VwGH 98/21/0247

VwGH98/21/024723.6.1998

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Rosenmayr, Dr. Pelant und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Ogris, über die Beschwerde des SE in Wien, geboren am 10. Jänner 1971, vertreten durch Mag. Markus Stender, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Oppolzergasse 6, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 23. Oktober 1997, Zl. Fr 2911/97, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §38;
FrG 1993 §17;
FrG 1993 §54 Abs1;
FrG 1993 §54 Abs2;
FrG 1993 §54 Abs4;
AVG §38;
FrG 1993 §17;
FrG 1993 §54 Abs1;
FrG 1993 §54 Abs2;
FrG 1993 §54 Abs4;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Beschwerdeführer, einen nigerianischen Staatsangehörigen, gemäß § 17 Abs. 1 Fremdengesetz - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, aus dem Bundesgebiet aus.

Die belangte Behörde begründete ihren Bescheid im wesentlichen damit, daß der Beschwerdeführer am 21. Mai 1997 über Deutschland und Italien eingereist sei. Nach Italien sei er mit einem Frachtschiff gelangt, die österreichische Grenze habe er in einem LKW - versteckt auf der Ladefläche zwischen Kartons - passiert. Mit Bescheid des Bundesasylamtes sei der Asylantrag des Beschwerdeführers abgewiesen worden. Aufgrund seines Fluchtweges komme ihm auch keine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach § 7 Asylgesetz 1991 zu. Er unterliege damit uneingeschränkt den Bestimmungen des Fremdengesetzes, weshalb im Hinblick auf seinen rechtswidrigen Aufenthalt in Österreich die Ausweisung nach § 17 Abs. 1 FrG gerechtfertigt erscheine. Dem stehe auch § 19 FrG nicht im Weg, weil die Ausweisung keinen Eingriff in das Familienleben des Beschwerdeführers - seine Angehörigen befänden sich nicht im Bundesgebiet - bewirke; der Eingriff in sein Privatleben sei aber auf Grund seines unrechtmäßigen Aufenthaltes in Österreich zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten. In der Berufung habe der Beschwerdeführer den Antrag gestellt, festzustellen, daß er im Sinn des § 37 Abs. 1 und 2 FrG bedroht und eine Abschiebung nach Nigeria unzulässig sei. In § 37 FrG sei die Unzulässigkeit einer Ausweisung (jedoch) nicht angeführt. Bei der Erlassung des Ausweisungsbescheides sei nicht zu prüfen, in welches Land der Beschwerdeführer allenfalls abgeschoben werde.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, aufzuheben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer bestreitet nicht die Feststellungen des angefochtenen Bescheides, daß er am 21. Mai 1997 unter Umgehung der Grenzkontrolle - und damit unrechtmäßig - über Deutschland und Italien nach Österreich eingereist sei. Er tritt auch nicht der darauf gestützten Rechtsansicht der belangten Behörde entgegen, wonach er sich rechtswidrig im Inland aufhalte. Gleichfalls unbekämpft bleibt die Auffassung, daß § 19 FrG der Ausweisung nicht im Weg stehe. Der Beschwerdeführer hält diese Maßnahme jedoch deshalb für verfehlt, weil sie nicht vollstreckt werden könne; eine Abschiebung komme nämlich nur nach Nigeria (sein Heimatland) in Betracht, wo er jedoch Gefahren im Sinn des § 37 Abs. 1 und/oder Abs. 2 FrG ausgesetzt sei, sodaß sich die Abschiebung als unzulässig erweise. Es könne nicht Sinn des Fremdengesetzes (gewesen) sein, Bescheide im Wissen um die Unmöglichkeit ihrer Vollstreckung "sozusagen nur um der guten Ordnung halber" zu erlassen. Die Behörde habe es unterlassen, die Zulässigkeit seiner Abschiebung nach Nigeria als Vorfrage zu prüfen.

Mit dieser Argumentation verkennt der Beschwerdeführer die Rechtslage. Entgegen seiner Ansicht bieten die maßgeblichen Bestimmungen des FrG nämlich keine Grundlage dafür, Fragen der Vollstreckbarkeit des Ausweisungsbescheides in das Titelverfahren zu verlagern. Die Frage der Zulässigkeit/Unzulässigkeit der Abschiebung stellt keine Vorfrage (im Sinn des § 38 AVG) für die Ausweisungs-Entscheidung dar, weil deren Beantwortung für diese Entscheidung keine notwendige Grundlage bildet: Gemäß § 54 Abs. 2 FrG kann der Antrag auf Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung in einen bestimmten Staat nur während des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes eingebracht werden. § 54 Abs. 4 FrG nimmt dessen ungeachtet nicht auf das demnach vorausgesetzte Ausweisungsverfahren (bzw. auf das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes) Bezug, sondern normiert lediglich, daß bis zur rechtskräftigen Entscheidung keine Abschiebung in den betreffenden Staat vorgenommen werden darf. Das Ausweisungsverfahren wird somit durch ein Verfahren nach § 54 FrG nicht berührt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. März 1998, Zl. 97/21/0389).

Im übrigen ist der Beschwerdeführer auf folgendes hinzuweisen:

Nach § 82 Abs. 1 Z. 1 FrG begeht eine Verwaltungsübertretung, wer nach Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung nicht rechtzeitig ausreist; eine Verwaltungsübertretung liegt jedoch nach Abs. 2 dieser Bestimmung nicht vor, wenn die Ausreise nur in ein Land möglich wäre, in das eine Abschiebung unzulässig (§§ 37 und 54 Abs. 4) ist, oder wenn dem Fremden ein Abschiebungsaufschub erteilt worden ist. Damit wird im Weg eines Rechtfertigungsgrundes genau jener Konstellation Rechnung getragen, die der Beschwerdeführer im vorliegenden Fall im Auge hat. Sieht das Gesetz hiefür eine Regelung vor, so bringt es aber unmißverständlich zum Ausdruck, daß ihm die in der Beschwerde angestellten Überlegungen - Zulässigkeit einer Ausweisung nur im Fall einer aktuellen Abschiebungsmöglichkeit - fremd sind.

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Bei diesem Ergebnis hatte ein Abspruch des Berichters über den Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, zu unterbleiben.

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