VwGH 93/14/0134

VwGH93/14/013421.7.1998

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Karger, Dr. Graf, Mag. Heinzl und Dr. Zorn als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Doralt, über die Beschwerde des Präsidenten der Finanzlandesdirektion für Kärnten gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Kärnten (Berufungssenat I) vom 2. Juni 1993, Zl 178-3/92, betreffend ua Einkommensteuer 1988 bis 1990 (mitbeteiligte Partei: F M in M, vertreten durch Dr. Gert Seeber, Rechtsanwalt in Klagenfurt, Radetzkystraße 50), zu Recht erkannt:

Normen

EStG 1972 §21 Abs2 Z1;
EStG 1988 §21 Abs2 Z1;
EStG 1972 §21 Abs2 Z1;
EStG 1988 §21 Abs2 Z1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

Der Mitbeteiligte erklärte ua für die Jahre 1988 bis 1990 neben Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft.

Anläßlich einer abgabenbehördlichen Prüfung wurde festgestellt, daß in den erklärten Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft auch Einnahmen aus der Vermietung von fünf Ferienwohnungen (Appartements) enthalten waren. Der Prüfer vertrat die Ansicht, daß die Appartementvermietung nicht den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft zuzuordnen sei, weil sie - entgegen der Ansicht des Mitbeteiligten - mangels Ausrichtung bzw Unterordnung zum landwirtschaftlichen Hauptbetrieb weder als landwirtschaftlicher Nebenbetrieb noch als landwirtschaftliche Nebentätigkeit zu beurteilen sei. Die Einkünfte seien mangels erhöhter Verwaltungstätigkeit auch nicht als solche aus Gewerbebetrieb zu beurteilen. Es werde weder eine Verpflegung angeboten noch erfolge eine tägliche Reinigung der Zimmer. Was den behaupteten Zeitaufwand für die Gästebetreuung durch die Familie anlange, wies der Prüfer darauf hin, daß der Mitbeteiligte neben seiner Tätigkeit als Landwirt auch einer nichtselbständigen Tätigkeit (Geschäftsführer einer Firma mit 500 Beschäftigen) nachgehe und damit ein "gewisses Arbeitspensum" leiste. Eine persönliche Betreuung der Gäste gehöre zu den Voraussetzungen eines Fremdenverkehrsbetriebes und mache eine Vermietung noch nicht zum Gewerbebetrieb. Es seien daher diesbezüglich Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung anzunehmen und die im Zusammenhang mit der Vermietung geltend gemachten Investitionsfreibeträge für die Jahre 1988 bis 1990 nicht anzuerkennen. Überdies sei die geltend gemachte Absetzung für Abnutzung auf 1,5 % der Bemessungsgrundlagen zu vermindern.

In der gegen die entsprechend erlassenen Einkommensteuerbescheide erhobenen Berufung brachte der Mitbeteiligte vor, zur Absicherung und Stärkung des landwirtschaftlichen Betriebes sei nach dem von der Landwirtschaftskammer propagierten Konzept "Urlaub am Bauernhof" der durch eine Umstellung der Landwirtschaft freigewordene Raum durch Einrichtung der Ferienwohnungen sinnvoll genutzt worden. Die Tätigkeit des Mitbeteiligten in der Landwirtschaft nehme täglich ca eine halbe Stunde in Anspruch und bezöge sich lediglich auf die Überwachung des Schweinemastbetriebes. Die Fütterung und Entmistung erfolge automatisch. Ansonsten würden sämtliche Tätigkeiten in der Landwirtschaft von den übrigen Familienmitgliedern bzw vom Stiefvater durchgeführt. Hinsichtlich seiner nichtselbständigen Tätigkeit verwies der Mitbeteiligte darauf, daß ihm sechs Wochen Urlaub plus zwei Wochen ("Brückentage"), also insgesamt acht Wochen, freie Zeit zur Verfügung stehe. Sechs Wochen würden im Sommer während der Haupturlaubszeit und zwei Wochen in der Weihnachtszeit konsumiert. In dieser Zeit könne er sich zur Gänze den Gästen widmen, da der Schwerpunkt der landwirtschaftlichen Arbeit im Frühjahr und im Herbst liege. Hinsichtlich der Aktivitäten zur Gästebetreuung verwies der Mitbeteiligte auf ein detailliert dargestelltes Programm.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung Folge. Es liege zwar kein land- und forstwirtschaftlicher Nebenbetrieb vor, da der Appartementvermietung im Verhältnis zur Land- und Forstwirtschaft keine Hilfsfunktion zukomme, diese sei aber als land- und forstwirtschaftliche Nebentätigkeit anzusehen. Der enge Zusammenhang mit der Landwirtschaft sei dadurch gegeben, daß der Mitbeteiligte "Urlaub am Bauernhof" anbiete. Stelle man die Umsätze der Landwirtschaft (zwischen rd S 1,2 Mio und rd S 2 Mio) den Umsätzen der Vermietung (zwischen rd S 88.000,-- und rd S 240.000,--) gegenüber, so sei auch das Kriterium der untergeordneten wirtschaftlichen Bedeutung der Vermietung im Verhältnis zur Landwirtschaft erfüllt. Der Mitbeteiligte könne damit für die der Appartementvermietung dienenden Wirtschaftsgüter Investitionsfreibeträge ebenso beanspruchen wie "die von ihm gewählten höheren AfA-Sätze bei den Wirtschaftsgütern Swimmingpool, Appartements und Nebengebäude". In der Folge wurde angegeben, welche Investitionsfreibeträge und welche Beträge an Absetzung für Abnutzung (in einer Summe jeweils pro Jahr) anerkannt würden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vom Präsidenten der Finanzlandesdirektion erhobene Beschwerde, in welcher er sich gegen die Beurteilung der Appartementvermietung als land- und forstwirtschaftliche Nebentätigkeit, gegen die Anerkennung der Investitionsfreibeträge sowie (hinsichtlich der Jahre 1989 und 1990) gegen die Höhe der anerkannten Absetzung für Abnutzung ausspricht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach herrschender Rechtsprechung ist eine land- und forstwirtschaftliche Nebentätigkeit eine an sich nicht land- und forstwirtschaftliche Tätigkeit, die wegen ihres engen Zusammenhanges mit der Haupttätigkeit und wegen ihrer untergeordneten Bedeutung gegenüber dieser Haupttätigkeit nach der Verkehrsauffassung in dieser gleichsam aufgeht, sodaß die gesamte Tätigkeit des Land- und Forstwirts als land- und forstwirtschaftlich anzusehen ist. Die wirtschaftliche Unterordnung muß sowohl hinsichtlich der Zweckbestimmung (die Nebentätigkeit darf keinen eigenständigen Tätigkeitszweck annehmen, sondern muß lediglich als Ausfluß der land- und forstwirtschaftlichen Tätigkeit anzusehen sein) als auch hinsichtlich des wirtschaftlichen Umfanges vorliegen. Bei Prüfung der Unterordnung stellt das Verhältnis der Umsätze ein taugliches Beurteilungskriterium dar (vgl Hofstätter/Reichel,

Die Einkommensteuer (EStG 1988) III B, Kommentar, Rz 16 zu § 21 und die dort zitierte hg Rechtsprechung). Ob eine land- und forstwirtschaftliche Nebentätigkeit vorliegt, ist nach dem Gesamtbild der Verhältnisse zu beurteilen (vgl das hg Erkenntnis vom 18. März 1992, 92/14/0019).

Im Beschwerdefall hat die belangte Behörde einen engen Zusammenhang zwischen der landwirtschaftlichen Haupttätigkeit und der zu beurteilenden Tätigkeit aus der Vermietung von fünf Ferienwohnungen - abgesehen vom Kriterium der untergeordneten Tätigkeit - allein darin gesehen, daß der Mitbeteiligte "Urlaub am Bauernhof" anbietet. Nun rechtfertigt jedoch allein dieser Umstand noch nicht die Beurteilung, daß die Vermietung der Ferienwohnungen in der landwirtschaftlichen Tätigkeit gleichsam aufgeht. Abgesehen davon, daß in dem in den von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakten einliegenden Prospekt über die "Ferienanlage Gutshof S" der Slogan "Urlaub am Bauernhof" keinerlei Erwähnung oder Niederschlag findet - geworben wird darin vielmehr neben Satelliten-TV und Telefon in den Ferienwohnungen mit geheiztem Swimmingpool, Sauna und Dampfbad sowie mit der unmittelbaren Nähe zu einem Golf- und Tennisplatz -, ist nach dem Vorbringen des Mitbeteiligten im Verwaltungsverfahren nicht zu erkennen, inwiefern die gegenständliche Landwirtschaft die für einen Bauernhof typischen und einem "Urlaub am Bauernhof" Attraktivität verleihenden Einrichtungen aufweist. Dem beschwerdeführenden Präsidenten ist in diesem Zusammenhang auch zuzustimmen, daß die Führung der gegenständlichen Landwirtschaft in Form eines Schweinemastbetriebes (nach den unbestritten gebliebenen Feststellungen des Prüfers mit jährlich rund 800 gemästeten Schweinen) gegen einen engen Zusammenhang mit der landwirtschaftlichen Haupttätigkeit spricht.

Der Verwaltungsgerichtshof teilt aber auch die Ansicht des Beschwerdeführers, daß aus den in der Beschwerde angeführten Gründen in der Vermietungstätigkeit in dem im Beschwerdefall gegebenen Ausmaß und in der entsprechenden Art noch keine gewerbliche Tätigkeit zu erblicken ist.

Da die belangte Behörde dennoch Investitionsfreibeträge anerkannt hat, erweist sich der angefochtene Bescheid als mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet. Die allgemeinen Ausführungen des Mitbeteiligten in seiner Gegenschrift zur schwierigen Situation der Landwirtschaften und der daraus entstehenden Notwendigkeit, durch Flexibilität, Innovationsfreude und Fleiß der Landwirte die Lebensfähigkeit ihrer Höfe zu sichern, sind nicht geeignet, die vom Beschwerdeführer somit zu Recht aufgezeigte Rechtswidrigkeit zu entkräften.

Hinsichtlich der in der Beschwerde gerügten Höhe der berücksichtigten Abschreibung für Abnutzung der Jahre 1989 und 1990 ist dem angefochtenen Bescheid pro Jahr für mehrere Wirtschaftsgüter jeweils nur eine in einer Gesamtsumme ausgewiesene Zahl zu entnehmen. Es kann daher nicht abschließend geprüft werden, ob diese Beträge in § 16 Abs 1 Z 8 EStG 1988 Deckung finden.

Aus den oben angeführten Gründen erweist sich der angefochtene Bescheid - ungeachtet des zuletzt aufgezeigten, eine Verletzung von Verfahrensvorschriften darstellenden Begründungsmangels - als mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet, weshalb er gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.

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