VwGH 99/11/0168

VwGH99/11/016824.8.1999

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner und Dr. Bernard als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Doralt, über die Beschwerde des A B in M, vertreten durch Dr. Hellfried Stadler, Rechtsanwalt in 2130 Mistelbach, Hauptplatz 32, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 24. März 1999, Zl. RU6-St-B-9910, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §68 Abs1;
FSG 1997 §24 Abs1 Z1;
FSG 1997 §25 Abs3;
FSG 1997 §7 Abs2;
FSG 1997 §7 Abs4;
FSG 1997 §7 Abs5;
StGB §83;
VStG §47;
AVG §68 Abs1;
FSG 1997 §24 Abs1 Z1;
FSG 1997 §25 Abs3;
FSG 1997 §7 Abs2;
FSG 1997 §7 Abs4;
FSG 1997 §7 Abs5;
StGB §83;
VStG §47;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde dem Beschwerdeführer die Lenkberechtigung für Kraftfahrzeuge der Klassen A, B, C, E, F und G gemäß § 24 Abs. 1 Z. 1 in Verbindung mit § 25 Abs. 3 Führerscheingesetz (FSG) für die Dauer von drei Monaten entzogen.

In seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend und beantragt dessen kostenpflichtige Aufhebung. Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem nach § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Anlass für die bekämpfte Entziehungsmaßnahme war, dass der Beschwerdeführer mit Strafverfügung des Bezirksgerichtes Mistelbach vom 8. April 1998 schuldig erkannt worden war, im Februar und im März 1998 zwei strafbare Handlungen nach § 83 Abs. 1 StGB begangen zu haben. Diese Strafverfügung ist in Rechtskraft erwachsen. Die belangte Behörde erblickte in diesen strafbaren Handlungen eine bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs. 4 Z. 3 FSG und schloss daraus auf die Verkehrsunzuverlässigkeit des Beschwerdeführers.

In der Beschwerde wird dagegen vorgebracht, die belangte Behörde hätte nicht davon ausgehen dürfen, die Begehung der in Rede stehenden strafbaren Handlungen stehe auf Grund der Strafverfügung für die Kraftfahrbehörden im Entziehungsverfahren bindend fest. Sie hätten vielmehr ein diese Umstände betreffendes Ermittlungsverfahren durchführen und dem Beschwerdeführer Gelegenheit geben müssen, die Nichtbegehung dieser strafbaren Handlungen darzutun. Der OGH habe in seiner jüngeren Rechtsprechung (Urteil vom 20. März 1997, 2 Ob 72/97w) eine Bindung an rechtskräftige Strafverfügungen in anderen Verfahren verneint.

Der Verwaltungsgerichtshof hat sich bereits mit dieser Rechtsprechung des OGH auseinander gesetzt. Er hat sich in seinem Erkenntnis vom 18. Dezember 1997, Zl. 97/11/0275, nicht veranlasst gesehen, auf Grund der erwähnten Entscheidung des OGH von seiner ständigen Rechtsprechung, in der die Bindung (auch) an rechtskräftige Strafverfügungen bejaht worden war, abzugehen. Der Beschwerdefall bietet keinen Anlass, von dieser Rechtsprechung abzugehen.

Auf Grund der Bindungswirkung der rechtskräftigen Strafverfügung, die der Beschwerdeführer im Falle seiner Unschuld hätte mit Erfolg bekämpfen können, ist die belangte Behörde zutreffend davon ausgegangen, dass der Beschwerdeführer diese strafbaren Handlungen begangen hat und dass eine bestimmte Tatsache, die auf seine Verkehrsunzuverlässigkeit schließen lässt, vorliegt.

Was die Wertung dieser bestimmten Tatsache im Sinne des § 7 Abs. 5 in Verbindung mit § 7 Abs. 2 FSG anlangt, hat die belangte Behörde jedenfalls den Wertungskriterien nicht ausreichend Beachtung geschenkt. Die gerichtlich strafbaren Handlungen wurden im Februar und März 1998 begangen. Nach dem Ausspruch gemäß § 7 Abs. 5 FSG (wonach die verfügte Entziehungsdauer von drei Monaten mit dem Eintritt der Rechtskraft der Entziehung, also mit der Zustellung des angefochtenen Bescheides am 7. April 1999, beginnt), wäre der Beschwerdeführer der Einschätzung der belangten Behörde nach ungefähr 16 Monate verkehrsunzuverlässig gewesen. Diese Einschätzung vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht zu teilen. Nach der Aktenlage sind die in Rede stehenden strafbaren Handlungen die einzigen gegen die Verkehrszuverlässigkeit des Beschwerdeführers sprechenden Umstände. Angesichts dessen erachtet der Verwaltungsgerichtshof die von der belangten Behörde vorgenommene Prognose, der Beschwerdeführer werde seine Verkehrszuverlässigkeit nicht vor dem 7. Juli 1999 wiedererlangen, für verfehlt. Die belangte Behörde hätte vielmehr bei Erlassung des angefochtenen Bescheides zu dem Ergebnis kommen müssen, dass von einer noch wenigstens drei Monate andauernden Verkehrsunzuverlässigkeit (§ 25 Abs. 3 erster Satz FSG) nicht gesprochen werden kann.

Da die belangte Behörde dies verkannt hat, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47ff. VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 24. August 1999

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