VwGH AW 99/10/0047

VwGHAW 99/10/004712.10.1999

Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag des Umweltanwaltes des Landes Steiermark, der gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 29. Juni 1999, Zl. 6 - 55 T 2/43 - 99, betreffend naturschutzbehördliche Bewilligung (mitbeteiligte Partei: Marktgemeine Thal, vertreten durch Dr. Reinhard Hohenberg, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Hartenaugasse 6), erhobenen Beschwerde, die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:

Normen

NatSchG Stmk 1976 §2 Abs1;
VwGG §30 Abs2;
NatSchG Stmk 1976 §2 Abs1;
VwGG §30 Abs2;

 

Spruch:

Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag nicht stattgegeben.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug (im zweiten Rechtsgang; vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 9. März 1998, Zl. 97/10/0144) erlassenen Bescheid wurde der mitbeteiligten Partei gemäß § 6 Abs. 6 iVm Abs. 3 lit. c und d des Steiermärkischen Naturschutzgesetzes 1976 iVm der Verordnung der Steiermärkischen Landesregierung vom 29. Juni 1991 über die Erklärung von Gebieten des weststeirischen Berg- und Hügellandes von Graz zum Landschaftsschutzgebiet die naturschutzrechtliche Bewilligung für die Errichtung einer Freizeit- und Sportanlage auf näher bezeichneten Grundstücken erteilt. Begründend wurde unter anderem dargelegt, das Projekt umfasse zwei Fußballfelder mit Tribünen entlang des Hauptspielfeldes, ein Klubhaus, eine Asphaltfläche für eine überdachte Eisstockbahn, einen Kinderspielplatz und einen Besucherparkplatz für 60 PKW. Der flächenmäßig größte Teil der Anlage seien die Fußballfelder, die sich in die Geländestruktur harmonisch einfügten und den Landschaftsraum nicht belasteten. Die weiteren Anlagen und Bauteile würden auf Grund ihrer Größenordnung in dem landwirtschaftlichen Talraum zwar in Erscheinung treten, jedoch keine Verunstaltung des Landschaftsbildes hervorrufen. Das Gesamtbild des Landschaftscharakters werde beibehalten. Eine Störung des Naturgenusses werde nicht eintreten. Ein Alternativgrundstück stehe nicht zur Verfügung.

Mit der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde des Umweltanwaltes ist ein Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung verbunden.

Dieser wird im Wesentlichen wie folgt begründet:

Der Standort für die Freizeitanlage liege im Landschaftsschutzgebiet Nr. 29. Einem Aktenvermerk der Rechtsabteilung sei zu entnehmen, dass "über Wunsch der Gemeinde auf Umwidmung zwecks Schaffung eines neuen Sportplatzes (Freizeitanlage)" eine Begehung an Ort und Stelle erfolgt sei. Dabei habe der Landesnaturschutzbeauftragte und Amtssachverständige der Berufungsbehörde festgestellt, dass die in Aussicht genommenen Grundstücke landschaftlich und naturräumlich besonders wertvoll seien, weil sie ohne Bebauung und Teil eines größeren unbebauten Bereiches bis zum Thalersee seien. Ein landwirtschaftliches Gebäude habe keinen Einfluss auf den Landschaftscharakter. Die besonders reizvolle Bach- und Wiesenlandschaft und das Vorliegen des Landschaftsschutzgebietes sprächen gegen eine andere Nutzung, zumal die Gemeinde die streitigen Einrichtungen bereits besitze und außerdem andere Standorte naturräumlich weniger wertvoll nach Ansicht des Natur- und Landschaftsschutzes zu bewerten seien. Diese bereits im April 1995 abgegebene Bewertung durch den Landesnaturschutzbeauftragten stehe in Übereinstimmung mit den Aussagen eines Landschaftsarchitekten und des Amtssachverständigen Dipl.Ing. A., der im Befund selbst bestätige, dass der Talraumbereich am Katzelbach, in welchem die Freizeitanlage geplant sei, jener Talraum mit der höchsten Raumqualität innerhalb des Systemraumes sei. Es handle sich somit um ein Gebiet, für das zu Recht ein Schutz angesprochen worden sei. Die Freizeitanlage mit den Sportflächen stelle für die Marktgemeinde kein unabdingbares Erfordernis dar, weil sie derartige Einrichtungen bereits besitze und es nach den Aussagen von Dipl.Ing. F. naturräumlich wenige wertvolle Standorte gebe. Die Aussage des angefochtenen Bescheides über das Fehlen von Alternativstandorten finde weder im Gutachten des Amtssachverständigen noch bei Dr. H. ihre Deckung. Die Freizeitanlage beanspruche eine Grundfläche von 5,2 ha und es käme nach dem Gutachten des Landschaftsarchitekten Ing. M., das mit dem Gutachten Dipl.Ing. R. übereinstimme, in Bezug auf alle baulichen Maßnahmen (Erdbau, Spielfeldbelege, Verkehrsfläche, Bauwerke, Tribüne, Sicherungsmaßnahme) zu einem gravierenden Eingriff in den Landschaftsraum und folglich zu einer Verletzung der Schutzziele des geltenden NSchG und des Schutzgebietes Nr. 29, die nicht wiederherstellbar seien. Mit einem vorzeitigen Baubeginn würden folglich die landschaftliche Schönheit und Eigenart dieses Talbodens mit seiner einzigartigen Charakteristik und seinem Erholungswert für den Großraum Graz und Thal endgültig zerstört.

Gemäß § 30 Abs. 1 VwGG kommt den Beschwerden eine aufschiebende Wirkung kraft Gesetzes nicht zu. Der Verwaltungsgerichtshof hat jedoch gemäß § 30 Abs. 2 VwGG auf Antrag des Beschwerdeführers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, insoweit dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung aller berührten Interessen mit dem Vollzug oder mit der Ausübung der mit Bescheid eingeräumten Berechtigung durch einen Dritten für den Beschwerdeführer ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.

Im vorliegenden Fall ist unter dem "für den Beschwerdeführer verbundenen Nachteil" im Sinne des § 30 Abs. 2 VwGG ein Nachteil für die vom Landesumweltanwalt wahrzunehmenden öffentlichen Interessen des Umweltschutzes zu verstehen. Im Hinblick auf den hier anzuwendenden Verbotstatbestand (§ 6 Abs. 6 iVm § 2 NSchG) handelt es sich bei den hier in Rede stehenden Interessen um jene an der Hintanhaltung eines Eingriffes in das ökologische Gleichgewicht der Natur, in den Landschaftscharakter oder die Wohlfahrtsfunktion, durch den die Natur geschädigt, das Landschaftsbild verunstaltet oder der Naturgenuss gestört werde (vgl. das Erkenntnis vom 9. März 1998, Zl. 97/10/0144). Bei der Beurteilung, ob der Eingriff in die geschützten Güter einen unverhältnismäßigen Nachteil darstellt, ist weiters maßgeblich, ob die Folgen des Eingriffes im Falle der Aufhebung des angefochtenen Bescheides wieder beseitigt werden können. Im beschriebenen Umfang trifft den Antragsteller eine Konkretisierungspflicht.

Die Begründung des vorliegenden Antrages beschränkt sich auf Hinweise, wonach Verfahrensergebnisse (bzw. Aussagen von Hilfspersonen, die der Landesumweltanwalt beigezogen habe) in der Richtung vorliegen, wonach "die Grundstücke landschaftlich und naturräumlich als besonders wertvoll anzusehen sind, da sie ohne Bebauung und Teil eines größeren unbebauten Bereiches bis zum Thalersee" seien, es sich um den "Talraum mit der höchsten Raumqualität innerhalb des Systemraums" handle, es "in Bezug auf alle baulichen Maßnahmen zu einem gravierenden Eingriff in den Landschaftsraum" käme, wodurch die landschaftliche Schönheit und Eigenart dieses Talbodens mit seiner einzigartigen Charakteristik und seinem Erholungswert für den Großraum Graz und Thal endgültig zerstört würde; schließlich wird noch bestritten, dass die Annahme der belangten Behörde, es wären keine geeigneten Alternativstandorte vorhanden, in den Verfahrensergebnissen Deckung finde.

Soweit die oben wiedergegebenen Darlegungen eine konkrete Sachverhaltsbehauptung (das Fehlen einer Bebauung im fraglichen Bereich) enthalten, handelt es sich nicht um Tatsachen, mit deren Behauptung eine (unverhältnismäßige) Verletzung der vom Beschwerdeführer wahrzunehmenden öffentlichen Interessen bescheinigt werden könnte. Der weiteren Begründung des Antrages ist die Behauptung eines konkreten Sachverhaltes, aus dem gefolgert werden könnte, das Vorhaben stelle einen Eingriff in das ökologische Gleichgewicht der Natur, in den Landschaftscharakter oder die Wohfahrtsfunktion dar, durch den die Natur geschädigt, das Landschaftsbild verunstaltet oder der Naturgenuss gestört werde, dessen Folgen nach allfälliger Aufhebung des Bescheides nicht mehr beseitigt werden könnten, nicht zu entnehmen. Schon im Vorerkenntnis waren die oben wiedergegebenen und ähnliche Darlegungen als "pauschale Beurteilungen, die ... für sich ohne Aussagekraft sind", charakterisiert worden. Dem Antrag war daher nicht stattzugeben.

Wien, am 12. Oktober 1999

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