Normen
B-VG Art140 Abs1;
B-VG Art18 Abs1;
ForstG 1975 §4 Abs1;
B-VG Art140 Abs1;
B-VG Art18 Abs1;
ForstG 1975 §4 Abs1;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Der vorliegenden Beschwerde und der dieser angeschlossenen Bescheidausfertigung zufolge wurde mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 22. September 1995 die Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom 20. März 1995, betreffend die Abweisung der Berufung der Beschwerdeführerin gegen die mit Bescheid des Magistrates Villach vom 20. April 1994 ausgesprochene Waldfeststellung, als unbegründet abgewiesen. Hiezu wurde im wesentlichen ausgeführt, der Magistrat Villach habe festgestellt, daß es sich bei einer - näher dargestellten - Teilfläche des Grundstücks Nr. 304/1, KG V, im Ausmaß von rund 10.700 m2 um Wald i.S.d. ForstG handle. Diese Auffassung sei vom Landeshauptmann von Kärnten aufgrund der Ausführungen des forstlichen Amtssachverständigen und der aufliegenden Luftbilder bestätigt worden. Laut den Feststellungen der in erster und zweiter Instanz beigezogenen forsttechnischen Amtssachverständigen sei die genannte Grundfläche bis zum Frühjahr 1993 mit Weide, Robinie, Fichte und Kiefer in einer Wuchshöhe zwischen 2 und 5 m bewachsen gewesen. Der aus Naturverjüngung hervorgegangene Bewuchs habe eine durchschnittliche Überschirmung von 7/10 erreicht. Diese Schlußfolgerungen ergäben sich aufgrund der jeweiligen Begehungen, wobei bereits am 2. September 1992 von der Bezirksforstinspektion Villach aufgrund einer Besichtigung erhoben worden sei, daß es sich bei den Grundstücken Nr. 304/1, 304/14 und 176 (nunmehr Grundstück Nr. 304/1) um Wald i.S.d. ForstG handle, da die Fläche mit ca. 5- bis 10-jährigen Weiden zu 80 % bewachsen sei und daher eine Neubewaldungsfläche darstelle. Für die Grundstücke Nr. 304/1 und 304/14, KG V, seien Rodungsbewilligungen zum Zwecke des Abbaues von Schotter erteilt worden (Bescheide vom 4. Jänner 1961 und vom 4. Mai 1965). Anläßlich einer weiteren Begehung und eines Berichtes vom 22. Juli 1993 sei festgestellt worden, daß im Frühjahr 1993 Bewuchs entfernt worden sei, der Rest im Ausmaß von ca. 2.000 m2 eine durchschnittliche Höhe von 2,5 m habe und zu 100 % überschirmt sei. Die Wurzelstöcke der kahlgelegten Fläche hätten erkennen lassen, daß der ehemalige Bestand ein Alter von 7 bis 9 Jahren gehabt hätte, wobei die Wurzelstöcke sehr dicht gestanden seien, sodaß man bei deren Zählung auf 5.000 bis 10.000 Stück pro ha komme. Durch die Luftbilder aus dem Jahre 1986 und 1991 sowie durch die vorhandenen Wurzelstöcke habe festgestellt werden können, daß die Überschirmung der Neubewaldungsfläche vor der Fällung mindestens 80 % betragen habe, wobei Bestandesteile mit 100 % Überschirmung und Flächen mit 60 % Überschirmung gewechselt hätten. Der Überschirmungsgrad von über 0,5 sei aber jedenfalls gegeben gewesen. Im Herbst 1993 sei auch die restliche Fläche von 2.000 m2 geschlägert worden und es habe der im zweitinstanzlichen Verfahren beigezogene Amtssachverständige aufgrund der kahlgeschlägerten Fläche lediglich anhand der vorhandenen Wurzelstöcke, der Luftbilder sowie der Aussagen des Amtssachverständigen erster Instanz seine Schlußfolgerungen hinsichtlich der Überschirmung bestätigen können. In den Entscheidungen der Vorinstanzen sei bereits eingehend das von der Beschwerdeführerin vorgelegte Privatsachverständigengutachten, wonach im Durchschnitt von einer Überschirmung von weniger als 5/10 der Fläche ausgegangen werden könne, insofern entkräftet worden, als in diesem Gutachten lediglich eine Schätzung der Überschirmung von weniger als 0,5 behauptet werde, eine genauere Darlegung dieser Schätzung aber nicht erfolgt sei und auch die behauptete Strauchfläche gegebenenfalls bei den Arten Fichte, Kiefer und Weide nicht zutreffe. Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft gehe davon aus, daß vor den Schlägerungsmaßnahmen im Frühjahr und Herbst 1993 die Voraussetzungen der §§ 1 Abs. 1 und 4 Abs. 1 des ForstG für die Qualifikation der gegenständlichen Teilfläche als Wald vorgelegen hätten. Nach Einstellung des Schotterabbaus auf der gegeständlichen Grundfläche im Jahre 1979 habe sich im Laufe der Zeit eine Naturverjüngung gebildet, wobei bis zum Zeitpunkt der ersten Schlägerungen im Frühjahr 1993 eine Überschirmung von mehr als 5/10 der Fläche bestanden habe und daher die Voraussetzungen einer Neubewaldung gemäß § 4 Abs. 1 des ForstG vorgelegen seien. Die Ausnahmebestimmungen des § 1 Abs. 4 lit. a oder c des ForstG fänden nur dann Anwendung, wenn sich aus sonstigen Bestimmungen des ForstG nichts anderes ergäbe. Ergänzungen des Ermittlungsverfahrens seien nicht erforderlich, weil bereits aus den gesamten Aktenunterlagen "der Sachverhalt als auch die rechtliche Situation" eindeutig geklärt sei und durch mehrmalige Begehungen der Amtssachverständigen beginnend im September 1992 sowie aus Luftbildaufnahmen die forstfachliche Situation auf der gegenständlichen Grundfläche im Hinblick auf die Waldqualifikation habe nachgewiesen werden können.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid im Recht auf Feststellung, daß es sich bei der genannten Teilfläche nicht um Wald i.S.d. ForstG 1975 handle, verletzt. Sie bringt in Ausführung dieses Beschwerdepunktes unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit im wesentlichen vor, daß Neubewaldung nach § 4 ForstG nur bei Grundflächen denkbar sei, deren forstlicher Bewuchs auf bisherigem Nichtwaldboden das im § 1 Abs. 1 geforderte Mindestausmaß erreiche UND für welche die Waldeigenschaft nicht gemäß § 1 Abs. 4 ausgeschlossen sei. Letzteres sei aber bei der gegenständlichen Grundfläche der Fall. Es stehe fest, daß diese Grundfläche ausschließlich hiebsunreife Bestände aufweise und daß entgegen der Rechtsansicht der Behörde keine forstliche Nutzung vorliege. Es sei daher die Ansicht der belangten Behörde, wonach § 4 des ForstG nicht im Zusammenhang mit dessen § 1 und im besonderen im Zusammenhang mit der Ausnahmebestimmung des § 1 Abs. 4 lit. a zu sehen sei, unrichtig. Gerade die Textierung des § 4 (Grundflächen, die bisher nicht Wald waren ... unterliegen den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes) bedeute, daß im Falle des Eintretens einer Naturverjüngung die davon betroffene Grundfläche auch dem § 1 und dessen Ausnahmebestimmung des Abs. 4 unterliege. Die von der belangten Behörde vertretene Rechtsansicht würde zum "doch nicht ernstlich gewollten Ergebnis" führen, daß beispielsweise Grundflächen, die sowohl hiebsreife Bestände (mit einer Überschirmung von weniger als 3/10) als auch hiebsunreife Bestände aufwiesen, nicht Wald i. S.d. ForstG seien, während eben Flächen, die überhaupt keine hiebsreifen Bestände aufwiesen und forstlich nicht genutzt würden, als Wald anzusehen wären. Der angefochtene Bescheid sei daher nach Auffassung der Beschwerdeführerin mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit behaftet. Im übrigen sei § 4 Abs. 1 ForstG wegen der nicht gerechtfertigten Ungleichbehandlung der Eigentümer von Grundflächen, die der Walddefinition des § 1 Abs. 1 ForstG entsprächen und denen daher das Privileg des § 1 Abs. 4 dieses Gesetzes zukomme, und der Eigentümer von Grundflächen, auf die der Begriff Neubewaldung zutreffe, verfassungswidrig. Diese Gesetzesstelle sei aber auch nicht mit Art. 18 Abs. 1 B-VG vereinbar, weil weder im Wege der grammatikalischen noch der teleologischen Auslegung "ein lückenloser Inhalt" der Vorschrift ermittelt werden könne, durch den das Verhalten der Behörde ausreichend determiniert erscheine. Die Beschwerdeführerin beantrage daher auch, daß beim Verfassungsgerichtshof der Antrag gestellt werde, diese Bestimmung als verfassungswidrig aufzuheben.
Gemäß § 5 Abs. 1 ForstG 1975 hat die Behörde, wenn Zweifel bestehen, ob
- a) eine Grundfläche Wald ist oder
- b) ein bestimmter Bewuchs in der Kampfzone des Waldes oder als Windschutzanlage den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes unterliegt, von Amts wegen oder auf Antrag eines gemäß § 19 Abs. 2 Berechtigten ein Feststellungsverfahren durchzuführen.
Sie hat gemäß § 5 Abs. 2 ForstG 1975 mit Bescheid auszusprechen, daß es sich bei einer Grundfläche um Wald i.S.d. Bundesgesetzes handelt, wenn sie feststellt, daß diese Grundfläche zum Zeitpunkt der Antragstellung oder innerhalb der vorangegangenen 15 Jahre Wald i.S.d. Bundesgesetzes war. Weist der Antragsteller nach, daß
- a) die Voraussetzungen des ersten Satzes nicht zutreffen oder
- b) eine Rodungsbewilligung erteilt wurde oder
- c) die Behörde aus einem anderen Anlaß festgestellt hat, daß es sich nicht um Wald i.S.d. Bundesgesetzes handelt,
und ist inzwischen keine Neubewaldung erfolgt, so hat die Behörde mit Bescheid auszusprechen, daß es sich bei dieser Grundfläche nicht um Wald i.S.d. Bundesgesetzes handelt.
§ 4 Abs. 1 ForstG 1975 normiert unter der Überschrift "Neubewaldung", daß Grundflächen, die bisher nicht Wald waren, im Falle der Aufforstung (Saat oder Pflanzung) nach Ablauf von 10 Jahren nach deren Durchführung, im Falle der Naturverjüngung nach Erreichen einer Überschirmung von 5/10 ihrer Fläche, den Bestimmungen des Bundesgesetzes unterliegen; die Bestimmungen des IV. Abschnittes sind jedoch bereits ab dem Vorhandensein des Bewuchses anzuwenden.
Wald i.S.d. ForstG 1975 sind gemäß § 1 Abs. 1 dieses Gesetzes mit Holzgewächsen der im Anhang angeführten Arten (forstlicher Bewuchs) bestockte Grundflächen, soweit die Bestockung mindestens eine Fläche von 1.000 m2 und eine durchschnittliche Breite von 10 m erreicht. Nicht als Wald i. S.d. § 1 Abs. 1 gelten gemäß § 1 Abs. 4 lit. a ForstG 1975 jedoch unbeschadet anderer Bestimmungen dieses Bundesgesetzes Grundflächen, die nicht forstlich genutzt werden und deren das Hiebsunreifealter übersteigender Bewuchs eine Überschirmung von 3/10 nicht erreicht hat.
Der von der Beschwerde vertretene Standpunkt, daß ungeachtet des Erreichens einer Überschirmung von 5/10 der Fläche die Waldeigenschaft nicht vorliege, weil mangels forstlicher Nutzung und wegen der Hiebsunreife des gesamten Bewuchses zugleich der Tatbestand des § 1 Abs. 4 lit. a ForstG 1975 erfüllt sei, ist - wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 19. Dezember 1994, Zl. 93/10/0231 ausführlich dargelegt hat und auf das gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird - unzutreffend.
Die Beschwerdeführerin verkennt, daß die Fiktion der Nichtwaldeigenschaft des § 1 Abs. 4 lit. a ForstG 1975 "unbeschadet anderer Bestimmungen dieses Bundesgesetzes" normiert ist, also immer erst dann greift, wenn nicht der Tatbestand anderer Bestimmungen dieses Gesetzes, im vorliegenden Fall jener des § 4 Abs. 1, erfüllt ist. Die von ihr vermutete Ungleichbehandlung der Eigentümer von Waldgrundstücken liegt daher in Wahrheit nicht vor.
Die nicht weiter begründete Auffassung der Beschwerdeführerin, § 4 Abs. 1 ForstG sei mit Art. 18 Abs. 1 B-VG unvereinbar, teilt der Verwaltungsgerichtshof nicht. Vielmehr bestehen unter dem Gesichtspunkt des Art. 18 Abs. 1 B-VG gegen diese Bestimmung keine Bedenken.
Da schließlich weder dem angefochtenen Bescheid, noch der vorliegenden Beschwerde ein Anhaltspunkt dafür zu entnehmen ist, die verfahrensgegenständliche Liegenschaft sei schon bisher Wald gewesen, bzw. sie habe nach § 1 Abs. 4 ForstG 1975 nicht als Wald gegolten (vgl. nochmals das zitierte Erkenntnis vom 19. Dezember 1994), läßt bereits der Inhalt der vorliegenden Beschwerde erkennen, daß die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt.
Die Beschwerde war daher gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
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