VwGH 96/11/0195

VwGH96/11/01951.10.1996

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Neumeister, über die Beschwerde des H in Z, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in Z, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg vom 19. Juni 1996, Zl. 5/04-14/849/2-1996, betreffend Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Berufung in einer Angelegenheit des Kraftfahrwesens, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §38;
AVG §64 Abs2;
KFG 1967 §73 Abs1;
AVG §38;
AVG §64 Abs2;
KFG 1967 §73 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde und der ihr angeschlossenen Kopie des angefochtenen Bescheides ergibt sich folgender Sachverhalt:

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Zell am See vom 8. Jänner 1996 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 73 Abs. 1 KFG 1967 die Lenkerberechtigung für Kraftfahrzeuge der Gruppen B, C, E und G entzogen und gemäß § 73 Abs. 2 KFG 1967 ausgesprochen, daß ihm auf die Dauer von 20 Monaten von der Zustellung dieses Bescheides an keine neue Lenkerberechtigung erteilt werden darf; einer Berufung wurde gemäß § 64 Abs. 2 AVG die aufschiebende Wirkung aberkannt. Der Beschwerdeführer erhob gegen diesen Bescheid Berufung.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde "der Berufung wegen Aberkennung der aufschiebenden Wirkung... keine Folge gegeben" und der erstinstanzliche Bescheid in diesem Punkt bestätigt. In der Begründung des angefochtenen Bescheides wurde dem Beschwerdeführer abschließend "bekanntgegeben, daß das Berufungsverfahren wegen Entziehung der Lenkerberechtigung gemäß § 38 AVG bis zum rechtskräftigen Abschluß" eines näher bezeichneten, beim Unabhängigen Verwaltungssenat Salzburg anhängigen, Verwaltungsstrafverfahrens ausgesetzt wird."

In seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend und beantragt dessen kostenpflichtige Aufhebung.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Vorauszuschicken ist, daß nach dem Spruch des angefochtenen Bescheides der Inhalt des normativen Abspruches nur die Frage der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung der Berufung gegen den erstinstanzlichen Entziehungsbescheid ist. Es ist daher verfehlt, wenn der Beschwerdeführer auf der ersten Seite seines Beschwerdeschriftsatzes (auch) die Verletzung des Rechtes "auf fehlerfreie Handhabung des bei Frage der Aussetzung des Verfahrens auszuübenden Ermessens gem. § 38 AVG" geltend macht. Dasselbe gilt für die abschließende Ausführung der Beschwerdegründe über die behauptete Rechtswidrigkeit der Aussetzung. Die Aussetzung des Entziehungsverfahrens wurde nicht spruchmäßig verfügt und ist nicht Inhalt des angefochtenen Bescheides.

Gemäß dem ersten Satz des § 64 Abs. 2 AVG kann die Behörde die aufschiebende Wirkung einer Berufung ausschließen, wenn die vorzeitige Vollstreckung im Interesse einer Partei oder des öffentlichen Wohles wegen Gefahr in Verzug dringend geboten ist.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner ständigen Rechtsprechung zum Ausdruck gebracht, daß es dem Gesetz entspricht, einer Berufung gegen eine Entziehung der Lenkerberechtigung die aufschiebende Wirkung abzuerkennen, weil es im gegebenen Zusammenhang aus Gründen der Verkehrssicherheit geboten ist, verkehrsunzuverlässige KFZ-Lenker von der Teilnahme am öffentlichen Straßenverkehr mit Kraftfahrzeugen (auch) für die Dauer des Berufungsverfahrens fernzuhalten (vgl. die Erkenntnisse vom 17. Dezember 1986, Zl. 86/11/0161, und vom 17. Oktober 1989, Zl. 88/11/0237). In diesem Stadium des Verfahrens bzw. bei Fällung dieser Entscheidung ist von dem Inhalt der erstinstanzlichen Entscheidung auszugehen. Nach dieser ist der Beschwerdeführer verkehrsunzuverlässig. Mit der Herstellung seiner Verkehrszuverlässigkeit ist nicht vor Ablauf von 20 Monaten von der Zustellung des Erstbescheides an, also nicht vor September 1997, zu rechnen. In diesem Zusammenhang ist auch beachtlich, daß der Beschwerdeführer nach der Annahme der Erstbehörde seit 1991 das dritte Alkoholdelikt begangen habe. Die vom Gesetz geforderte Gefahr im Verzug wird durch die Teilnahme eines verkehrsunzuverlässigen KFZ-Lenkers am Straßenverkehr bewirkt und nicht erst durch die Zustellung des erstinstanzlichen Entziehungsbescheides, mit der die Entziehung mangels vorläufiger Führerscheinabnahme wirksam geworden ist. Daß der Beschwerdeführer über ein Jahr lang trotz seiner vorläufig angenommenen Verkehrsunzuverlässigkeit Kraftfahrzeuge auf Straßen mit öffentlichem Verkehr lenken durfte und er sich dabei wohlverhalten habe, vermittelt ihm keinen Rechtsanspruch auf weitere Belassung der Lenkerberechtigung während des Berufungsverfahrens. Ein solches Wohlverhalten wird allenfalls bei der Bemessung der Zeit nach § 73 Abs. 2 KFG 1967 durch die belangte Behörde zu berücksichtigen sein.

Daß der Beschwerdeführer ohne Lenkerberechtigung "Gehalts- und Vermögenseinbußen" erleide, ist angesichts der oben dargestellten Gefahr im Verzug ohne Bedeutung.

Der Verwaltungsgerichtshof verkennt nicht, daß die Rechtslage insofern rechtspolitisch fragwürdig ist, als sie durch die Kombination der Möglichkeiten der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer gegen einen Entziehungsbescheid gerichteten Berufung gemäß § 64 Abs. 2 AVG und der Aussetzung des Entziehungsverfahrens gemäß § 38 AVG im Ergebnis den - im übrigen verpönten - sogenannten "kalten Entzug" ermöglicht.

Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht gegeben ist, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.

Angesichts der Erledigung der Beschwerde erübrigt sich ein Abspruch über den - zur hg. Zl. AW 96/11/0069, protokollierten - Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

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