Normen
AVG §71 Abs1 Z1;
AVG §71 Abs1 Z1;
Spruch:
Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 24. März 1997 wurde der Antrag des Beschwerdeführers, eines Staatsangehörigen der Jugoslawischen Föderation, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist betreffend den Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 11. September 1996, mit dem gegen den Beschwerdeführer ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von fünf Jahren erlassen worden war, gemäß § 71 Abs. 1 AVG abgewiesen.
Der Beschwerdeführer habe seinen Wiedereinsetzungsantrag damit begründet, er hätte geglaubt, Rechtsanwalt Dr. S, der ihm in seiner Beschwerdesache vor dem Verwaltungsgerichtshof betreffend Ablehnung seiner Aufenthaltsbewilligung als Verfahrenshelfer beigegeben worden sei, hätte auch Berufung gegen das Aufenthaltsverbot zu erheben gehabt.
Diesem Irrtum sei folgender Sachverhalt zugrunde gelegen:
Der Beschwerdeführer habe in dem bei der Bundespolizeidirektion Wien anhängigen Aufenthaltsverbotsverfahren die Rechtsanwälte Dr. M und Dr. C mit seiner Vertretung betraut gehabt. Hingegen habe er nach rechtskräftiger Ablehnung der Aufenthaltsbewilligung zwecks Einbringung einer Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof keinen Rechtsvertreter bestellt, sondern Verfahrenshilfe beantragt und es sei mittlerweile Rechtsanwalt Dr. S als der Verfahrenshelfer des Beschwerdeführers bestellt worden.
Während dieser Zeit sei der Aufenthaltsverbots-Bescheid den von ihr gewählten Vertretern am 13. September 1996 zugestellt worden. Davon sei der Beschwerdeführer am 18. September 1996 in Kenntnis gesetzt und es sei vereinbart worden, daß er sich bei seinen Vertretern melden würde, wenn er die Einbringung einer Berufung (Termin: 27. September 1996) wünsche. Der Beschwerdeführer habe sich bis dahin nicht bei diesen Vertretern gemeldet, sodaß die Einbringung einer Berufung unterblieben sei. Außerdem habe er anläßlich einer Vorsprache am 27. September 1996 bei seinem Verfahrenshelfer erfahren, daß dieser nicht auch mit der Erhebung einer Berufung im Aufenthaltsverbotsverfahren betraut worden wäre.
Entgegen der Meinung der Erstbehörde sei es im vorliegenden Verfahren gar nicht erforderlich gewesen, den gewählten Vertretern des Beschwerdeführers eine verschuldete Untätigkeit, die dann dem Beschwerdeführer zur Last fiele, anzulasten. Wohl könne eine (vom Vertreter verschuldete) Untätigkeit eines bestellten Rechtsvertreters von der Partei nicht als Wiedereinsetzungsgrund geltend gemacht werden, weil ein Verschulden des Vertreters der Partei an der Fristversäumung einem Verschulden der Partei selbst gleichzuhalten sei, doch sei im Einzelfall zu untersuchen, ob die Untätigkeit des Vertreters auf einem ihm oder dem Beschwerdeführer anzulastenden Verschulden beruhe. Da nun vereinbart gewesen sei, daß die Vertreter nur tätig würden, d.h. nur dann eine Berufung einbringen sollten, wenn der Beschwerdeführer tätig werde und dies rechtzeitig (Termin: 27. September 1996) verlange, sei ein allfälliges Verschulden am Untätigwerden nicht bei den Vertretern, sondern beim Antragsteller zu suchen. (Selbst wenn man ein Verschulden bei den Vertretern des Beschwerdeführers wegen mangelnder Klarstellung bzw. Information des Beschwerdeführers fände, weil etwa diese vom anderen Verfahren und vom Antrag auf Verfahrenshilfe in diesem Zusammenhang gewußt und den Beschwerdeführer "nicht richtig informiert" hätten, würde dies nichts zu Gunsten des Beschwerdeführers bedeuten, weil jedes Verschulden der Vertreter dem Vertretenen zur Last fallen würde.)
Der Beschwerdeführer sei "aufgrund des Gesprächs informiert" gewesen, daß er sich im Falle einer von ihm gewünschten Berufung bis 27. September 1996 an die von ihm bestellten Vertreter (die von ihm auch gewußt hätten, daß er um Verfahrenshilfe in der Aufenthaltsbewilligungssache angesucht habe) zu wenden gehabt hätte. Er hätte also die erforderlichen Schritte für eine rechtzeitige Berufung zu setzen gehabt.
Sein "angeblicher Irrtum" darüber, ob der Verfahrenshelfer die Berufung erheben würde, sei weiters bei der Besprechung am 27. September 1996 weggefallen. Der Beschwerdeführer hätte daher selbst Berufung erheben oder, wenn die bestellten Vertreter nicht erreichbar gewesen wären, den Verfahrenshelfer oder aber jemand anderen mit der Einbringung der Berufung (was freilich noch an diesem Tag erforderlich gewesen wäre) beauftragen müssen. Von einem unvorhergesehenen oder unabwendbaren Ereignis, durch welches der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden oder nur infolge eines minderen Grades des Versehens gehindert gewesen wäre, Berufung zu erheben, könne daher nicht die Rede sein, wenn der Beschwerdeführer keine diesbezüglichen Veranlassungen getroffen habe.
2. Mit Bescheid vom selben Tage wies die belangte Behörde die vom Beschwerdeführer gegen den Aufenthaltsverbots-Bescheid am 10. Oktober 1996 eingebrachte Berufung gemäß § 66 Abs. 4 iVm § 63 Abs. 5 AVG als verspätet zurück.
Die Berufungsfrist gegen den am 13. September 1996 den ausgewiesenen Rechtsvertretern des Beschwerdeführers - und damit für diesen wirksam - zugestellten Bescheid in der Dauer von zwei Wochen sei am 27. September 1996 abgelaufen. Die Berufung sei jedoch erst am 10. Oktober 1996 eingebracht worden. Der Antrag des Beschwerdeführers auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand betreffend die Versäumung der Berufungsfrist sei von der Erstbehörde mit Bescheid vom 16. Oktober 1996, der mit der Zustellung des diesbezüglichen Berufungsbescheides in Rechtskraft erwachsen sei, abgewiesen worden. Somit sei die am 10. Oktober 1996 zur Post gegebene Berufung als verspätet zurückzuweisen gewesen.
3. Gegen die unter Punkt I.1. und Punkt I.2. genannten Bescheide richten sich die vorliegenden Beschwerden, in denen die Aufhebung der angefochtenen Bescheide wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften begehrt wird.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat die Beschwerden wegen ihres persönlichen und sachlichen Zusammenhanges zur Beratung und Beschlußfassung verbunden und hierüber erwogen:
1.1. Vorweg ist festzuhalten, daß - insoweit stimmen die Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens überein - die Frist zur Erhebung einer Berufung gegen den Aufenthaltsverbots-Bescheid vom 11. September 1996 versäumt wurde, somit die wesentliche Voraussetzung für die Zulässigkeit eines Wiedereinsetzungsantrages erfüllt ist (§ 71 Abs. 1 AVG).
1.2. Nach der vorliegend in Betracht kommenden Bestimmung des § 71 Abs. 1 Z. 1 AVG ist gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, daß sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft.
2.1. Der Beschwerdeführer bringt gegen die angefochtene Abweisung seines Wiedereinsetzungsantrages vor, daß er infolge eines "Mißverständnisses" nicht innerhalb der Rechtsmittelfrist Berufung gegen den Aufenthaltsverbots-Bescheid erhoben habe.
Er sei nämlich "als juristischer Laie felsenfest davon überzeugt" gewesen, daß der ihm für seine Verwaltungsgerichtshofbeschwerde gegen die Versagung der Aufenthaltsbewilligung beigegebene Verfahrenshelfer "alle Angelegenheiten" im Zusammenhang mit seinem "Aufenthaltsrecht" übernehme. Als er von seinen Rechtsvertretern im Aufenthaltsverbotsverfahren davon in Kenntnis gesetzt worden sei, daß "in der Aufenthaltssache (Aufenthaltsverbot) ein Rechtsmittel zu ergreifen" wäre, sei er daher davon überzeugt gewesen, "daß diese Sache ohnehin vom Verfahrenshelfer in die Hand genommen werde". Als der Beschwerdeführer dann am 27. September 1996 "völlig unerwartet" vom Gegenteil erfahren habe, habe er "sofort und ohne jeden Verzug" versucht, seine Rechtsvertreter im Aufenthaltsverbotsverfahren zur Einbringung der Berufung zu veranlassen; bedauerlicherweise sei dies am selben Tag nicht mehr möglich gewesen. Es sei für den Beschwerdeführer "ohne jeden Zweifel" ein unvorhergesehenes Ereignis gewesen, daß die Berufung gegen den Aufenthaltsverbots-Bescheid nicht vom Verfahrenshelfer einzubringen gewesen sei. Daß er davon nicht gewußt habe, müsse als minderer Grad des Versehens angesehen werden. Das Ereignis sei für den Beschwerdeführer auch nicht mehr abwendbar gewesen, habe er doch seine Rechtsvertreter am 27. September 1996 nicht mehr erreichen können. Ebenso sei es als minderer Grad des Versehens zu werten, daß der Beschwerdeführer in dieser Situation "keine anderen Maßnahmen ergriffen" habe, da er der Meinung gewesen sei, daß nur seine Rechtsvertreter im Aufenthaltsverbotsverfahren die Berufung hätten einbringen können.
2.2. Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.
Die Beschwerde läßt die Feststellungen im angefochtenen Bescheid unbestritten, daß der Beschwerdeführer mit seinen Rechtsvertretern im Aufenthaltsverbotsverfahren vereinbart hatte, daß diese gegen den Aufenthaltsverbots-Bescheid nur dann eine Berufung einbringen, wenn der Beschwerdeführer dies rechtzeitig verlangt. Ein solches Verlangen wurde
- unbestrittenermaßen - nicht gestellt. Die Vertreter des Beschwerdeführers haben die Berufungsfrist mangels Auftrags des Beschwerdeführers verstreichen lassen. Mängel in der Kommunikation zwischen der Partei und ihrem Vertreter, welche die Entscheidung, die Berufung zu erheben, beeinflussen konnten, stellen aber nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis im Sinn des § 71 Abs. 1 Z. 1 AVG dar (vgl. etwa den Beschluß vom 3. November 1994, Zl. 94/18/0634, 0635, mwH, ergangen zu der dem § 71 Abs. 1 Z. 1 AVG insofern vergleichbaren Regelung des § 46 VwGG).
Darüber hinaus ist nicht ersichtlich, was den Beschwerdeführer, als ihm am letzten Tag der zur Berufung gegen den Aufenthaltsverbots-Bescheid offenstehenden Frist bekannt wurde, daß bislang eine Berufung nicht erhoben wurde, davon abgehalten hat, eine Eingabe zu erstatten, die wenigstens hätte erkennen lassen, daß der Beschwerdeführer mit dem gegen ihn erlassenen Aufenthaltsverbot nicht einverstanden war und womit er seinen Standpunkt vertreten zu können glaubte (vgl. § 63 Abs. 3 AVG und die dazu bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, Wien 1996,
S. 509, zitierten Beispiele aus der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes). Eine der Einbringung einer solchen Berufung entgegenstehende Einschränkung der Dispositionsfähigkeit des Beschwerdeführers wird in der Beschwerde nicht dargelegt. Mit seinem Vorbringen, er habe angenommen, daß nur seine Rechtsvertreter die Berufung gegen den Aufenthaltsverbots-Bescheid einbringen könnten, gelingt es dem Beschwerdeführers daher weder, das Vorliegen eines unabwendbaren Ereignisses, das ihn daran gehindert hat, die Berufungsfrist einzuhalten, glaubhaft zu machen, noch darzutun, daß ihn daran kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft.
3. Vor dem Hintergrund des Gesagten ist auch die Verfahrensrüge, die belangte Behörde hätte das Verschulden des Beschwerdeführers einer genauen Prüfung zu unterziehen gehabt, nicht zielführend.
4.1. Der Beschwerdeführer hat somit nicht glaubhaft gemacht, daß er durch ein unvorhergesehenes und/oder unabwendbares Ereignis an der Einhaltung der Frist zur Erhebung einer Berufung gegen den Aufenthaltsverbots-Bescheid vom 11. September 1996 verhindert war; die von der belangten Behörde ausgesprochene Abweisung des Wiedereinsetzungsantrages entspricht somit dem Gesetz (§ 71 Abs. 1 Z. 1 AVG).
4.2. Da die Berufung gegen den besagten Aufenthaltsverbots-Bescheid unbestritten nach Ablauf der zweiwöchigen Rechtsmittelfrist (§ 63 Abs. 5 AVG) erhoben wurde, steht auch die Zurückweisung der Berufung als verspätet mit dem Gesetz in Einklang.
5. Nach dem Gesagten läßt bereits der Inhalt der vorliegenden Beschwerden erkennen, daß die behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen; sie waren daher gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren abzuweisen.
6. Bei diesem Ergebnis erübrigte sich ein Abspruch über die Anträge, den Beschwerden aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
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