VwGH 99/01/0392

VwGH99/01/039216.2.2000

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Bachler, Dr. Rigler, Dr. Pelant und Dr. Büsser als Richter, im Beisein des Schriftführers DDDr. Jahn, über die Beschwerde des Bundesministers für Inneres gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 9. August 1999, Zl. 210.728/0-III/12/99, betreffend Asylgewährung (mitbeteiligte Partei: TM in I, vertreten durch Dr. Martin Dellasega, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Schmerlingstraße 2/2), zu Recht erkannt:

Normen

AsylG 1997 §6 Z3;
AsylG 1997 §6 Z3;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der Mitbeteiligte, ein Staatsangehöriger von Äthiopien, der am 17. Mai 1999 in das Bundesgebiet eingereist ist, beantragte am 18. Mai 1999 die Gewährung von Asyl. Er wurde am 14. Juni 1999 niederschriftlich einvernommen. Der Inhalt dieser Einvernahme zu seinen Fluchtgründen wurde im angefochtenen Bescheid wörtlich wiedergegeben (siehe Seite 2 ff des angefochtenen Bescheides).

Mit dem Bescheid vom 16. Juni 1999 wies die Behörde erster Instanz unter Spruchpunkt I den Asylantrag des Mitbeteiligten gemäß § 6 Z. 3 Asylgesetz 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 idF.

BGBl. I Nr. 4/1999 - AsylG, als offensichtlich unbegründet ab. In Spruchpunkt II stellte die Behörde erster Instanz fest, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Mitbeteiligten nach Äthiopien gemäß § 8 AsylG zulässig sei. Zur Beweiswürdigung führte die Behörde erster Instanz aus:

"Ihnen mangelt es zuvorderst an persönlicher Glaubwürdigkeit, nachdem Sie - obwohl zugegebenermaßen mit einem Personaldokument ausgestattet auf die Reise gegangen - vor der österr. Fremdenpolizei ebenso dokumentenlos in Erscheinung getreten sind wie vor dem Bundesasylamt. Ihre nunmehrige Ausweislosigkeit berechtigt nicht nur zu Zweifeln an den gemachten Personalangaben, sondern auch an Ihrer Ausreisebegründung, die infolge eklatanter Ungereimtheiten und Realitätswidrigkeiten der Nachvollziehbarkeit entbehrt.

Es ist ein Leichtes, irgendwelche Behauptungen in den Raum zu stellen, Behauptungen wie hinsichtlich Führungspersönlichkeiten einer Partei. Solche Behauptungen sind an Fakten zu bewerten - und ist in Ihrem Fall u.a. Faktum, dass

a) Die Führungspersönlichkeiten der OLF nicht ein Tades Bru und ein Elasa Dilbo sind oder waren, sondern dies die Herren Lencho Letta und Ibssa Gutema sind.

b) Die OLF war entgegen Ihrer Behauptung Regierungspartei, die 1992 aus dem Kabinett und dem Parlament ausgeschieden ist.

c) Entgegen Ihrer Behauptung haben im Jahre 1993 in Äthiopien nicht nur keine 'großen' Wahlen stattgefunden, es ist in diesem Jahr auch zu keinem Bruch zwischen der EPRDF und der OLF gekommen. Der sogenannte Bruch hat sich Monate vorher ereignet.

d) Entgegen Ihrer Behauptung wird die Regierungsgruppierung EPRDF nicht von der einen Volksgruppe Tigre (TPLF) dominiert, 'die die anderen Volksgruppen unterdrückt'. Richtig ist, dass sich das gegenwärtige Kabinett aus einer Reihe von Angehörigen der EPRDF zusammensetzt und der Premierminister Meles Zenawi der TPLF zugerechnet wird.

e) Ein schwerwiegender Widerspruch zeigt sich in Ihrer Behauptung, von der Polizei des 3. Distriktes von Abbis Abeba gesucht zu werden, nachdem Sie auf diesbezügliche Nachfrage erklärt haben, von Regierungstruppen um Ihr Leben fürchten zu müssen.

Zusammenfassend ist also zu befinden, dass Sie auf Basis sehr oberflächlichen Wissens um die Konstellationen in Äthiopien eine Fluchtgeschichte zu bauen versucht haben, die auch aus logischen Gründen nicht zutreffend sein kann, haben Sie doch allen Ernstes die Behauptung gewagt, aus einer Haft deshalb entlassen worden zu sein, damit man Sie jetzt wieder suchen könne.

In Anbetracht dieser vorzitierten Aussage konnte auf weiteres Eingehen in weitere Ungereimtheiten Ihres Vorbringens verzichtet und zu Recht befunden werden, dass Sie mit Ihrer Verfolgungsbehauptung nicht glaubwürdig sind."

In rechtlicher Sicht folgerte die Behörde erster Instanz daraus, dass das Vorbringen des Mitbeteiligten zu einer Bedrohungssituation offensichtlich nicht den Tatsachen entspreche. Der Asylantrag entbehre eindeutig jeder Grundlage und sei daher als offensichtlich unbegründet abzuweisen. (Spruchpunkt II der Behörde erster Instanz ist für das verwaltungsgerichtliche Verfahren nicht wesentlich, weshalb sich die Wiedergabe der Begründung der Behörde hiezu erübrigt.)

Dagegen erhob der Mitbeteiligte Berufung.

Die Erstinstanz habe in ihrem Bescheid festgestellt, dass ungeachtet der entscheidenden Verbesserungen in der Menschenrechtssituation seit dem Jahre 1991 immer noch gewisse Defizite bestünden. Weitgehende Unzulänglichkeiten in der Behördenstruktur verhinderten eine gezielte Umsetzung der in Äthiopien bestehenden menschenrechtlichen Normen ebenso wie die große Diskrepanz zwischen Verfassung einerseits und einfacher Gesetzgebung andererseits. Allein auf Grund dieser Feststellung sei die Anwendung des § 6 AsylG rechtswidrig. Weiters seien die von der Erstbehörde als unrichtig bezeichneten Fakten richtig. Auch wenn sie nicht dem Wissensstand der Erstbehörde entsprächen, stimmten sie doch mit den Tatsachen überein. "Führungspersönlichkeiten" einer politischen Partei gebe es viele. Es sei nicht nachvollziehbar, bei einer Partei im Ausmaß der OLF nur zwei hochrangige Mitglieder als "die Führungspersönlichkeiten" anzunehmen. Der Generalsekretär des OLF Büro in London heiße "Gelasse Dilbo" und könne auf Grund seiner Funktion sicher als "Führungspersönlichkeit" der OLF bezeichnet werden, wobei "Gelasse Dilbo" in der Homepage der OLF neben "Lencho Leta" genannt werde. Auf Grund der Nennung des "Gelasse Dilbo" könne dem Mitbeteiligten nicht Unglaubwürdigkeit nachgesagt werden. Auch entspreche es den Tatsachen, dass "Tades Bru" zwischenzeitlich verstorben sei, jedoch ebenfalls zu den "Führungspersönlichkeiten" der OLF gezählt habe.

Die OLF habe an der Regierung von August 1991 bis zum Juni 1992 teilgenommen. Nach den Wahlen im Juni 1992 habe sie sich jedoch aus der Regierung zurückgezogen, die OLF sei in den Untergrund gegangen. Ihre Führer hätten das Land verlassen, der bewaffnete Teil der OLF sei von der TPLF entwaffnet worden. Die Angaben des Mitbeteiligten stimmten mit diesen Tatsachen im Wesentlichen überein. Die Partei sei geheim und im Untergrund tätig. Der Vorhalt einer falschen Angabe des Jahres der "großen Wahl" sei unrichtig Die Erstbehörde übersehe völlig, dass die Zeitrechnung des äthiopischen Kalenders mit der Zeitrechnung unseres gregorianischen Kalenders nicht übereinstimme. So sei der Jahreswechsel nicht im Jänner, sondern im September. Das äthiopische Jahr habe 13 Monate. In Äthiopien schreibe man heuer das Jahr 1991 und nicht 1999. Der Mitbeteiligte habe offensichtlich versucht, den Zeitpunkt der Wahl nach unserer Zeitrechnung zu berechnen. Dabei habe er sich wohl um ein Jahr geirrt.

Die TPLF habe die bewaffneten Anhänger der OLF entwaffnet. Insofern unterdrücke die TPLF andere Volksgruppen. Zusammenfassend sei entgegen der einseitigen Bewertung der Angaben des Mitbeteiligten durch die Erstbehörde, die offensichtlich nicht über ausreichende Informationen über Äthiopien verfüge, um das Vorbringen des Mitbeteiligten beurteilen zu können, zu erkennen, dass der Mitbeteiligte detailliertes Wissen über die äthiopischen Verhältnisse habe.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde gemäß § 32 Abs. 2 AsylG der Berufung des Mitbeteiligten statt, behob den bekämpften Bescheid und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Durchführung des Verfahrens und Erlassung eines Bescheides an das Bundesasylamt zurück.

Begründend führte die belangte Behörde aus:

"Die Erstbehörde hat ihre abweisliche Entscheidung ... im Wesentlichen damit begründet, dass dem Berufungswerber die Glaubwürdigkeit mangle. Tragende Begründung war unter anderem die von der Behörde als falsch beurteilte Aussage des Berufungswerbers, 'Tades Bru' und 'Elasa Dilbo' seien Führungspersönlichkeiten der OLF. Aus den dem UBAS zugänglichen Informationen geht demgegenüber hervor, dass General 'Tadesse Birru' in der Entstehungsgeschichte der OLF tatsächlich eine maßgebende Rolle, und zwar im Zusammenhang mit der patriotischen 'Metcha Tulerna'-Bewegung in der Bale Provinz spielte, wobei dieser General später ums Leben kam (website der OLF, http://www.oromoliberationfront.org.) Weiters ist feststellbar, dass 'Gelassa Dilbo' - worauf auch die Berufung zutreffend hinweist - tatsächlich als Generalsekretär der OLF fungiert (vgl. Information des deutschen Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge über Äthiopien, weiters website der indigo publications, http://www.indigo-net.com)

Ein weiteres wesentliches Element für die Unglaubwürdigkeit des Berufungswerbers ist nach Ansicht der Erstbehörde sein Vorbringen, dass die Regierungsgruppierung EPRDF von der Volksgruppe Tigre (TPLF) dominiert werde. Vielmehr würde - so die Bescheidbegründung - das gegenwärtige Kabinett aus einer Reihe von Angehörigen der EPRDF zusammengesetzt und der Premierminister Meles Zenawi würde der TPLF zugerechnet werden.

Bei der Beurteilung, wie dominant eine Gruppe gegenüber einer anderen Gruppe auftritt, handelt es sich nach Ansicht der Berufungsbehörde nicht um eine Tatsachenfrage, die richtig oder falsch beantwortet werden kann. Vielmehr liegt in der Beantwortung einer Wertung darüber, wie wirksam die Einflussnahme einer bestimmten Gruppe auf andere Gruppen ist. Die vom Berufungswerber vorgenommene Bewertung, durch die den Premierminister stellende Gruppe würden andere Gruppierungen dominiert, scheint an sich schon auf Grund der leitenden Stellung eines Premierministers nicht von vornherein abwegig. Aus diesem Werturteil ohne Weiteres Rückschlüsse auf die Unglaubwürdigkeit des Berufungswerbers zu ziehen, scheint nach Ansicht der Berufungsbehörde keinesfalls zwingend.

Auch ist der Einwand des Berufungswerbers zutreffend, dass in Äthiopien eine andere amtliche Zeitrechnung besteht, nämlich die nach dem julianischen Kalender, weswegen aus einem falsch angegebenen Wahljahr durch den Berufungswerber ebenfalls nicht ohne Weiteres auf dessen Unglaubwürdigkeit geschlossen werden kann.

Angesichts dieser Umstände kann - insbesondere vor dem Hintergrund des Berufungsvorbringens - im jetzigen Verfahrensstadium nicht davon gesprochen werden, dass das Vorbringen des Berufungswerbers zu seiner Bedrohungssituation offensichtlich nicht den Tatsachen entspricht. Zwar ist der Erstbehörde einzuräumen, dass auch bei Wegfall tragender Elemente ihrer Bescheidbegründung durchaus noch Widersprüchlichkeiten in den bisherigen Angaben des Berufungswerbers bestehen bleiben und der Asylantrag möglicherweise im Ergebnis unbegründet sein könnte, doch liegt hier die vom Gesetz geforderte Voraussetzung der Eindeutigkeit im derzeitigen Verfahrensstadium nicht vor. Eine endgültige Beurteilung des Falles kann nach Ansicht des UBAS aber nur nach Abwägung aller vom Berufungswerber vorgebrachten Umstände, einschließlich der Berufungsgründe, getroffen werden, welche Beurteilung angesichts des oben dargestellten Prüfungsumfanges in Berufungsverfahren nach § 6 AsylG nicht von der Berufungsbehörde vorzunehmen ist."

Da im vorliegenden Fall die Feststellung der Erstbehörde, der Antrag sei gemäß § 6 Z. 3 AsylG offensichtlich unbegründet, nicht zutreffend sei und auch eine Subsumtion des Falles unter eine andere Ziffer des § 6 AsylG nicht in Betracht komme, sei spruchgemäß zu entscheiden gewesen. Bei diesem Ergebnis erübrige sich eine gesonderte Auseinandersetzung mit Spruchpunkt 2. des angefochtenen Bescheides.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Amtsbeschwerde des Bundesministers für Inneres, in der Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides geltend gemacht wird.

Der Beschwerdeführer rügt die Unterlassung der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung und führt zur Relevanz des gerügten Verfahrensmangels aus:

"Bei Durchführung einer mündlichen Verhandlung hätte die belangte Behörde - insbesondere auf Grund des persönlichen Eindruckes vom Berufungswerber, der gerade im Falle der Beurteilung der Glaubwürdigkeit eines Vorbringens von eminenter Bedeutung ist, aber auch auf Grund des Vorbringens des Bundesasylamtes zu den Widersprüchen und Fehlern in den Angaben des Asylwerbers, die dieses im Rahmen einer mündlichen Verhandlung aufgezeigt hätte, und die dokumentiert hätten, dass der Asylwerber eindeutig unwahre Angaben hinsichtlich seiner Verfolgungssituation macht - zur rechtsrichtigen Auffassung gelangen müssen, dass der Asylantrag sehr wohl offensichtlich unbegründet ist."

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift.

Der Mitbeteiligte hat sich am Verfahren nicht beteiligt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 6 Z. 3 AsylG lautet:

"§ 6. Asylanträge gemäß § 3 sind als offensichtlich unbegründet abzuweisen, wenn sie eindeutig jeder Grundlage entbehren. Dies ist der Fall, wenn ohne sonstigen Hinweis auf Verfolgungsgefahr im Herkunftsstaat

....

3. das Vorbringen der Asylwerber zu einer Bedrohungssituation offensichtlich den Tatsachen nicht entspricht oder

..."

Wie die Behörde erster Instanz bereits in ihrem Bescheid darlegte, und wie aus den Erläuterungen zur Regierungsvorlage (686 BlgNR 20. GP, 19) hervorgeht, orientiert sich die Bestimmung des § 6 AsylG im Wesentlichen an der Entschließung der für Einwanderung zuständigen Minister der Europäischen Gemeinschaften über offensichtlich unbegründete Asylanträge vom 30. November und 1. Dezember 1992. Ein Asylantrag soll demnach "nur dann als offensichtlich unbegründet abgewiesen werden, wenn eine Verfolgungsgefahr mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit (eindeutig) ausgeschlossen werden kann".

Entgegen der Ansicht der Behörde erster Instanz vertrat die belangte Behörde auf Grund des Berufungsvorbringens und ihrer - mit dem Berufungsvorbringen im Einklang stehenden - Amtskenntnis über die tatsächliche Situation in Äthiopien den Standpunkt, die Feststellung der offensichtlichen Unbegründetheit des Asylantrages treffe nun nicht mehr zu.

Dass die in § 32 Abs. 2 AsylG genannte Feststellung nicht zutrifft, ist dann anzunehmen, wenn der Asylantrag nicht "offensichtlich unbegründet" ist. In Bezug auf Entscheidungen nach § 6 AsylG kommt dabei zum Ausdruck , dass nur die offensichtliche Unbegründetheit Gegenstand der Überprüfung durch die Berufungsbehörde ist (vgl. in diesem Sinn zu § 6 AsylG schon 686 BlgNR 20. GP, 20; weiters das hg. Erkenntnis vom 23. Juli 1998, Zl. 98/20/0175). Die Berufungsbehörde kann die Berufung demnach nicht mit der Begründung abweisen, dass der Asylantrag zwar nicht "offensichtlich", aber doch "unbegründet" sei; in einem solchen Fall muss sie vielmehr - wie im gegenständlichen Fall geschehen - gemäß § 32 Abs. 2 AsylG mit Aufhebung des erstinstanzlichen Bescheides und Zurückverweisung an das Bundesasylamt vorgehen. Die belangte Behörde hat im gegenständlichen Fall richtig erkannt, dass unter Zugrundelegung ihrer Annahme, die Feststellung der offensichtlichen Unbegründetheit treffe nicht (mehr) zu, eine neuerliche Überprüfung des Asylantrages, diesfalls nach § 7 AsylG, durch das Bundesasylamt Platz greifen müsse.

Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides ist demnach unter anderem, dass die belangte Behörde zu Recht die Meinung vertrat, der vorliegende Asylantrag sei nicht (mehr) offensichtlich unbegründet, weil keiner der im § 6 Z 1 bis 5 AsylG genannten Fälle vorliege. Die belangte Behörde hat bei der von ihr vorzunehmenden Prüfung im obgenannten Sinn keineswegs nur die Rechtmäßigkeit des Bescheides der Behörde erster Instanz im Zeitpunkt seiner Erlassung zu prüfen. Vielmehr hat die belangte Behörde in diesem Rahmen neben dem Vorbringen des Asylwerbers im Verfahren erster Instanz auch das - keinem Neuerungsverbot unterliegende - Vorbringen in der Berufung zu berücksichtigen und gegebenenfalls zur Klärung dieser Frage auch geeignete Ermittlungen anzustellen. Auf dieser Grundlage hat die Berufungsbehörde schließlich das (weitere) Zutreffen der Feststellung der Behörde erster Instanz über die offensichtliche Unbegründetheit des Asylantrages zu prüfen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. Oktober 1999, Zl. 98/20/0196).

Es erübrigt sich zu klären, ob die belangte Behörde im gegenständlichen Fall zur Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung verpflichtet gewesen wäre. Denn der Beschwerdeführer zeigt jedenfalls die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels nicht auf.

Die Feststellungen der Berufungsbehörde betreffend General "Tadesse Birru" und Generalsekretär "Gelasse Dilbo" sowie die in Äthiopien übliche Zeitrechnung nach dem julianischen Kalender bleiben unbekämpft. Auch die Ansicht der belangten Behörde, bei der Beurteilung der Dominanz einer Gruppe gegenüber einer anderen handle es sich um eine Wertungs- und nicht Tatsachenfrage, bleibt unbestritten. Auch der Verwaltungsgerichtshof kann in dieser Hinsicht keine Rechtswidrigkeit erblicken.

Damit ist der belangten Behörde zuzustimmen, dass drei wesentliche Punkte, auf welche die Behörde erster Instanz ihre Beweiswürdigung stützte, nicht aufrecht zu erhalten sind. In nunmehriger Kenntnis dieser Umstände ist es nicht rechtswidrig, dass die belangte Behörde der Ansicht ist, aus den Angaben des Mitbeteiligten bei seiner erstinstanzlichen niederschriftlichen Einvernahme (noch weniger aus den Berufungsangaben) könne eine offensichtliche persönliche Unglaubwürdigkeit nicht abgeleitet werden. Die Behauptung des Beschwerdeführers, der persönliche Eindruck des Mitbeteiligten hätte die offensichtliche Unglaubwürdigkeit hervorgebracht, könnte zwar in der Beweiswürdigung durchaus eine Rolle spielen, doch hat der Beschwerdeführer nicht aufgezeigt, welches Verhalten des Mitbeteiligten zu einer solchen Wertung hätte führen können. Er hat es auch unterlassen vorzubringen, welche - sich vom bisherigen Vorbringen des Mitbeteiligten unterscheidende - Angaben dieser in einer öffentlichen mündlichen Verhandlung gemacht hätte, die offensichtlich den Tatsachen nicht entsprechen. Der persönliche Eindruck des Mitbeteiligten kann im konkreten Fall nur in Verbindung mit seinem Vorbringen im Verfahren der Behörde erster Instanz und in der Berufung gewürdigt werden. Allein für sich ist aus dem "persönlichen Eindruck" jedenfalls keine offensichtliche "persönliche Unglaubwürdigkeit" abzuleiten.

Was die Behörde erster Instanz bei Durchführung einer mündlichen Verhandlung konkret vorgebracht hätte, lässt der Beschwerdeführer völlig im Dunkeln.

Die belangte Behörde hat nicht übersehen, dass auch bei Wegfall tragender Elemente der Begründung der Behörde erster Instanz zur Glaubwürdigkeit des Mitbeteiligten durchaus noch Widersprüchlichkeiten in den "bisherigen Angaben" des Mitbeteiligten bestehen bleiben und der Asylantrag möglicherweise im Ergebnis unbegründet sein könnte. Da die belangte Behörde aber nicht berechtigt war, eine Prüfung der (bloßen) Unbegründetheit im Sinne des § 7 AsylG vorzunehmen und zu Recht der Ansicht war, der Antrag des Mitbeteiligten entbehre nicht, wie in § 6 AsylG vorausgesetzt, "eindeutig jeder Grundlage", war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 16. Februar 2000

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