferner, dass eine Vorfrage im Sinne des § 38 AVG vorliege. Die dem Beschwerdeführer zur Last gelegten strafbaren Handlungen seien nicht geeignet, derartige Vorfragen zu begründen, weil § 7 Abs. 4 FSG auf die "Tatsachen" abstelle, dass die betreffende Person ein bestimmtes Delikt begangen habe, "was - jedenfalls grammatikalisch

interpretiert - auf rechtskräftige Verurteilungen abstellt". Damit verkennt der Beschwerdeführer, dass im Gegenteil die Begehung der jeweiligen strafbaren Handlung(en) die bestimmte Tatsache(n) darstellt, und nicht etwa die Verurteilung wegen dieser strafbaren Handlung(en). Diese Begehung hätte die Behörde gegebenenfalls auch selbst zu beurteilen, wenn nicht die Voraussetzungen für eine Aussetzung des Verfahrens vorlägen. Auch in diesem Zusammenhang zitiert der Beschwerdeführer ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes (vom 23. November 1970, Zl. 696/70), das seinen Standpunkt nicht zu untermauern vermag: Die bloße Erhebung einer Anklage ist zwar keine bestimmte Tatsache, aus der die Verkehrsunzuverlässigkeit der betreffenden Person abgeleitet werden könnte; in einem solchen Fall ist die Beurteilung der Vorfrage der Begehung der strafbaren Handlung von der Kraftfahrbehörde vorzunehmen; das bedeutet aber nicht, dass nur eine rechtskräftige Verurteilung eine bestimmte Tatsache sei.

Im Übrigen erweist sich die Aussetzung des Entziehungsverfahrens und damit die Abweisung des Devolutionsantrages als rechtmäßig, weil der Beschwerdeführer selbst auf die Komplexität der im Strafverfahren zu beantwortenden Fragen, die eine umfangreiche Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes unter Einholung von Gutachten erforderlich macht, hinweist. Dieser Umstand ist es insbesondere, der die erfolgte Aussetzung des Entziehungsverfahrens (die primär unter dem Gesichtspunkt der Verfahrensökonomie zu erfolgen hat - vgl. das Erkenntnis vom 12. Februar 1986, Zl. 85/11/0239, in Form eines Rechtssatzes abgedruckt in VwSlg. Nr. 12 019/A) als gerechtfertigt erscheinen lässt.

Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass im Zusammenhang mit der im öffentlichen Interesse zum Schutz der Allgemeinheit erfolgenden Entziehung der Lenkberechtigung private (berufliche) Interessen des Betreffenden nicht von ausschlaggebender Bedeutung sind.

Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht gegeben ist, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 14. März 2000

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