VwGH 99/05/0177

VwGH99/05/017728.9.1999

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Kail und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Rätin Dr. Gritsch, über die Beschwerde des Bernhard Clermont in Radenthein, vertreten durch Dr. Sieglinde Schubert, Rechtsanwalt in Wien XIX, Gatterburggasse 16, gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 11. Mai 1999, Zl. 8 B-BRM-334/2/1999, betreffend Nachbareinwendungen im Bauverfahren (mitbeteiligte Parteien: 1. Dr. Rainer Krieger in Papenburg, Dieckhausstraße 24 B (BRD); 2. Gemeinde Reichenau, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Normen

BauansuchenV Krnt 1985 §6 Abs4;
BauO Krnt 1996 §23 Abs3;
BauRallg;
BauvorschriftenG Krnt 1985 §3;
BauansuchenV Krnt 1985 §6 Abs4;
BauO Krnt 1996 §23 Abs3;
BauRallg;
BauvorschriftenG Krnt 1985 §3;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aufgrund der Beschwerde und der dieser angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ist von folgendem Sachverhalt auszugehen:

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 9. November 1998 wurde dem Erstmitbeteiligten die Baubewilligung zur Errichtung einer Garage und eines Carports auf näher angeführten Grundstücken, KG Wiedweg, erteilt. Die dagegen vom Beschwerdeführer (der Eigentümer eines unmittelbar benachbarten Grundstückes ist) erhobene Berufung wurde mit Bescheid des Gemeindevorstandes der mitbeteiligten Gemeinde vom 29. März 1999 als unbegründet abgewiesen.

Die dagegen erhobene Vorstellung des Beschwerdeführers wurde mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen. Diese Entscheidung wurde im Wesentlichen damit begründet, dass die Berufungsbehörde aufgrund der beschränkten Parteistellung des Nachbarn im Baubewilligungsverfahren in ihrer Prüfungsbefugnis gemäß § 66 Abs. 4 AVG auf jenen Themenkreis beschränkt sei, in dem der Berufung erhebende Nachbar ein Mitspracherecht besitze. Die Berufungsbehörde habe demnach zu prüfen, ob der Berufungswerber in seiner Rechtssphäre in einem subjektiven öffentlichen Recht verletzt worden sei. Eine weitere Schranke der Prüfungsbefugnis bestehe darin, dass die Berufungsbehörde nur auf gemäß § 42 AVG rechtzeitig erhobene Einwendungen inhaltlich eingehen dürfe. Gemäß § 3 Kärntner Bauvorschriften dürften Gebäude und sonstige bauliche Anlagen nicht auf Grundstücken errichtet werden, die sich im Hinblick auf die Bodenbeschaffenheit, die Grundwasserverhältnisse oder wegen einer Gefährdung durch Hochwässer, Lawinen, Steinschlag oder wegen ähnlicher Gefahren für eine Bebauung nicht eignen. Dies gelte insofern nicht, als diese Gefahren durch geeignete Maßnahmen abgewendet worden seien oder keine Gefährdung von Menschen eintrete oder wenn es sich um bauliche Anlagen zur Abwehr oder Verringerung von Gefahren handle. § 3 Kärntner Bauvorschriften stelle eine nähere Ausführung des § 13 Abs. 2 lit. d Kärntner Bauordnung 1996 dar. Diese Regelung ziele darauf ab, im öffentlichen Interesse eine Bebauung dort zu verhindern, wo dem Bau wegen der Bodenbeschaffenheit und der Lage durch äußere Einflüsse eine Sicherheitsgefahr drohe. Sie diene aber offenbar nicht der Abwehr von typischen, durch das örtliche Naheverhältnis begründeten negativen Auswirkungen eines Baues auf die Umgebung. Aus diesen Rechtsvorschriften könnten keine subjektiv-öffentlichen Nachbarrechte abgeleitet werden. Aus Vorschriften über die Berücksichtigung schönheitlicher Rücksichten, die Beachtung des Ortsbildes, Stadtbildes und Straßenbildes würden keine Nachbarrechte erwachsen. Es könne daher der Nachbar durch die Nichteinholung eines Gutachtens betreffend den Schutz des Ortsbildes in keinem subjektiven öffentlichen Recht verletzt worden sein.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die zunächst beim Verfassungsgerichtshof erhobene Beschwerde, deren Behandlung vom Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom 24. Juni 1999, B 1062/99-3, gemäß Art. 144 Abs. 2 B-VG abgelehnt wurde und die unter einem dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten und weiters nach Aufforderung durch den Verwaltungsgerichtshof ergänzt wurde, hat der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 23 Abs. 1 lit. e Kärntner Bauordnung 1996, LGBl. Nr. 62 (K-BO 1996), sind u.a. die Anrainer (Abs. 2) Parteien des Baubewilligungsverfahrens. Gemäß § 23 Abs. 2 leg. cit. sind Anrainer u.a. die Eigentümer (Miteigentümer) der an das Baugrundstück angrenzenden Grundstücke und aller weiteren im Einflussbereich des Vorhabens liegenden Grundstücke (lit. a). Gemäß § 23 Abs. 3 leg. cit. dürfen Anrainer im Sinne des Abs. 2 gegen die Erteilung der Baubewilligung nur begründete Einwendungen dahingehend erheben, dass sie durch das Vorhaben in subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt werden, die ihnen durch die Bestimmungen dieses Gesetzes, der Kärntner Bauvorschriften, des Flächenwidmungsplanes oder des Bebauungsplanes eingeräumt werden, welche nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Schutz der Anrainer dienen. Einwendungen der Anrainer im Sinn des ersten Satzes können insbesondere gestützt werden auf Bestimmungen über

  1. a) die widmungsgemäße Verwendung des Baugrundstückes;
  2. b) die Bebauungsweise;
  3. c) die Ausnutzbarkeit des Baugrundstückes;
  4. d) die Lage des Vorhabens;
  5. e) die Abstände von den Grundstücksgrenzen und von Gebäuden oder sonstigen baulichen Anlagen auf Nachbargrundstücken;
  6. f) die Bebauungshöhe;
  7. g) die Brandsicherheit;
  8. h) den Schutz der Gesundheit der Anrainer;
  9. i) den Immissionsschutz der Anrainer.

    Gemäß § 3 Kärntner Bauvorschriften, LGBl. Nr. 56/1985, dürfen Gebäude und sonstige bauliche Anlagen nicht auf Grundstücken errichtet werden, die sich im Hinblick auf die Bodenbeschaffenheit, die Grundwasserverhältnisse oder wegen einer Gefährdung durch Hochwässer, Lawinen, Steinschlag oder wegen ähnlicher Gefahren für eine Bebauung nicht eignen; dies gilt insofern nicht, als diese Gefahren durch geeignete Maßnahmen abgewendet werden oder keine Gefährdung von Menschen eintritt oder wenn es sich um bauliche Anlagen zur Abwehr oder Verringerung von Gefahren handelt. Gemäß § 13 Abs. 2 lit. d K-BO 1996 hat die Behörde bei der Vorprüfung von Vorhaben nach § 6 lit. a bis c u.a. festzustellen, ob Interessen der Sicherheit im Hinblick auf seine Lage, die auch im Falle der Erteilung von technisch möglichen und der Art des Vorhabens angemessenen Auflagen (§ 18 Abs. 3) offensichtlich nicht gewahrt werden können, entgegenstehen.

    Der Beschwerdeführer ist der Auffassung, dass ihm zu Unrecht aus "schönheitlichen Rücksichten" kein Nachbarrecht im Lichte des § 3 Kärntner Bauvorschriften zuerkannt worden sei. Diese Bestimmung kenne den Ausdruck "schönheitliche Rücksichten" nicht. Es sei unbestritten, dass durch die Errichtung der geplanten Garage zwangsläufig der steile Hang angeschnitten werden müsse und eine Hangrutschung vor allem bei großem Regenwasser zu befürchten sei. Der Hang sei an einer Kreuzung mit einer öffentlichen Straße gelegen und der zu errichtende Carport beeinträchtige das Landschaftsbild. Das Grundstück des Beschwerdeführers liege unbestritten unmittelbar benachbart zu dem Baugrundstück.

    Diesem Vorbringen ist insbesondere entgegenzuhalten, dass die belangte Behörde unter Berufung auf Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu einer gleichartigen Vorgängerbestimmung aus § 3 Kärntner Bauvorschriften deshalb kein Nachbarrecht abgeleitet hat, weil diese Vorschrift nicht der Abwehr von typischen, durch das örtliche Naheverhältnis begründeten negativen Auswirkungen eines Baues auf die Umgebung diene. Dass aus Vorschriften über die Berücksichtigung schönheitlicher Rücksichten gleichfalls kein Nachbarrecht abzuleiten sei, hat die belangte Behörde offensichtlich zu dem Vorbringen des Beschwerdeführers im Hinblick auf die durch das Projekt seiner Auffassung nach verursachte Verunstaltung des Ortsbildes ins Treffen geführt. Zu § 3 Kärntner Bauvorschriften hat der Verwaltungsgerichtshof in seiner bisherigen Judikatur (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. Mai 1996, Zl. 93/05/0252) auch die Auffassung vertreten, dass diese Bestimmung nicht der Abwehr von durch das örtliche Naheverhältnis begründeten negativen Auswirkungen des Baues auf die Umgebung diene, weshalb aus dieser Bestimmung kein subjektiv-öffentliches Nachbarrecht abgeleitet werden könne. Abgesehen davon bezieht sich das diesbezügliche Vorbringen des Beschwerdeführers, dass aufgrund des vorliegenden Projektes eine Hangrutschung zu befürchten sei, auch auf die Phase der Bauausführung, bei der entlang des Hanges ein größerer Aushub stattfinden wird müssen. Soweit sich die Einwendung des Beschwerdeführers über die drohende Hangrutschung auf die Phase der Ausführung des verfahrensgegenständlichen Bauvorhabens bezieht, ist ihm auch entgegenzuhalten, dass sich die zulässigen Einwendungen im Sinne des § 23 Abs. 3 K-BO 1996 auf die Bewilligungsfähigkeit des zu beurteilenden Bauvorhabens, nicht jedoch auf dessen Ausführung zu beziehen haben (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. Februar 1997, Zl. 97/05/0307, und die in diesem dazu angeführte Vorjudikatur).

    Der Beschwerdeführer macht weiters geltend, dass die Pläne im vorliegenden Bauverfahren von einem nicht existenten Unternehmen stammten, weil das die Pläne verfassende Unternehmen nicht im Firmenbuch eingetragen sei. Gemäß § 6 Abs. 4 Bauansuchensverordnung, LGBl. Nr. 58/1985, müssen Pläne, Berechnungen und Beschreibungen von einem zur Erstellung solcher Unterlagen Berechtigten unterfertigt sein. Diesem Vorbringen ist zu erwidern, dass es sich bei dieser Vorschrift nicht um eine gemäß § 23 Abs. 3 K-BO 1996 ein Nachbarrecht vermittelnde Regelung handelt. Unabhängig davon könnte aber diese Bestimmung auch nicht dahin verstanden werden, dass sie nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern im Sinne des § 23 Abs. 3 K-BO 1996 auch dem Schutz der Anrainer dient. Eine Rechtsverletzung des Beschwerdeführers kommt somit auch in dieser Hinsicht nicht in Betracht.

    Was im Übrigen die gerügte fehlende Übereinstimmung mit örtlichen und überörtlichen Planungszielen betrifft, ist auf § 13 Abs. 2 K-BO 1996 zu verweisen, wonach die Übereinstimmung mit dem Flächenwidmungs- und Bebauungsplan, nicht aber mit nicht näher genannten Planungszielen zu prüfen ist.

    Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die vom Beschwerdeführer geltend gemachten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde gemäß § 35 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

    Bei diesem Ergebnis erübrigte sich eine Entscheidung über den Antrag des Beschwerdeführers, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

    Wien, am 28. September 1999

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