VwGH 2000/10/0060

VwGH2000/10/006029.5.2000

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Bumberger und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Killian, über die Beschwerde des F in Untergaisbach, vertreten durch Dr. Alfred Haslinger, DDr. Heinz Mück, Dr. Peter Wagner, Dr. Walter Müller und Dr. Wolfgang Graziani-Weiss, Rechtsanwälte in Linz, Kroatengasse 7, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 28. Februar 2000, Zl. N/104724/5-2000-Ma/Gv, betreffend naturschutzbehördlichen Auftrag, zu Recht erkannt:

Normen

NatSchG OÖ 1995 §44 Abs1;
NatSchG OÖ 1995 §5 Z13;
VwRallg;
NatSchG OÖ 1995 §44 Abs1;
NatSchG OÖ 1995 §5 Z13;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der vorliegenden Beschwerde und der dieser angeschlossenen Bescheidausfertigung zufolge wurde dem Beschwerdeführer mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 28. Februar 2000 aufgetragen, zur Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes näher bezeichneter Grundstücke den (hier befindlichen) von ihm geräumten Graben binnen festgesetzter Frist in näher beschriebener Art und Weise so wieder zu verfüllen, dass ein Wasserabfluss aus dem Tümpel durch den Graben nicht mehr möglich sei. Hiezu wurde - nach Darstellung des erstinstanzlichen Verfahrens - im Wesentlichen ausgeführt, es sei auf Grund der Berufung des Beschwerdeführers ein Gutachten des Amtssachverständigen für Natur- und Landschaftsschaftsschutz eingeholt worden, dem zufolge der Beschwerdeführer einen näher beschriebenen Tümpel durch die Anlage des erwähnten Grabens entwässert habe. Der sich im Landschaftsschutzgebiet "Feldaisttal" befindliche Tümpel sei dadurch trockengelegt worden, beim Lokalaugenschein sei lediglich der Beckengrund stellenweise noch stärker durchfeuchtet gewesen. Vor der Entwässerung sei das stehende Gewässer, wie aus den Geländegegebenheiten ersichtlich, zumindest im Großteil des Jahres wasserführend gewesen, mag auch der Wasserstand flach und der Tümpel in heißen Sommern möglicherweise auch zeitweise trockengefallen gewesen sein. Temporäre Gewässer seien allerdings ebenso wie dauerhaft wasserführende Teiche oder Tümpel von hoher ökologischer Bedeutung.. Dazu komme, dass der Rohrkolben, der im Tümpelbett einen vitalen Bestand bilde und der durch das oberösterreichische Natur- und Landschaftsschutzgesetz 1995 (NschG 1995) vollkommen geschützt sei, durch ein längeres bzw. dauerhaftes Austrocknen des Tümpels hier in seiner Existenz gefährdet werde. Der Wasserstand des Tümpels habe in der Vergangenheit - in Abhängigkeit von Niederschlägen und Sickerwässern - sicherlich geschwankt, wodurch auch die Oberfläche des Gewässers Schwankungen unterworfen gewesen sei. Es könne daher der Angabe des Beschwerdeführers, es handle sich um ein stehendes Gewässer im Ausmaß von 0 bis 150 m2 "bedingt zugestimmt" werden, obwohl die Größenangabe von "0 m2" als stark untertrieben bzw. als nur in seltenen Ausnahmefällen zutreffend gewertet werden könne. Das Gewässer selbst habe sich offensichtlich im Zuge der - bereits eingestellten - Abbautätigkeit eines hier befindlichen Steinbruches bzw. im Anschluss an diese gebildet. Es bestehe kein oberirdischer Zufluss, der Tümpel werde somit aus Niederschlagswasser, Wasser aus oberirdischem Abfluss der Umgebung bzw. vermutlich auch durch Sickerwässer aus dem Nahbereich der Felswand gespeist. Im Umfeld des Tümpels befinde sich kein Wohngebäude, das nächstgelegene Gebäude befinde sich rund 150 m entfernt in westlicher Richtung. Wegen dieser Entfernung, aber auch vom Geländeniveau und der Lokalität aus betrachtet, bestehe zwischen diesem Gebäude und dem Gewässer kein unmittelbarer Zusammenhang; es könne sicherlich nicht von einer "Hauslacke" gesprochen werden. Ob der erwähnte Graben ursprünglich immer offen gewesen sei und daher durch die vom Beschwerdeführer vorgenommenen Grabungsarbeiten nur der ursprüngliche Zustand wieder hergestellt worden sei, könne nicht eindeutig beurteilt werden. Auf Grund der vorgefundenen Vegetation im Teichbecken (Rohrkolben) müsse aber davon ausgegangen werden, dass zumindest das geländebedingt vorgegebene Becken des Tümpels wasserführend gewesen sein müsse; Rohrkolben seien Pflanzen der Röhrichtgesellschaften, sie kämen also in Flachwasserzonen von Seen, Teichen oder Tümpeln vor. In der Nutzungskartierung des Landschaftsschutzgebietes "Feldaisttal" aus dem Jahre 1995 sei der verfahrensgegenständliche Teich kartiert worden. Es könne daher als erwiesen angesehen werden, dass es sich um ein dauerhaftes Gewässer handle, das - abgesehen von seiner ökologischen Funktion - das lokale Landschaftsbild mitbestimme und zur Struktur- und Biotopvielfalt des gegenständlichen Raumes entscheidend beitrage, zumal naturnahe Teiche in der näheren Umgebung ohnedies selten seien. Da die Beseitigung sowohl von künstlichen als auch von natürlichen stehenden Gewässern mit Ausnahme von Hauslacken bewilligungspflichtig sei und die Berufungsbehörde unter "Beseitigen" i. s. d. § 5 Z. 13 NSchG auch ein teilweises Zuschütten oder ein dauerhaftes Trockenlegen durch aktive Maßnahmen verstehe, sei von einer Erfüllung des Tatbestandes des § 5 Z. 13 NSchG 1995 durch den Beschwerdeführer auszugehen; auf eine ständige Wasserführung komme es nicht an. Da der Beschwerdeführer somit ein bewilligungspflichtiges Vorhaben ohne naturschutzbehördliche Bewilligung ausgeführt habe, sei die Behörde verpflichtet, mit Vorschreibungen gemäß § 44 leg. cit. vorzugehen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Gemäß § 5 Z. 13 NSchG 1995 , LGBl. Nr. 37 / 1995 i. d. F. LGBl. Nr. 35 / 1999, bedarf im Grünland (§ 30 OÖ Raumordnungsgesetz 1994) - unbeschadet nach anderen Gesetzen erforderlicher behördlicher Genehmigungen - wenn nicht die §§ 7, 8 oder 11 anzuwenden sind, u. a. das Beseitigen von künstlichen und natürlichen stehenden Gewässern, es sei denn, dass ihr Ausmaß 100 m2 nicht übersteigt und sie von einem Wohngebäude nicht weiter als 100 m entfernt sind (wie Hauslacken u.dgl.) zu seiner Ausführung einer Bewilligung der Naturschutzbehörde.

Wurden bewilligungspflichtige Vorhaben ohne Bewilligung ausgeführt, so kann die Behörde gemäß § 44 Abs. 1 NSchG 1995 unabhängig von einer Bestrafung nach § 42 demjenigen, der rechtswidrig das Vorhaben ausgeführt hat oder ausführen hat lassen, oder dessen Rechtsnachfolger mit Bescheid auftragen, binnen einer festzusetzenden angemessenen Frist auf seine Kosten den vorherigen Zustand wieder herzustellen oder, wenn dies tatsächlich nicht möglich ist, den geschaffenen Zustand in einer Weise abzuändern, dass Natur und Landschaft möglichst wenig beeinträchtigt werden.

Dem angefochtenen Bescheid liegt die Auffassung zu Grunde, der Beschwerdeführer habe, indem er den erwähnten Graben von dem dort befindlichen Material geräumt habe, eine Maßnahme gesetzt, durch die der beschriebene Tümpel trocken gelegt worden sei, somit ein stehendes Gewässer ohne die im Sinne des § 5 Z. 13 NSchG 1995 hiefür erforderliche Bewilligung beseitigt.

Dem hält der Beschwerdeführer, der nicht bestreitet, den in Rede stehenden Graben im Frühjahr 1999 ohne naturschutzbehördliche Bewilligung geräumt zu haben, zunächst entgegen, unter einem stehenden Gewässer im Sinne des § 5 Z. 13 NSchG 1995 könne nur eine solche Fläche verstanden werden, auf der sich ganzjährig Wasser befindet. Es könne dem Gesetzgeber nämlich nicht unterstellt werden, er habe die Beseitigung von kleinstflächigen und kurzfristigen Wasseransammlungen, wie sie durch Regenfälle, die Zufuhr durch eine Wasserleitung oder durch Hochwasser entstünden, einer behördlichen Bewilligung unterworfen. Vielmehr seien Landflächen, auf denen sich nicht ganzjährig Wasser befinde, sondern lediglich mehr oder weniger lange ansammle und die in der Folge wieder austrockneten, nicht als stehende Gewässer im Sinne der genannten Bestimmung anzusehen. So weit die Behörde für ihre - gegenteilige - Auffassung auf Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes verweise, ohne diese im Einzelnen zu zitieren, übersehe sie, dass es bei den - im Einzelnen genannten - verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen durchgehend um die Frage gegangen sei, ob auch ein nicht ständig wasserführendes Gerinne als fließendes Gewässer anzusehen sei, nicht aber darum, ob eine nur temporär von Wasser bedeckte Landfläche als stehendes Gewässer anzusehen sei. Der Amtssachverständige habe jedenfalls nicht festgestellt, dass eine ganzjährige Wasserführung vorgelegen habe, sondern lediglich gemeint, es könne davon ausgegangen werden, dass das Gewässer zumindest im Großteil des Jahres wasserführend gewesen sei.

Wie der Beschwerdeführer zutreffend ausführt, hat der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen, der Begriff des fließenden Gewässers setze nicht voraus, dass es sich um ein ganzjährig wasserführendes Gerinne handle; vielmehr sei ein Oberflächengerinne auch dann als fließendes Gewässer zu qualifizieren, wenn es z.B. während einer Trockenperiode austrockne (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 28. Februar 2000, Zl. 98/10/0149 und die hier zitierte Vorjudikatur). Dies, weil durch den Begriff des "fließenden" Gewässers lediglich der Gegensatz zum "stehenden" Gewässer hergestellt, nicht aber verlangt werde, dass das -vom Begriff des Gewässers mitumfasste- Gewässerbett dauernd oder auch nur den überwiegenden Teil des Jahres unter Wasser stehen müsste (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. Dezember 1984, VwSlg. 11.619/A).

Nichts anderes kann für den Begriff des "stehenden" Gewässers gelten. Auch hier ist daher nicht zu verlangen, dass das - vom Begriff des Gewässers mitumfasste - Gewässerbett ständig oder auch nur den überwiegenden Teil des Jahres unter Wasser stehen müsste.

Dies bedeutet - im Gegensatz zur Auffassung des Beschwerdeführers - freilich nicht, dass die Beseitigung von "kleinstflächigsten und kurzfristigen Wasseransammlungen" bereits vom Bewilligungstatbestand des § 5 Z. 13 NSchG 1995 erfasst wäre; nimmt diese Bestimmung doch jene stehenden Gewässer von der für die Beseitigung normierten Bewilligungspflicht aus, deren Ausmaß 100 m2 nicht übersteigt und die von einem Wohngebäude nicht weiter als 100 m entfernt sind. Dass dieser Ausnahmetatbestand im vorliegenden Fall - entgegen der Annahme der belangten Behörde - erfüllt wäre, wird vom Beschwerdeführer nicht konkret behauptet. Ob der Tümpel aber - wie der Beschwerdeführer weiters vorbringt - erst im Jahre 1994 durch das Zuschütten des Grabens entstanden sei, ist für die Frage des Vorliegens eines vom Bewilligungstatbestand des § 5 Z. 13 NSchG 1995 erfassten stehenden Gewässers schon deshalb ohne Belang, weil es nach dieser Bestimmung nicht darauf ankommt, ob das Gewässer natürlich entstanden oder künstlich angelegt, d.h. das Ergebnis menschlicher Maßnahmen ist. Der vom Beschwerdeführer beantragten Beweisaufnahme über den Zustand des Areals vor 1994 bedurfte es daher ebenso wenig, wie der Aufnahme von Beweisen über die Zeiträume, in denen der Tümpel ausgetrocknet war.

Der Beschwerdeführer bringt weiters vor, nur das "Beseitigen" eines stehenden Gewässers sei im Sinne des § 5 Z. 13 NSchG 1995 bewilligungspflichtig, er habe jedoch lediglich das maximale Wasseraufnahmevermögen des Areals vermindert, sodass die Perioden völliger Austrocknung des Tümpels länger andauerten als vor der Räumung des Grabens. Dadurch sei der Tümpel jedoch nicht beseitigt worden, weil eine "Beseitigung" nur dann angenommen werden könne, wenn die Funktionsfähigkeit und die ökologische Wertigkeit des Tümpels auf Dauer und zur Gänze oder zumindest weitgehend eingeschränkt sei.

Auch mit diesem Vorbringen wird eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht aufgezeigt. Dem Gutachten des Amtssachverständigen für Natur- und Landschaftsschutz zufolge wird der Tümpel durch den beschriebenen Graben nämlich entwässert, was bereits dazu geführt habe, dass lediglich der Beckengrund stellenweise noch stärker durchfeuchtet sei. Zufolge der beschriebenen Auswirkungen dieser Entwässerung auf den Wasser- und Pflanzenbestand (insbesondere den Rohrkolben) könnte, selbst wenn es trotz der Entwässerungsmaßnahmen des Beschwerdeführers nach Regenfällen noch zu Überflutungen des Areals kommen sollte, nicht mehr vom Bestand jenes Teiches gesprochen werden, der vor den Entwässerungsmaßnahmen hier anzutreffen war. Die belangte Behörde ist daher zu Recht davon ausgegangen, dass durch die vom Beschwerdeführer gesetzten Entwässerungsmaßnahmen das (ursprünglich) bestehende Gewässer beseitigt wurde.

Da somit bereits auf Grund des Inhaltes der Beschwerde zu erkennen ist, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 29. Mai 2000

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