VwGH 97/18/0108

VwGH97/18/010813.3.1997

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Rigler, Dr. Handstanger und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Neumair, über die Beschwerde des R in W, vertreten durch Mag. M, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 23. August 1996, Zl. St 531/96, betreffend Feststellung gemäß § 54 Abs. 1 Fremdengesetz, zu Recht erkannt:

Normen

FrG 1993 §37 Abs1;
FrG 1993 §37 Abs2;
FrG 1993 §54 Abs1;
FrG 1993 §37 Abs1;
FrG 1993 §37 Abs2;
FrG 1993 §54 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 23. August 1996 wurde gemäß § 54 Fremdengesetz - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, festgestellt, daß keine stichhaltigen Gründe für die Annahme bestünden, daß der Beschwerdeführer im Staatsgebiet der Jugoslawischen Föderation gemäß § 37 Abs. 1 oder Abs. 2 FrG bedroht sei.

Unter Bezugnahme auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 54 iVm § 37 Abs. 1 und 2 FrG hielt die belangte Behörde zunächst fest, daß der Beschwerdeführer konkrete gegen seine Person gerichtete Verfolgungshandlungen staatlicher Behörden seines Heimatlandes nicht einmal behauptet habe. Er begründe seinen Antrag lediglich damit, daß er der albanischen Volksgruppe, welche im Kosovo einer Gruppenverfolgung ausgesetzt sei, angehöre. Abgesehen davon, daß die Hinweise auf die allgemeine Situation der Kosovo-Albaner in der Jugoslawischen Föderation nicht geeignet seien, die persönliche Bedrohung des Beschwerdeführers zu begründen, sprächen auch weitere Umstände für das Nichtbestehen einer Verfolgungssituation des Beschwerdeführers. Er habe bislang keinen Ansylantrag gestellt und sei nach der Aktenlage mehrmals in sein Heimatland zurückgekehrt. Er sei seinen eigenen Angaben zufolge erstmals mit einem bis zum 12. Juli 1993 gültigen Touristensichtvermerk in das Bundesgebiet eingereist, wobei er offenbar völlig problemlos sein Heimatland habe verlassen können. Zuletzt wäre er - so seine Ausführungen in der Niederschrift vom 26. Jänner 1996 - im Oktober 1994 von Ungarn kommend mit dem Autobus nach Österreich gelangt. Auch in diesem Zusammenhang habe der Beschwerdeführer keinerlei Verfolgungshandlungen oder Umstände vorgebracht, die auf allfällige Verfolgungsabsichten staatlicher Behörden seines Heimatlandes schließen ließen. Die bloße Behauptung des Beschwerdeführers, er sei für die LDK (Demokratische Partei des Kosovo) tätig gewesen, sei jedenfalls nicht geeignet, seine persönliche Bedrohung im Sinne des § 37 Abs. 1/Abs. 2 leg. cit. stichhaltig zu untermauern, zumal es der Beschwerdeführer unterlasse, diese politische Tätigkeit näher zu beschreiben. Gleiches gelte für seine behauptete Mitarbeit bei der albanischsprachigen Zeitung "R". Abgesehen davon, daß der Beschwerdeführer diesen Umstand erstmals in der vorliegenden Berufung vorbringe, lasse er auch in diesem Zusammenhang jegliche Aussage darüber vermissen, worin die Mitarbeit bei der genannten Zeitung bestanden haben soll. Ob der Beschwerdeführer tatsächlich ähnliche Repressalien zu befürchten hätte wie die von ihm ins Treffen geführten zwei Journalisten der genannten Zeitung, sei daher für die belangte Behörde mangels konkreter Ausführungen des Beschwerdeführers nicht überprüfbar. Im übrigen lägen diese Vorfälle mehrere Jahre zurück, sodaß sie schon allein aus diesem Grund keine aktuelle Gefährdung oder Bedrohung des Beschwerdeführers begründen könnten.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn aus diesen Gründen aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Fremde im Rahmen eines Feststellungsverfahrens nach § 54 FrG das Bestehen einer aktuellen, also im Fall der Abschiebung des Fremden in den von seinem Antrag erfaßten Staat dort gegebenen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten Bedrohung i.S. des § 37 Abs. 1 und/oder Abs. 2 FrG glaubhaft zu machen, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerter Angaben darzutun ist (vgl. etwa das Erkenntnis vom 18. Dezember 1996, Zl. 95/18/1295, mwN).

2.1. Die Beschwerde rügt, daß die belangte Behörde das Vorbringen des Beschwerdeführers in Einzelteile zerlegt und nicht in seiner Gesamtheit (Tätigkeit für die Demokratische Partei des Kosovo (LDK); in den Jahren 1989 bis 1991 Tätigkeit als "engagierter Aktivist" für ein unabhängiges Kosovo; Mitarbeit bei der albanisch-sprachigen Zeitung "R") gewürdigt habe. Hätte die Behörde das Vorbringen insgesamt im Sinn einer "Zukunftsprognose" gewürdigt, wäre hervorgekommen, daß der Beschwerdeführer "in jedem Fall Furcht davor haben konnte, im Fall seiner Rückkehr in den Kosovo mit politisch motivierter Verfolgung konfrontiert zu sein". Im übrigen habe die belangte Behörde mit dem lapidaren Hinweis, daß auch weitere Umstände (keine Stellung eines Asylantrages durch den Beschwerdeführer; mehrmalige Rückkehr in sein Heimatland) für das Nichtbestehen einer Verfolgungssituation sprächen, den Bescheid "mit einer nicht nachvollziehbaren Begründung, somit einem relevanten Verfahrensfehler, behaftet". Der Beschwerdeführer habe dargetan, daß er erfolgreich alles unternommen hätte, um seinen Aufenthalt in Jugoslawien im Juni 1993 vor den Behörden geheim zu halten, weshalb es auch in dieser Zeit gegen ihn zu keinen Verfolgungshandlungen gekommen wäre; er habe weiters dargetan, keinen Asylantrag gestellt zu haben, weil ihm von "mehreren Seiten versichert wurde, daß dies sinnlos wäre, da ein Asylantrag aufgrund der Drittstaatsklausel abgelehnt würde".

2.2. Mit diesem Vorbringen gelingt es dem Beschwerdeführer nicht, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen.

Die Beschwerde läßt die Feststellung der belangten Behörde, der Beschwerdeführer habe konkrete gegen ihn gerichtete Verfolgungshandlungen staatlicher Behörden seines Heimatlandes im Verfahren nicht einmal behauptet, unbestritten. Die bloße Tätigkeit für eine Partei - daß es sich um eine verbotene Partei handle, wurde nicht behauptet -, die - in keiner Richtung näher dargestellte - Mitarbeit für eine albanisch-sprachige Zeitung und das engagierte (aktive) Eintreten für ein unabhängiges Kosovo vor etlichen Jahren (1989 bis 1991) - worin konkret dieses Engagement seinen Ausdruck gefunden hat, wurde vom Beschwerdeführer nicht dargelegt - sind auch in ihrer Gesamtheit keineswegs geeignet, eine aktuelle Gefährdung und/oder Bedrohung des Beschwerdeführers gemäß § 37 Abs. 1 und/oder Abs. 2 FrG i.S. der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (s. oben II.1.) glaubhaft zu machen, hat doch der Beschwerdeführer in keiner Weise auch nur zu erkennen gegeben, geschweige denn nachvollziehbar dargetan, aus welchen Gründen die besagten Tätigkeiten als solche, derentwegen unbestrittenermaßen nie staatlich zumindest gebilligte Verfolgungshandlungen gegen seine Person gesetzt wurden, die Annahme einer derartigen Gefährdung/Bedrohung rechtfertigten. Dazu kommt, daß die belangte Behörde - entgegen der Beschwerdemeinung - in durchaus unbedenklicher Weise die Tatsache, daß der Beschwerdeführer keinen Asylantrag gestellt hat und er in den Jahren 1993 und 1994 mehrmals in sein Heimatland zurückgekehrt ist, ohne in dieser Zeit Verfolgungshandlungen ausgesetzt gewesen zu sein, als weitere Umstände werten konnte, die gegen die Wahrscheinlichkeit einer Gefahr unmenschlicher Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe (§ 37 Abs. 1 FrG) wie auch einer Bedrohung für Leben und Freiheit des Beschwerdeführers aus den im § 37 Abs. 2 leg. cit. genannten Gründen im Fall seiner Rückkehr in die Bundesrepublik Jugoslawien sprechen.

3. Mit der Verfahrensrüge, die belangte Behörde hätte auf eine Konkretisierung der Angaben des Beschwerdeführers dringen müssen, verkennt die Beschwerde, daß es im Rahmen der dem Fremden obliegenden Glaubhaftmachung einer Gefährdung und/oder Bedrohung i.S. des § 37 Abs. 1 und/oder Abs. 2 FrG dessen Aufgabe ist, von sich aus die insoweit relevanten Fakten mitzuteilen. Der solcherart gegebenen Mitwirkungspflicht des Fremden kommt hier insofern erhöhte Bedeutung zu, als vielfach nur ihm die seine Person betreffenden wesentlichen Umstände bekannt sind. Angesichts dessen war die belangte Behörde nicht gehalten, auf die Konkretisierung der Angaben des Beschwerdeführers "zu dringen", zumal dessen Vorbringen nicht auf einen Sachverhalt schließen ließ, der für eine Glaubhaftmachung geeignet ist.

4. Der Beschwerdevorwurf, die belangte Behörde habe es verabsäumt, "ihrer Manuduktionspflicht gem. § 69 Fremdengesetz nachzukommen", geht schon im Hinblick darauf fehl, daß § 69 FrG ausschließlich auf das Verfahren vor österreichischen Vertretungsbehörden anzuwenden ist.

5. Da nach dem Gesagten die belangte Behörde zutreffend zu dem Ergebnis gelangt ist, daß der Beschwerdeführer keine stichhaltigen Gründe i.S. des § 37 Abs. 1 oder Abs. 2 FrG glaubhaft gemacht hat, somit die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt - was bereits der Beschwerdeinhalt erkennen läßt -, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.

6. Bei diesem Ergebnis erübrigte sich ein Abspruch über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

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