VwGH 98/15/0131

VwGH98/15/013125.3.1999

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. Robl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zeller, über den Antrag der J Ges.m.b.H. & Co KG in T, vertreten durch Dr. Martin Schober, Rechtsantwalt in 2700 Wiener Neustadt, Hauptplatz 11, auf Wiederaufnahme des mit hg Erkenntnis vom 25. Juni 1998, 97/15/0061, abgeschlossenen Verfahrens, den Beschluß gefaßt:

Normen

BAO §115 Abs1;
BAO §167 Abs2;
BAO §177;
BAO §93 Abs3 lita;
VwGG §36;
VwGG §39 Abs1 Z1;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §45 Abs1 Z4;
BAO §115 Abs1;
BAO §167 Abs2;
BAO §177;
BAO §93 Abs3 lita;
VwGG §36;
VwGG §39 Abs1 Z1;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §45 Abs1 Z4;

 

Spruch:

Dem Antrag wird nicht stattgegeben.

Begründung

Die Beschwerde der Antragstellerin vom 17. April 1997 gegen den Umsatzsteuerbescheid 1993 wurde mit dem hg. Erkenntnis vom 25. Juni 1998, 97/15/0061, als unbegründet abgewiesen. Die Zustellung dieses Erkenntnisses an die Antragstellerin erfolgte am 11. August 1998.

Am 25. August 1998 wurde der Antrag eingebracht, das durch das oben genannte Erkenntnis abgeschlossene Verfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 4 VwGG wiederaufzunehmen. Im Antrag wird zur Begründung vorgebracht:

Der Verwaltungsgerichtshof habe im Erkenntnis 97/15/0061 ausgeführt, die Antragstellerin habe erstmals in der Beschwerde vorgetragen, die von der Technischen Untersuchungsanstalt der Bundesfinanzverwaltung geprüften Produkte seien nicht ident mit den tatsächlich gelieferten Produkten, und damit erstmals Einwendungen gegen die Annahme über den Wert der Sinterwerkstoffe erhoben, weshalb dieses Vorbringen eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unbeachtliche Neuerung darstelle.

Das Vorbringen in der Beschwerde vom 17. April 1997 laute:

"Auch in dem Schreiben der Technischen Untersuchungsanstalt der Bundesfinanzverwaltung vom 11.11.1993 finden sich nur grundlegende Ausführungen über TBF Sinterwerkstoffe. Aus diesem Schreiben geht jedoch nicht hervor, daß konkret jene Produkte überprüft wurden, über die die belangte Behörde nunmehr die angeführten Feststellungen getroffen hat. Die belangte Behörde kann daher gar nicht in der Lage sein, über die Qualität des gelieferten Materials eine Wertung abzugeben."

Die Antragstellerin habe sohin in der Beschwerde nicht behauptet, daß die von der Technischen Untersuchungsanstalt geprüften Produkte nicht mit den tatsächlich gelieferten Produkten ident seien. Sie habe vielmehr vorgebracht, daß sich im Schreiben der Technischen Untersuchungsanstalt nur grundlegende Ausführungen über TBF Sinterwerkstoffe fänden, aber keine Hinweise darauf, daß Produkte geprüft worden seien, schon gar nicht die tatsächlich gelieferten Produkte. Da also im oben genannten Erkenntnis ein von der Antragstellerin gar nicht erstattetes Vorbringen als Verstoß gegen das Neuerungsverbot angeführt sei, werde die Antragstellerin in ihrem Recht auf Parteiengehör verletzt. Nach § 41 Abs. 1 letzter Satz VwGG seien nämlich die Parteien zu hören, wenn der Verwaltungsgerichtshof der Ansicht sei, daß für die Entscheidung über die Rechtswidrigkeit des Bescheides Gründe maßgeblich sein könnten, die einer Partei bisher nicht bekanntgegeben worden seien.

Zudem sei entscheidend, daß die Antragstellerin bereits mit Schriftsatz vom 8. Februar 1996 eine - unter 96/15/0039 protokollierte - Beschwerde gegen die im Instanzenzug erfolgte Festsetzung der Umsatzsteuervorauszahlungen eingebracht habe. Diese Beschwerde sei der Behörde, die auch den im Verfahren 97/15/0061 angefochtenen Umsatzsteuerbescheid 1993 erlassen habe, im Mai 1996 mit der Aufforderung zur Erstattung einer Gegenschrift zugestellt worden und ihr daher bei Erlassung dieses Umsatzsteuerbescheides 1993 bereits bekannt gewesen und habe somit Eingang in die Verwaltungsakten gefunden. In dieser Beschwerde vom 8. Februar 1996 habe die Antragstellerin vorgebracht, für die Feststellung der belangten Behörde, daß wertloses Material geliefert worden sei, liege keinerlei Begründung vor; soweit der Antragstellerin bekannt sei, sei dieses Material von der belangten Behörde nicht untersucht worden; die belangte Behörde könne daher nicht in der Lage sein, über die Qualität des gelieferten Materials eine Wertung abzugeben. Die Antragstellerin habe sohin bereits vor Erlassung des mit der Beschwerde 97/15/0061 angefochtenen Umsatzsteuerbescheides 1993 ausdrücklich Einwendungen gegen die Feststellungen über den Wert der tatsächlich gelieferten Gegenstände erhoben. Die Beschwerde vom 8. Februar 1996 sei mit Beschluß vom 10. Oktober 1996, 96/15/0039, als gegenstandslos erklärt worden, nachdem die Antragstellerin durch die Erlassung des Umsatzsteuerbescheides klaglos gestellt gewesen sei. Wie sich aus diesem Vorbringen ergebe, sei es nicht richtig, daß die Antragstellerin im Verwaltungsverfahren niemals Einwendungen gegen die Feststellungen über den Wert der tatsächlich gelieferten Gegenstände erhoben habe. Dadurch daß der Verwaltungsgerichtshof auf dieses Vorbringen nicht eingegangen sei, weil er zu Unrecht einen Verstoß gegen das Neuerungsverbot angenommen habe, sei die Antragstellerin ebenfalls in ihrem Recht auf Parteiengehör verletzt worden.

Gemäß § 45 Abs. 1 Z. 4 VwGG ist die Wiederaufnahme eines durch Erkenntnis oder Beschluß abgeschlossenen Verfahrens auf Antrag einer Partei zu bewilligen, wenn im Verfahren vor dem Gerichtshof den Vorschriften über das Parteiengehör nicht entsprochen wurde und anzunehmen ist, daß sonst das Erkenntnis oder der Beschluß anders gelautet hätte.

Eine Verletzung des Parteiengehörs im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof liegt etwa vor, wenn die belangte Behörde oder etwaige Mitbeteiligte entgegen der Bestimmung des § 36 Abs. 1 VwGG dem verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht beigezogen wurden, wenn der Verwaltungsgerichtshof von einer Verhandlung ungeachtet eines Parteienantrages nach § 39 Abs. 1 Z. 1 VwGG zu Unrecht abgesehen hat oder wenn eine Partei entgegen der Vorschrift des § 41 Abs. 1 letzter Satz VwGG nicht gehört wurde (vgl. den hg. Beschluß vom 14. April 1994, 92/15/0083, 0084). Eine Verletzung des Parteiengehörs kann auch im Zusammenhang mit eigenständigen Sachverhaltsfeststellungen des Verwaltungsgerichtshofes gegeben sein (vgl. den hg. Beschluß vom 24. November 1998, 96/08/0406).

Im Verfahren 97/15/0061, hatte der Verwaltungsgerichtshof keine eigenständigen Sachverhaltsfeststellungen zu treffen. In diesem Verfahren waren Mitbeteiligte nicht beizuziehen. Eine Verhandlung wurde von der Antragstellerin nicht beantragt. Der Verwaltungsgerichtshof hatte aufgrund des Beschwerdevorbringens, der Gegenschrift der belangten Behörde und des Inhaltes der Verwaltungsakten auch keinen Anlaß, die Antragstellerin nach § 41 Abs. 1 letzter Satz VwGG zu hören. Es liegt kein Anwendungsfall dieser Bestimmung vor, wenn die Antragstellerin nunmehr ihr Vorbringen in der Beschwerde vom 17. April 1998 anders verstanden wissen will. Zudem läßt der Satz "Aus diesem Schreiben geht jedoch nicht hervor, daß konkret jene Produkte überprüft wurden, über die

die belangten Behörde ... Feststellungen getroffen hat" in keiner

Weise erkennen, die Antragstellerin wolle vorbringen, es seien überhaupt keine Proben untersucht worden.

Den Ausführungen betreffend das Neuerungsverbot ist zu entgegnen: Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausgeführt hat, ist ein Vorbringen, der Verwaltungsgerichtshof habe sich bei Fällung seines Erkenntnisses nicht mit sämtlichen vom Antragsteller erhobenen Einwendungen auseinandergesetzt, nicht geeignet, die Wiederaufnahme nach § 45 Abs. 1 Z. 4 VwGG zu bewirken, weil ein vom Antragsteller gegen die Rechtsfindung des Verwaltungsgerichtshofes erhobener Vorwurf nicht der Verletzung des Parteiengehörs gleichgehalten werden kann (vgl. etwa den hg. Beschluß vom 25. Jänner 1993, 92/15/0088). Im übrigen verkennt die Antragstellerin, daß Feststellungen über den Wert von Gegenständen gegebenenfalls und bei entsprechender Begründung auch dann auf die Ergebnisse eines Gutachtens gestützt werden dürfen, wenn das Gutachten nicht die nämlichen, sondern nur gleiche oder vergleichbare Gegenstände betrifft.

Bei der gegebenen Sach- und Rechtslage ist nicht erkennbar, daß den Vorschriften über das Parteiengehör nicht entsprochen worden wäre. Da auch keiner der anderen Wiederaufnahmegründe des § 45 Abs. 1 VwGG vorliegt, war wie im Spruch zu entscheiden.

Wien, am 25. März 1999

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