VwGH 99/13/0110

VwGH99/13/011015.9.1999

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Hargassner und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Doralt, über die Beschwerde des OC in M, vertreten durch Dr. Günther Retter, Rechtsanwalt in Mödling, Enzersdorferstraße 6, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland, Berufungssenat I, vom 26. Februar 1999, Zl. RV/889-10/98, betreffend Finanzvergehen der Finanzordnungswidrigkeit, zu Recht erkannt:

Normen

FinStrG §49 Abs1 lita;
FinStrG §8 Abs1;
FinStrG §98 Abs3;
VwGG §41 Abs1;
FinStrG §49 Abs1 lita;
FinStrG §8 Abs1;
FinStrG §98 Abs3;
VwGG §41 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeschrift und der ihr angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ist zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer mit dem angefochtenen Bescheid im Instanzenzug des Finanzvergehens der Finanzordnungswidrigkeit nach § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG schuldig erkannt und bestraft wurde, weil er als für die steuerlichen Belange verantwortlicher Geschäftsführer einer näher genannten Gesellschaft mbH selbst zu berechnende Abgaben, nämlich Umsatzsteuer für September 1994 im Gesamtbetrag von S 2,120.171,--, vorsätzlich nicht spätestens am 5. Tag nach Fälligkeit entrichtet oder die Höhe der geschuldeten Beträge der zuständigen Abgabenbehörde bekannt gegeben habe.

Nach den in der Begründung des angefochtenen Berufungsbescheides wiedergegebenen Tatsachenfeststellungen des Spruchsenates habe der Beschwerdeführer ab Gründung der Gesellschaft mbH im Jahre 1977 bis zur Konkurseröffnung über das Vermögen dieser Gesellschaft am 2. Juli 1996 als (auch hinsichtlich der abgabenrechtlichen Belange verantwortlicher) Geschäftsführer des Unternehmens fungiert. Im hier maßgebenden Zeitraum sei die im Betrieb angestellte Buchhalterin mit der Berechnung und Meldung der monatlichen Abgaben (insbesondere Umsatzsteuervorauszahlungen und lohnabhängige Abgaben) betraut gewesen und habe auch Zeichnungsberechtigung über das Firmenkonto gehabt, ohne allerdings intern dazu verhalten gewesen zu sein, die Abfuhr der ermittelten monatlichen Abgaben an das Finanzamt zu veranlassen; hiefür habe die Zahlungsabwicklung dem Beschwerdeführer oblegen. Der Spruchsenat habe seine Überzeugung vom Vorsatz des Beschwerdeführers an der verspäteten Meldung der für September 1994 angefallenen Umsatzsteuerzahllast von S 2,120.171,-- im Wesentlichen darauf gestützt, dass diesem Faktum eine für den wirtschaftlich angeschlagenen Betrieb außergewöhnlich gewichtige und lebensnotwendige Schlussrechnung von rund S 10,000.000,-- an die Gemeinde Wien zugrunde gelegen sei, deren weiteres Schicksal für die Unternehmensgeschäftsführung und damit für den Beschwerdeführer von exzeptionellem Interesse gewesen sei. Da auf der einen Seite die für September 1994 zunächst lediglich mit S 1.364,-- einbekannte Zahllast erst Monate später auf die tatsächliche Höhe von S 2,120.171,-- korrigiert und auf der anderen Seite der Beschwerdeführer trotz seines im Oktober 1994 angetretenen Spitalsaufenthaltes nach der Aussage der Buchhalterin laufend über die wesentlichen Unternehmensbelange (auch über die die Abrechnung mit der Gemeinde betreffende Geschäftsgebarung) informiert worden sei, habe der Spruchsenat auf eine aus finanzieller Not entspringende gezielte Verspätung mit der Erfüllung der betroffenen abgabenrechtlichen Pflicht gefolgert.

Die gegen das Erkenntnis des Spruchsenates in der Berufung des Beschwerdeführers vorgetragenen Gründe sah die belangte Behörde als nicht überzeugend an. Weder der Hinweis auf einen der Buchhalterin unterlaufenen Irrtum bei der Errechnung der auf September 1994 entfallenden Zahllast von zunächst bloß S 1.364,-- bei einem damals aktuellen Guthaben von S 25.146,--, noch die eigenständige Kontozeichnungsberechtigung der Buchhalterin in ihrer Eigenschaft als Prokuristin, noch der Umstand, dass sich der Beschwerdeführer vom 10. Oktober 1994 bis 9. November 1994 in stationärer Spitalsbehandlung befunden habe und dass er dem Unternehmen Eigenmittel in Millionenhöhe zugeschossen habe, könne die erstinstanzliche Würdigung der Verfahrensergebnisse entscheidend zu Gunsten des Beschwerdeführers in Frage stellen. Habe sich doch der Spruchsenat für seine Feststellung, dass der Beschwerdeführer trotz seines Spitalsaufenthaltes durchgehende Informationen über alle wesentlichen Unternehmensbelange bekommen habe, auf die Aussagen der Buchhalterin und eines weiteren Zeugen stützen können, nach deren Aussagen der Beschwerdeführer insbesondere über die vom Betragsvolumen her gewichtige und daher wirtschaftlich besonders interessante Rechnungslegung an die Gemeinde Wien ebenso laufend informiert gewesen sei, wie der Beschwerdeführer auch gewusst habe, dass die Buchhalterin wegen offener Lohnforderungen ab Oktober 1994 nur noch sporadische Aktivitäten für das Unternehmen entfaltet habe. Der reklamierte häufige Zuschuss erheblicher Eigenmittel spreche nicht nur für die Bereitschaft des Beschwerdeführers zur Unterstützung des Not leidenden Unternehmens aus eigener Kraft, sondern lege angesichts der wirtschaftlichen Notlage auch die Annahme des Tatmotivs im Bestreben des Beschwerdeführers nahe, angesichts der angespannten Unternehmenssituation die Erfüllung der mit der vorliegenden Rechnung verbundenen außergewöhnlichen Zahllast nach Möglichkeit zu verzögern. Dass der Beschwerdeführer nach einem in der Berufungsverhandlung vorgelegten Notariatsakt vom 3. April 1995 auf finanzielle Zuwendungen von dritter Seite vertraut habe, erweise sich eher als geeignet, die wirtschaftlich angespannte Unternehmenssituation als tatauslösenden Faktor zu erhärten, als den Beschwerdeführer zu entlasten.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über welche der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Als aktenwidrig rügt der Beschwerdeführer die Feststellung des angefochtenen Bescheides, dass der Beschwerdeführer bis zur Konkurseröffnung am 2. Juli 1996 Geschäftsführer der Gesellschaft mbH gewesen sei, indem er vorträgt, das Ermittlungsverfahren habe ergeben, dass der Beschwerdeführer schon im November 1995 als Geschäftsführer ausgeschieden sei.

Der gerügten Aktenwidrigkeit fehlt es an jeglicher Relevanz. Gegenstand des dem Beschwerdeführer gemachten Vorwurfs nach § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG war das Unterlassen der Abfuhr oder der Bekanntgabe der Höhe der Umsatzsteuervorauszahlung für den Monat September 1994, die nach § 21 Abs. 1 UStG 1972 in der Fassung BGBl. Nr. 680/1994, am 15. November 1994 fällig geworden war, spätestens am 5. Tag nach Fälligkeit. Für die Beurteilung einer Berechtigung dieses Tatvorwurfes vorsätzlicher Unterlassung von Abfuhr oder Bekanntgabe einer am 15. November 1994 fällig gewordenen Abgabenschuld ist die Frage, ob die Geschäftsführertätigkeit des Beschwerdeführers am 2. Juli 1996 oder schon im November 1995 geendet hatte, ohne jede Bedeutung.

Die weiteren Beschwerdeausführungen erschöpfen sich in einer Bekämpfung der behördlichen Beweiswürdigung zur Frage, ob dem Beschwerdeführer vorsätzliches Handeln angelastet werden durfte. Der Beschwerdeführer verweist auf die Betrauung der über Prokura verfügenden Buchhalterin, auf deren Einzelzeichnungsbefugnis über die Geschäftskonten und ihre Verlässlichkeit sowie auf den Umstand, dass der Beschwerdeführer seine unternehmerischen Entscheidungen auch während der Zeit seines Spitalsaufenthaltes nur auf den Grundlagen der Umsatzsteuerberechnungen der Buchhalterin habe vornehmen können. Ein der Buchhalterin hinsichtlich der Umsatzsteuervorauszahlung für September 1994 unterlaufener Irrtum könne dem Beschwerdeführer nicht zur Last gelegt werden; die maßgebende Rechnung sei von der Gemeinde Wien nicht anerkannt worden, weshalb die Buchhalterin von einer Stornierung oder Neuausstellung dieser Rechnung ausgegangen sei. Angesichts dieses Irrtums der Buchhalterin und Prokuristin sei auch der auf deren Angaben angewiesene Beschwerdeführer davon ausgegangen, dass für September 1994 ein Umsatzsteuerguthaben und nicht ein Umsatzsteuerdebet vorgelegen sei. Gegen die von der belangten Behörde angenommene gezielte Verspätung spreche schließlich auch der Umstand, dass der Beschwerdeführer noch im Jahre 1995 mehr als S 3,000.000,-- aus Eigenmitteln in die Gesellschaft gesteckt und selbst nach seinem Ausscheiden als Geschäftsführer im November 1995 noch mehr als S 1,000.000,-- in die Gesellschaft eingezahlt habe. Dies spreche weniger für ein den Grad der Fahrlässigkeit überschreitendes Verschulden, sondern mehr für den Schuldausschließungsgrund mangelnder Zurechnungsfähigkeit. Da sämtliche Rechnungen der Gesellschaft in Form einer Generalzession an eine Bank abgetreten gewesen seien, habe in der Folge eine eingeschränkte Transparenz und Auffälligkeit von Zahlungen durch den Auftraggeber bestanden; im Konkreten sei von der Buchhalterin wesentlich später erst realisiert worden, dass die betroffene Rechnung von der Gemeinde Wien doch bezahlt worden sei. Der Beschwerdeführer sei nach seiner Entlassung aus dem Krankenhaus am 9. November 1994 zumindest 14 Tage lang und damit auch zum Zeitpunkt der Fälligkeit der Umsatzsteuervoranmeldung zur Ausübung seiner Tätigkeit als Geschäftsführer nicht in der Lage gewesen, insbesondere sei ihm eine Kontrolle der Umsatzsteuervoranmeldung für September 1994 durch seine Rekonvaleszenz nicht möglich gewesen.

Der Tatbestand des § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG setzt Vorsatz voraus, der nach § 8 Abs. 1 FinStrG dann vorliegt, wenn der Täter einen Sachverhalt verwirklichen will, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht, wozu es genügt, dass der Täter diese Verwirklichung ernstlich für möglich hält und sich mit ihr abfindet.

Der aus dem nach außen erkennbaren Verhalten eines Täters im Kontext der maßgeblichen Geschehensabläufe gezogene Schluss auf vorsätzliches Handeln im Sinne des § 8 FinStrG ist ein Akt der Beweiswürdigung (vgl. etwas das hg. Erkenntnis vom 9. Oktober 1991, 90/13/0279). Eine Bekämpfung der behördlichen Beweiswürdigung kann vor dem Verwaltungsgerichtshof, der keine Rechtsmittelinstanz ist, zur Aufhebung eines angefochtenen Bescheides nur dann führen, wenn diese Beweiswürdigung zufolge eines Verstoßes gegen die Denkgesetze oder gegen das allgemeine menschliche Erfahrungsgut das Ausmaß einer Rechtsverletzung in der behördlichen Ermittlung der Sachverhaltsgrundlagen angenommen hat, ohne dass es dem Gerichtshof zukäme, die vorgenommene behördliche Beweiswürdigung darüber hinaus auf ihre inhaltliche Richtigkeit hin zu überprüfen (vgl. für viele etwa die hg. Erkenntnisse vom 31. März 1998, 96/13/0002, vom 9. Juli 1997, 94/13/0116, 0117, und vom 29. Mai 1996, 93/13/0300).

Eine das Kalkül einer Rechtswidrigkeit der Sachgrundlagenermittlung erreichende Fehlerhaftigkeit der behördlichen Beweiswürdigung wird mit dem dargestellten Beschwerdevorbringen nicht aufgezeigt. Dass der Beschwerdeführer ungeachtet seiner zu einem Spitalsaufenthalt führenden Erkrankung über die wesentlichen Unternehmensbelange und insbesondere die Vorgänge im Zusammenhang mit der an die Gemeinde Wien gelegten Rechnung über S 10,000.000,-- laufend informiert war, ist Ergebnis der Aussagen von zwei im Verwaltungsverfahren vernommenen Zeugen, was der Beschwerdeführer nicht einmal in Abrede stellt. Der Zeitpunkt der Erkennbarkeit des Eingangs der Zahlung von der Gemeinde Wien war für die dem Beschwerdeführer vorgeworfene Erfüllung seiner Pflicht nach § 21 Abs. 1 UStG 1972 im Grunde des § 19 Abs. 2 Z. 1 UStG 1972 völlig belanglos, was ihm ebenso bekannt gewesen sein musste wie seiner langjährig im Betrieb beschäftigten und mit Prokura ausgestatteten Buchhalterin. Die Annahme eines Irrtums über den Bestand der Pflicht nach § 21 Abs. 1 UStG 1972 wäre bei der gegebenen Sachlage völlig lebensfremd gewesen; der behördlichen Annahme einer durch die akute Notlage des Unternehmens motivierten Vorsätzlichkeit des pflichtwidrigen Handelns haftet keine Unschlüssigkeit an. Die zur Rettung des Unternehmens vom Beschwerdeführer geleisteten Eigenmittelzuschüsse sprechen unter dem von der belangten Behörde gesehenen Aspekt nach der Lebenserfahrung ebenso eher für als gegen den dem Beschwerdeführer vorgeworfenen Vorsatz, ohne dabei mangels Hinzutretens weiterer, vom Beschwerdeführer nicht behaupteter Umstände für sich allein schon einen ernstlichen Schluss auf das Vorliegen eines die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustandes im Sinne des § 7 Abs. 1 FinStrG zu erlauben.

Da der Inhalt der Beschwerde somit schon erkennen ließ, dass die vom Beschwerdeführer gerügte Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde ohne weiteres Verfahren gemäß § 35 Abs. 1 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung abzuweisen.

Wien, am 15. September 1999

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