VwGH 96/21/0341

VwGH96/21/034122.5.1996

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Robl, Dr. Rosenmayr und Dr. Baur als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Loibl, über die Beschwerde 1.) der SM,

2.) des EM, und 3.) der AM, der Zweitbeschwerdeführer und die Drittbeschwerdeführerin vertreten durch die Erstbeschwerdeführerin, diese vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in L, gegen die Bescheide der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich je vom 25. März 1996, Zl. St 416/95, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:

Normen

FrG 1993 §17 Abs1;
FrG 1993 §17 Abs2 Z6;
FrG 1993 §19;
EMRK Art8 Abs2;
FrG 1993 §17 Abs1;
FrG 1993 §17 Abs2 Z6;
FrG 1993 §19;
EMRK Art8 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit den im Instanzenzug ergangenen Bescheiden vom 25. März 1996 wies die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich (die belangte Behörde) die Beschwerdeführer (Mutter und Kinder) gemäß § 17 Abs. 1 des Fremdengesetzes (FrG) aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich aus.

Begründend führte die belangte Behörde im wesentlichen aus, die Beschwerdeführer hielten sich seit 27. März 1995 im Bundesgebiet auf. Zum damaligen Zeitpunkt seien sie aufgrund zwischenstaatlicher Vereinbarungen berechtigt gewesen, sich drei Monate sichtvermerksfrei im Bundesgebiet aufzuhalten. Seit Ablauf der Dreimonatsfrist hielten sie sich nicht mehr rechtmäßig im Bundesgebiet der Republik Österreich auf. Seit diesem Zeitpunkt seien den Beschwerdeführern weder ein Sichtvermerk noch eine Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz erteilt worden. Ein Aufenthaltsrecht gemäß § 12 Aufenthaltsgesetz iVm der Verordnung der Bundesregierung über das Aufenthaltsrecht von kriegsvertriebenen Staatsangehörigen von Bosnien-Herzegowina (BGBl. Nr. 389/1995) komme den Beschwerdeführern nicht zu, weil sie bereits anderweitig Schutz gefunden hätten. Die Erstbeschwerdeführerin habe angegeben, sie sei mit ihren Kindern nach Rijeka geflüchtet und habe dort Aufnahme bei Bekannten gefunden. Von den kroatischen Behörden sei sie nie befragt, nie vorgeladen und auch nicht aus Kroatien ausgewiesen worden. Ihr in Österreich aufhältiger Ehegatte habe ihnen Geld und Lebensmittel nach Rijeka gebracht. Per Autostopp seien die Beschwerdeführer nach Laibach zum Bruder des Ehegatten der Erstbeschwerdeführerin gefahren. Dort sei die Erstbeschwerdeführerin von der Polizei in Laibach einvernommen worden; die dortige Polizeibehörde habe die Beschwerdeführer nach Rijeka zurückschicken wollen. Die kroatischen Behörden hätten sie jedoch nicht übernommen, weshalb sie von der slowenischen Polizei in das dortige Flüchtlingslager in Murska Subota (richtig: Sobota) gebracht worden seien. Dieses Lager hätten sie freiwillig verlassen, weil sie zum Ehegatten bzw. Vater reisen wollten. Per Autostopp seien sie nach Österreich eingereist. Der Ehegatte der Erstbeschwerdeführerin habe bei der österreichischen Botschaft in Laibach einen Antrag auf Aufenthaltsbewilligung eingebracht.

Die Beschwerdeführer hielten sich ca. acht Monate illegal im Bundesgebiet auf. Bereits ein mehrmonatiger unrechtmäßiger Aufenthalt eines Fremden im Bundesgebiet gefährde die öffentliche Ordnung in hohem Maße, die Ausweisung sei demnach zur Wahrung der öffentlichen Ordnung dringend geboten.

2. Gegen diese Bescheide richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, sie wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die Rechtmäßigkeit ihres Aufenthaltes in Österreich versuchen die Beschwerdeführer mit einem Hinweis auf § 12 Aufenthaltsgesetz iVm der dazu ergangenen Verordnung zu begründen.

Gemäß der Verordnung der Bundesregierung über das Aufenthaltsrecht von kriegsvertriebenen Staatsangehörigen von Bosnien-Herzegowina, BGBl. Nr. 389/1995, haben Staatsangehörige von Bosnien-Herzegowina und deren Ehegatten und minderjährige Kinder, die aufgrund der bewaffneten Konflikte in ihrer Heimat diese verlassen mußten, anderweitig keinen Schutz fanden und vor dem 1. Juli 1993 eingereist sind, ein vorübergehendes Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet. Dieses Aufenthaltsrecht besteht weiters für die nach dem 1. Juli 1993 eingereisten und einreisenden Personen, sofern die Einreise über eine Grenzkontrollstelle erfolgte, bei der sich der Fremde der Grenzkontrolle stellte und ihm entsprechend internationaler Gepflogenheiten die Einreise gestattet wurde.

Gegen die Auffassung der belangten Behörde, die Beschwerdeführer hätten vor der Einreise nach Österreich anderweitig Schutz gefunden, bestehen keine Bedenken. Die Beschwerdeführer bestreiten nicht den in den angefochtenen Bescheiden wiedergegebenen Inhalt der Aussage der Erstbeschwerdeführerin. Demnach hätten sich die Beschwerdeführer zuletzt in einem slowenischen Flüchtlingslager befunden. Somit ist das Beschwerdevorbringen, die Beschwerdeführer hätten "keinen effektiven Schutz vor Verfolgung in Slowenien und Kroatien gefunden", nicht nachvollziehbar, zumal sie nicht behaupten, von einer Rückschiebung nach Bosnien-Herzegowina bedroht gewesen zu sein. Das Motiv für die Ausreise aus Slowenien nach Österreich war - wie die Erstbeschwerdeführerin zugestand - der Wunsch, zu ihrem Mann zu kommen.

Da somit den Beschwerdeführern ein vorläufiges Aufenthaltsrecht nach § 12 Aufenthaltsgesetz iVm der genannten Verordnung nicht zukommt und sie eine Rechtmäßigkeit ihres Aufenthaltes in Österreich auch nicht auf andere Weise begründen können, erfolgte die Ausweisung gemäß § 17 Abs. 1 FrG - vorbehaltlich des § 19 FrG - frei von Rechtsirrtum.

2. Die belangte Behörde wies zutreffend auf den hohen Stellenwert hin, der der Einhaltung der den Aufenthalt von Fremden im Bundesgebiet regelnden Vorschriften aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 MRK) zukommt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 23. November 1995, Zl. 95/18/1270, 1271). Der unrechtmäßige Aufenthalt der Beschwerdeführer in Österreich beeinträchtigt zweifellos die öffentliche Ordnung auf dem Gebiet der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden im Bundesgebiet regelnden Vorschriften. Gegen das beträchtliche öffentliche Interesse an der Beendigung dieses Zustandes können auch die - angesichts des erst relativ kurzen Aufenthaltes der Beschwerdeführer in Österreich nicht stark ausgeprägten - familiären Beziehungen der Beschwerdeführer im Inland nicht den Ausschlag geben, weshalb die gegen die Beschwerdeführer verfügte Ausweisung auch im Grunde des § 19 FrG nicht rechtswidrig ist (vgl. auch dazu das hg. Erkenntnis Zl. 95/18/1270, 1271).

3. Soweit die Beschwerdeführer Feststellungs- und Begründungsmängel behaupten, unterlassen sie die Angabe, zu welchen Feststellungen die belangte Behörde gelangen hätte können, die zu einem für die Beschwerdeführer günstigeren Ergebnis der Sache geführt hätten. Der Verfahrensrüge fehlt daher die Relevanz.

4. Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war diese gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Bei diesem Ergebnis erübrigte sich eine Entscheidung des Berichters über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

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