Normen
ABGB §1332;
AVG §71 Abs1 Z1;
VwGG §26 Abs1 Z1;
VwGG §46 Abs1;
ABGB §1332;
AVG §71 Abs1 Z1;
VwGG §26 Abs1 Z1;
VwGG §46 Abs1;
Spruch:
Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG wird dem Antrag stattgegeben.
Begründung
Nach dem Vorbringen der Beschwerdeführerin sei der letzte Tag der Frist zur Einbringung der Verwaltungsgerichtshofbeschwerde der 7. Juni 1996 gewesen. Dieselbe Frist sei auch für zwei weitere Verwaltungsgerichtshofbeschwerden zu beachten gewesen, weil in allen drei Fällen der Beschwerdeführerin Verfahrenshilfe durch Beigebung eines Rechtsanwaltes gewährt worden und die Zustellung des Verfahrenshilfebescheides an die Vertreterin am 26. April 1996 erfolgt sei. Die Verfahrenshelferin habe die Beschwerden zeitgerecht abgefaßt und alle drei zusammen mit den übrigen Briefen am späten Abend des 7. Juni 1996 zwecks Postaufgabe in ihre Aktentasche gepackt. Als die Rechtsanwältin gegen 23.15 Uhr beim Postschalter am Südbahnhof eingelangt sei, "hatte Sie eine beginnende Migräne mit latentem Brechreiz, dessentwegen sie trachtete, so schnell wie möglich nach Hause zu kommen". Nur aus diesem Grund habe sie übersehen, daß das Kuvert mit der beiliegenden Beschwerde versehentlich in ein ebenfalls in der Aktentasche befindliches Notizheft gerutscht sei. Die Vertreterin habe zwar in der Schalterhalle vor der Aufgabe der Briefe noch nachgezählt, ob diese vollständig seien, dürfte sich aber - wegen der Übelkeit mit der sie in steigendem Maße zu kämpfen gehabt habe - verzählt haben. Jedenfalls sei ihr trotz Kontrolle nicht aufgefallen, daß eine Verwaltungsgerichtshofbeschwerde fehle und sie daher nicht - wie vorgesehen - drei Stücke zur Post gegeben habe, sondern nur zwei. Die beiden anderen Beschwerden seien rechtzeitig aufgegeben worden. Dieses Mißgeschick sei am 10. Juni 1996 "beim Ausräumen der Aktentasche" aufgefallen und es werde unter unverzüglicher Nachbringung der versehentlich zurückgebliebenen Beschwerde der Wiedereinsetzungsantrag gestellt.
Als Bescheinigungsmittel brachte die Beschwerdeführerin eine eidesstättige Erklärung ihrer Verfahrenshelferin dadurch bei, daß diese die im Wiedereinsetzungsantrag vom 10. Juni 1996 dargestellte Sachverhaltsschilderung mit ihrer eigenhändigen Unterschrift bestätigte (die Verfahrenshelferin sei auch jederzeit bereit, den Sachverhalt mündlich zu bescheinigen).
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Daß der Partei ein Verschulden zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.
Der Verwaltungsgerichtshof vertritt in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, daß ein Verschulden des Parteienvertreters einem Verschulden der Partei selbst gleichzusetzen ist (vgl. den Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. Jänner 1993,
92/09/0327, m.w.N.). Die Bewilligung der Wiedereinsetzung kommt somit nur in Betracht, wenn dem Antragsteller und seinem Vertreter kein Versehen oder nur ein minderer Grad des Versehens angelastet werden kann.
Ausgehend von den glaubwürdigen - durch die eidesstättige Erklärung der Verfahrenshelferin bekräftigten - Angaben im Wiedereinsetzungsantrag ist die Versäumung der Frist zur Beschwerdeerhebung auf ein unvorhergesehenes Ereignis, nämlich auf die im Zusammenhang mit einer gesundheitlichen Beeinträchtigung irrtümlich unterbliebene Postaufgabe durch die Vertreterin der Beschwerdeführerin zurückzuführen. Es besteht kein Grund zur Annahme, daß der Vertreterin nicht nur ein minderer Grad des Versehens unterlaufen wäre. Da auch die versäumte Prozeßhandlung zugleich mit dem rechtzeitig gestellten Wiedereinsetzungsantrag nachgeholt wurde, war dem Antrag stattzugeben.
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