Normen
AVG §69 Abs1 Z2;
AVG §69 Abs1 Z2;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aus der Beschwerde und der mit ihr vorgelegten Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ergibt sich folgender Sachverhalt:
Mit Spruchteil 1. des mündlich verkündeten Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Reutte vom 23. April 1998 wurde der Beschwerdeführer wegen der Übertretung nach § 5 Abs. 1 StVO 1960 mit einer Geldstrafe von S 9.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 9 Tage) bestraft, weil er am 29. März 1998 um 6.55 Uhr an einer näher bezeichneten Örtlichkeit in Reutte einen nach dem Kennzeichen bestimmten Kombi in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand (0,57 mg/l Atemluftalkoholgehalt) gelenkt habe. Der Beschwerdeführer verzichtete ausdrücklich auf die Berufung gegen dieses Straferkenntnis und die Zustellung einer schriftlichen Ausfertigung desselben.
Am 20. November 1998 beantragte der Beschwerdeführer die Wiederaufnahme des Strafverfahrens mit der Begründung, er habe am 17. November 1998 durch Zustellung eines Gutachtens des Institutes für Gerichtliche Medizin der Universität Innsbruck erfahren, dass der bei der Atemluftuntersuchung ermittelte Atemluftalkoholgehalt durch die Einnahme eines alkoholhältigen Sirups "verfälscht" worden sei. Aus dem erwähnten Gutachten ergebe sich "zugunsten des Beschwerdeführers ein Blutalkoholmindestwert von 0,71 Promille".
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde dieser Wiederaufnahmeantrag als unbegründet abgewiesen.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Gemäß § 69 Abs. 1 Z. 2 AVG ist dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens vorraussichtlich einen im Hauptinhalt des Spruches anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätten.
Der Antrag auf Wiederaufnahme ist gemäß § 69 Abs. 2 AVG (in der Fassung BGBl. I Nr. 158/1998) binnen zwei Wochen bei der Behörde einzubringen, die den Bescheid in erster Instanz erlassen hat. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antragsteller von dem Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt hat, wenn dies jedoch nach Verkündung des mündlichen Bescheides und vor Zustellung der schriftlichen Ausfertigung geschehen ist, erst mit diesem Zeitpunkt.
Nach der hg. Rechtsprechung (vgl. das Erkenntnis vom 19. April 1994, Zl. 90/07/0124) muss es sich bei den im § 69 Abs. 1 Z. 2 AVG bezeichneten "Tatsachen und Beweismittel" um neu hervorgekommene, also um solche handeln, die bereits zur Zeit des Verfahrens bestanden haben, aber erst später nach rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens bekannt wurden. Mit "Tatsachen" sind Geschehnisse im Seinsbereich, mit "Beweismittel" Mittel zur Herbeiführung eines Urteiles über Tatsachen gemeint. Es können daher neue Schlussfolgerungen eines dem Verwaltungsverfahren nicht beigezogenen Sachverständigen - im Gegensatz zu neuen Befundergebnissen - den angeführten Wiederaufnahmegrund nicht darstellen.
Auf dem Boden dieser Rechtslage stellt das vom Beschwerdeführer als Grundlage für den Wiederaufnahmeantrag herangezogene Sachverständigengutachten, welches keine neu erhobenen Tatsachen (Befundergebnisse), sondern bloß erst nach rechtskräftigem Abschluss des Verwaltungsstrafverfahrens gezogene Schlussfolgerungen enthält, kein neu hervorgekommenes Beweismittel im Sinne des § 69 Abs. 1 Z. 2 AVG dar. Schon deshalb scheidet es als tauglicher Wiederaufnahmegrund aus (vgl. das hg. Erkenntnis vom 10. Mai 1996, Zl. 94/02/0449).
Im Vorbringen des Beschwerdeführers, er habe vor der Atemluftuntersuchung einen großen Schluck eines Sirups mit einem ihm zum damaligen Zeitpunkt nicht bekannt gewesenen Alkoholgehalt von 30 % eingenommen, kann allerdings - und zwar in Ansehung des dem Beschwerdeführer nicht bekannt gewesenen Alkoholgehalt des Sirups - die Behauptung einer neu hervorgekommenen Tatsache erblickt werden. "Dass diesem Sirup 30 % Alkohol beigemischt sind", hat der Beschwerdeführer jedoch nach seinem Vorbringen in der Beschwerde bereits am 4. September 1998 erfahren. Mit diesem Zeitpunkt begann daher in Ansehung des die genannte neue Tatsache betreffenden Wiederaufnahmegrundes die zweiwöchige Frist des § 69 Abs. 2 AVG. Da diese Frist im Zeitpunkt der Stellung des Wiederaufnahmeantrages (20. November 1998) schon abgelaufen war, konnte dem Antrag, soweit er sich auf das Hervorkommen der angeführten neuen Tatsache stützte, kein Erfolg bescheiden sein. So gesehen kann dahingestellt bleiben, ob diese neue Tatsache im Verfahren ohne Verschulden des Beschwerdeführers nicht geltend gemacht werden konnte und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich einen im Hauptinhalt des Spruches anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.
Mit der Abweisung des Wiederaufnahmeantrages verletzte die belangte Behörde den Beschwerdeführer daher in keinem Recht.
Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 21. April 1999
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