VwGH 95/14/0082

VwGH95/14/008218.3.1997

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Karger, Dr. Graf, Mag. Heinzl und Dr. Zorn als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hajicek, über die Beschwerde des Präsidenten der Finanzlandesdirektion für Kärnten gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Kärnten, Berufungssenat, vom 24. April 1995, B 84/3 - 4/92, betreffend Umsatzsteuer 1984 bis 1988 (mitbeteiligte Partei: H GmbH & Co KG in G, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in W), zu Recht erkannt:

Normen

B-VG Art131 Abs2;
UStG 1972 §1;
UStG 1972 §2 Abs1;
UStG 1972 §7 Abs1 Z2;
VwGG §28 Abs1 Z4;
VwGG §28 Abs2;
B-VG Art131 Abs2;
UStG 1972 §1;
UStG 1972 §2 Abs1;
UStG 1972 §7 Abs1 Z2;
VwGG §28 Abs1 Z4;
VwGG §28 Abs2;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Begründung

Im Zuge einer bei der mitbeteiligten Partei durchgeführten Buch- und Betriebsprüfung traf der Prüfer ua folgende Feststellung (Tz 20 des BP-Berichtes): Die mitbeteiligte Partei habe Lieferungen (von Fleischkonserven) an die B-AG in den Jahren 1984 bis 1988 als umsatzsteuerfreie Exportlieferungen behandelt. Die B-AG habe ihren Sitz in Zug in der Schweiz und sei eine Briefkastengesellschaft. Ihr Sitz befinde sich bei der Schweizer A-Bank. Der Großteil der Geschäfte der B-AG sei von Österreich aus erfolgt, so etwa die Bestellung von Ware bei der mitbeteiligten Partei durch die R-Bank in Wien. Die Auftragsbestätigung durch die mitbeteiligte Partei sei per Telex an diese R-Bank gegangen. Nach Ansicht des Prüfers fehle es bei der Lieferung an eine Briefkastengesellschaft an einem ausländischen Abnehmer, sodaß die Voraussetzungen der Steuerfreiheit nach § 6 Z. 1 UStG 1972 nicht erfüllt seien. Die Ausfuhr habe die Beschwerdeführerin mit dem Formular Za 118 bescheinigt; auf diesem scheine jedoch nicht die B-AG auf.

Gegen die Umsatzsteuerbescheide, mit welchen die Lieferungen als umsatzsteuerpflichtig behandelt wurden, brachte die mitbeteiligte Partei Berufung ein. Die B-AG sei eine 100%ige Tochtergesellschaft der E-GmbH mit Sitz in Innsbruck; diese sei wiederum eine Tochtergesellschaft der R-Bank in Wien. Für sämtliche Lieferungen der mitbeteiligten Partei gebe es Rechnungen und Ausfuhrnachweise, aus denen sowohl der ausländische Abnehmer als auch der ausländische Empfänger der Ware ersichtlich sei. Bei Bearbeitung des Formulars Za 118 habe der Spediteur nur den Empfänger (Staat Irak), nicht aber den Abnehmer der Ware angeführt. Dieses Formgebrechen könne beseitigt werden. Nach § 6 Z. 1 iVm § 7 UStG 1972 komme es bei einem ausländischen Abnehmer nicht darauf an, ob dieser Unternehmer sei.

Der Prüfer gab eine Stellungnahme zur Berufung ab, die das Finanzamt der mitbeteiligten Partei vorhielt. In dieser Stellungnahme wird ausgeführt, die der B-AG zugeordnete Tätigkeit sei im wesentlichen von ihrer inländischen Muttergesellschaft erbracht worden. Die E-GmbH und die R-Bank seien Gesellschafter der inländischen E-KG. Die B-AG in Zug sei eine Domizilgesellschaft.

Mit Schreiben vom 9. August 1994 hielt die belangte Behörde der Mitbeteiligten vor, auf den Ausfuhrnachweisen Za 118 werde der Staat Irak als ausländischer Abnehmer der Ware angegeben, auf den Rechnungen hingegen die Briefkastengesellschaft B-AG. Dieselbe Ware (Dosen mit dem Aufdruck "produced for E-KG") sei zu einem weitaus höheren Wert von der E-KG an den Staat Irak fakturiert worden. Bei dieser Sachlage könne schwerlich von einem buchmäßigen Nachweis des ausländischen Abnehmers ausgegangen werden. Es hätte der wahre Abnehmer verschleiert werden sollen. Die belangte Behörde verwies zudem auf ein ihr vorliegendes Schreiben (der E-KG vom 14. März 1990), in welchem ausgeführt werde, daß die B-AG im wesentlichen für die Abwicklung von Treuhandgeschäften und für die Finanzierung und Risikoabsicherung von Exportgeschäften eingesetzt worden sei. Die belangte Behörde machte weiters darauf aufmerksam. daß die mitbeteiligte Partei dem Österreichischen Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft am 14. März 1984 eine Kalkulation vorgelegt habe, nach welcher 100 kg Dosenfleisch Gestehungskosten von 4.610 S hätten. Da der im Export zu erlösende Preis 2.270 S betrage, sei ein Verwertungszuschuß von 2.432 S je 100 kg beantragt worden. Das Bundesministerium habe aber nur einen Zuschuß in Höhe von 1.400 S je 100 kg gewährt, sodaß ein Verlust von 940 S je 100 kg entstanden sei.

Mit Eingabe vom 29. September 1994 brachte die mitbeteiligte Partei vor, das Finanzamt Innsbruck habe die E-KG geprüft und in diesem Zusammenhang die B-AG als operativ tätiges Unternehmen angesehen. Es erübrige sich daher, auf die Überlegungen der belangten Behörde betreffend Treuhandgeschäfte und verschleierte Abnehmer einzugehen. Zur Abwicklung der Geschäfte zwischen der B-AG und der E-KG bzw. der R-Bank könne die mitbeteiligte Partei keine Auskünfte geben. Mit den Stützungsbeiträgen von 1.400 S pro 100 kg habe die mitbeteiligte Partei das Auslangen gefunden, weil sie entgegen der ursprünglichen Kalkulation Rindfleisch nicht um 45 S, sondern um 28 bis 37 S je kg habe einkaufen können.

In der mündlichen Berufungsverhandlung vom 25. Jänner 1995 führte der Geschäftsführer der mitbeteiligten Partei aus, seinerzeit sei Dr. A, der Geschäftsführer der E-KG, an ihn herangetreten und habe ihm mitgeteilt, er wolle Dosenfleisch in den Irak exportieren. Der Geschäftsführer der mitbeteiligten Partei habe dieses Geschäft abgelehnt, weil wegen der Sonderrichtlinien des Landwirtschaftsministeriums nur der exportierende Produzent Zuschüsse erlangen könne. Darauf sei er aus der Schweiz von einem Verwaltungsrat der B-AG angerufen worden; mit diesem habe er in der Folge in der Schweiz das Geschäft vereinbart. Es sei Lieferung ab Werk vereinbart gewesen, der Transport sei über eine Spedition erfolgt. Es sei auch der Dosenaufdruck "produced for E-KG" vereinbart worden. Es habe sich der Spediteur bei der mitbeteiligten Partei gemeldet und klargestellt, er sei von der B-AG beauftragt, die Ware in den Irak zu bringen. Die Ware sei in den Irak gegangen und der Vertrag sei mit der B-AG geschlossen worden. Die Fakturen seien an die B-AG gerichtet und von dieser bezahlt worden. Im gegenständlichen Fall sei Empfänger der Staat Irak und Abnehmer die B-AG. Die mitbeteiligte Partei habe

mittlerweile in diesem Zusammenhang - wegen des ursprünglichen

Formfehlers - ca. 130 Ausfuhrbescheinigungen vom Spediteur ausstellen lassen. Wenn sich die B-AG zur Abwicklung des Geschäftes in Österreich auch ihrer inländischen Muttergesellschaft bediene, so könne dies nicht schädlich sein.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung Folge. Die mitbeteiligte Partei gehe davon aus, daß es sich bei der B-AG um eine im Ausland ansässige Organgesellschaft der E-KG handele, die im eigenen Namen aufgetreten sei, womit das Kriterium "ausländischer Abnehmer" jedenfalls erfüllt sei. Der Ausfuhrnachweis sei als erbracht anzusehen, was sich eindeutig aus den in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Unterlagen (Übergabeschein, Ausfuhrerklärungen Za 118 und jeweils mit 18. Jänner 1995 datierte und vom Spediteur ausgestellte Ausfuhrbescheinigungen) ergebe. Die Argumente der mitbeteiligten Partei seien stichhältig. Dem Berufungsbegehren sei daher zu entsprechen.

Gegen diesen Bescheid wendet sich die auf § 292 BAO gestützte Beschwerde des Präsidenten der Finanzlandesdirektion für Kärnten.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor. Die mitbeteiligte Partei erstattete eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 6 Z. 1 UStG 1972 sind Ausfuhrlieferungen iSd § 7 leg. cit. umsatzsteuerfrei.

Der beschwerdeführende Präsident bringt vor, die B-AG sei eine ausländische Domizilgesellschaft, die als Treuhänderin ("Strohmann") für die E-KG vorgeschoben worden sei, um die Verwertungszuschüsse des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft zu erlangen. Die B-AG könne daher nicht als ausländischer Abnehmer eingestuft werden.

Eine derartige Gestaltung wäre in der Tat für die Frage der einkommensteuerlichen Zurechnung der Einkünfte relevant. In umsatzsteuerlicher Hinsicht gilt allerdings, daß der Leistungsaustausch zwischen einem nach außen auftretenden Treuhänder und einem Dritten im Verhältnis zwischen diesen Personen zu Umsätzen führt. Wird der Treuhänder somit in ein Lieferungs- oder Beschaffungsgeschäft eingeschaltet und tritt er hiebei im eigenen Namen auf, so wird die Leistung vom Treuhänder erbracht bzw empfangen (vgl. Ruppe, UStG, § 1 Tz 283). Auch ein Treuhänder kann sohin ausländischer Abnehmer sein.

Der beschwerdeführende Präsident rügt weiters, die Ausfuhrbescheinigungen seien erst im nachhinein, nämlich am 18. Jänner 1995 durch die Spedition erstellt worden. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. Oktober 1988, 87/15/0148, Slg.N.F. 6356/F) bewirken allerdings auch später erbrachte Ausfuhrnachweise, daß die Ausfuhrlieferungen rückwirkend als steuerfrei zu behandeln sind.

Der beschwerdeführende Präsident wendet nun ein, die Ware sei nicht in Erfüllung des Umsatzgeschäftes in das Ausland befördert oder versendet worden. Die E-KG habe den Auftrag an die Spedition zur Abholung der Ware bei der mitbeteiligten Partei erteilt und sodann die Ware an den Irak geliefert. Die mitbeteiligte Partei habe sohin der E-KG die Verfügungsmacht verschafft. Im gegenständlichen Fall sei auch das Erfordernis des Buchnachweises nicht erbracht.

Mit diesem Vorbringen zeigt der beschwerdeführende Präsident eine Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften auf.

Zu den Voraussetzungen für die Steuerfreiheit einer Ausfuhrlieferung gehört gemäß § 7 Abs. 1 Z. 2 UStG 1972, daß der Gegenstand "in Erfüllung dieses Umsatzgeschäftes" in das Ausland befördert oder versendet worden ist. Eine Versendung in das Ausland liegt auch dann vor, wenn der Gegenstand zunächst an einen steuerlich zugelassenen inländischen Beauftragten des ausländischen Abnehmers übergeben oder versendet und sodann vom Beauftragten in das Ausland befördert oder versendet worden ist, oder wenn der ausländische Abnehmer den Gegenstand selbst abholt und sodann in das Ausland befördert oder durch einen Frachtführer oder Spediteur befördern läßt oder durch einen Frachtführer oder Spediteur abholen läßt. § 7 Abs. 1 Z. 3 UStG 1972 normiert als weiteres Tatbestandsmerkmal den Buchnachweis.

Die Begründung eines Bescheides muß erkennen lassen, welcher Sachverhalt der Entscheidung zugrundegelegt wurde, aus welchen Erwägungen die belangte Behörde zur Ansicht gelangt ist, daß gerade dieser Sachverhalt vorliegt und aus welchen Gründen die Behörde die Subsumtion des Sachverhaltes unter einen bestimmten Tatbestand für zutreffend erachtet (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 20. Juni 1995, 94/13/0201).

Der angefochtene Bescheid enthält keine Feststellungen zur Frage, ob der Gegenstand "in Erfüllung dieses Umsatzgeschäftes" in das Ausland gelangt ist. Es ist den Sachverhaltsfeststellungen der belangten Behörde inbesondere nicht zu entnehmen, ob die mitbeteiligte Partei die Ware der B-AG (bzw. ihrem inländischen Beauftragten iSd § 7 Z. 2 Unterabs. 2 lit. a UStG 1972) oder der E-KG übergeben hat. Durch diesen Begründungsmangel ist es dem Verwaltungsgerichtshof verwehrt, den angefochtenen Bescheid auf seine Rechtmäßigkeit zu überprüfen.

Die mitbeteiligte Partei bringt in ihrer Gegenschrift vor, die Beschwerde mache ausschließlich Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend. Der Verwaltungsgerichtshof dürfe daher einen Begründungsmangel des angefochtenen Bescheides nicht aufgreifen. Er würde ansonsten den durch den Beschwerdepunkt festgelegten Prüfungsmaßstab überschreiten.

Mit dieser Einwendung übersieht die mitbeteiligte Partei, daß ein Beschwerdevorbringen betreffend die Behauptung der Rechtswidrigkeit des Inhaltes oder jener wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften zur Darlegung der Beschwerdegründe gehört. Der Beschwerdepunkt ist hingegen das subjektive Recht, in welchen sich der Beschwerdeführer verletzt erachtet. Weiters verkennt die mitbeteiligte Partei, daß es im Fall einer sogenannten Amtsbeschwerde nicht um die Geltendmachung subjektiver Rechte geht, weshalb bei solchen Beschwerden das Erfordernis des Beschwerdepunktes nicht gegeben ist. Die Grenzen des Rechtsstreites werden bei Amtsbeschwerden durch die Anfechtungserklärung des Beschwerdeführers gezogen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. April 1995, 95/11/0018). Diese umfaßt im gegenständlichen Fall den gesamten Bescheid.

Aus dem Vorstehenden ergibt sich, daß der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben war.

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