Normen
AVG §38;
B-VG Art130 Abs2;
NatSchG OÖ 1995 §44 Abs1;
NatSchG OÖ 1995;
AVG §38;
B-VG Art130 Abs2;
NatSchG OÖ 1995 §44 Abs1;
NatSchG OÖ 1995;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug erlassenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführerin gemäß § 44 Abs. 1 iVm § 5a des Oberösterreichischen Naturschutzgesetzes 1995, LGBl. Nr. 37 (O. ö. NSchG 1995), aufgetragen, den turmartigen Aufbau im einspringenden Gebäudeteil zwischen Wirtschaftstrakt und Wohntrakt auf dem Grundstück Nr. 1448/2 KG T. bis 31. Dezember 2000 zu entfernen und den bescheidmäßigen Zustand wiederherzustellen. Begründend wurde im Wesentlichen dargelegt, die Beschwerdeführerin habe ein Bauvorhaben, das unter anderem die Errichtung eines turmartigen Zubaues zwischen Wohn-und Wirtschaftstrakt umfasst habe, zur naturschutzbehördlichen Bewilligung eingereicht. Nach Erstattung eines agrarfachlichen Gutachtens, das die Notwendigkeit der Errichtung des Turms im Sinne des § 30 Abs. 3 O.ö. ROG 1995 verneint habe, habe die Beschwerdeführerin abgeänderte Pläne vorgelegt, die den turmartigen Zubau nicht umfasst hätten. Diesem (abgeänderten) Projekt sei die naturschutzbehördliche Bewilligung erteilt worden. In der Folge habe die Beschwerdeführerin das ursprüngliche Projekt einschließlich des turmartigen Zubaues ausgeführt. Gemäß § 44 Abs. 1 O. ö. NSchG 1995 habe die Behörde mit dem Auftrag vorzugehen, den projektmäßigen Zustand herzustellen. Im Verfahren nach § 44 Abs. 1 leg. cit. sei entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin weder Ermessen zu üben noch eine Interessenabwägung durchzuführen. Das rechtliche Schicksal eines Antrages auf nachträgliche naturschutzbehördliche Bewilligung sei im Verfahren nach § 44 Abs. 1 leg. cit. ohne Bedeutung.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend macht.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach § 44 Abs. 1 O. ö. NSchG 1995 idF der O.
ö. NSchG-Novelle 1999, LGBl. Nr. 35, kann die Behörde, wenn bewilligungs- oder anzeigepflichtige Vorhaben ohne Bewilligung oder sonst rechtswidrig ausgeführt oder in Bescheiden verfügte Bedingungen, Befristungen oder Auflagen nicht eingehalten wurden, unabhängig von einer Bestrafung nach § 42 demjenigen, der rechtswidrig das Vorhaben ausgeführt hat oder ausführen hat lassen, oder dessen Rechtsnachfolger mit Bescheid auftragen, binnen einer festzusetzenden angemessenen Frist auf seine Kosten den vorherigen Zustand wiederherzustellen bzw. den bescheidmäßigen oder angezeigten projektmäßigen Zustand herzustellen oder, wenn dies tatsächlich nicht möglich ist, den geschaffenen Zustand in einer Weise abzuändern, dass Natur und Landschaft möglichst wenig beeinträchtigt werden.
Im Beschwerdeverfahren ist nicht strittig, dass die Voraussetzungen des ersten Halbsatzes der oben zitierten Vorschrift vorliegen; die Beschwerde macht jedoch geltend, die belangte Behörde hätte im Rahmen des ihr durch § 44 Abs. 1 O.ö. NSchG 1995 eingeräumten Ermessens das öffentliche Interesse an einer Wiederherstellung des "ursprünglichen" Zustandes mit den privaten Interessen der Beschwerdeführerin am Belassen des Ist-Zustandes abwägen müssen. Dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. September 1993, Zl. 91/10/0213, auf das sich die belangte Behörde berufe, liege eine andere Fallkonstellation zugrunde. Im Beschwerdefall sei über den turmartigen Aufbau im Bewilligungsverfahren gar nicht abgesprochen worden.
§ 44 Abs. 1 O.ö. NSchG 1995 ermächtigt die Behörde bei ohne Bewilligung oder sonst rechtswidrig ausgeführten bewilligungs- oder anzeigepflichtigen Vorhaben zur Erlassung eines Auftrages, den vorherigen bzw. den bescheidmäßigen oder angezeigten projektmäßigen Zustand wiederherzustellen, ohne die Interessen des Natur- und Landschaftsschutzes mit den Interessen des Verpflichteten abzuwägen (vgl. zuletzt das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. Februar 2000, Zl. 98/10/0149). Die Vorschrift räumt der Behörde kein Ermessen ein (vgl. zur insoweit gleich lautenden Vorgängervorschrift z.B. die Erkenntnisse vom 24. April 1995, 93/10/0073, vom 24. Oktober 1994, 94/10/0144, vom 30. Mai 1994, 92/10/0107, vom 17. Mai 1993, 92/10/0038, vom 15. Juni 1992, 91/10/0133, und vom 10. November 1986, Slg. Nr. 12.293/A).
Die Beschwerde macht weiters als Verfahrensmangel geltend, die belangte Behörde hätte das Verfahren zur Erlassung eines Auftrages gemäß § 44 Abs. 1 O. ö. NSchG 1995 bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Antrag auf nachträgliche naturschutzrechtliche Bewilligung gemäß § 38 AVG unterbrechen müssen. Der Verfassungsgerichtshof habe im Erkenntnis Slg. Nr. 10.123 dargelegt, dass eine Vorfrage im Sinne des § 38 AVG unter anderem dann vorliege, wenn die Baubehörde im Rahmen eines Auftragsverfahrens betreffend einen Abbruch zu prüfen habe, ob eine nachträgliche Baubewilligung erteilt werden könne. Nichts anderes könne im naturschutzrechtlichen Berufungsverfahren gelten.
Der Verwaltungsgerichtshof vertritt in ständiger Rechtsprechung zu dem § 44 Abs. 1 O. ö. NSchG 1995 gleich lautenden Regelungen die Auffassung, dass die Anhängigkeit eines Bewilligungsverfahrens für die Rechtmäßigkeit (der Erlassung) eines Entfernungs- oder Wiederherstellungsauftrages ohne Bedeutung ist (vgl. z.B. die Erkenntnisse vom 22. März 1999, 98/10/0414, vom 17. März 1997, 96/10/0077, und vom 9. September 1996, 94/10/0003; zur Frage der Auswirkungen der Anhängigkeit eines Bewilligungsverfahrens auf die Vollstreckung eines Entfernungsauftrages vgl. zusammenfassend das Erkenntnis vom 27. März 2000, 99/10/0261 mwH). Im Beschwerdefall bestand somit kein Anlass zu einer Aussetzung des Verfahrens nach § 38 AVG, weil die Erlassung eines Auftrages nach § 44 Abs. 1 O. ö. NSchG 1995 nicht von der nachträglichen Erteilung einer Bewilligung oder deren Voraussetzungen abhängig war. Eine Vorfrage im Sinne des § 38 AVG liegt bei der hier gegebenen Rechtslage nicht vor; schon deshalb wäre eine Aussetzung des Verfahrens verfehlt gewesen. Nur der Vollständigkeit halber ist zu erwähnen, dass § 38 AVG keine Verpflichtung der Behörde zur Aussetzung des Verfahrens begründet.
Der Verfassungsgerichtshof hatte sich in dem von der Beschwerde zitierten Erkenntnis vom 21. September 1984, Slg. Nr. 10.123, mit der Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung eines Antrages auf nachträgliche baubehördliche Bewilligung wegen entschiedener Sache zu befassen. In der Begründung seines Erkenntnisses hielt der Verfassungsgerichtshof es für möglich, dass die Beurteilung, ob nachträglich eine Baubewilligung erteilt werden könne, Voraussetzung der Entscheidung über den Abbruch oder ein unselbständiges Tatbestandsmerkmal für den Abbruchauftrag wäre. Diese Entscheidung erging zur Niederösterreichischen Bauordnung. Dem O. ö. NSchG 1995 ist keine Regelung zu entnehmen, wonach die Ablehnung der Erteilung einer nachträglichen Bewilligung Voraussetzung oder unselbständiges Tatbestandsmerkmal der Erlassung eines Entfernungs- oder Wiederherstellungsauftrages wäre (vgl. zu entsprechenden Verfahrenskonstellationen nochmals die Erkenntnisse vom 31. Jänner 2000, 99/10/0244, und vom 27. März 2000, 99/10/0261, jeweils mwH).
Es lässt daher bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen, dass die geltend gemachte Rechtswidrigkeit nicht vorliegt; die Beschwerde war gemäß § 35 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Von der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden, da weder Sachverhalts- noch Rechtsfragen ersichtlich sind, zu deren Lösung eine mündliche Verhandlung erforderlich gewesen wäre, und auch Art. 6 Abs. 1 EMRK dem Absehen von einer Verhandlung nicht entgegensteht (vgl. hiezu die hg. Erkenntnisse vom 18. Oktober 1999, 96/10/0199, und vom 20. Dezember 1999, 98/10/0048).
Im Hinblick auf die Erledigung des Beschwerdeverfahrens erübrigt sich eine gesonderte Entscheidung über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Wien, am 9. Oktober 2000
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