VwGH 99/04/0153

VwGH99/04/015322.12.1999

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Stöberl, Dr. Blaschek und Dr. Baur als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Martschin, über die Beschwerden 1) des GB in D,

2) der SM in N, und 3) des Mag. JM in N, alle vertreten durch Mag. H, Rechtsanwalt in J, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Burgenland vom 9. Juni 1999, Zl. 5-G2025/4-1999, betreffend Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb einer gewerblichen Betriebsanlage (mitbeteiligte Partei: A Ges.m.b.H. in S, vertreten durch Dr. G und Dr. Z, Rechtsanwälte in G), zu Recht erkannt:

Normen

GewO 1994 §74 Abs2;
GewO 1994 §77 Abs1;
GewO 1994 §74 Abs2;
GewO 1994 §77 Abs1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von S 20.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Burgenland vom 9. Juni 1999 wurde den u. a. von den Beschwerdeführern erhobenen Berufungen gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Oberwart (BH) vom 25. August 1998 keine Folge gegeben und der erstinstanzliche Bescheid bestätigt. Hiezu wurde im Wesentlichen ausgeführt, mit Bescheid der BH vom 25. August 1998 sei der mitbeteiligten Partei die gewerbebehördliche Genehmigung für eine gewerbliche Betriebsanlage (eine Aufbereitungsanlage für bituminöses Mischgut) bei Einhaltung von Auflagen erteilt worden. In ihrer Berufung hätten die Beschwerdeführer zunächst die Stellungnahme des Prof. M. wiedergegeben, in der ein von der mitbeteiligten Partei vorgelegtes meteorologisches Gutachten sowie von der mitbeteiligten Partei vorgelegte Immissionsberechnungen beurteilt und bemängelt worden seien. Prof. M. habe in seiner Stellungnahme ausgeführt, dass sich diese auf die methodische Vorgangsweise beziehe. Mit den Auswirkungen der Aufbereitungsanlage auf die Nachbarschaft setze sich diese Stellungnahme jedoch nicht auseinander. Dies gelte auch für das Berufungsvorbringen der Beschwerdeführer, dem das ( oben erwähnte, von der mitbeteiligten Partei vorgelegte) Gutachten der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik sowie eine näher beschriebene Ausbreitungsberechnung gegenüberstünden, die auf einer breiten Befundbasis aufbauten, schlüssig und nachvollziehbar seien und den Schluss auf eine logische und eingehende fachliche Auseinandersetzung mit dem Projekt der mitbeteiligten Partei zuließen. Dieses Gutachten werde in seiner Beweiskraft durch das Vorbringen der Beschwerdeführer nicht erschüttert. Bezüglich der Immissionsabschätzung hätten die Beschwerdeführer vorgebracht, dass der medizinische Sachverständige nur von den "häufigsten" Situationen, die durch Ausbreitungsklasse 3 und 4 charakterisiert würden, ausgegangen sei. Es sei aber keine Beurteilung der für die Nachbarn "ungünstigsten" Situation erfolgt. Diese Auffassung der Beschwerdeführer sei unzutreffend, weil der medizinische Sachverständige in seinem Gutachten vom 2. Mai 1998 von einer "Worst-Case-Annahme" ausgehend festgestellt habe, dass sich aus den Immissionsdaten weder eine unzumutbare Belästigung noch akute oder chronische gesundheitliche Schädigungen ableiten ließen. In Ansehung der Lärmimmissionen habe der Sachverständige dargelegt, dass die von der mitbeteiligten Partei geplanten Lärmschutzmaßnahmen in Verbindung mit der großen Entfernung zum nächstgelegenen Immissionspunkt ausreichten; das schalltechnische Ist-Maß werde hier durch die Betriebsanlage praktisch nicht erhöht, zumal die Erhöhung an der Grenze der Wahrnehmbarkeit (+ 1 dB) liege. Dabei sei auch der Radladerbetrieb berücksichtigt worden. Soweit die Beschwerdeführer vorgebracht hätten, die vorgeschriebenen Grenzwerte blieben weit hinter den Standards für Emissionen etwa nach der Luftreinhalteverordnung für Kesselanlagen zurück, sei ihnen zu entgegnen, dass die vorgeschriebenen Grenzwerte den einschlägigen Rechtsvorschriften und dem Stand der Technik entsprächen. Zu den Einwänden gegen die Bestimmtheit der die Anschüttung und die Böschung betreffenden Auflage (es dürfe nur "unbelasteter Bodenaushub" verwendet werden), sei auszuführen, dass damit die Verwendung von Bauschuttrecyclingmaterial ausgeschlossen werde. Davon abgesehen bewegten sich diese Einwände außerhalb der den Nachbarn einer gewerblichen Betriebsanlage gewerberechtlich gewährleisteten Rechtssphäre. Dem Gutachten des Sachverständigen für Brandschutz sei schließlich zu entnehmen, dass auch unter diesem Aspekt keine Bedenken gegen das Projekt der mitbeteiligten Partei bestünden. Dem Einwand, es seien keine Betriebszeiten vorgesehen, sei entgegenzuhalten, dass solche in der Betriebsbeschreibung enthalten seien und daher zum Projektsgegenstand zählten. Zum Einwand, es sei keine Abdeckung der mit Asphalt beladenen LKWs vorgesehen, werde auf die Umweltverträglichkeitserklärung verwiesen, der zufolge sichergestellt sei, dass die mit Mischgut beladenen Fahrzeuge abgedeckt und somit Verfrachtungen von Geruchsimmissionen in die umliegenden Bereiche durch den Transport minimiert würden. Zum Einwand, dass in der Asphaltmischanlage der mitbeteiligten Partei asbesthaltige Materialien verarbeitet würden, werde ausgeführt, die mitbeteiligte Partei habe mit Schreiben vom 20. März 1998 mitgeteilt, es würden nur solche Rohmaterialien eingesetzt und verwendet, die den hiefür geltenden gesetzlichen Bestimmungen und Verordnungen entsprächen. Dies stelle eine Modifizierung des ursprünglichen Genehmigungsansuchens dahin dar, dass bei der Herstellung von bituminösem Mischgut in der verfahrensgegenständlichen Aufbereitungsanlage nur Materialien eingesetzt würden, die den hiefür geltenden Gesetzen und Verordnungen entsprächen. Es könne daher nicht vorweg davon ausgegangen werden, dass von der mitbeteiligten Partei ein konsenswidriges Verhalten in der Form gesetzt werde, dass gesundheitsgefährdendes oder -beeinträchtigendes Material Verwendung finde. Soweit die Beschwerdeführer ein von Prof. Pf. erstattetes Gutachten wiedergäben, werde dadurch das eingeholte medizinische Gutachten, wonach die zu erwartenden Immissionen in ihrer Gesamtheit und als ermittelte Neueinträge unter den jeweiligen Grenzwerten lägen, nicht erschüttert; beschränke sich doch das (das angeführte Gutachten wiedergebende) Vorbringen der Beschwerdeführer auf eine Aufzählung der allgemeinen Auswirkungen näher beschriebener Stoffe und von Geruchsbelästigungen, ohne jedoch konkret darzulegen, welche Auswirkungen diese Stoffe im vorliegenden Fall erwarten ließen. Auch das von den Beschwerdeführern vorgelegte Gutachten des Dr. Th. führe - aus näher dargelegten Gründen - zu keinem anderen Ergebnis. Schließlich sei auch die Kritik an der Nichtübernahme einer vom verkehrstechnischen Amtssachverständigen vorgeschlagenen Auflage nicht berechtigt.

Gegen diesen Bescheid richten sich die von den Beschwerdeführern erhobenen Beschwerden.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete - ebenso wie die mitbeteiligte Partei - eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerden beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat beschlossen, die Beschwerden wegen ihres sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung zu verbinden. Er hat sodann erwogen:

Die Beschwerdeführer erachten sich durch den angefochtenen Bescheid in den ihnen nach der Gewerbeordnung gewährleisteten Nachbarrechten verletzt. Sie bringen hiezu - gleich lautend - vor, den Angaben zu den Windverhältnissen sei von der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik eine 3 1/2 Wochen dauernde Messreihe zugrunde gelegt worden. Daraus sei auf ein klar definiertes tagesperiodisches Windsystem und aus diesen Daten auf das Sommer- und Winterhalbjahr geschlossen worden. Bei Abschätzung der durchschnittlichen Calmen-Häufigkeit sei zwar auf Mess- und Beobachtungsdaten "benachbarter Stationen" des Klimamessnetzes hingewiesen worden, es sei aber nichts genauer dargestellt worden. Es sei daher nicht nachvollziehbar, wie die entsprechenden Angaben zustande gekommen seien, was den Schluss auf große Mängel im methodischen Vorgehen zulasse. Die Angabe einer Ausbreitungsklimatologie sei - wie richtig angemerkt werde - auf der Basis einer 3 1/3-wöchigen Messreihe nicht möglich. Der Immissionsabschätzung sei - was für die gegebene Geländesituation angemessen erscheine - die ÖNORM M 9440 (Gaußmodell) zugrunde gelegt worden, allerdings seien von dem in der Folge beigezogenen medizinischen Sachverständigen nur die durch die Ausbreitungsklasse 3 und 4 charakterisierten "häufigen Situationen" beurteilt worden, nicht aber die "ungünstigste Situation" für die Nachbarn. Der medizinische Sachverständige habe seiner Beurteilung weiters das lärmtechnische Gutachten des Dipl.-Ing. T. zugrunde gelegt, das von - im Einzelnen dargelegten - Annahmen ausgehe, ohne aber aufzuzeigen, wie der Sachverständige zu diesen Annahmen gelangt sei. Das Gutachten sei somit nicht nachvollziehbar. Die in der Folge vorgeschriebenen Grenzwerte blieben deutlich hinter den dem Stand der Technik entsprechenden Standards zurück; dies betreffe auch die zur kontinuierlichen Überwachung der Emissionen vorgeschriebenen Messungen. Schließlich seien auch die vorgeschriebenen Löschmittel extrem unterdimensioniert; auf Fragen des Brandschutzes sei somit nur mangelhaft eingegangen worden. Bereits die Betriebsbeschreibung des eingereichten Projektes sei mangelhaft. So sei die maximale tägliche Mischguterzeugung über die maximale tägliche Arbeitszeit nicht ersichtlich. Berücksichtige man die höchstmögliche Vorratshaltung, so ergäbe eine - näher dargestellte - Berechnung, dass die stündliche Mischgutleistung über den Projektangaben liege. Dies bedinge einen vermehrten Abtransport von Asphaltmischgut sowie eine vermehrte Anlieferung der Hilfsstoffe, was gegenüber den Projektangaben zu einer Erhöhung der Verkehrsfrequenz führe. Was den innerbetrieblichen Verkehr anbelange, fehlten Berechnungen der Materialtransporte mittels Radlader bei schwankendem Schaufelinhalt von 1,8 m3 bis 2,8 m3 und die auf Maximal- und Durchschnittsleistung bezogene Fahrfrequenz auf befestigtem oder nicht befestigtem Betriebsgelände. Das Projekt mache auch keine Angaben über den Unterstand oder die Abstellfläche des Radladers, über die Befeuchtung der Mineralfreilager, über die Betankung der Fahrzeuge (insbesondere des Radladers) und die dabei einzuhaltenden Sicherheitsmaßnahmen sowie die Verhinderung des Eintretens von Mineralölprodukten in den T.-Bach. Es fehlten weiters Angaben betreffend eine sicherheitstechnische, überwachungstechnische, immissions- und lärmschutztechnische Betrachtung der Betriebsweise und der Betriebszeit des kleinen Dieselstromaggregats, das in der Nacht und an den Wochenenden für den Warmhaltebetrieb eingesetzt werden solle. Es fehle eine Beschreibung des Betriebsmittellagers und der Lagermengen für Thermalöl sowie die statischen Nachweise, Dichtheitsangaben, Prüfvermerke u.ä. für die Lagertanks. Es sei keine Reinigung der bitumendampfhältigen Leckluft aus den warm gehaltenen Mischgutsilos vorgesehen bzw. es sei eine solche projektsgemäß nicht möglich. Eine daraus resultierende Geruchsbelästigung der Nachbarn sei nicht berücksichtigt worden. Die vorgesehene Emissionsdarstellung der Trockentrommel gebe nicht an, ob die Emissionswerte mit oder ohne Bitumendampfeinleitung zu verstehen seien; sie beziehe überdies die stündliche Maximalleistung nicht ein. Gleiches gelte für die Dieselstromaggregate, den Thermalölerhitzer, das Trommelfilter und den Radlader. Es könne rechnerisch nachgewiesen werden, dass bei Kleinlast des Brenners die abgesaugte Abluft nicht nachverbrannt werden könne und ein zusätzlicher Entsorgungsweg nicht vorgesehen sei. Diese Betriebszustände seien hinsichtlich ihrer Immissions- und Geruchsauswirkung auf die Nachbarn nicht dargestellt worden. Was den Gewebefilter für die Trockentrommelentstaubung anlange, beschränke sich die Gewährleistung des Herstellers auf eine maximale Standzeit von zwei Jahren, sodass sich die Frage der Bereitstellung von Austauschschläuchen stelle; dies sei im Projekt nicht ausgeführt. Eine mögliche Beeinflussung der Emissionswerte des großen Dieselstromaggregates durch den im Abgasstrom sitzenden Wärmetauscher sei nicht betrachtet worden, obwohl sich daraus eine Veränderung der Immissionsbeeinflussung der Nachbarn ergeben könnte. In der Liste der "anfallenden Problemstoffe" seien die gefährlichen Abfälle (Wärmeträgeröl, Hydrauliköl, etc.) nicht angegeben; es fehle auch eine Aussage über "bitumenhaltige Abfälle", deren Zwischenlagerung und Entsorgung. Weiters fehlten Berechnungen betreffend die Ableitung der Oberflächenwässer. Schließlich seien auch über die lärmtechnischen Eigenschaften der Baumaterialien des Containers für die Stromaggregate und den Kulissenschalldämpfer nach dem Absaugventilator der Trockentrommel keine Aussagen getroffen worden; es fehle eine Angabe der aus den einzelnen Anlagenteilen resultierenden Schall-Leistungspegel. Der für den Betrieb der Gesamtanlage zu erwartende angegebene Gesamtschall-Leistungspegel sei nicht nachvollziehbar. Das Projekt der mitbeteiligten Partei sei daher hinsichtlich seiner Auswirkungen auf die Nachbarn nicht beurteilbar. Im Verwaltungsverfahren hätten die Beschwerdeführer weiters nachgewiesen, dass in der Asphaltmischanlage der mitbeteiligten Partei Materialien aus dem Steinbruch R. zum Einsatz gelangen sollen, die - wie ein von den Beschwerdeführern vorgelegtes Gutachten beweise - asbesthaltig seien. Im Zuge der Aufbereitung des Gesteins würde Chrysotil-Asbest anfallen. Einem - von den Beschwerdeführern vorgelegten - medizinischen Gutachten zufolge seien für die Anrainer der Anlage Feinststaubbelastungen aus diffusen Quellen und vor allem aus der Trocknungsanlage gegeben, weil der Gewebefilter die Kleinststaubfraktionen nicht entsprechend zurückhalten könne, diese daher den Filter passieren und durch den Wind in die Atemluft der Anrainer vertragen werden könnten. Der medizinische Sachverständige habe daraus den Schluss gezogen, dass Untersuchungen über Emission, Immission und gegebenenfalls Wirkung der freigesetzten Asbestfasern erforderlich seien, um mögliche Gesundheitsgefährdungen (einschließlich Spätfolgen) der Anrainer beurteilen zu können. Die Beschwerdeführer hätten weiters das Gutachten eines Sachverständigen für Ernährungsforschung, Biochemie und Agrikulturchemie vorgelegt, dem zufolge - im Einzelnen genannte - "PAKs" beim Menschen kanzerogen wirkten. Im - von der Behörde eingeholten - medizinischen Gutachten seien nur einige ausgewählte "PAKs" behandelt worden. In der Erörterung des gesundheitlichen und umweltrelevanten Risikos sei die Abschätzung des gesundheitlichen Risikos durch die Gruppe der "Nitro-PAKs" völlig unterblieben. Der Sachverständige habe dann in Betracht gezogen, dass 750 m von der Betriebsanlage der mitbeteiligten Partei ein Kinderspielplatz liege, dass das Siedlungsgebiet 600 m entfernt sei und dass auch biologischer Landbau betrieben werde. Er habe sich über die Zusammenfassung des von der Behörde beigezogenen medizinischen Sachverständigen, wonach die ermittelten relativen Zunahmen der betriebsbedingten Immissionen jeweils als Einzelverbindungen und in komplexer Zusammenschau möglicher interaktiver Wirkung aus umwelthygienischer und umweltmedizinischer Sicht zu akzeptieren seien, weil sie unter den jeweiligen Grenzwerten lägen, verwundert gezeigt. Der Aspekt der angesprochenen interaktiven Wirkung sei nämlich qualitativ wie quantitativ unbeachtet geblieben. Schließlich hätten die Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren ein ärztliches Gutachten des Dr. Th. vorgelegt, in dem ausgeführt worden sei, dass die bisher verwendeten Gutachten im Wesentlichen zufolge der bereits aufgezeigten Mängel eine abschließende medizinische Beurteilung der für die Nachbarschaft zu erwartenden Immissionen nicht zuließen.

Gemäß § 74 Abs. 2 GewO 1994 dürfen gewerbliche Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde (§§ 333, 334, 335) errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind,

1. das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden, der nicht den Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes, BGBl. Nr. 450/1994 in der jeweils geltenden Fassung, unterliegenden mittätigen Familienangehörigen, der Nachbarn oder der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn zu gefährden;

als dingliche Rechte im Sinne dieses Bundesgesetzes gelten auch die im § 2 Abs. 1 Z. 4 lit. g angeführten Nutzungsrechte;

2. die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen. ...

Gemäß § 77 Abs. 1 leg. cit. ist die Betriebsanlage zu genehmigen, wenn nach dem Stand der Technik (§ 71a) und dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zu erwarten ist, dass überhaupt oder bei Einhaltung der erforderlichenfalls vorzuschreibenden bestimmten geeigneten Auflagen die nach den Umständen des Einzelfalles voraussehbaren Gefährdungen im Sinne des § 74 Abs. 1 Z. 1 vermieden und Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 2 bis 5 auf ein zumutbares Maß beschränkt werden.

Ob Belästigungen der Nachbarn im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 2 leg. cit. zumutbar sind, ist danach zu beurteilen, wie sich die durch die Betriebsanlage verursachten Änderungen der tatsächlichen örtlichen Verhältnisse auf ein gesundes, normal empfindendes Kind und auf einen gesunden, normal empfindenden Erwachsenen auswirken.

Gemäß § 74 Abs. 3 leg. cit. hat die Behörde Emissionen von Luftschadstoffen jedenfalls nach dem Stand der Technik zu begrenzen.

Die Feststellung, ob die sachverhaltsbezogenen Voraussetzungen für die Genehmigung im Sinne des § 77 leg. cit. vorliegen, ist Gegenstand des Beweises durch Sachverständige auf dem Gebiet der gewerblichen Technik und auf dem Gebiet des Gesundheitswesens. Den Sachverständigen obliegt es, auf Grund ihres Fachwissens ein Urteil (Gutachten) über diese Fragen abzugeben. Der gewerbetechnische Sachverständige hat sich darüber zu äußern, welcher Art die von einer Betriebsanlage nach dem Projekt des Genehmigungswerbers zu erwartenden Einflüsse auf die Nachbarschaft sind, welche Einrichtungen der Betriebsanlage als Quellen solcher Immissionen in Betracht kommen, ob und durch welche Vorkehrungen zu erwartende Immissionen verhütet oder verringert werden und welcher Art und Intensität die verringerten Immissionen noch sein werden. Der technische Sachverständige hat sich bei der Beweisaufnahme nach Möglichkeit jener Hilfsmittel zu bedienen, die seine Wissenschaft entwickelt hat. Dem ärztlichen Sachverständigen fällt - fußend auf dem Gutachten des gewerbetechnischen Sachverständigen - die Aufgabe zu, darzulegen, welche Einwirkungen die zu erwartenden unvermeidlichen Immissionen nach Art und Dauer auf den menschlichen Organismus (entsprechend den in diesem Zusammenhang im § 77 Abs. 2 GewO 1994 enthaltenen Tatbestandsmerkmalen) auszuüben vermögen. Auf Grund der Sachverständigengutachten hat sich sodann die Behörde im Rechtsbereich ihr Urteil zu bilden (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 9. Juli 1999, Zl. 95/04/0135, und die hier zitierte Vorjudikatur).

Dem angefochtenen Bescheid liegt - in Bestätigung des Erstbescheides - die Auffassung zugrunde, eine medizinische Beurteilung der - sachverständig erhobenen - Immissionsdaten betreffend Luftschadstoffe und Lärm lasse weder eine unzumutbare Belästigung noch akute oder chronische gesundheitliche Schädigungen der Nachbarn erwarten.

Soweit sich die belangte Behörde in diesem Zusammenhang auf die vorgenommene Ausbreitungsberechnung und das dieser zugrunde liegende meteorologische Gutachten bezieht, rügen die Beschwerdeführer dessen mangelnde Nachvollziehbarkeit. Sie verweisen - wie bereits im Verwaltungsverfahren - auf die (von ihnen vorgelegte) Stellungnahme des Meteorologen Prof. M., der zufolge ohne nähere Angaben, wie die Verteilung der mittleren Häufigkeit der Windrichtung für den Winter und den Sommer aus den nur 3 1/2 Wochen lang dauernden Messungen ermittelt worden seien, die entsprechenden Ergebnisse nicht nachvollziehbar seien und daher "auch beliebig angenommen sein" könnten.

Ohne auf diesen Einwand einzugehen und ohne ihre Auffassung näher zu begründen, erachtete die belangte Behörde das meteorologische Gutachten als auf einer "breiten Befundbasis" aufbauend, für schlüssig und nachvollziehbar; dieses werde durch das - auf sachverständiger Grundlage erstattete - Vorbringen der Beschwerdeführer in seinem Beweiswert nicht erschüttert.

Das in Rede stehende meteorologische Gutachten bietet - nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsakten - in der Tat keine nähere Begründung, wie aus den zwischen dem 19. April 1996 und dem 13. Mai 1996 vorgenommenen Windmessungen die durchschnittlichen Windverhältnisse für Sommer- und Winterverhältnisse im fraglichen Bereich abgeschätzt werden können. Wenn daher die Richtigkeit dieser Ergebnisse auf sachverständiger Basis in Zweifel gezogen wurden, von denen ohne nähere Aufklärung nicht gesagt werden kann, sie seien unbegründet, wäre es Sache der belangten Behörde gewesen, diese Zweifel (gegebenenfalls durch eine Ergänzung des meteorologischen Gutachtens) aufzuklären.

Indem sie dies unterlassen hat, hat die belangte Behörde das Verfahren mit einem Mangel belastet. Dieser Mangel ist wesentlich im Sinn des § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG, bilden die Ergebnisse des meteorologischen Gutachtens doch eine maßgebliche Grundlage für die Feststellung der auf die Betriebsanlage zurückzuführenden Immissionsbelastung der Nachbarn und - darauf aufbauend - für die Beurteilung, dass Gefährdungen im Sinne des § 74 Abs. 1 Z. 1 GewO 1994 vermieden und Belästigungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 2 bis 5 GewO 1994 ein zumutbares Maß nicht übersteigen werden.

Der angefochtene Bescheid war daher schon aus diesem Grund gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.

Aus Gründen der Verfahrensökonomie sieht sich der Verwaltungsgerichtshof für das fortzusetzende Verfahren zu folgenden Bemerkungen veranlasst:

In Ansehung der zu erwartenden Lärmbelastung ist die belangte Behörde - der Erstbehörde folgend - davon ausgegangen, dass die - näher dargestellten - geplanten Lärmschutzmaßnahmen in Verbindung mit der großen Entfernung zum nächstgelegenen Immissionspunkt ausreichend seien, zumal hier das schalltechnische Ist-Maß durch die Betriebsanlage praktisch nicht erhöht werde und die ( auf die Betriebsanlage zurückzuführende ) Schallimmission in 500 m Entfernung an der Grenze der Wahrnehmbarkeit (+ 1 dB) liege. Allerdings ist aus den vorliegenden - mit der Genehmigungsklausel versehenen - Projektunterlagen nicht ersichtlich, dass die im Gutachten des Amtssachverständigen für Maschinenbau bezüglich Lärmimmission unter Punkt 5 und 6 genannten Maßnahmen von der mitbeteiligten Partei projektsgemäß vorgesehen wären. Wären die unter Punkt 5 und 6 genannten Maßnahmen solcherart aber nicht Projektsbestandteil, beruhte die Feststellung, das schalltechnische Ist-Maß werde im nächstgelegenen Immissionspunkt praktisch nicht erhöht, auf einer unschlüssigen und daher untauglichen Grundlage, zumal entsprechende Auflagen auch nicht gemäß § 77 Abs. 1 GewO 1994 vorgeschrieben wurden.

Dem Vorbringen der Beschwerdeführer, in der Asphaltmischanlage der mitbeteiligten Partei würden asbesthaltige Materialien verarbeitet, hat die belangte Behörde entgegengehalten, die mitbeteiligte Partei habe erklärt, nur Rohmaterialien einzusetzen, die den hiefür geltenden Gesetzen und Verordnungen entsprechen. Mit dieser Erklärung ist - im Gegensatz zur (offenbaren) Auffassung der belangten Behörde - über den Einsatz von Material aus dem in Rede stehenden Steinbruch R. freilich nichts ausgesagt. Denn die - offenbar gemeinte - Asbestverordnung verbietet wohl die Herstellung, wie auch das Inverkehrsetzen und das Verwenden von bestimmten Produkten (so etwa auch von Boden- und Straßenbelägen), die chrysotilasbesthaltige Stoffe, und zwar Stoffe, mit mehr als 0,1 Masseprozent Asbest, enthalten. Die genannte Verordnung verbietet allerdings nicht den Einsatz von chrysotilasbesthaltigen Materialien zur Herstellung von Produkten schlechthin. Überdies lässt die Asbestverordnung Ausnahmen vom Herstellungs-, Inverkehrsetzungs- und Verwendungsverbot zu.

Andererseits ist den Projektunterlagen nicht zu entnehmen, es werde in der Betriebsanlage der mitbeteiligten Partei bituminöses Mischgut ausschließlich zur Herstellung von dem erwähnten Herstellungs-, Inverkehrsetzungs- und Verwendungsverbot unterliegenden Produkten erzeugt.

Die Beschwerdeführer haben - auf sachverständiger Basis - dargelegt, bei Einsatz von Materialien aus dem Steinbruch R. sei zufolge deren Chrysotilasbesthaltigkeit zu befürchten, dass kleine Asbestfasern die vorgesehenen Filter passieren und durch den Wind in die Atemluft der Anrainer vertragen werden können, wodurch eine Gefährdung deren Gesundheit möglich sei.

Zwar ergibt sich aus den vorliegenden - mit dem Genehmigungsvermerk versehenen - Projektunterlagen nicht, dass Materialien aus dem besagten Steinbruch in der Betriebsanlage der mitbeteiligten Partei zum Einsatz kommen sollen. Jedoch sah nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsakten der - nicht mehr dem Rechtsbestand angehörende - Bescheid der BH vom 7. Februar 1997, betreffend die gewerbebehördliche Genehmigung der in Rede stehenden Betriebsanlage unter Punkt 50 der Auflagen Lieferzeitbeschränkungen für die Schotteranlieferung aus dem Steinbruch R. vor. Eine entsprechende Auflage und damit einen Hinweis auf den Bezug von im Steinbruch R. gewonnenen Materiales sieht der angefochtene Bescheid nicht mehr vor. In ihrer zu dieser Frage abgegebenen Stellungnahme vom 19. Mai 1999 hat die mitbeteiligte Partei aber ausgeführt, ob und in welchem Umfang Rohmaterial aus dem Steinbruch R. für die gegenständliche Betriebsanlage bezogen werde, orientiere sich an den vorgegebenen Rahmenbedingungen, sei also grundsätzlich möglich, allerdings nur dann, wenn das Rohmaterial Verwendung finden dürfe (also von Qualität und Inhaltsstoffen her zulässig sei) und auch die Preissituation aus wirtschaftlicher Betrachtung attraktiv sei.

Es kann daher nicht ausgeschlossen werden, dass Materialien mit einer Beschaffenheit wie jene aus dem Steinbruch R. in der Betriebsanlage der mitbeteiligten Partei zun Einsatz gelangen.

Davon ausgehend wären auf sachverständiger Grundlage Feststellungen erforderlich, ob es bei einem solchen Materialeinsatz in der Betriebsanlage der mitbeteiligten Partei in einer Phase der Produktion trotz der vorgesehenen Filter zur Emission kleiner Asbestfasern kommen kann und zutreffendenfalls, inwieweit dadurch Gefahren für die Gesundheit zu befürchten sind.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff, hinsichtlich des Mehrbegehrens insbesondere § 53 Abs. 2 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 22. Dezember 1999

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