VwGH 96/18/0416

VwGH96/18/041619.9.1996

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte

Dr. Zeizinger, Dr. Robl, Dr. Rigler und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Neumair, über die Beschwerde des A, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 11. Juli 1996, Zl. SD 347/96, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:

Normen

FrG 1993 §17 Abs1;
FrG 1993 §17 Abs4;
FrG 1993 §19;
FrG 1993 §17 Abs1;
FrG 1993 §17 Abs4;
FrG 1993 §19;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 11. Juli 1996 wurde der Beschwerdeführer, ein mazedonischer Staatsangehöriger, gemäß § 17 Abs. 1 Fremdengesetz - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ausgewiesen.

Der Beschwerdeführer sei Ende 1989 sichtvermerksfrei in das Bundesgebiet eingereist. Ein erst am 27. Juni 1990 gestellter Sichtvermerksantrag sei am 19. Juli 1990 zurückgezogen worden. Erst am 4. Februar 1991 sei neuerlich ein Sichtvermerksantrag gestellt und ein bis 11. November 1991 befristeter Sichtvermerk erteilt worden. Wegen des illegalen Aufenthaltes bis zur Antragstellung sei die zum Vormund des Beschwerdeführers bestellte Jasmina K. rechtskräftig bestraft worden. Aufgrund eines am 4. Februar 1992 gestellten Antrages sei dem Beschwerdeführer ein bis 20. Februar 1993 gültiger Sichtvermerk erteilt worden. Fast zwei Jahre nach Ablauf dieses Sichtvermerkes, am 30. Jänner 1995, sei vom Beschwerdeführer ein Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gestellt worden. Dieser Antrag sei mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien mit Bescheid vom 31. Jänner 1995 abgewiesen worden, die dagegen erhobene Berufung mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 17. Juli 1995. Wegen des unrechtmäßigen Aufenthaltes vom 21. Februar 1993 bis zur Antragstellung sei der Beschwerdeführer wegen Übertretung des Fremdengesetzes rechtskräftig bestraft worden. Ein neuerlicher Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung vom 21. Dezember 1995 sei mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 7. März 1996 abgewiesen worden. Der jetzt bereits volljährige Beschwerdeführer halte sich jedenfalls seit 21. Februar 1993 nicht rechtmäßig im Bundesgebiet auf. Dieser Sachverhalt werde vom Beschwerdeführer bestätigt.

Wenngleich ein im Grunde des § 19 FrG relevanter Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers vorliege, so sei doch zu bedenken, daß der Aufenthalt des Beschwerdeführers nur vom 4. März 1991 bis 11. November 1991 und vom 4. Februar 1992 bis 20. Februar 1993 rechtmäßig gewesen sei. Weiters sei zu berücksichtigen, daß die von der Schwägerin des Beschwerdeführers ausgeübte Vormundschaft nunmehr aufgrund der Erreichung der Volljährigkeit beendet sei. Unter Bedachtnahme auf diese Umstände sei der durch die Ausweisung bewirkte Eingriff i.S. des § 19 FrG im Hinblick auf die Ziele des Art. 8 Abs. 2 MRK (hier: ein geordnetes Fremdenwesen als Teil der öffentlichen Ordnung) dringend geboten und daher zulässig, zumal der Beschwerdeführer (bzw. sein Vormund) bereits zweimal wegen unrechtmäßigen Aufenthaltes rechtskräftig bestraft worden sei. Die Tolerierung eines weiteren illegalen Aufenthaltes des Beschwerdeführers - der die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung im Inland nicht beantragen könne - erscheine nicht vertretbar.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, der Sache nach inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn aus diesem Grund aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. In der Beschwerde bleibt die - auf den unbestrittenen maßgeblichen Sachverhaltsfeststellungen beruhende - Ansicht der belangten Behörde, daß sich der Beschwerdeführer jedenfalls seit 21. Februar 1993 unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte, unbekämpft. Der Gerichtshof hegt gegen diese Beurteilung und damit auch gegen die Ansicht der belangten Behörde, daß der Beschwerdeführer gemäß § 17 Abs. 1 FrG - vorbehaltlich der Zulässigkeit nach § 19 leg. cit. - auszuweisen sei, keine Bedenken.

2. Wenn der Beschwerdeführer die Meinung vertritt, die belangte Behörde hätte darauf Bedacht nehmen müssen, daß er gegen die seinen Antrag nach dem Aufenthaltsgesetz abweisende Entscheidung Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben und beantragt habe, dieser aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, so verkennt er damit, ebenso wie mit seiner Ansicht, daß die Erledigung der besagten Beschwerde für die Entscheidung im Ausweisungsverfahren präjudiziell sei, die Rechtslage. Selbst wenn der Beschwerdeführer rechtzeitig einen Antrag auf Verlängerung einer Aufenthaltsbewilligung gestellt hätte - was nach den unbestrittenen einschlägigen Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Bescheid nicht der Fall war -, hätte die Fremdenbehörde gemäß § 17 Abs. 4 FrG idF BGBl. Nr. 110/1994 mit ihrer Entscheidung über die Ausweisung lediglich bis zur rechtskräftigen Erledigung des Verlängerungsantrages zuzuwarten gehabt. Nicht hingegen wäre sie gehalten gewesen, die Beendigung des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens gegen den negativen aufenthaltsbehördlichen Bescheid abzuwarten, vermag doch die Einbringung einer (mit einem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung verbundenen) Verwaltungsgerichtshof-Beschwerde nichts an der Rechtskraft der solcherart bekämpften Entscheidung zu ändern.

Von einer Präjudizialität der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes im Verfahren betreffend die Versagung der Aufenthaltsbewilligung i.S. einer notwendigen (unabdingbaren) Grundlage für die Entscheidung im Ausweisungsverfahren kann keine Rede sein, ist doch die zur Entscheidung über die Ausweisung berufene Fremdenbehörde sachlich zuständig zu prüfen, ob im Zeitpunkt ihrer Entscheidung der hiefür maßgebliche Tatbestand des § 17 Abs. 1 erster Halbsatz FrG verwirklicht ist.

3. Auch der Beschwerdevorwurf, die belangte Behörde habe "das Ermessen" nicht nur "menschenrechtswidrig im Sinne der Konvention", sondern auch "schlicht verfassungswidrig, insbesondere wegen Verletzung des Gleichheitssatzes", gehandhabt, weil gegenüber den "anderen Familienmitgliedern" (Vormund und Geschwister) "unsachlich differenziert" worden sei, zeigt keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Denn für die Rechtmäßigkeit dieses Bescheides ist - abgesehen von der Zulässigkeit nach § 19 FrG - allein maßgebend, ob der Beschwerdeführer sich zum Zeitpunkt von dessen Erlassung unerlaubt im Bundesgebiet aufgehalten hat. Diese Frage aber hat die belangte Behörde, wie dargetan, zutreffend bejaht. Ob dies auch auf andere Mitglieder der Familie des Beschwerdeführers zutrifft, ist nicht Gegenstand des vorliegenden Beschwerdeverfahrens. Im übrigen scheint die Beschwerde mit ihrem Vorbringen zu übersehen, daß sie selbst an anderer Stelle ausdrücklich darauf hinweist, daß die "sonstige übrige gesamte Familie ... jeweils über Aufenthaltsbewilligungen verfügen". Aus welchen Gründen den übrigen Familienmitgliedern Aufenthaltsbewilligungen erteilt wurden (dies unter der Annahme, daß die Beschwerdebehauptung zutrifft), war für die belangte Behörde bei ihrer hier zur Beurteilung stehenden Entscheidung ohne Relevanz.

Sofern die Beschwerdeausführungen auch dahin zu verstehen sein sollten, daß die angefochtene Entscheidung gegen § 19 FrG verstoße, so wären der Beschwerde die von der belangten Behörde im Rahmen der Zulässigkeitsprüfung angestellten zutreffenden Erwägungen (oben I.1.) entgegenzuhalten, wobei im Hinblick auf die gravierende Beeinträchtigung des maßgeblichen öffentlichen Interesses durch das Fehlverhalten des Beschwerdeführers am Dringend-geboten-sein seiner Ausweisung auch der Umstand nichts änderte, daß - laut Beschwerde - vier Geschwister (mit denen zusammenzuleben er indes nicht behauptet) in Österreich leben.

4. Da nach dem Gesagten die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt - was bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt -,war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.

5. Bei diesem Ergebnis erübrigte sich ein Abspruch über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

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