Normen
ABGB §1332;
AVG §71 Abs1 Z1;
VwGG §46 Abs1;
ABGB §1332;
AVG §71 Abs1 Z1;
VwGG §46 Abs1;
Spruch:
1.) Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird nicht stattgegeben;
- 2.) die Beschwerde wird zurückgewiesen;
- 3.) die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Am 24. Februar 1997 überreichte die Beschwerdeführerin beim Verwaltungsgerichtshof eine gegen den im Kopf dieser Entscheidung näher bezeichneten Bescheid erhobene Bescheidbeschwerde. Als Datum der Zustellung des angefochtenen Bescheides war darin der 14. Jänner 1997 angegeben.
Der Verwaltungsgerichtshof leitete daraufhin - weil die Beschwerde kein Formgebrechen aufwies und das angegebene Zustelldatum unbedenklich erschien - mit Verfügung vom 4. März 1997 gemäß § 35 Abs. 3 VwGG das Vorverfahren ein.
Der Bundesminister für Finanzen legte am 14. Mai 1997 die Verwaltungsakten und eine der von der belangten Behörde erstattete Gegenschrift vor, in welcher u.a. darauf hingewiesen wurde, daß die bekämpfte Berufungsentscheidung bereits am 10. Jänner 1997 zugestellt wurde.
Die Gegenschrift wurde der Beschwerdeführerin am 4. Juni 1997 zugestellt, worauf diese am 18. Juni 1997 einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand überreichte, in dem einleitend zugestanden wird, daß die Zustellung des angefochtenen Bescheides tatsächlich schon am 10. Jänner 1997 erfolgte.
Somit ist davon auszugehen, daß die gemäß § 26 Abs. 1 VwGG 6-wöchige Beschwerdefrist versäumt wurde.
Der Wiedereinsetzungsantrag wird wie folgt begründet:
Die für die beschwerdeführende Stadtgemeinde bestimmte Post werde von einem Bediensteten der Stadtgemeinde beim Postamt abgeholt und der Sekretärin überbracht. Rückscheinbriefe würden vom Bürgermeister (Vizebürgermeister) übernommen und ungeöffnet der Sekretärin übergeben. Diese bringe sodann den Eingangsstempel an den einzelnen Stücken an und gebe die Poststücke an den Bürgermeister (Vizebürgermeister) bzw. den Amtsleiter zur Verteilung weiter. Die Einhaltung dieser Vorgangsweise werde gemeindeintern regelmäßig kontrolliert. Die Funktion der Gemeindesekretärin würde seit 1991 von Andrea S ausgeübt und habe es bisher keinen Grund zur Beanstandung gegeben. Für den Fall der Abwesenheit der Gemeindesekretärin (sei es im Hinblick auf Urlaub, Krankheit etc.) sei dafür Sorge getragen, daß ein Stellvertreter ihre Funktion übernehme.
Am Freitag, dem 10. Jänner 1997, sei Frau S aber weder auf Urlaub noch von Beginn an krankgemeldet gewesen. Sie habe aber an diesem Tag an immer stärker werdenden Kopfschmerzen gelitten und zwar noch vom Bediensteten die vom Postamt Murau abgeholte Post übernommen, diese jedoch gesundheitsbedingt im Hinblick auf ihre rasenden Kopfschmerzen nicht mehr geöffnet, sondern sofort ihren praktischen Arzt aufgesucht. Dieser habe sie an einen Internisten und dieser wiederum an einen Facharzt für Neurologie und Psychiatrie verwiesen. Als Frau S das Gemeindeamt verlassen habe, sei nicht abzusehen gewesen, daß die Arztbesuche den ganzen Freitag andauern würden. Frau S sei von den behandelnden Ärzten an das Krankenhaus Tamsweg überwiesen worden, wo am Montag, dem 13. Jänner 1997, eine Computertomographie durchgeführt worden sei. Frau S habe am Montag, dem 13. Jänner 1997, ihren Dienst nicht angetreten. Die Urlaubsvertretung von Frau S im Posteingang, Frau F, habe sich am Montag, dem 13. Jänner 1997, zusammen mit anderen Mitarbeitern der Beschwerdeführerin bei einem Seminar des Gemeindebundes befunden. Die Eingangspost des 13. Jänner 1997 sei jedoch ordnungsgemäß behandelt und mit einem Eingangsstempel versehen worden. An den völlig atypischen Fall, daß krankheitsbedingt noch die Eingangspost vom vorangegangenen Freitag unerledigt sein könnte, habe niemand gedacht.
Am Dienstag, dem 14. Jänner 1997, habe Frau S wieder Dienst gemacht, die Eingangspost von diesem Tag geöffnet und mit dem Eingangsstempel vom 14. Jänner 1997 versehen. Dabei habe sie durch ein nicht erklärbares Versehen auch die schon am 10. Jänner 1997 krankheitsbedingt bei ihr liegengebliebene Eingangspost mit dem Datum 14. Jänner 1997 versehen. Diese Fehlleistung sei nicht wiedereinsetzungsschädlich sondern es liege für die Gemeinde Murau kein Verschulden vor, welches den Grad eines minderen Versehens übersteige.
Dieser Meinung vermag der Verwaltungsgerichtshof allerdings nicht beizutreten. Nach der hg. Judikatur in Wiedereinsetzungssachen kommt insbesondere dem Vorgang, eine einen Fristlauf auslösende Zustellung in Gestalt eines Eingangsvermerkes datumsmäßig festzuhalten, besondere Bedeutung zu (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 22. November 1996, Zl. 95/17/0112, und den hg. Beschluß vom 21. November 1996, Zl. 96/07/0193). Des weiteren vertritt der Verwaltungsgerichtshof die Auffassung, daß in Ansehung der Einhaltung von Terminen und Fristen auch die Organisation des Kanzleibetriebes einer Gebietskörperschaft (z.B. einer Gemeinde) in gleicher Weise wie eine Rechtsanwaltskanzlei die Mindestanforderungen einer sorgfältigen Organisation zu erfüllen hat. Insbesondere dann, wenn Geschäftsstücke nicht sofort bei ihrem Einlangen mit einer Einlaufstampiglie versehen werden, ist die Gefahr von Irrtümern betreffend den Fristenlauf besonders groß (vgl. das hg. Erkenntnis vom 8. Oktober 1996, Zl. 96/04/0192).
Genauso wie in dem Fall, der dem letztzitierten Erkenntnis zugrunde lag, verhält sich auch vorliegende. Der Kanzleibetrieb der Wiedereinsetzungswerberin ist so organisiert, daß Geschäftsstücke keineswegs sofort nach ihrem Einlangen mit dem Eingangsstempel versehen werden. Damit liegt aber im Kanzleibetrieb der Wiedereinsetzungswerberin von vornherein ein Organisationsmangel vor, der den Grad eines minderen Versehens jedenfalls übersteigt. Hätte nämlich die Anweisung bestanden, eingehende Poststücke unter allen Umständen sofort mit dem Eingangsstempel datumsmäßig zu versehen, dann hätte dies auch im vorliegenden Fall zur Verhinderung der Säumnis führen müssen, weil es dann auch Sache der Organisation des Dienstbetriebes der Wiedereinsetzungswerberin gewesen wäre, für den Fall, daß die an sich zuständige Kanzleikraft bedingt durch eine plötzliche Erkrankung nicht einmal mehr zu dieser ganz einfachen Manipulation in der Lage ist, für eine prompte und geeignete Vertretung Vorsorge zu treffen. Auch die Tatsache, daß die erkrankte Kanzleikraft S den ganzen 10. Jänner 1997 über betreffend die Bearbeitung der an diesem Tag eingelangten Post unvertreten blieb, ist der Wiedereinsetzungswerberin als wiedereinsetzungschädliches schweres Verschulden anzulasten.
Dem Antrag konnte daher nicht stattgegeben werden, weshalb mit Rücksicht darauf unter einem die Beschwerde als verspätet zurückzuweisen war (§ 34 Abs. 1, erster Fall VwGG).
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff (insbesondere § 51) VwGG iVm der VO
BGBl. Nr. 416/1994.
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