VwGH 98/04/0043

VwGH98/04/004331.5.2000

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Gruber, Dr. Blaschek und Dr. Baur als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Böheimer, über die Beschwerde 1. der C, 2. der A und 3. des W, alle in L und vertreten durch Dr. G und Dr. B, Rechtsanwälte in G, gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 21. Jänner 1998, Zl. 315.754/1-III/A/2a/97, betreffend Änderung einer gewerblichen Betriebsanlage (mitbeteiligte Partei: V-Aktiengesellschaft in O), zu Recht erkannt:

Normen

GewO 1973 §353 impl;
GewO 1973 §74 Abs2 impl;
GewO 1973 §74 Abs3 idF 1988/399 impl;
GewO 1973 §74 Abs3 impl;
GewO 1973 §77 Abs1 impl;
GewO 1994 §353;
GewO 1994 §74 Abs1;
GewO 1994 §74 Abs2;
GewO 1994 §74 Abs3;
GewO 1994 §77 Abs1;
StVO 1960 §1 Abs1;
StVO 1960 §1;
GewO 1973 §353 impl;
GewO 1973 §74 Abs2 impl;
GewO 1973 §74 Abs3 idF 1988/399 impl;
GewO 1973 §74 Abs3 impl;
GewO 1973 §77 Abs1 impl;
GewO 1994 §353;
GewO 1994 §74 Abs1;
GewO 1994 §74 Abs2;
GewO 1994 §74 Abs3;
GewO 1994 §77 Abs1;
StVO 1960 §1 Abs1;
StVO 1960 §1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführenden Parteien haben dem Bund zu gleichen Teilen Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 4.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren der belangten Behörde wird abgewiesen.

Begründung

Zum Gang des Verwaltungsverfahrens bis zur Aufhebung des Bescheides des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 4. Juli 1994 durch das hg. Erkenntnis vom 8. Oktober 1996, Zl. 94/04/0191, wird auf die diesbezüglichen Ausführungen in diesem Erkenntnis verwiesen.

Mit dem als Ersatzbescheid für den zuletzt genannten Bescheid ergangenen, vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 21. Jänner 1998 wurde der mitbeteiligten Partei im Instanzenzug neuerlich die gewerbebehördliche Genehmigung zum Umbau ihrer Betriebsanlage (Tankstelle in L) gemäß den §§ 81, 74, 77 und 353 ff GewO 1973 sowie § 27 Arbeitnehmerschutzgesetz unter Vorschreibung einer Reihe von Auflagen (Spruchpunkt I. des insoweit übernommenen erstbehördlichen Bescheides vom 7. September 1992) mit der Maßgabe erteilt, als die Betriebszeiten der Betriebsanlage wie folgt festgelegt wurden:

"-an Samstagen von 7.00 Uhr bis 21.00 Uhr

-an den übrigen Tagen im Zeitraum von 1.5. bis 31.10 jedes Jahres von 8.00 Uhr bis 21.00 Uhr; im Zeitraum vom 1.11. bis 30.4. jedes Jahres von 8.00 Uhr bis 20.00 Uhr".

Zur Begründung führte der Bundesminister, soweit dies für das verwaltungsgerichtliche Verfahren von Bedeutung ist aus, der gewerbetechnische Sachverständige habe zu den Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes im genannten Erkenntnis Zl. 94/04/0191 ein ergänzendes gewerbetechnisches Gutachten erstattet. In diesem (im angefochtenen Bescheid wiedergegebenen) ergänzenden Gutachten werde folgendes ausgeführt:

"Das Hotel der Berufungswerber W liegt ca. 3 m höher als die Tankstelle auf der anderen Straßenseite der B (Richtung Nordosten, siehe Wiedergabe des Gutachtens im Bescheid des Bundesministeriums für wirtschaftliche Angelegenheiten Seite 4 unten). Das Hotel ist zweistöckig mit ausgebautem Dachgeschoß und die Giebelfront weist Richtung Tankstelle. Bereits vom Balkon im 1. Stock des Hotels ist eine Draufsicht auf das Flugdach der Tankstelle und das Flachdach des Oberstockes des Garagengebäudes (1. Stock, Wohnung) gegeben. Auf Grund des gegebenen Nieveauunterschiedes erfolgt die Schallausbreitung von der Tankstelle zum Hotel nicht waagrecht, sondern schräg aufwärts. Durch das Flugdach oberhalb des Tankbereiches wird die Schallausbreitung nach oben (und somit auch schräg aufwärts in Richtung Hotel) eingeschränkt. Wenn nun dieses Flugdach von derzeit ca. 75 m2 auf antragsgegenständlich 170 m2 vergrößert werden soll, so ergibt sich durch diese Vergrößerung zwangsläufig auch eine größere Einschränkung der Schallausbreitung nach oben (auch in Richtung Hotel). Da die Schirmwirkung des Flugdaches davon abhängt, auf welchem Punkt des Tankstellengeländes die Schallemission stattfindet und auf welchen Immissionspunkt diese Schallereignisse bezogen werden (nahe der Straße keine Abschirmung, nahe der Garagenwand Abschirmung der oberen Geschoße), beträgt die Schirmwirkung im ungünstigsten Fall 0 dB und im günstigsten Fall ca. 7 dB.

Eine weitere Verbesserung wird im gegenständlichen Projekt durch den dichten Anschluss des neuen Flugdaches an die Ostwand des Garagengebäudes erreicht. Das bisher genehmigte, alte Flugdach endet oberhalb der straßenseitigen Kioskwand und dadurch ist ein ca. 2 - 5 m breiter Spalt zwischen dem Garagengebäude und dem Flugdach vorhanden (siehe Bescheid des Bundesministeriums für wirtschaftliche Angelegenheiten Seite 14 letzter Absatz). Durch diesen Spalt kann im Tankstellenbereich auftretender Lärm austreten, der an der Wand des Oberstockes der Garage (1. Stock, Wohnung) zum Hotel reflektiert wird. Diese Reflektionen haben ungefähr den doppelten Ausbreitungsweg als die direkte Schalleinstrahlung von der Tankstelle zum Hotel. Nach den Gesetzen der Akustik bedeutet die Verdoppelung des Ausbreitungsweges bei punktförmigen Schallquellen eine Schallpegelverringerung um 6 dB. Das heißt, wenn am Balkon im 1. Stock des Hotels Lech ein von der Tankstelle kommendes Geräusch mit z.B. 60 dB gemessen wurde, so beträgt das direkt einstrahlende Geräusch 59 dB und das reflektierte Geräusch 53 dB. Durch die (logarithmische) Addition der beiden Schallpegel ergibt sich eine Erhöhung des lauteren Geräusches um ca. 1 dB und somit das Gesamtgeräusch von ca. 60 dB. Aus diesem Beispiel ist ersichtlich, dass beim Hotel durch den dichten Anschluss des neuen Flugdaches an das Garagengebäude eine Schallpegelminderung von ca. 1 dB erreicht werden kann.

Zum "Halleneffekt" bedarf es eines allseits von Bauteilen umschlossenen Raumes mit glattflächigen schallharten, also gut schallreflektierenden Innenoberflächen. Wird in einem solchen Raum ein Geräusch erzeugt, so kann es durch die zahlreichen Reflektionen an den Oberflächen der raumumschließenden Bauteile zu einer Verstärkung dieses Geräusches kommen. Im gegenständlichen Projekt handelt es sich jedoch nicht um einen geschlossenen Raum (Halle), sondern um ein Flugdach, das an 3 Seiten (im Südosten, Nordosten und Nordwesten) offen ist. Nur an einer Seite, der hotelabgewandten Seite ist ein dichter Abschluss durch den Tankstellenkiosk bzw. durch das bestehende Garagengebäude gegeben. Es ist daher keine Halle vorhanden, die einen "Halleneffekt" erzeugen könnten. Es können jedoch durch das vergrößerte Flugdach mehr Reflektionen zwischen Fahrbahn und Fluchdachuntersicht als bisher auftreten. Um diese Schallreflektionen zu dämpfen wurde in Auflage a 35 des erstinstanzlichen Bescheides vorgeschrieben, dass die Unterseite des Flugdaches mit schallabsorbierenden Elementen auszustatten ist, sodass ein Absorptionsmaß vom mindestens 6 dB erreicht wird. Dies bedeutet, dass ein im Tankstellenbereich erzeugtes Geräusch von z. B. 70 dB bei der Reflektion an der Untersicht des Flugdaches 6 dB durch Absorption verliert und nur mehr mit 64 dB reflektiert wird. Die (logarithmische) Addition des ursprünglichen Geräusches von 70 dB und des reflektierenden Geräusches von 64 dB ergibt eine Gesamtemission von ca. 71 dB. Somit wäre durch die Vergrößerung des Flugdaches eine Erhöhung der Emission um ca. 1 dB zu erwarten. Mehrfachreflektionen bringen keine weitere Erhöhung der Gesamtemission, da für jede Reflektion an der Untersicht des Flugdaches jeweils 6 dB abzuziehen sind und zusätzlich sich der Schallausbreitungsweg dann auf mehr als das doppelte vergrößert, wodurch weitere 6 dB abzuziehen wären. Die mehrfach reflektierten Schallpegel lägen dann deutlich mehr als 10 dB unter dem ursprünglichen Schallpegel. Der Beitrag der mehrfachreflektierten Schallereignisse zur Gesamtemission liegt dadurch weit unterhalb von 1 dB und ist daher nicht von Bedeutung.

Zusammenfassend ergibt sich somit, dass durch den Betrieb der Tankstelle am stärksten die Straßenfront des Hotels und hier insbesondere der westliche Teil, der der Tankstelle genau gegenüber liegt, beeinträchtigt ist. Durch die Vergrößerung des Flugdaches kommt es hier im ungünstigsten Fall (im Erdgeschoß und im 1. Stock) zu keiner Änderung der von der Tankstelle ausgehenden Emissionen, da durch die Schließung der Lücke zwischen Flugdach und Garagengebäude die Reflektionen am Obergeschoß des Garagengebäudes wegfallen (-1 dB), die Vergrößerung des Flugdaches die Emission um ca. 1 dB erhöht und keine Abschirmwirkung durch das Flugdach auftritt. Dies gilt auch für den ebenen Bereich zwischen dem Hotelgebäude und dem Abhang zur Straße. Für die anderen Bereiche der Straßenfront, insbesondere für den 2. Stock und das ausgebaute Dachgeschoß, kann es durch die Vergrößerung des Flugdaches und die dadurch verursachte Abschirmwirkung zu Immissionsminderungen bis ca. 7 dB kommen.

Dazu ist auszuführen, dass die B nicht ganzjährig durchgehend befahrbar ist. Im Winter ist die Strecke gesperrt, sodass Lech nur von der Arlberg-Bundesstraße über den Flexenpass und Zürs erreichbar ist. In der von der Gemeinde L mit Schreiben vom 24. Jänner 1994 vorgelegten Auswertung der Verkehrszählungen des Jahres 1992 (im Akt Blatt 288 - 306, in der Folge Verkehrszählung 1992 genannt) werden auf Blatt 289 die drei automatischen Zählstellen dargestellt. Die Zählstelle 1 "Flexen" lag am Flexenpass zwischen der Arlberg-Bundesstraße und Zürs, die Zählstelle 2 "Hangar" zwischen Zürs und Lech und die Zählstelle 3 "Akelei" zwischen Lech und Warth. Im Gutachten vom 16.3.1994 wurde begründet, warum im gegenständlichen Fall für die Beurteilung der Verkehrsfrequenz auf der B im Bereich vor der Tankstelle die Ergebnisse der Zählstelle 2 "Hangar" herangezogen werden können (siehe Bescheid des Bundesministeriums für wirtschaftliche Angelegenheiten Seite 8 unten und Seite 9 oben). Der Verkehrszählung 1992 ist zu entnehmen, "dass während der Wintersaison der Verkehr an der Zählstelle Flexen im Durchschnitt rund 10 %, an Spitzentagen über 20 % größer ist als an der Zählstelle Hangar. Während der Sommer- und Zwischensaison sind die Belastungsunterschiede an den beiden Zählstellen deutlich kleiner". (Blatt 290) Daran schließt sich ein Absatz über die Zählstelle "Akelei" und danach der Absatz "Die Straße Lech-Warth war bis zum 15. Mai 1992 geschlossen. Seit der Öffnung nahm der Verkehr kontinuierlich zu und erreichte die Spitze im August (vergleiche Abb. 5)". Die Abbildung 5 (Blatt 292) hat den Titel "Ganglinie Zählstelle Akelei, Straße Lech-Warth" und zeigt erst ab Mai ein Verkehrsaufkommen. Es ist somit klar ersichtlich, dass die Feststellung der "Spitze im August" sich nur auf die Zählstelle Akelei beziehen kann und auf Grund der Wintersperre der Straße in diesem Bereich keine Aussagen über Verkehrsspitzen während der Wintersaison geben kann. Es lässt sich daher aus der Verkehrszählstelle Akelei keine Aussage über die Verkehrsspitzen auf der B im Bereich der Tankstelle machen. Diese sind aus der Jahresganglinie, Zählstelle Hangar, Abbildung 3 der Verkehrszählung 1992 (Blatt 291) ersichtlich. Aus dieser Abbildung ist auch für den technischen Laien klar erkennbar, dass die Fahrzeugfrequenz in der Wintersaison deutlich höher als jene in der Sommersaison ist. Es könne daher die Fahrzeugfrequenzen der Verkehrszählung 1992 nicht mit der Aufstellung der Monatsumsätze im Jahr 1993 "in Einklang gebracht werden". Die Wintersaison wird von der Gemeinde Lech im Schreiben vom 24.1.1994 mit Anfang Dezember bis zwei Wochen nach Ostern und die Sommersaison vom ca. Mitte bis Ende Juni bis ca. Mitte September angegeben.

Ganz allgemein ist noch festzuhalten, dass, wie aus den Erfahrungen des täglichen Lebens bekannt ist, die Kraftfahrzeuge auf der Bundesstraße schneller fahren als im Tankstellenbereich. Dadurch werden auf der Bundesstraße lautere Motor- und Reifenabrollgeräusche als im Tankstellenbereich verursacht. Dazu kommt noch im gegenständlichen Fall, dass die B zwischen dem Hotel des Berufungswerbers und der Tankstelle verläuft. Die Bundesstraße ist ca. 11 - 19 m und die Tankstelle ca. 20 - 32 m vom nächst gelegenen Punkt des Hotelgebäudes entfernt. Auf Grund der Abnahme des Schalls mit der Entfernung muss daher auch aus diesem Grund der Straßenverkehrslärm lauter sein als der Verkehrslärm von der Tankstelle. Die stichprobenweisen Messungen am 15.3.1994 haben dies auch belegt. So wurden für den Straßenverkehr Immissionen zwischen 60 dB und 83 dB und für die von der Tankstelle ausgehenden Lärmereignisse Immissionen von 56 dB bis 70 dB gemessen. Weiters wurde beobachtet, dass die von der Tankstelle ausgehenden Lärmereignisse nur in Zeiten von Verkehrspausen hörbar und messbar waren, bei Verkehr auf der B jedoch von Verkehrsgeräuschen überdeckt wurden (siehe Bescheid des Bundesministeriums für wirtschaftliche Angelegenheiten Seite 6 und Seite 10). Diese grundsätzlichen Gegebenheiten werden durch den antragsgegenständlichen Umbau nicht geändert, weil, wie oben ausgeführt, im ungünstigsten Fall die von der Tankstelle ausgehenden Lärmimmissionen gleich bleiben.

Weiters ist zu berücksichtigen, dass die Auswirkungen der Immissionen nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes unter Zugrundelegung jener Situation zu beurteilen sind, die für die Nachbarn am ungünstigsten sind (VwGH-Erkenntnis Seite 10 zweiter Absatz). Die ungünstigste Situation ist im gegenständlichen Verfahren dann gegeben, wenn die Zapfsäulen maximal ausgelastet sind. Das bedeutet bei der beantragten Aufstellung von zwei Multiproduktzapfsäulen, dass maximal vier Kraftfahrzeuge gleichzeitig betankt werden können. Dies ergibt jedoch keinen Unterschied zum bisher genehmigten Zustand, weil an den bisher genehmigten vier Einzelzapfsäulen auch nicht mehr als höchstens vier Kraftfahrzeuge gleichzeitig betankt werden konnten. Es ergibt sich daher weder durch den geplanten Umbau auf mit Gasrückführung ausgestattete moderne Multiproduktzapfsäulen noch durch die Vergrößerung des Flugdaches noch durch den beabsichtigten Markenwechsel von X auf Y eine Änderung der maximal möglichen Auslastung der Tankstelle.

Abschließend wird noch vermerkt, dass lt. telefonischer Auskunft des Vertreters der Konsenswerberin Dr. K die gegenständliche Tankstelle noch nicht umgebaut wurde."

Dieses ergänzende Gutachten sei im schriftlichen Wege dem Parteiengehör unterzogen worden. Die Beschwerdeführer hätten eine schriftliche Stellungnahme erstattet und die Vorlage eines Privatsachverständigengutachtens in Aussicht gestellt. Trotz Zuwartens über mehr als drei Monaten sei ein solches Gutachten bei der belangten Behörde jedoch nicht eingelangt. In rechtlicher Hinsicht sei davon auszugehen, dass es durch die Änderung der Betriebsanlage zu keiner Immissionserhöhung für die Nachbarn komme. Die spruchgemäße Fixierung der Betriebszeiten sei entsprechend den Gesprächen zwischen den Vertreten der Konsenswerberin und den Beschwerdeführern innerhalb der Verhandlung vom 16. März 1994 erfolgt; diese Fixierung sei deshalb notwendig, weil bislang keine bescheidmäßige Betriebszeitenregelung bestanden habe und außerhalb dieser Betriebszeiten Beeinträchtigungen der beschwerdeführenden Parteien durch die Betriebsanlage nicht auszuschließen seien. Den Forderungen des Verwaltungsgerichtshofes im aufhebenden Erkenntnis, eine ergänzende Begründung des gewerbetechnischen Sachverständigengutachtens einzuholen, sei entsprochen worden. Zusammenfassend sei festzuhalten, dass sich weder durch den geplanten Umbau noch die Vergrößerung des Flugdaches sowie den beabsichtigten Markenwechsel (von X auf Y) eine Änderung der maximal möglichen Auslastung der Tankstelle ergebe. Der Umbau sei noch nicht realisiert worden; Auswirkungen des Tankstellenumbaus an Ort und Stelle könnten daher messtechnisch nicht erfasst werden. Insoweit von den Beschwerdeführern behauptet werde, es komme in Stoßzeiten am Wochenende zu Staus vor der Tankstelle, sei dies eine Tatsache, die bei der bestehenden Tankstelle vorhanden sei und mit dem Änderungsverfahren in keinem Zusammenhang stehe. Behinderungen der Leichtigkeit, Flüssigkeit und Sicherheit des Verkehrs an und auf Straßen mit öffentlichen Verkehr sei nicht von den subjektiv-öffentlichen Nachbarrechten umfasst.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die Beschwerdeführer erachten sich durch den angefochtenen Bescheid insofern in ihren gewerberechtlich geschützten Nachbarrechten verletzt, als "die Betriebsanlagengenehmigung im beschränkten Umfang erteilt wird". Sie beantragen, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften bzw. Rechtswidrigkeit seines Inhaltes kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des erstbehördlichen Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird (wie schon im früheren Beschwerdeverfahren legte die belangt Behörde neuerlich die Akten des Berufungsverfahrens dem Verwaltungsgerichtshof nicht vor). Die mitbeteiligte Partei erstattete gleichfalls eine Gegenschrift, in der die Abweisung der Beschwerde beantragt wird (Aufwandersatz für diese Gegenschrift wurde nicht begehrt).

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 74 Abs. 2 GewO 1994 dürfen gewerbliche Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind

1. das Leben oder die Gesundheit des gewerbetreibenden, der in den Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes, BGBl. Nr. 450/1994 in der jeweils geltenden Fassung, unterliegenden mittätigen Familienangehörigen der Nachbarn oder der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn zu gefährden;

2. die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen, ...

4. die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs an oder auf Straßen mit öffentlichen Verkehr wesentlich zu beeinträchtigen oder ...

Nach dem Absatz 3 dieser Gesetzesstelle besteht die Genehmigungspflicht auch dann, wenn die Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteiligen Einwirkungen nicht durch den Inhaber der Anlage oder seine Erfüllungsgehilfen, sondern durch Personen in der Betriebsanlage bewirkt werden können, die die Anlage der Art des Betriebes gemäß in Anspruch nehmen.

Gemäß § 77 Abs. 1 leg. cit. ist die Betriebsanlage zu genehmigen, wenn nach dem Stand der Technik (§ 71 a) und dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zu erwarten ist, dass überhaupt oder bei Einhaltung der erforderlichenfalls vorzuschreibenden bestimmten geeigneten Auflagen die nach den Umständen des Einzelfalles voraussehbaren Gefährdungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 1 vermieden und Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinn des § 74 Abs. 2 Z. 2 bis 5 auf ein zumutbares Maß beschränkt werden.

Nach § 81 Abs. 1 leg. cit. bedarf, wenn es zu Wahrung der in § 74 Abs. 2 umschriebenen Interessen erforderlich ist, auch die Änderung einer genehmigten Betriebsanlage einer Genehmigung im Sinne der vorstehenden Bestimmungen. Diese Genehmigung hat auch die bereits genehmigte Anlage so weit zu umfassen, als es wegen der Änderung zur Wahrung der im § 74 Abs. 2 umschriebenen Interessen gegenüber der bereits genehmigten Anlage erforderlich ist.

In der Beschwerde wird behauptet, es sei hinsichtlich des Flugdaches und der Anordnung der Zapfsäulen abweichend vom Ansuchen der mitbeteiligten Partei vom 18. Dezember 1990 "eine Ausdehnung des Projektes auf 170 m2 erfolgt".

Diesen Beschwerdeausführungen und den darauf aufbauenden rechtlichen Überlegungen der Beschwerdeführer ist zu erwidern, dass nach dem von der belangten Behörde übernommenen Spruch des erstinstanzlichen Bescheides die Änderungsgenehmigung für das Ansuchen vom 18. Dezember 1990 unter Vorschreibung von Auflagen erteilt wurde. Über ein vom genannten Ansuchen (vom 18. Dezember 1990) inhaltlich abweichendes Projekt erfolgte jedenfalls kein bescheidmäßiger Abspruch. Es ist auch vor dem Hintergrund der Beschwerdeausführungen nicht zu erkennen, dass der Entscheidung der belangten Behörde ein inhaltlich anderes Projekt zu Grunde gelegen sei als der Erstbehörde. Da im vorliegenden Genehmigungsverfahren nur auf den Genehmigungsantrag des Konsenswerbers bzw. das den Gegenstand dieses Verfahrens bildenden Projekt abzustellen ist, wird mit dem Vorwurf, es sei eine vom bescheidmäßig erteilten Konsens (tatsächlich oder vermutlich) abweichende Ausführung der geänderten Betriebsanlage erfolgt, keine Rechtswidrigkeit der angefochtenen Änderungsgenehmigung dargetan (vgl. in dieser Hinsicht auch das hg. Erkenntnis vom 9. Juli 1999, Zl. 97/04/0002).

Die Beschwerdeführer machen geltend, die belangte Behörde habe nicht berücksichtigt, dass die Bundesstraße B rückgebaut und derart der Durchzugsverkehr gedrosselt worden sei. Diese Verengung der Fahrbahn bewirke die in der Beschwerde näher dargelegten Belästigungen. Diesen Ausführungen ist folgendes zu erwidern:

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung dargetan hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. April 1999, Zl. 98/04/0225, und die darin angegebene Judikatur), ist zwischen Betriebsanlagen im Sinne des § 74 Abs. 1 GewO 1994 und Straßen mit öffentlichen Verkehr im Sinne des § 1 Abs. 1 StVO grundsätzlich zu unterscheiden.

Dies schließt - sofern es sich nicht um ein Verhalten von Kunden handelt, das gemäß § 74 Abs. 3 GewO 1994 der Betriebsanlage nur dann zuzurechnen ist, wenn es "in der Betriebsanlage" stattfindet - zwar nicht aus, dass die Eignung einer "örtlich gebundenen Einrichtung", die Nachbarn zu belästigen, in Vorgängen liegen kann, die sich zwar außerhalb, aber im engeren örtlichen Bereich der Betriebsanlagen abspielen. Solche Vorgänge sind aber gegenüber dem Verkehr auf öffentlichen Straßen in der Weise abzugrenzen, dass zwar das wesentlich zum Betriebsgeschehen in einer Betriebsanlage gehörende Zufahren zu dieser und das Wegfahren von dieser, nicht jedoch das bloße Vorbeifahren auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr dem einer Betriebsanlage zugehörenden Geschehen zuzurechnen ist.

Es war daher entgegen den Beschwerdeausführungen nicht rechtswidrig, wenn die belangte Behörde die von den Beschwerdeführern geltend gemachten Vorgänge auf Straßen mit öffentlichem Verkehr und die durch den Rückbau der Bundesstraße B bewirkten Änderungen dem der Betriebsanlage der mitbeteiligten Partei zugehörenden Geschehen nicht zugerechnet hat. Den Beschwerdeführern ist zudem zu erwidern, dass die von ihnen befürchteten Auswirkungen nur die Folge eines Verhaltens von Kunden der Betriebsanlage wären, das aber der Betriebsanlage nicht zuzurechnen ist. Dass die den Gegenstand des vorliegenden Genehmigungsverfahrens bildende Änderung der gegenständlichen Betriebsanlage die in der Beschwerde beschriebenen Verkehrsbelästigungen - die erkennbar auf die gegenwärtige Situation bzw. den bestehenden Tankstellenbetrieb der genehmigten Betriebsanlage abgestellt sind - bewirken oder verändern werden, behaupten die Beschwerdeführer nicht. Den Beschwerdeausführungen ist nicht nachvollziehbar zu entnehmen, inwieweit eine Versagung der erteilten Änderungsgenehmigung die von den Beschwerdeführern als belästigend dargestellte Ist-Situation des genehmigten Tankstellenbetriebes ändern könnte. Es ist vor dem Hintergrund der Beschwerdeausführungen auch nicht zu erkennen, dass durch die genehmigte Änderung der in Rede stehenden Betriebsanlage eine Veränderung der Ist-Situation hervorgerufen wird (vgl. hiezu auch das hg. Erkenntnis vom 22. Dezember 1999, Zl. 99/04/0006).

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung dargetan hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. April 1999, Zl. 98/04/0191, und darin angegebene hg. Judikatur), ergibt sich aus § 81 GewO 1994, dass Gegenstand eines Genehmigungsverfahrens nach dieser Gesetzesstelle primär nur die Änderung einer genehmigten Betriebsanlage, nicht jedoch schlechterdings die geänderte Betriebsanlage insgesamt zu sein hat. Nur dann, wenn die geplante Änderung auch zu einer Änderung der von der Altanlage ausgehenden Emissionen in einem die im § 74 Abs. 2 GewO 1994 umschriebenen Interessen beeinträchtigenden Maße führen kann, hat die Genehmigung nach § 81 Abs. 1 leg. cit. auch die bereits genehmigte Anlage zu erfassen.

Dem im angefochtenen Ersatzbescheid zu Grunde gelegten gewerbetechnischen Sachverständigengutachten ist auf Grund der ergänzenden Ausführungen dieses Sachverständigen nunmehr hinreichend schlüssig und nachvollziehbar zu entnehmen, dass bzw. aus welchen Gründen die genehmigte Änderung der Betriebsanlage der mitbeteiligten Partei keine Immissionserhöhung für die Nachbarn bewirkt. Die Beschwerdeführer haben im Rahmen des Parteiengehörs zu diesem Ergänzungsgutachten in ihrem Schriftsatz vom 14. Mai 1997 mit der Begründung, nicht entsprechend sachkundig zu sein, die Vorlage eines Privatgutachtens angekündigt; dieses angekündigte Privatgutachten wurde allerdings nicht vorgelegt. Die Beschwerdeführer sind dem Gutachten des gewerbetechnischen Amtssachverständigen im Verwaltungsverfahren (in ihrer Stellungnahme vom 14. Mai 1997) nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten. Die nunmehr in der Beschwerde erhobenen Einwände, mit denen im Wesentlichen gleich lautend wie in der Stellungnahme vom 14. Mai 1997 vorgebracht wird, die Ausführungen des gewerbetechnischen Amtssachverständigen würden hinsichtlich der in der Beschwerde näher dargelegten Aussagen "in Zweifel gezogen", sind - mangels eines durch das Gutachten eines anderen Sachverständigen erbrachten Beweises der Richtigkeit dieser Gegenbehauptungen - nicht ausreichend, um das eingeholte Gutachten des Amtssachverständigen als unschlüssig zu erweisen (vgl. in dieser Hinsicht etwa die hg. Erkenntnisse vom 27. Jänner 1999, Zl. 98/04/0183, und vom 2. Juni 1999, Zl. 97/04/0200). Inwieweit trotz eines vorgesehenen (verbesserten) Gaspendelverfahrens erhöhte Geruchsbelästigungen mit dem Tankstellenbetrieb der geänderten Betriebsanlage für die Beschwerdeführer verbunden sein sollten, oder eine künftige Erhöhung der Treibstoffabgabemenge zu erhöhter Lärmbelästigung durch die umgebaute Tankstelle führen sollte, kann der Beschwerde nicht nachvollziehbar entnommen werden, ist allein aus einer Modernisierung des genehmigten Tankstellenbetriebes in technischer und optischer Hinsicht, mit der die Erwartung eines künftig verbesserten betriebswirtschaftlichen Ergebnisses verknüpft wird, doch nicht zwingend zu folgern, dass die Steigerung dieses Ergebnisses allein notwendigerweise eine Immissionsverschlechterung für die Nachbarn bewirken muss.

Vor dem Hintergrund der bescheidmäßig festgelegten Beschränkung der Betriebszeiten der Tankstelle der mitbeteiligten Partei - diese Betriebszeitenbeschränkung wird von den Beschwerdeführern allerdings mit keinem Wort berücksichtigt - ist zudem nicht zu erkennen, dass bzw. inwieweit durch die genehmigte Änderung der Betriebsanlage die Tankvorgänge erhöht bzw. eine Ausweitung des bestehenden Tankstellenbetriebes in Hinkunft bewirkt werden sollte, hat doch der gewerbetechnische Sachverständige eine Erhöhung der Absatzkapazität der Anlage ausdrücklich verneint.

Die unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides erstatteten Beschwerdeausführungen verweisen lediglich auf die Verfahrensrüge bzw. werden damit bloß die unter diesem Gesichtspunkt vorgebrachten Argumente wiederholt.

Da sich somit die Beschwerde zur Gänze als nicht berechtigt erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff, insbesondere auch § 53 Abs. 1 letzter Satz VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers

BGBl. Nr. 416/1994. Ersatz des Vorlageaufwandes

(§ 48 Abs. 2 Z. 1 VwGG) war nicht zuzuerkennen, da die Akten des Berufungsverfahrens von der belangten Behörde nicht vorgelegt wurden.

Wien, am 31. Mai 2000

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