VwGH 99/07/0215

VwGH99/07/02159.3.2000

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Bumberger, Dr. Pallitsch und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Thalhammer, über die Beschwerde der M S in G, vertreten durch Dr. Johannes Dörler und Dr. Alexander Singer, Rechtsanwälte in Graz, Brockmanngasse 91/I, gegen den Bescheid des Landesagrarsenates beim Amt der Steiermärkischen Landesregierung vom 28. April 1999, Zl. 8-LAS 14 Mi 2/36-99, betreffend Aberkennung einer Felddienstbarkeit (mitbeteiligte Parteien: M und K P, G), zu Recht erkannt:

Normen

AgrBehG 1950 §5;
AgrBehG 1950;
AVG §19;
AVG §7 Abs1;
EinforstungsLG Stmk 1983 §47 Abs1;
EinforstungsLG Stmk 1983 §47 Abs2;
VwRallg;
WWSGG §1 Abs2;
WWSGG §13;
AgrBehG 1950 §5;
AgrBehG 1950;
AVG §19;
AVG §7 Abs1;
EinforstungsLG Stmk 1983 §47 Abs1;
EinforstungsLG Stmk 1983 §47 Abs2;
VwRallg;
WWSGG §1 Abs2;
WWSGG §13;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid der Agrarbezirksbehörde Graz (AB) vom 6. Mai 1996 wurde unter Spruchabschnitt II der Antrag der Beschwerdeführerin auf Aberkennung der gerichtlich festgestellten Wegservitut über die Grundstücke Nr. 1173, 1174 und 1175 der EZ. 33

GB 61038 Michelgleinz (Eigentümerin: die Beschwerdeführerin) zugunsten der jeweiligen Eigentümer der Grundstücke Nr. 1178 und 1177 der EZ. 32 (Eigentümer: die mitbeteiligten Parteien) wegen Vorliegens eines schützenswerten Interesses abgewiesen.

In der Begründung heißt es, der Bestand der Dienstbarkeit (Wegservitut) auf den Grundstücken Nr. 1173, 1174 und 1175, deren Aberkennung die Beschwerdeführerin beantragt habe, sei mit Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 2. April 1993 festgestellt worden. Nach § 47 Abs. 2 des Steiermärkischen Einforstungs-Landesgesetzes 1983, LGBl. Nr. 1 (StELG 1983) seien die im § 47 Abs. 1 leg. cit. genannten Felddienstbarkeiten ohne Entschädigung abzuerkennen, wenn kein schützenswertes Interesse des berechtigten Gutes an der Dienstbarkeit bestehe. Ein solches schützenswertes Interesse liege vor, wenn die Aufrechterhaltung der Dienstbarkeit aus wirtschaftlichen Gründen zweckmäßig sei. Aus dem bei der mündlichen Verhandlung am 17. April 1996 erstatteten Gutachten eines landwirtschaftlichen Amtssachverständigen ergebe sich, dass hinsichtlich der in Rede stehenden Dienstbarkeit ein schützenswertes Interesse der mitbeteiligten Parteien am weiteren Bestand dieser Dienstbarkeit bestehe.

Die Beschwerdeführerin berief.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 29. Jänner 1997 wurde

die Berufung als unbegründet abgewiesen.

In der Begründung heißt es - soweit für das verwaltungsgerichtliche Verfahren von Bedeutung - seitens der belangten Behörde sei ein weiteres Gutachten eines landwirtschaftlichen Amtssachverständigen eingeholt worden. Aus diesem Gutachten gehe hervor, dass die mitbeteiligten Parteien gemeinsame Eigentümer der 2,1863 ha umfassenden Liegenschaft EZ. 32 seien, wobei von der Gesamtfläche laut Grundbuch 2,1529 ha auf landwirtschaftliche Nutzung und 0,0334 ha auf eine Baufläche mit der Hofstelle entfielen. Die mitbeteiligten Parteien bewirtschafteten diese Landwirtschaft im Nebenerwerb und nutzten im Rahmen ihres landwirtschaftlichen Betriebes noch weitere ca. 1,6 ha zugepachteter landwirtschaftlicher Flächen.

Die Liegenschaft bestehe aus den einen Besitzkomplex bildenden Grundstücken Nr. 1176, 1177 und 1178. Die Erschließung der Hofstelle der mitbeteiligten Parteien sei über einen grundbücherlich gesicherten Schotterweg, der vom Weggrundstück 1183 ausgehend bis in das Grundstück Nr. 1172 hineinführe, gegeben. Vom Hofraum aus führten zwei unbefestigte bewachsene Gehwege über das Grundstück Nr. 1178 entlang der Grenze zu den Grundstücken Nr. 1173 und Baufläche .120 zum öffentlichen Weggrundstück Nr. 1089 bzw. über das Grundstück Nr. 1178 entlang der Grenze zum Grundstück Nr. 1180 und über das Grundstück Nr. 1180 zum öffentlichen Weggrundstück Nr. 1183. Die Erschließung der Grundstücke Nr. 1176 und 1177 sei über einen Weg gegeben, der in der Natur nördlich der Hofstelle der mitbeteiligten Parteien vom erwähnten Schotterweg abzweigend über das Grundstück Nr. 1178 und das Eigengrundstück Nr. 1177 bis knapp vor dem gemeinsamen Grenzpunkt der Grundstücke Nr. 1173, 1174 und 1177 führe und in weiterer Folge entlang der gemeinsamen Grenze der Grundstücke Nr. 1173, 1174, 1175 (im Eigentum der Beschwerdeführerin) bzw. 1177 und 1176 (im Eigentum der mitbeteiligten Parteien) mit je einer Fahrspur auf dem Grund der Beschwerdeführerin bzw. auf dem Grund der mitbeteiligten Parteien verlaufe, wobei dieser Weg etwa bei jenem Punkt ende, wo die Grenze zwischen den Grundstücken Nr. 1175 und 1177 ihren Verlauf in östlicher Richtung ändere. Nach den Angaben der mitbeteiligten Partei werde dieser Weg auch bis dorthin benutzt. Bei diesem Weg handle es sich um einen gerichtlich festgestellten Servitutsweg. Der über die Grundstücke Nr. 1173, 1174 und 1175 bzw. 1177 und 1176 führende Servitutsweg werde einerseits von der Beschwerdeführerin im Bereich des Grundstückes Nr. 1174 zur Bewirtschaftung der Grundstücke Nr. 1174 und 1175 und andererseits von den mitbeteiligten Parteien zur Bewirtschaftung der Grundstücke Nr. 1177 und 1176 genutzt. Auf Grund der gegenwärtigen Nutzung der Grundstücke Nr. 1177 und 1176 werde der Weg von den mitbeteiligten Parteien mit landwirtschaftlichen Maschinen und Geräten u.a. zur Düngerausbringung, Grünfutter- und Rauhfutterwerbung sowie zur Ackerbewirtschaftung befahren. Eine andere Erschließung der Grundstücke Nr. 1176 und 1177 bestehe derzeit nicht. Der als Acker genutzte Teil des Grundstückes Nr. 1177 könnte im Falle einer Nutzung mit nur einer Ackerkultur ohne den Servitutsweg und ohne Errichtung eines Weges (einer zweiten Fahrspur) auf Eigengrund bewirtschaftet werden. Im Falle einer Nutzung mit mehreren Ackerkulturen wäre die Errichtung eines Weges (einer zweiten Fahrspur) auf Eigengrund erforderlich. Zur Bewirtschaftung der derzeit als Grünland genutzten Flächen (Teil des Grundstückes Nr. 1177 sowie des Grundstückes Nr. 1176) wäre jedenfalls die Errichtung eines Weges (einer zweiten Fahrspur) auf Eigengrund erforderlich, da auf einem Teil der derzeit als Grünland genutzten Flächen des Grundstückes Nr. 1177 eine Nutzung als Acker auf Grund der Hangneigung wegen der damit verbundenen Gefahr der Bodenerosion nicht ordnungsgemäß möglich sei und auf den übrigen Grünlandflächen eine Ackernutzung auf Grund der durch die bestehenden Gerinne kleinen Flächen unzweckmäßig und aus ökologischen Gründen (Gewässerschutz) abzulehnen sei. Unabhängig von diesen Ausführungen zur Nutzbarkeit dieser Grünlandflächen als Acker sei es Tatsache, dass der Betrieb der mitbeteiligten Parteien auf Rinderhaltung ausgerichtet sei und für eine wiederkäuergerechte Fütterung Grünlandflächen zur Rauhfuttergewinnung benötige. Die Errichtung eines Weges (einer zweiten Fahrspur) auf Eigengrund der mitbeteiligten Parteien wäre technisch möglich, hätte aber neben den Kosten für die Errichtung auch den Verlust von ca. 220 m2 landwirtschaftlich nutzbarer Fläche zur Folge. Der Bestand des Servitutsweges sichere eine aus landwirtschaftlicher Sicht erwünschte und auf Grund der Tierhaltung notwendige vielseitige Nutzung der damit erschlossenen landwirtschaftlichen Flächen der Betriebe der mitbeteiligten Parteien und der Beschwerdeführerin ohne zusätzliche Inanspruchnahme landwirtschaftlicher Flächen beider Betriebe und ohne zusätzliche Kosten für die Wegerrichtung. Die Aufrechterhaltung der Dienstbarkeit sei zwar für die ordnungsgemäße Bewirtschaftung des Betriebes der mitbeteiligten Parteien wegen der technischen Möglichkeit, auf Eigengrund einen Weg zu errichten, nicht zwingend erforderlich, aus wirtschaftlichen Gründen aber besonders zweckmäßig, sodass ein beträchtliches schützenswertes Interesse des berechtigten Gutes an der Aufrechterhaltung der Dienstbarkeit vorliege. Zu den Ausführungen hinsichtlich der zukünftigen gemeinsamen Nutzung des Servitutsweges entlang der Grundgrenze der Grundstücke Nr. 1173, 1174, 1175 bzw. 1177 und 1176 in der Berufung werde angemerkt, dass der tatsächlich gemeinsam benutzte Teil des Servitutsweges eine Länge von ca. 130 lfm umfasse, und dass die Breite des Weges ca. 1,8 bis 2 m betrage. Auf Grund dieser relativ geringen Breite könnten zwei sich begegnende landwirtschaftliche Fuhrwerke nicht aneinander vorbeifahren, ohne in Grundstücke der mitbeteiligten Parteien oder der Beschwerdeführerin auszuweichen. Auf Grund der derzeitigen Nutzung bestünden im betroffenen Bereich jedoch ausreichende Ausweichmöglichkeiten und es sei insbesondere auf Grund der geringen Länge des tatsächlich gemeinsam benutzten Teiles des Servitutsweges durchaus zumutbar, dass im Begegnungsfall der eine Wegbenutzer zuwarte, um den anderen Wegbenutzer passieren zu lassen. Die entsprechenden Berufungsausführungen beträfen daher keine landwirtschaftlich-technische Frage, sondern seien als Frage des Wollens der beteiligten Wegbenutzer anzusehen. Auf Grund dieser Ausführungen des Amtssachverständigen ergebe sich, dass ein schützenswertes Interesse der mitbeteiligten Parteien an der Aufrechterhaltung der Dienstbarkeit vorliege.

Mit Eingabe vom 12. Juli 1998 beantragte die Beschwerdeführerin bei der AB neuerlich die Aberkennung der in Rede stehenden Servitut. Diesen Antrag begründete sie damit, dass die mitbeteiligten Parteien durch ständiges Heranführen der Ackerfläche an den Weg eine Veränderung dahin vorgenommen hätten, dass ein Ausweichen auf dem Grundstück der mitbeteiligten Parteien nicht mehr möglich sei. Außerdem sei auf einem Teil der Ackerfläche Ölkürbis angebaut worden und die Kürbisreben würden bereits in die Fahrspur wachsen, sodass ein Befahren des Weges ohne Zerstörung der Reben nicht mehr möglich sei. Das habe dazu geführt, dass die mitbeteiligten Parteien die Fahrspur gänzlich auf das Grundstück der Beschwerdeführerin verlegten und damit eine Besitzstörung begingen.

Mit Bescheid vom 22. Juli 1998 wies die AB den Antrag gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurück.

Die Beschwerdeführerin berief.

Der von der belangten Behörde beigezogene landwirtschaftliche Amtssachverständige führte in seinem Gutachten vom 9. Februar 1999 aus, die mitbeteiligten Parteien bewirtschafteten die Flächen der Liegenschaft EZ. 32 nach wie vor im Rahmen ihres Nebenerwerbsbetriebes, hätten aber zwischenzeitig von Milchkuh- auf Mutterkuhhaltung umgestellt, und wegen des Wegfalls von ca. 1,6 ha Pachtflächen den Viehbestand reduziert. Derzeit würden 4 Stück Rinder (davon 3 Mutterkühe) sowie Hühner und Mastschweine für den Hausbedarf gehalten. Der auf Acker entfallende Teil des Grundstückes Nr. 1177 sei im Jahr 1998 überwiegend mit Mais bebaut gewesen. Lediglich eine kleine Fläche im Nordosten der Ackerfläche des Grundstückes Nr. 1177 sei mit Ölkürbis bestellt gewesen. Der nordöstliche Teil des Grundstückes Nr. 1177 sowie das Grundstück Nr. 1176 entfielen auf Dauergrünland. Bezüglich der Entfernung des gepflügten Bereiches auf dem Grundstück Nr. 1177 zur Grenze zu den Grundstücken Nr. 1173 und 1174 habe anlässlich der örtlichen Erhebung festgestellt werden können, dass die Pflugfurche im Bereich des Grenzpunktes 1 bis ca. 4,5 m, im Bereich des Grenzpunktes 2 bis ca. 1,5 m und im Bereich des Grenzpunktes 3 bis ca. 3,0 m an die Grenze heranreiche. Der zwischen der Pflugfurche und dem entlang der Grenze über diese Grundstücke verlaufenden Servitutsweg befindliche Grünlandstreifen auf dem Grundstück Nr. 1177 weise eine Breite von ca. 0,5 m im Bereich des Grenzpunktes 2, bis ca. 2,0 m im Bereich des Grenzpunktes 3 und bis ca. 2,5 m im Bereich des gemeinsamen Grenzpunktes der Grundstücke Nr. 1173, 1174 und 1177 auf. Auf dem Grundstück Nr. 1174 befinde sich zwischen Weg und gepflügtem Bereich ein mehr als 2 m breiter Grünlandstreifen. Eine Veränderung der Servitutswegtrasse habe nicht festgestellt werden können. Je nach Traktor und in Abhängigkeit von den angehängten bzw. angebauten Geräten werde zum gänzlichen Ausweichen ein befahrbarer Grünlandstreifen mit mindestens 1,8 m Breite benötigt. Entlang eines Teiles des Servitutsweges sei daher ein gänzliches Ausweichen auf die Grundstücke der mitbeteiligten Parteien möglich gewesen und nach wie vor möglich. Unabhängig davon, ob eine Ausweichmöglichkeit bestehe oder nicht, habe der Weg im Vorjahr mit landwirtschaftlichen Fuhrwerken benutzt werden können und könne der Weg auch derzeit benutzt werden. Die seinerzeitige Beurteilung, dass die Aufrechterhaltung der Dienstbarkeit zwar für die ordnungsgemäße Bewirtschaftung des Betriebes der mitbeteiligten Parteien wegen der technischen Möglichkeit, auf Eigengrund einen Weg zu errichten, nicht zwingend erforderlich, aus wirtschaftlichen Gründen aber besonders zweckmäßig sei, so dass ein beträchtliches schützenswertes Interesse des berechtigten Gutes an der Dienstbarkeit vorliege, werde aufrechterhalten.

Mit Ladung vom 12. April 1999 beraumte die belangte Behörde für 28. April 1999 die mündliche Verhandlung an. In dieser Ladung wurde den Parteien auch das von der belangten Behörde eingeholte Amtssachverständigengutachten bekannt gegeben.

Dieser Ladung war auch eine Beilage angeschlossen, aus welcher sich die Zusammensetzung der belangten Behörde ergibt. Darin scheinen als Mitglieder aus dem Richterstand Dr. Schiller, Dr. Schemitsch und Dr. Scaria auf.

Mit Schreiben vom 21. April 1999 beantragte die Beschwerdeführerin die Verschiebung der Berufungsverhandlung. Sie begründete dies im Wesentlichen damit, ihre Anfragen zu Bestimmungen des ZLG 1909 und der ZV 1909 seien bisher unbeantwortet geblieben. Im Zusammenhang mit der Beantwortung dieser Fragen seien von der Beschwerdeführerin auch Anfragen und Anträge an das Bundesministerium für Justiz, an das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, an den Bundespräsidenten, an den Landeshauptmann und an den Petitionsausschuss des Steiermärkischen Landtages gerichtet worden.

Bei der mündlichen Verhandlung am 28. April 1999 wiederholte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen die Ausführungen in ihrer Berufung und brachte weiters vor, entgegen dem Gutachten des Amtssachverständigen sei der Weg zum Grenzpunkt 2 sehr wohl auf Grund der mitbeteiligten Partei befahrbar; es müsste lediglich der Grünstreifen gemäht werden. Die Beschwerdeführerin brachte weiters vor, sie haben ihren Acker so angelegt, dass sie auf Eigengrund ausweichen könne. Eine solche Vorgangsweise sei auch den mitbeteiligten Parteien zumutbar, nur würden diese ihren Acker bis zum Wegrand "umbauen". Eine rechtliche "Ausweichregelung" im Falle der "Begegnung" sei erforderlich. Dies hätte schon seinerzeit festgehalten werden müssen, jedoch sei ihr erklärt worden, dass dieses Problem zivilrechtlich geklärt werden müsse. Das Gutachten des Amtssachverständigen stehe zu einem von der Beschwerdeführerin beigebrachten Gutachten insofern in Widerspruch, als nach dem Privatgutachten im Falle einer (möglichen) Auflösung des gemeinsamen Wegstückes auf Seiten der mitbeteiligten Parteien lediglich eine Fläche von maximal 200 m2 als Wiesenfläche "liegengelassen" werden müsste; diese Wiesenfläche könnte jedoch der Heunutzung zugeführt werden.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 28. April 1999 wies die belangte Behörde sowohl den Antrag der Beschwerdeführerin auf Verlegung der mündlichen Verhandlung als auch die Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid ab.

Als Senatsmitglieder aus dem Richterstand, die an der Entscheidung mitgewirkt haben, führt das Erkenntnis Dr. Schemitsch, Dr. Knaipp und Dr. Schmeid an. Auch die Verhandlungsniederschrift und das Beratungsprotokoll führen diese Richter als an der Entscheidung beteiligt an.

In der Begründung führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, an der Sach- und Rechtslage habe sich seit der Abweisung des ersten Aberkennungsantrages der Beschwerdeführerin nichts geändert, weshalb die Erstbehörde zu Recht den zweiten Antrag wegen entschiedener Sache zurückgewiesen habe.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof.

Dieser lehnte mit Beschluss vom 29. November 1999, B 1237/99-10, ihre Behandlung ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

In ihrer im verwaltungsgerichtlichen Verfahren erstatteten Beschwerdeergänzung bringt die Beschwerdeführerin vor, entgegen der Auffassung der belangten Behörde sei zwischen der rechtskräftigen Abweisung des ersten Aberkennungsantrages und der Einbringung des zweiten Aberkennungsantrages eine maßgebliche Veränderung der Sachlage dadurch eingetreten, dass durch die von den mitbeteiligten Parteien auf ihrem Grundstück gesetzten Maßnahmen der ursprüngliche Zweck des Servitutsweges weggefallen sei. Zwar könne der Weg mit landwirtschaftlichen Fuhrwerken benützt werden, doch sei ein Begegnungsverkehr nach dem alten Konzept des Servitutsweges nicht möglich. Demnach sei der Servitutsweg so benutzt worden, dass die Grenzsteine zwischen den Fuhrwerken zu liegen gekommen seien. Bei einem Aufeinandertreffen von Fuhrwerken seien die beiden Eigentümer jeweils auf ihr Grundstück ausgewichen. In der Zwischenzeit hätten jedoch die mitbeteiligten Parteien ihre Ackerfläche unmittelbar an den Weg herangeführt, sodass ein konfliktfreies Ausweichen nicht mehr möglich sei. Der von der belangten Behörde beigezogene Amtssachverständige komme zu der falschen Schlussfolgerung, dass nach wie vor ein Ausweichen möglich sei. Dem Sachverständigen sei nämlich entgegenzuhalten, dass die von ihm angeführte Breite von 1,8 m viel zu gering bemessen sei, da ein Heuladewagen eine Mindestbreite von 2 m aufweise, ein Heuplitz jedoch eine solche von 2,5 m. Aus der Formulierung des Amtssachverständigen ergebe sich auch unzweifelhaft im Umkehrschluss, dass die Ausweichmöglichkeit nicht mehr zu Gänze bestehe. Die belangte Behörde übernehme kritiklos die Begründung aus ihrem Bescheid vom Jahr 1997, wonach ein schützenswertes Interesse der mitbeteiligten Parteien an der Aufrechterhaltung der Dienstbarkeit bestehe.

In einem als "Exkurs" bezeichneten Passus der Beschwerdeergänzung versucht die Beschwerdeführerin darzulegen, dass die in Rede stehende Dienstbarkeit bereits auf Grund des Zusammenlegungsverfahrens im Jahr 1960 erloschen sei.

Schließlich bringt die Beschwerdeführerin vor, in der Ladung zur Berufungsverhandlung seien andere stimmberechtigte Mitglieder des Landesagrarsenates bekannt gegeben worden als jene, welche schließlich über die Berufung entschieden hätten. Zudem seien in der Berufungsverhandlung die in der Ladung bekannt gegebenen Mitglieder aus dem Richterstand als anwesend aufgerufen worden und es seien daher offenbar andere als die erwähnten Senatsmitglieder bei der mündlichen Berufungsverhandlung zugegen gewesen. Dies sei im Hinblick auf den Unmittelbarkeitsgrundsatz bedenklich. Durch diese Vorgangsweise sei der Beschwerdeführerin außerdem das Recht genommen worden, einzelne Senatsmitglieder wegen Befangenheit abzulehen. Hätte sie rechtzeitig davon Kenntnis erlangt, dass Dr. Knaipp an der Entscheidung mitwirke, hätte sie ihn abgelehnt. Dr. Knaipp habe nämlich sowohl als Richter des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als auch als Richter des Oberlandesgerichtes Graz an jenen Entscheidungen mitgewirkt, durch welche den mitbeteiligten Parteien die gegenständliche Dienstbarkeit zuerkannt worden sei.

Ein weiterer Verfahrensmangel sei darin zu erblicken, dass dem Vertagungsantrag nicht stattgegeben worden sei.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 47 Abs. 1 StELG 1983 können Felddienstbarkeiten anderer als der im § 1 bezeichneten Art auf land- und forstwirtschaftlich genutzten Grundstücken von der Agrarbehörde aberkannt, abgelöst oder geregelt werden, wenn sie unbestritten oder gerichtlich festgestellt sind.

Nach § 47 Abs. 2 leg. cit. sind solche Felddienstbarkeiten ohne Entschädigung abzuerkennen, wenn kein schützenswertes Interesse des berechtigten Gutes an der Dienstbarkeit besteht. Ein solches schützenswertes Interesse liegt vor, wenn die Aufrechterhaltung der Dienstbarkeit aus wirtschaftlichen Gründen zweckmäßig ist.

Die Beschwerdeführerin hat im Jahr 1996 einen ersten Antrag auf Aberkennung der in Rede stehenden Dienstbarkeit gestellt. Dieser Antrag wurde mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 29. Jänner 1997 rechtskräftig abgewiesen.

Im Jahr 1998 hat die Beschwerdeführerin einen neuerlichen Antrag auf Aberkennung der Dienstbarkeit gestellt. Die Zurückweisung dieses Antrages wegen entschiedener Sache durch die AB wurde mit dem angefochtenen Bescheid bestätigt.

Entscheidend für die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides ist, ob die belangte Behörde zu Recht davon ausgehen konnte, dass sich seit der rechtskräftigen Abweisung des ersten Aberkennungsantrages am maßgeblichen Sachverhalt nichts geändert hat.

Dem Bescheid der belangten Behörde vom 29. Jänner 1997 lag die Sachverhaltsannahme zugrunde, dass die Aufrechterhaltung der Dienstbarkeit für die Landwirtschaft der mitbeteiligten Parteien aus wirtschaftlichen Gründen zweckmäßig ist und dass daher ein schützenswertes Interesse des berechtigten Gutes an der Dienstbarkeit besteht. An diesem Sachverhalt hat sich nichts geändert. Selbst wenn es zutrifft, dass die mitbeteiligten Parteien durch das Heranführen des Ackers an den Weg die Möglichkeiten zum Ausweichen vermindert haben, ist nicht ersichtlich, was das mit der Frage zu tun haben soll, ob die Aufrechterhaltung der Dienstbarkeit aus wirtschaftlichen Gründen zweckmäßig ist. Wie von dem von der belangten Behörde beigezogenen Amtssachverständigen festgestellt wurde, ist der Weg nach wie vor benützbar. Auch ein Ausweichen ist möglich. Soweit die Beschwerdeführerin behauptet, die diesbezüglichen Ausführungen im Amtssachverständigengutachten seien falsch, weil der Amtssachverständige nicht berücksichtige, dass verschiedene landwirtschaftliche Geräte mehr als 1,8 m Raum für ein Ausweichen benötigten, ist ihr entgegenzuhalten, dass sie ein diesbezügliches Vorbringen im Rahmen des Verwaltungsverfahrens nicht erstattet hat und ihre Behauptung daher eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unbeachtliche Neuerung darstellt. Zudem ist sie darauf hinzuweisen, dass bereits im Bescheid der belangten Behörde vom 29. Jänner 1997 davon ausgegangen wurde, dass nicht nur Ausweichmöglichkeiten bestehen, sondern dass es angesichts der geringen Strecke, auf welcher der Servitutsweg von der Beschwerdeführerin und den mitbeteiligten Parteien gemeinsam benützt wird, durchaus möglich und zumutbar ist, dass die Beteiligten abwarten, bis der jeweils Andere das gemeinsam zu benützende Wegstück durchfahren hat. Eine Änderung des maßgeblichen Sachverhaltes ist daher nicht zu erkennen.

Ein Ablehnungsrecht gegenüber Mitgliedern des Landesagrarsenates steht den Parteien des Verwaltungsverfahrens nicht zu. Die von der Beschwerdeführerin zitierten Verfassungsgerichtshoferkenntnisse betrafen das Disziplinarrecht der Rechtsanwälte und das Heeresdisziplinarrecht. In diesen Rechtsgebieten finden sich - anders als im Agrarverfahren - Regelungen über die Ablehnung von Kommissionsmitgliedern. Die Mitwirkung eines allenfalls befangenen Mitgliedes an der Entscheidung kann lediglich im Rechtsmittel gegen diese Entscheidung geltend gemacht werden. Es trifft daher nicht zu, dass die Beschwerdeführerin durch den Umstand, dass in der Ladung zur mündlichen Verhandlung andere Senatsmitglieder angegeben waren als jene, die dann an der mündlichen Verhandlung teilnahmen, das Recht der Beschwerdeführerin auf Ablehnung von Senatsmitgliedern unterlaufen wurde.

Selbst wenn es zutreffen sollte, dass Dr. Knaipp an jenen Entscheidungen von Zivilgerichten teilgenommen hat, in denen über die Frage des Bestandes der in Rede stehenden Dienstbarkeit entschieden wurde - das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 2. April 1993, mit welchem über den Bestand der in Rede stehenden Dienstbarkeit entschieden wurde, weist Dr. Knaipp nicht als Richter aus - stellte dies keinen Befangenheitsgrund dar.

Der Befangenheitsgrund des § 7 Abs. 1 Z. 5 AVG liegt nicht vor, da Dr. Knaipp nicht an der Erlassung des vor der belangten Behörde angefochtenen erstinstanzlichen Bescheides mitgewirkt hat.

Auch sonstige wichtige Gründe, die geeignet wären, die volle Unbefangenheit des Senatsmitgliedes Dr. Knaipp in Zweifel zu ziehen (§ 7 Abs. 1 Z. 4 AVG), werden von der Beschwerdeführerin mit ihrem Hinweis auf eine angebliche Mitwirkung des genannten Senatsmitgliedes an zivilgerichtlichen Entscheidungen über den Bestand des Servitutsrechtes nicht aufgezeigt. Das Verfahren betreffend die Aberkennung der Dienstbarkeit stellt kein Verfahren dar, in welchem über die Richtigkeit der zivilgerichtlichen Entscheidung betreffend den Bestand der Dienstbarkeit entschieden wird. Im Verfahren über die Aberkennung der Dienstbarkeit mitwirkende Richter kommen daher auch nicht in die Lage, über eine von ihnen früher gefällte zivilgerichtliche Entscheidung befinden zu müssen und dadurch in eine Situation der Befangenheit zu geraten.

Keine gesetzliche Bestimmung des Agrarrechtes sieht vor, dass den Parteien gleichzeitig mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung die Senatszusammensetzung bekanntzugeben ist. Wenn die belangte Behörde dies trotzdem getan hat und ihr dabei Fehler unterliefen, so wurden dadurch im Beschwerdefall keine Rechte der Beschwerdeführerin verletzt. Welcher Zusammenhang zwischen unrichtigen Angaben über die Senatszusammensetzung in der Ladung zur mündlichen Verhandlung und dem "Unmittelbarkeitsgrundsatz" bestehen soll, ist nicht ersichtlich und wird in der Beschwerde nicht erläutert, sodass sich auch eine nähere Auseinandersetzung mit der Frage erübrigt, ob und in welcher Ausprägung im Verfahren vor den Landesagrarsenaten ein "Unmittelbarkeitsgrundsatz" gilt.

Ein Verfahrensmangel ist auch nicht darin zu erblicken, dass die belangte Behörde dem Vertagungsantrag der Beschwerdeführerin nicht stattgegeben hat. Auskünfte zur Frage der Auslegung von Bestimmungen früherer für das Zusammenlegungsverfahren geltender Bestimmungen waren für die mündliche Verhandlung ohne Bedeutung. Ob nämlich - wie die Beschwerdeführerin meint - die in Rede stehende Dienstbarkeit bereits durch den Abschluss des Zusammenlegungsverfahrens im Jahre 1960 erloschen ist, ist für das vorliegende Verfahren irrelevant; dies deswegen, weil nach den auch von der Beschwerdeführerin unbestrittenen Feststellungen der belangten Behörde der Bestand dieser Dienstbarkeit durch ein Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz aus dem Jahr 1993 festgestellt wurde.

Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen. Wien, am 9. März 2000

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte