VwGH 96/11/0175

VwGH96/11/017530.6.1998

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde des A in W, vertreten durch Mag. Doris Steinhausen, Rechtsanwältin in Wien II,

Am Tabor 32/7, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 30. April 1996, Zl. UVS-06/42/00213/96, betreffend Übertretung des Wehrgesetzes, zu Recht erkannt:

Normen

VwRallg;
WehrG 1990 §43 Abs1;
WehrG 1990 §43 Abs3;
WehrG 1990 §43 Abs4;
WehrG 1990 §43 Abs5;
WehrG 1990 §43 Abs8;
WehrG 1990 §62;
VwRallg;
WehrG 1990 §43 Abs1;
WehrG 1990 §43 Abs3;
WehrG 1990 §43 Abs4;
WehrG 1990 §43 Abs5;
WehrG 1990 §43 Abs8;
WehrG 1990 §62;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe ungeachtet der schriftlichen Aufforderung des Militärkommandos Wien vom 14. September 1995 zur Abgabe der in seiner Verwahrung befindlichen Bekleidungs- und Ausrüstungsgegenstände bis spätestens 20. Oktober 1995 diese Gegenstände nicht abgegeben und dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 62 des Wehrgesetzes 1990 (WG) begangen. Über den Beschwerdeführer wurde nach dieser Bestimmung eine Geldstrafe von S 1.500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von 7 Tagen) verhängt.

In seiner Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend; er beantragt dessen kostenpflichtige Aufhebung. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet. Der Beschwerdeführer hat darauf repliziert.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerde läßt die Erfüllung des objektiven Tatbestandes (Nichtablieferung der Bekleidungs- und Ausrüstungsgegenstände trotz entsprechender Aufforderung dazu) unbekämpft. Strittig ist, ob den Beschwerdeführer daran ein Verschulden trifft, und im Zusammenhang damit die Rechtsfrage, ob er (wie er selbst meint) zur persönlichen Abgabe der übernommenen Gegenstände verpflichtet war, oder ob er sich dazu auch eines Dritten hätte bedienen können (so die belangte Behörde). Der Beschwerdeführer bringt dazu vor, das ver- bzw. gebotene Verhalten ergebe sich nicht aus der Blankettstrafnorm des § 62 WG, sondern aus der Aufforderung des Militärkommandos. Mangels eines darin enthaltenen Hinweises auf eine Alternative sei von der persönlichen Verpflichtung zur Abgabe der Gegenstände auszugehen gewesen.

Bei der Lösung dieser Rechtsfrage ist vom § 62 WG auszugehen. Danach begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu S 3.000,-- zu bestrafen, wer dem § 43 oder den aufgrund dieser Bestimmungen erlassenen Verordnungen oder im Einzelfall ergangenen Anordnungen zuwiderhandelt. Nach § 43 Abs. 3 WG kann die Rückgabe der Bekleidungs- und Ausrüstungsgegenstände jederzeit vom zuständigen Militärkommando unter Bedachtnahme auf die militärischen Erfordernisse durch besondere Aufforderung verfügt werden. Die Verfügung kann aber auch, wenn militärische Rücksichten es erfordern, durch allgemeine, in ortsüblicher Weise kundzumachende Anordnung getroffen werden, in der Ort und Zeitpunkt der Rückgabe zu bestimmen sind. § 43 Abs. 4 und 5 WG ordnet für die Fälle des Erlöschens der Wehrpflicht oder der Aufgabe des inländischen Wohnortes oder des Ablebens eines Wehrpflichtigen des Milizstandes die unverzügliche Rückgabe der Bekleidungs- und Ausrüstungsgegenstände an die nächstgelegene militärische Dienststelle an. Keine dieser Bestimmungen sieht vor, daß die Rückgabe der Gegenstände durch den dazu Verpflichteten persönlich zu erfolgen habe. Ein dahingehendes Verständnis verbietet sich nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes angesichts der in den Abs. 1 und 8 des § 43 WG vorgesehenen Möglichkeit der Übersendung von Bekleidungs- und Ausrüstungsgegenständen auf dem Post- oder Bahnweg an Wehrpflichtige. Nach Abs. 8 können Ersatzgegenstände auch noch "in einer anderen Form" den Wehrpflichtigen übermittelt werden. In Übereinstimmung mit dieser Rechtslage enthält die Aufforderung des Militärkommandos Wien vom 14. September 1995 (so wie die vorangegangene, gleichfalls erfolglos gebliebene Aufforderung vom 18. April 1995) keinen Hinweis, daß der Beschwerdeführer die Ablieferung der Gegenstände persönlich vorzunehmen habe. Er konnte sie daher entweder persönlich zurückstellen oder dies durch einen Dritten bewerkstelligen lassen. Einen Rechtsirrtum über den Umfang seiner Verpflichtung hätte der Beschwerdeführer zu vertreten, weil es ihm oblegen wäre, eine allfällige Unklarheit durch Rückfrage beim Militärkommando zu beseitigen.

Als Verfahrensmängel macht der Beschwerdeführer geltend, die belangte Behörde habe zwei von ihm beantragte Zeugen nicht vernommen, trotz seines Antrages keine mündliche Verhandlung durchgeführt und das von ihm vorgelegte ärztliche Attest betreffend seine Erkrankung an Morbus Crohn nicht berücksichtigt. Die gerügten Verfahrensmängel betreffen die Verschuldensfrage. Der Beschwerdeführer hatte (gemäß seiner Verpflichtung nach § 5 Abs. 1 VStG, glaubhaft zu machen, daß ihn an der Verletzung der Ablieferungspflicht kein Verschulden treffe) eine ärztlich attestierte Erkrankung an Morbus Crohn geltend gemacht, die ihn an der Erfüllung der Ablieferungspflicht gehindert habe. Die belangte Behörde wertete sein Vorbringen nicht als ausreichende Glaubhaftmachung mangelnden Verschuldens sondern als Schutzbehauptung. Der Beschwerdeführer habe nicht die erforderliche Sorgfalt gezeigt, er habe auf zwei Aufforderungsschreiben des Militärkommandos nicht reagiert, sich nicht entschuldigt und das Militärkommando auch nicht über seinen Zustand informiert. Er habe auch nicht von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, die Ablieferung der Gegenstände durch Dritte besorgen zu lassen.

Der Beschwerdeführer, der entsprechend seiner Verpflichtung nach § 5 Abs. 1 VStG zur Glaubhaftmachung fehlenden Verschuldens initiativ alles für seine Entlastung Sprechende darzulegen hatte (vgl. dazu Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens5, S. 759, mit Judikaturhinweisen), hat nie ein konkretes Vorbringen über seinen Gesundheitszustand in der fraglichen Zeit erstattet, sondern sich mit dem Hinweis auf die Tatsache seiner Erkrankung an Morbus Crohn begnügt. Das dazu vorgelegte ärztliche Attest vom 5. Jänner 1996 erschöpfte sich in den Aussagen, der Beschwerdeführer leide an Morbus Crohn, das sei eine chronische Darmerkrankung, und er sei daher nicht in der Lage gewesen, die militärischen Bekleidungs- und Ausrüstungsgegenstände fristgerecht abzugeben. Dieses Attest ist insofern unschlüssig, als die Schlußfolgerung betreffend die Unfähigkeit des Beschwerdeführers zur Abgabe der Gegenstände mangels konkreter Angaben über seinen Gesundheitszustand in der fraglichen Zeit (Schweregrad der Erkrankung, tatsächliche Auswirkungen in körperlicher und psychischer Hinsicht) nicht nachvollziehbar ist. Auch die Beschwerde enthält dazu keinerlei konkretes Vorbringen. Es ist daher nicht ersichtlich, welcher andere Sachverhalt sich insoweit bei Vermeidung der gerügten Verfahrensmängel ergeben hätte, insbesondere weshalb es dem Beschwerdeführer auch nicht möglich gewesen sein soll, Dritte (insbesondere seine Eltern) um die Verständigung des Militärkommandos von seinem Gesundheitszustand zu ersuchen oder in sonstiger geeigneter Weise die Rückerstattung der Gegenstände durch Dritte zu veranlassen. Die Beschwerde hat damit die Wesentlichkeit der gerügten Verfahrensmängel im Sinne des § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG nicht dargetan.

Schließlich liegt der behauptete Verstoß gegen das Verbot der reformatio in peius (§ 51 Abs. 6 VStG) nicht vor. Die belangte Behörde hat keine höhere Strafe verhängt, sondern die von der Erstbehörde ausgesprochene Strafe unverändert bestätigt. Der Sache nach wird mit dem gegenständlichen Beschwerdevorbringen (die Erstbehörde sei von durchschnittlichen Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Beschwerdeführers ausgegangen, in der Berufung seien weit unter dem Durchschnitt liegende finanzielle Verhältnisse dargelegt worden, gemäß § 19 Abs. 2 letzter Satz VStG hätte daher bei gleichbleibenden sonstigen Zumessungskriterien das Strafausmaß herabgesetzt werden müssen) offenbar eine gesetzwidrige Strafbemessung geltend gemacht. Auch dieser Vorwurf ist nicht berechtigt. Die belangte Behörde hat in nicht als rechtswidrig zu erkennender Weise dargelegt, weshalb sie sich trotz der ungünstigen finanziellen Verhältnisse des Beschwerdeführers nicht zu einer Herabsetzung der Strafe veranlaßt gesehen hat.

Die Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Ein Zuspruch von Aufwandersatz hatte mangels eines Kostenantrages zu unterbleiben.

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