VwGH 98/02/0090

VwGH98/02/009024.2.2000

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Breunlich, über die Beschwerde des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr gegen den Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 9. Dezember 1997, Zl. VwSen-104052/50/Ki/Shn (mitbeteiligte Partei: E in M, vertreten durch Dr. Johann Postlmayr, Rechtsanwalt in Mattighofen, Stadtplatz 6), betreffend Übertretung der StVO, zu Recht erkannt:

Normen

StVO 1960 §5 Abs2;
StVO 1960 §5 Abs5 Z2;
StVO 1960 §5 Abs2;
StVO 1960 §5 Abs5 Z2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 12.860.-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 16. September 1996 wurde die Mitbeteiligte zu Spruchpunkt 1 für schuldig befunden, sie habe am 25. Februar 1996 um 03.25 Uhr an einem näher genannten Ort ein dem Kennzeichen nach näher bestimmtes Personenkraftfahrzeug gelenkt und sich um 03.42 Uhr am Ort der Anhaltung gegenüber einem besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Organ der Straßenaufsicht geweigert, ihre Atemluft mittels Alkomat auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, obwohl auf Grund von Alkoholisierungsmerkmalen vermutet werden habe können, dass sie sich bei der angeführten Fahrt in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden habe.

Die Mitbeteiligte habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs. 1 lit. b in Verbindung mit § 5 Abs. 2 StVO begangen, weshalb über sie eine Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt wurde.

Hinsichtlich des Spruchpunktes 1 dieses Bescheides erhob die Mitbeteiligte Berufung.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 9. Dezember 1997 wurde der Berufung der Mitbeteiligten gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG Folge gegeben, das vorgenannte Straferkenntnis aufgehoben und das Verfahren eingestellt, weil nach Auffassung der belangten Behörde die gesetzlichen Voraussetzungen der von der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn als Grundlage für die Bestrafung angenommenen Übertretung des § 5 Abs. 2 StVO nicht vorgelegen seien.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf Art. 131 Abs. 1 Z. 2 B-VG gestützte Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat erwogen:

Gemäß § 5 Abs. 2 StVO (in der anzuwendenden Fassung der 19. StVO-Novelle, BGBl. Nr. 518/1994) sind Organe des amtsärztlichen Dienstes oder besonders geschulte und von der Behörde hiezu ermächtigte Organe der Straßenaufsicht berechtigt, jederzeit die Atemluft von Personen, die ein Fahrzeug lenken, in Betrieb nehmen oder zu lenken oder in Betrieb zu nehmen versuchen, auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Sie sind außerdem berechtigt, die Atemluft von Personen, die verdächtig sind, in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand

  1. 1. ein Fahrzeug gelenkt zu haben oder
  2. 2. als Fußgänger einen Verkehrsunfall verursacht zu haben,

    auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Wer zu einer Untersuchung der Atemluft aufgefordert wird, hat sich dieser zu unterziehen.

    Gemäß § 5 Abs. 5 StVO (in der Fassung der 19. StVO-Novelle) sind die Organe der Straßenaufsicht weiters berechtigt, Personen, von denen vermutet werden kann, dass sie sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befinden, zum Zweck der Feststellung des Grades der Beeinträchtigung durch Alkohol zu einem im öffentlichen Sanitätsdienst stehenden oder bei einer Bundespolizeibehörde tätigen Arzt zu bringen, sofern eine Untersuchung gemäß Abs. 2

    1. keine den gesetzlichen Grenzwert gemäß Abs. 1 übersteigenden Alkoholgehalt ergeben hat oder

    2. aus in der Person des Probanden gelegenen Gründen nicht möglich war.

    Wer zum Zweck der Feststellung des Grades der Beeinträchtigung durch Alkohol zu einem Arzt gebracht wird, hat sich einer Untersuchung durch diesen zu unterziehen.

    Nach der Verfassungsbestimmung des § 5 Abs. 6 StVO (in der Fassung der 19. StVO-Novelle) ist an Personen, die gemäß Abs. 5 Z. 2 zu einem Arzt gebracht werden und die verdächtig sind, sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand zu befinden, eine Blutabnahme zum Zweck der Bestimmung des Blutalkoholgehaltes vorzunehmen; die Betroffenen haben diese Blutabnahme vornehmen zu lassen.

    Die belangte Behörde legte ihrer Entscheidung folgenden Sachverhalt auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens zu Grunde:

    Die mitbeteiligte Partei sei am 25. Februar 1996 um 03.25 Uhr im Zuge einer schwerpunktmäßigen Verkehrskontrolle angehalten worden; bei dieser Anhaltung habe der Gendarmeriebeamte bei ihr - jedenfalls subjektiv - Alkoholisierungsmerkmale festgestellt und deshalb vermutet, dass sie sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befinden könnte. Er habe sie daraufhin zur Durchführung eines Alkotests mittels Alkomaten aufgefordert. Die mitbeteiligte Partei sei dieser Aufforderung zwar nachgekommen, sie habe jedoch das Gerät jeweils infolge zu kurzer Blaszeit nicht ordnungsgemäß bedient. Sie habe sich dahingehend gerechtfertigt, dass sie zwar bereit sei, den Test durchzuführen bzw. fortzusetzen; auf Grund eines Schnupfens bzw. einer Bronchitis sei es ihr jedoch nicht möglich, mehr Blasvolumen zustandezubringen. Der Gendarmeriebeamte habe daher nach drei erfolglosen Versuchen den Test abgebrochen und die mitbeteiligte Partei einem im öffentlichen Sanitätsdienst stehenden Arzt zur Vornahme einer klinischen Untersuchung vorgeführt. Die mitbeteiligte Partei sei dieser Aufforderung ohne Anstand nachgekommen. Der Arzt habe in der Folge eine klinische Untersuchung vorgenommen; diese Untersuchung habe keine Alkoholbeeinträchigung bzw. keine Fahruntüchtigkeit ergeben. Vor der Vornahme der klinischen Untersuchung habe der Gendarmeriebeamte den Arzt dahingehend aufgeklärt, dass diese Untersuchung wegen einer Erkältung notwendig sei.

    In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass dem Gendarmeriebeamten wohl nicht zu unterstellen sein werde, dass dieser die mitbeteiligte Partei in rechtswidriger Art und Weise dem Amtsarzt vorgeführt habe. Es sei dem Verfahren zu Grunde gelegen, dass der Gendarmeriebeamte tatsächlich davon ausgegangen sei, dass die Untersuchung aus dem Grunde des § 5 Abs. 5 Z. 2 StVO nicht möglich gewesen sei, weshalb die ursprünglich verlangte Untersuchung durch den Alkomaten als abgeschlossen zu betrachten sei, ohne dass dies rechtliche Nachteile für die mitbeteiligte Partei nach sich gezogen hätte.

    Aus den dargelegten Gründen stimme daher die belangte Behörde dem Vorbringen der mitbeteiligte Partei zu, wonach in jenen Fällen, in welchen der Proband nach § 5 Abs. 5 StVO zur klinischen Untersuchung vorgeführt werde und diese für ihn positiv verlaufen sei, eine Bestrafung nur dann rechtmäßig wäre, wenn die Blutalkoholuntersuchung eine Alkoholisierung ergäbe. Jedenfalls sei in diesem Falle eine Bestrafung wegen Verweigerung der Atemluftuntersuchung im Sinne des § 5 Abs. 2 StVO nicht mehr zulässig.

    Der beschwerdeführende Bundesminister vertritt den Standpunkt, da die mitbeteiligte Partei objektiv in der Lage gewesen wäre, eine Atemluftkontrolle durchzuführen, wäre sie nicht berechtigt gewesen, ein Verhalten zu setzen, welches das gültige Zustandekommen eines Messergebnisses verhindert habe; zudem wäre es sachlich nicht gerechtfertigt, dass jemand, der ein amtshandelndes Organ fälschlicherweise glauben mache, es läge ein medizinischer Grund vor, der die ordnungsgemäße Beatmung des Alkomaten ausschließe, besser gestellt wäre als eine Person, die eine klare Verweigerungshandlung setze.

    Dem vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht beizupflichten:

    Abgesehen davon, dass die Verbringung zu einem im Sinne des § 5 Abs. 5 StVO tätigen Arzt und die daran anschließende Untersuchung samt Blutabnahme (im Falle des Abs. 6) dem Probanden wohl nicht "zum Vorteil" gereichen muss, muss es dem geschulten Organ der Straßenaufsicht zugemutet werden, an Ort und Stelle zu beurteilen, ob eine Person, die sich auf in ihrer Person gelegene (medizinische) Gründe für die Nichtdurchführung der Atemluftprobe beruft, dies glaubhaft gemacht hat. Bejahendenfalls ist die Atemluftuntersuchung abgeschlossen und kommt die Vorschrift des § 5 Abs. 5 Z. 2 StVO zum Tragen, ohne dass eine Bestrafung wegen des Verstoßes gegen die Vorschrift des § 5 Abs. 2 StVO im Betracht kommt. Ob der Proband sohin objektiv in der Lage gewesen wäre, die Atemluftprobe durchzuführen (was allenfalls Gegenstand eines diesbezüglichen medizinischen Gutachtens zu sein hätte), ist in einem solchen Fall rechtlich unerheblich.

    Mit dem weiteren Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 24. Februar 1995, Zl. 95/02/0016, ist für den Beschwerdeführer schon deshalb nichts gewonnen, weil dieses Erkenntnis nicht die Rechtslage in der Fassung der 19. StVO-Novelle betraf.

    Zusammenfassend kann es bei dem der belangten Behörde vorliegenden Sachverhalt sohin nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn sie die rechtliche Beurteilung traf, die mitbeteiligte Partei habe keinen Verstoß gegen die Vorschrift des § 5 Abs. 2 StVO zu verantworten.

    Die sohin unbegründete Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

    Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff. VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

    Wien, am 24. Februar 2000

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