Spruch:
Gemäß § 42 Abs. 4 in Verbindung mit § 62 Abs. 2 VwGG und § 73 AVG wird der Antrag der Beschwerdeführerin vom 21. März 1994 auf Übergang der Entscheidungspflicht an die belangte Behörde zur Entscheidung über das Baubewilligungsansuchen vom 21. September 1993 abgewiesen.
Die Marktgemeinde Mondsee hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.800,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Gegenstand der vorliegenden Säumnisbeschwerde ist der Devolutionsantrag der Beschwerdeführerin an die belangte Behörde vom 21. März 1994, der darauf gegründet war, daß der Bürgermeister dieser Gemeinde über ein Bauansuchen vom 21. September 1993 keine Entscheidung getroffen hatte. Der Sachverhalt stellt sich nach den von den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens vorgelegten Urkunden wie folgt dar:
Mit Bescheid vom 22. Mai 1990 bewilligte der Bürgermeister der Marktgemeinde Mondsee gemäß § 4 der OÖ Bauordnung 1976 (im folgenden: BO) nachstehenden Bauplatz: "KG Mondsee EZ neu Grundstücksnummer nn/4 per 6.305 m2". Dieser Bescheid wurde rechtskräftig.
Nicht innerhalb der Frist des § 5 Abs. 1 lit. b BO, sondern erst am 21. September 1993 suchte die Beschwerdeführerin um die Baubewilligung für das Bauvorhaben "XY" (Nutzung: Hotel) auf dem Grundstück Nr. nn/4, KG Mondsee an. Dieser Antrag langte im Marktgemeindeamt Mondsee am selben Tag ein. Der Bürgermeister übermittelte mit Schreiben vom 23. September 1993 dem Bezirksbauamt Gmunden ein Formblatt betreffend die Vorprüfung sowie die Einreichunterlagen.
Mit Datum vom 21. März 1994 richtete die Beschwerdeführerin ein Schreiben an die Marktgemeinde Mondsee, in welchem sie feststellte, daß über ihr Ansuchen vom 21. September 1993 bis zum heutigen Tage keine Entscheidung gefällt worden sei. Die Beschwerdeführerin stellte darin den Antrag, die Zuständigkeit für diese Baubewilligung vom Bürgermeister an den Gemeinderat als Baubehörde zweiter Instanz zu übertragen.
Die belangte Behörde hat das ihr zugekommene Original dieses Schreibens (mit dem wohl darauf befindlichen Einlaufstempel) nicht vorgelegt. Die Beschwerdeführerin hat in der Beschwerde nicht angegeben, ob sie es postalisch übersendet hat, sondern nur behauptet, daß dieses Schreiben spätestens am 23. März 1994 bei der Marktgemeinde Mondsee eingelangt sei. Im Zuge des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens hat der Bürgermeister mit Schreiben vom 3. März 1995 angegeben, mit Schreiben der Beschwerdeführerin vom 21. März 1994 sei am 22. März 1994 bei der belangten Behörde eingelangt.
Mit Schreiben vom 12. April 1994 übermittelte das Bezirksbauamt Gmunden das Ergebnis der von ihr vorgenommenen Vorprüfung; darin gibt es verschiedene Beanstandungen, u.a. auch dahingehend, daß keine Bauplatzbewilligung vorliege. Zusammenfassend wird das Projekt als nicht verhandlungsreif bezeichnet.
Mit Schreiben vom 4. Mai 1994 übermittelte der Bürgermeister eine Kopie des Vorprüfungsergebnisses der Beschwerdeführerin.
Die gegenständliche Säumnisbeschwerde langte am 3. November 1994 beim Verwaltungsgerichtshof ein. Sie wurde der belangten Behörde gemäß § 36 Abs. 2 VwGG am 17. November 1994 mit der Aufforderung zugestellt, binnen drei Monaten den versäumten Bescheid zu erlassen oder anzugeben, warum eine Verletzung der Entscheidungspflicht nicht vorliege und gemäß § 36 Abs. 1 VwGG die Akten des Verwaltungsverfahrens vorzulegen.
Mit Schreiben vom 24. Jänner 1995 forderte der Bürgermeister der Marktgemeinde Mondsee die Beschwerdeführerin gemäß § 45 Abs. 2 BO auf, bis zum 6. Februar 1995 um die Bauplatzbewilligung wegen Erlöschens der Bauplatzbewilligung vom 22. Mai 1990 anzusuchen. Die Beschwerdeführerin folgte dieser Aufforderung fristgerecht. Darüber informierte die Marktgemeinde Mondsee den Verwaltungsgerichtshof mit dem schon genannten Schreiben vom 3. März 1995.
In ihrer Eingabe an den Verwaltungsgerichtshof vom 16. Februar 1996 führte die Beschwerdeführerin aus, es könne nicht ihr zugerechnet werden, daß die Marktgemeinde Mondsee über das Bauansuchen solange nicht entscheidet, sodaß allenfalls Bauplatzbescheide nicht mehr anwendbar seinen.
Gemäß § 27 VwGG in der Fassung der Novelle
BGBl. Nr. 330/1990 kann Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht (Säumnisbeschwerde) nach Art. 132 B-VG erst erhoben werden, wenn die oberste Behörde, die im Verwaltungsverfahren, sei es im Instanzenzug, sei es im Wege eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht angerufen werden konnte, von einer Partei angerufen worden ist und nicht binnen sechs Monaten in der Sache entschieden hat. Die Frist läuft von dem Tag, an dem der Antrag auf Sachentscheidung bei der Stelle eingelangt ist, bei der er einzubringen war.
Da die belangte Behörde über den am 22. März 1994 im Gemeindeamt der Marktgemeinde Mondsee eingelangten Devolutionsantrag nicht binnen sechs Monaten entschieden hat (und auch der Aufforderung des Verwaltungsgerichtshofes zur Nachholung nicht entsprach), war die am 3. November 1994 beim Verwaltungsgerichtshof eingelangte Säumnisbeschwerde zulässig.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über diese Beschwerde erwogen:
§ 73 Abs. 1 bis 3 AVG in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 471/1995 lautet:
"(1) Die Behörde oder der unabhängige Verwaltungssenat sind verpflichtet, wenn in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, über Anträge von Parteien (§ 8) und Berufungen ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber sechs Monate nach deren Einlangen den Bescheid zu erlassen.
(2) Wird der Bescheid der Partei nicht innerhalb dieser Frist zugestellt, so geht auf ihren schriftlichen Antrag die Zuständigkeit zur Entscheidung auf die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde, wenn aber gegen die ausständige Entscheidung die Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat vorgesehen ist, auf diesen über. Ein solcher Antrag ist unmittelbar bei der Oberbehörde (beim unabhängigen Verwaltungssenat) einzubringen. Der Antrag ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht ausschießlich auf ein Verschulden der Behörde zurückzuführen ist.
(3) Für die Oberbehörde beginnt die in Abs. 1 bezeichnete Frist mit dem Tag des Einlangens des Antrages zu laufen."
Unter Bedachtnahme auf die Fristberechnungsvorschrift des § 32 Abs. 2 AVG war der Bürgermeister der Marktgemeinde Mondsee gemäß § 73 Abs. 1 AVG verpflichtet, spätestens sechs Monate nach dem 21. September 1993, d.h. spätestens am 21. März 1994 den Bescheid zu erlassen. Wäre der Schriftsatz am 21. März 1994 zur Post gegeben worden, wäre er verfrüht, weil ein zur Post gegebener Devolutionsantrag nur dann unter Beachtung der Frist des § 73 AVG eingebracht erscheint, wenn die Postaufgabe nach Ablauf dieser Frist erfolgt (siehe das hg. Erkenntnis vom 27. Jänner 1987, Zl. 85/04/0165, mwN). Da eine Postaufgabe aber nicht aktenkundig ist, muß davon ausgegangen werden, daß der Devolutionsantrag am 22. März 1994, somit nach Ablauf der Frist des § 73 AVG, überreicht wurde. Allerdings verhilft auch dies dem Devolutionsantrag noch nicht zum Erfolg:
Gemäß § 43 Abs. 1 lit. d BO hat das Bauansuchen die Daten der Bauplatzbewilligung oder einen entsprechenden Hinweis auf ein anhängiges Bauplatzbewilligungsverfahren zu enthalten, wenn für die Erteilung der Baubewilligung eine Bauplatzbewilligung erforderlich ist. Das gegenständliche Ansuchen vom 21. September 1993, welches auf einem Formblatt erfolgte, enthält unter Punkt 3 ("für das genannte Grundstück wurde die Bauplatzbewilligung mit Bescheid vom ..., Zl. ... erteilt") keine Angaben; auch wird nicht auf ein anhängiges Bauplatzbewilligungsverfahren hingewiesen.
Die Vorprüfung durch die Baubehörde erster Instanz und den bautechnischen Amtsachverständigen ergab darüber hinaus weitere formelle Mängel des Baubewilligungsansuchens, deren Behebung die Beschwerdeführerin (zur damaligen Zeit) nicht behauptet hat.
Zwar hat der Bürgermeister innerhalb der Sechs-Monatsfrist nach dem Ansuchen vom 21. September 1993 weder einen Verbesserungsauftrag im Sinne des § 13 Abs. 3 AVG noch im Sinne der Bestimmungen des § 45 Abs. 2 bzw. des § 44 Abs. 3 BO erteilt. Davon, daß die Verzögerung der Erledigung AUSSCHLIEßLICH auf ein Verschulden der Behörde zurückzuführen ist, kann aber dann keine Rede sein, wenn der Erlassung des Bescheides der Umstand entgegensteht, daß das von der Partei eingebrachte Ansuchen mit einem Formgebrechen behaftet ist. Der Umstand, daß ein Formgebrechen der Erledigung des Antrages im Wege steht, schließt das ALLEINIGE VERSCHULDEN der Behörde an der Verzögerung aus, auch wenn kein Verbesserungsauftrag im Sinne des § 13 Abs. 3 AVG erteilt wurde (siehe das hg. Erkenntnis vom 28. Juni 1994, Zl. 92/05/0066, mwN).
Die Beschwerdeführerin bestreitet nicht, daß für ihr Bauvorhaben die Erteilung einer Bauplatzbewilligung Voraussetzung gewesen wäre (§ 2 BO). Schon die Nichterfüllung der Bestimmung des § 43 Abs. 1 lit. d BO trug jedenfalls dazu bei, daß das Bauansuchen nicht rechtzeitig erledigt werden konnte. Auch wenn die Baubehörde erster Instanz ihrer Verpflichtung gemäß § 45 Abs. 2 BO nicht fristgerecht nachgekommen ist, war die Verzögerung nicht ausschließlich auf ein Verschulden der Behörde zurückzuführen. Der Devolutionsantrag war daher gemäß § 73 Abs. 2 letzter Satz AVG abzuweisen.
Die belangte Behörde war gehalten, über den am 22. März 1994 gestellten Devolutionsantrag zu entscheiden und wurde insofern säumig; der Antrag war aber abzuweisen, weil das alleinige Verschulden an der Verzögerung nicht bei der Baubehörde erster Instanz lag.
In Anbetracht der durch die wiedergegebene Judikatur eindeutig geklärten Rechtslage konnte die Entscheidung durch einen gem. § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat getroffen werden.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 55 Abs. 1 VwGG in der Fassung BGBl. Nr. 471/1995 in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Keiner der Gründe des § 55 Abs. 2 oder 3 VwGG lag vor.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)