VwGH 96/21/0688

VwGH96/21/06884.12.1996

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Robl, Dr. Rosenmayr und Dr. Baur als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Hanel, über die Beschwerde des M, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 27. Juni 1996, Zl. St 315/96, betreffend Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung, zu Recht erkannt:

Normen

FrG 1993 §37 Abs1;
FrG 1993 §37 Abs2;
FrG 1993 §54 Abs1;
EMRK Art3;
FrG 1993 §37 Abs1;
FrG 1993 §37 Abs2;
FrG 1993 §54 Abs1;
EMRK Art3;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 27. Juni 1996 stellte die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich (die belangte Behörde) fest, daß keine stichhaltigen Gründe für die Annahme bestünden, daß der Beschwerdeführer in der Volksrepublik Bangladesh gemäß § 37 Abs. 1 oder Abs. 2 Fremdengesetz (FrG) bedroht sei; seine Abschiebung in die Volksrepublik Bangladesh sei somit zulässig.

Begründend führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer sei als einer von insgesamt 16 Personen afghanischer, pakistanischer und bangladesischer Staatsangehörigkeit am 26. März 1996 versteckt auf der Ladefläche eines Lkw in der BRD festgenommen worden, nachdem dieses Kraftfahrzeug am 25. März 1996 aus Ungarn kommend nach Österreich eingereist und am 26. März 1996 in die BRD weitergefahren sei. In der Folge sei der Beschwerdeführer nach Österreich rücküberstellt worden. Zur Begründung seines Asylantrages habe der Beschwerdeführer angeführt, seit 1988 der Jatiya-Partei anzugehören. Er hätte an Demonstrationen teilgenommen und Flugblätter verteilt. Gegen ihn persönlich gerichtete Verfolgungshandlungen hätte es nicht gegeben. Er wäre geflüchtet, weil er als Angehöriger der Jatiya-Partei von Angehörigen der BNP (Bangladesh National Party) gesucht würde. Er wäre nie in Haft gewesen und es wäre gegen ihn kein Strafverfahren anhängig. Es wäre darum gegangen, ihn zum Überwechseln zur BNP zu überreden. "Eigentlich hat das mit mir persönlich nichts zu tun". Wenn die Streitgegner ihn sehen würden, würden sie ihn totschlagen. Weitere Fluchtgründe hätte es nicht gegeben.

Aus diesem unbestimmten Vorbringen sei nicht zu ersehen, daß der Beschwerdeführer von seiten des bangladesischen Staates der Gefahr einer unmenschlichen Behandlung, Strafe oder der Todesstrafe (§ 37 Abs. 1 FrG) oder Verfolgungen "im Sinn der Konvention" (§ 37 Abs. 2 FrG) ausgesetzt wäre. Den letztgenannten Gesichtspunkt betreffend könne auch auf die rechtskräftige Abweisung seines Asylantrages verwiesen werden. Für die Feststellung nach § 54 FrG komme es nicht auf die allgemeinen, in einem bestimmten Staat herrschenden Verhältnisse, sondern auf eine konkrete, von staatlichen Stellen zumindest gebilligte individuell gegen den Fremden gerichtete aktuelle Bedrohung an. Bloß lapidare Behauptungen vermögen nicht die vom Gesetz geforderten "stichhaltigen Gründe" für das Vorliegen von Gefahren im Sinn des § 37 Abs. 1 und/oder von Verfolgungen im Sinn des § 37 Abs. 2 FrG darzustellen.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Fremde im Rahmen eines Feststellungsverfahrens nach § 54 FrG das Bestehen einer aktuellen, also im Falle der Abschiebung des Fremden in den von seinem Antrag erfaßten Staat dort gegebenen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten Bedrohung im Sinn des § 37 Abs. 1 und/oder Abs. 2 FrG glaubhaft zu machen, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerter Angaben darzutun ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 4. September 1996, Zlen. 96/21/0691 und 692). Indem die belangte Behörde die - in der Beschwerde unbestritten gebliebene - Aussage des Beschwerdeführers in der Weise wertete, daß es ihm nicht gelungen sei, eine Bedrohung im Sinn des § 37 Abs. 1 und/oder Abs. 2 FrG glaubhaft zu machen, kann dies keineswegs als unrichtig angesehen werden. Die Aussage, man würde ihn "totschlagen", steht im Widerspruch zur weiteren Aussage, man wolle ihn zum Überwechseln zur BNP "überreden" und eigentlich habe das mit ihm persönlich nichts zu tun. Aus diesem Grund gehen die weitwendigen Ausführungen in der Beschwerde zur Notwendigkeit amtswegiger Ermittlungen und zu Sachverhalten, die andere Personen betreffen, ins Leere. Eine Verletzung der Begründungspflicht durch die belangte Behörde vermag der Beschwerdeführer nicht aufzuzeigen. Der Rüge, die belangte Behörde habe beantragte Beweise nicht aufgenommen, ist im Hinblick darauf der Boden entzogen, daß der Beschwerdeführer die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels nicht aufzeigt. Der Beschwerdehinweis auf die allgemeine Situation in Bangladesh vermag die Glaubhaftmachung einer konkreten Bedrohung im Sinn des § 37 Abs. 1 und/oder Abs. 2 FrG nicht zu ersetzen. Auch nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte genügt die bloße Möglichkeit einer dem Art. 3 MRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben wird, nicht, um die Abschiebung des Fremden in diesen Staat unter dem Gesichtspunkt dieser Bestimmung als unzulässig erscheinen zu lassen. Vielmehr müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, daß gerade der Betroffene einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde (vgl. das Urteil vom 30. Oktober 1991 im Fall Vilvarajah and Others, Ser. A Nr. 215 = ÖJZ 1992, 309 ff, par. 109 ff).

2. Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

3. Bei diesem Ergebnis erübrigte sich eine Entscheidung des Berichters über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte