VwGH 97/21/0382

VwGH97/21/038210.9.1997

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Robl, Dr. Rosenmayr und Dr. Baur als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Hanel, über die Beschwerde des StB geboren am 12. Dezember 1968, vertreten durch Dr. Andreas Brandtner, Rechtsanwalt in Feldkirch, Drevesstraße 6, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg vom 22. April 1997, Zl. Frb-4250a-4/97, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Normen

FrG 1993 §18 Abs2 Z2;
FrG 1993 §19;
FrG 1993 §20 Abs1;
EMRK Art8 Abs2;
StVO 1960 §5 Abs1;
FrG 1993 §18 Abs2 Z2;
FrG 1993 §19;
FrG 1993 §20 Abs1;
EMRK Art8 Abs2;
StVO 1960 §5 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid erließ die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg (die belangte Behörde) gegen den Beschwerdeführer, einen Schweizer Staatsangehörigen, gemäß § 18 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 2 FrG in Verbindung mit § 21 FrG ein auf fünf Jahre befristetes Aufenthaltsverbot für das Bundesgebiet der Republik Österreich. Begründend führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer sei von der Bezirkshauptmannschaft Bregenz wegen verschiedener Verwaltungsübertretungen im Zeitraum zwischen 1992 und 1996 insgesamt zehnmal rechtskräftig bestraft worden, darunter am 1. März 1993 wegen § 5 Abs. 1 und § 99 Abs. 1 lit. a StVO zu S 12.000,-- und am 9. November 1995 wegen des gleichen Deliktes zu S 15.000,--. Durch die zweimalige Bestrafung wegen des als schwerwiegende Verwaltungsübertretung zu qualifizierenden Lenkens eines Kraftfahrzeuges in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand seien die Voraussetzungen des § 18 Abs. 2 Z. 2 FrG erfüllt. Weiters sei gegen den Beschwerdeführer eine Strafanzeige wegen Übertretung nach dem Suchtgiftgesetz erstattet worden. Aus dem Geständnis des Beschwerdeführers sei zu entnehmen, daß dieser kleinere Mengen von Suchtgift angekauft, dieses selbst konsumiert bzw. auch weitergegeben habe. Aus dem Gesamtverhalten des Beschwerdeführers sei zweifellos die Annahme gerechtfertigt, daß sein Aufenthalt die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit gefährde und anderen im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten öffentlichen Interessen wie der Verhinderung von strafbaren Taten und dem Schutz der Gesundheit anderer zuwiderlaufe. Daran ändere nichts, daß es hinsichtlich des Suchtgiftdeliktes bislang zu keiner gerichtlichen Verurteilung gekommen sei.

Der Beschwerdeführer habe sich seit seiner Geburt in Österreich aufgehalten, sei hier zur Schule gegangen und habe auch hier eine Lehre absolviert. Seine Eltern und seine Schwester lebten im Bundesgebiet. Er selbst sei ledig und habe keine Sorgepflichten, lebe nun in der Schweiz und führe dort ein Transportunternehmen, dessen geschäftliche Beziehungen eng mit Österreich verknüpft seien.

Durch das Aufenthaltsverbot werde daher zweifellos in sein Privat- und Familienleben eingegriffen. Diese Maßnahme sei jedoch zur Verhinderung von strafbaren Handlungen sowie zum Schutz der Gesundheit anderer im Hinblick auf die besondere Gefährlichkeit von Suchtgiftdelikten und die großen Gefahren für die Allgemeinheit durch alkoholisierte KFZ-Lenker "dringendst" geboten. Gerade an der Bekämpfung der Suchtgiftkriminalität bestehe ein immenses öffentliches Interesse. Der Beschwerdeführer sei selbst dem Konsum von Suchtgift ergeben und Erfahrungen zeigten, daß im Suchtgiftbereich von einer hohen Rückfallsquote auszugehen sei. Nachdem er von der Bezirkshauptmannschaft Bregenz darauf aufmerksam gemacht worden sei, daß er im Fall einer neuerlichen Straffälligkeit mit einem Aufenthaltsverbot zu rechnen habe, habe er weiterhin Suchtgifte vertrieben und konsumiert. Er habe zugegeben, im Zeitraum von 1991 bis August 1996 insgesamt ca. 50 Gramm Cannabisharz angekauft und konsumiert zu haben; außerdem habe er zwischen 1994 und August 1996 ca. 100 Stück Ecstasy-Tabletten angekauft, von denen er die Hälfte selbst konsumiert und den Rest seiner Freundin geschenkt habe.

Wenn auch die familiären und sonstigen Bindungen, insbesondere seine geschäftlichen Kontakte zu Österreich, als intensiv zu werten seien, werde dieses hohe Maß an Integration durch die regelmäßigen Gesetzesverstöße des Beschwerdeführers erheblich beeinträchtigt. Dem Umstand, daß er seit drei Jahren eine Freundin in Vorarlberg habe, die er in nächster Zeit heiraten wolle und die von ihm finanziell unterstützt werden müsse, könne bei der Beurteilung nach § 20 Abs. 1 FrG nicht Rechnung getragen werden. Eine nicht im selben Haushalt lebende Freundin werde vom Schutzbereich des § 20 Abs. 1 FrG nicht erfaßt, zum anderen seien künftige Umstände zum Zeitpunkt der Beurteilung nicht zu berücksichtigen. Im übrigen stehe es dem Beschwerdeführer auch offen, seine Freundin in der Schweiz zu heiraten, mit ihr dort zu leben bzw. sie vom Ausland aus finanziell zu unterstützen. Der Einwand des Beschwerdeführers, er könne aufgrund seines Geschäftsumfanges keine Mitarbeiter anstellen, der die österreichbezogenen Aufträge ausführen würde, könne nicht überzeugen, weil der Beschwerdeführer wegen des Entzuges der österreichischen Lenkerberechtigung zumindest während der vergangenen 18 Monate dazu gezwungen gewesen sei, einen Mitarbeiter zur Durchführung der Transporte einzustellen. Die Abwägung nach § 20 Abs. 1 FrG müsse daher zu Ungunsten des Beschwerdeführers ausfallen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer gesteht zu, daß durch die zweimalige Bestrafung nach § 5 Abs. 1 StVO der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 2 FrG erfüllt ist.

Er bestreitet nicht, daß durch sein gesamtes Fehlverhalten die in § 18 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt ist; gegen diese Beurteilung hegt der Gerichtshof keine Bedenken.

Der Beschwerdeführer hält die Erlassung des Aufenthaltsverbotes nach § 19 FrG für unzulässig und meint, daß die Abwägung gemäß § 20 Abs. 1 FrG zu seinen Gunsten ausfallen hätte müssen.

Den erstgenannten Einwand begründet der Beschwerdeführer damit, daß seine Bestrafungen nach § 5 Abs. 1 StVO bereits längere Zeit zurücklägen; bei seinen Suchtgiftdelikten habe es sich um kleine Mengen Suchtgift gehandelt, welche er ausschließlich selbst konsumiert bzw. an seine Freundin weitergegeben habe; bereits 1996 habe er jeglichen Suchtgiftkonsum aufgegeben. Diesen Einwänden ist zu entgegnen, daß zwischen der letzten Bestrafung nach § 5 Abs. 1 StVO im November 1995 und dem angefochtenen Bescheid lediglich 17 Monate liegen; dieser Zeitraum ist zweifellos zu kurz, um darauf aufbauend eine günstige Zukunftsprognose für den Beschwerdeführer ableiten zu können. Hinsichtlich der Suchtgiftdelikte kann der Ansicht der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, daß bei diesen Delikten eine besonders hohe Rückfallgefahr besteht. Diese Auffassung trifft auch auf den Konsum und die Weitergabe von den genannten "Einstiegsdrogen" zu, zumal sich der Beschwerdeführer auch durch die Androhung eines Aufenthaltsverbotes nicht von der Begehung weiterer Suchtgiftdelikte abhalten ließ. Die Beurteilung, daß die Erlassung des Aufenthaltsverbotes zur Erreichung von im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Zielen (Verhinderung von strafbaren Handlungen, Schutz der Gesundheit anderer) dringend geboten sei, entspricht im Hinblick auf die besondere Gefährlichkeit der Suchtgiftkriminalität (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 19. Juni 1996, Zl. 96/21/0449) und die besondere Gefährlichkeit, die von alkoholisierten Lenkern im Straßenverkehr ausgeht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. März 1996, Zl. 96/21/0153, u.a.) der ständigen Rechtsprechung.

Soweit der Beschwerdeführer die von der belangten Behörde zu seinen Ungunsten vorgenommene Abwägung nach § 20 Abs. 1 FrG bekämpft, ist dieses Ergebnis nicht als rechtswidrig anzusehen. Die belangte Behörde nahm auf sämtliche vom Beschwerdeführer zur Begründung seiner privaten und familiären Integration in Österreich vorgebrachten Gründe Bedacht. Im vorliegenden Fall ist zu beachten, daß der Beschwerdeführer nach den unbestrittenen Feststellungen im angefochtenen Bescheid seinen Hauptwohnsitz nicht in Österreich, sondern in der Schweiz hat. Durch diesen Umstand werden seine aus der Integration in Österreich erfließenden Interessen an der Abstandnahme von der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes erheblich gemindert. Zutreffend wies die belangte Behörde darauf hin, daß die bloße Absicht, in Österreich eine Familie zu gründen, dem öffentlichen Interesse an der Erlassung des Aufenthaltsverbotes nicht mit Erfolg entgegengehalten werden kann. Auch der Hinweis auf die berufliche Tätigkeit in Österreich verhilft der Beschwerde nicht zum gewünschten Erfolg, weil sich der Firmensitz nicht in Österreich, sondern in der Schweiz befindet. Insgesamt können daher die Interessen des Beschwerdeführers an der Abstandnahme von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes nicht als so schwerwiegend beurteilt werden, daß sie schwerer zu gewichten wären als das große öffentliche Interesse an der Bekämpfung der Suchtgiftkriminalität und der Aufrechterhaltung der Sicherheit im Straßenverkehr. Die Erlassung des Aufenthaltsverbotes ist somit auch im Hinblick auf die Interessenabwägung nach § 20 Abs. 1 FrG nicht rechtswidrig.

Soweit der Beschwerdeführer letztlich der belangten Behörde vorwirft, sie hätte Parteiengehör einräumen müssen, unterläßt er es, die Relevanz dieses behaupteten Verfahrensmangels aufzuzeigen, indem er nicht ausführt, welches Vorbringen ihm zu erstatten verwehrt gewesen wäre.

Die Beschwerde, deren Inhalt bereits erkennen läßt, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war daher gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.

Bei diesem Ergebnis erübrigte sich eine Entscheidung des Berichters über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

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