VwGH 95/19/1298

VwGH95/19/129814.12.1995

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Holeschofsky, Dr. Bachler, Dr. Dolp und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des G in W, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 25. August 1995, Zl. 116.679/2-III/11/95, betreffend Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz, zu Recht erkannt:

Normen

B-VG Art130 Abs2;
FrG 1993 §10 Abs1 Z4;
FrG 1993 §19;
FrG 1993 §20 Abs1;
FrG 1993 §20;
FrG 1993 §7 Abs1;
StVO 1960 §5 Abs1;
B-VG Art130 Abs2;
FrG 1993 §10 Abs1 Z4;
FrG 1993 §19;
FrG 1993 §20 Abs1;
FrG 1993 §20;
FrG 1993 §7 Abs1;
StVO 1960 §5 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gemäß § 5 Abs. 1 AufG iVm § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG abgewiesen. In der Begründung ging die belangte Behörde davon aus, daß der Beschwerdeführer elfmal wegen Verwaltungsübertretungen rechtskräftig bestraft worden sei, und zwar wie folgt:

1) VerkR3/4083/1990 vom 29.11.1990, § 103 Abs. 2 KFG 1967, Geldstrafe öS 600,--;

2) Pol/166/1991 vom 31.10.1991, § 10 iVm § 3 Abs. 1 OÖ. Polizeistrafgesetz, Geldstrafe öS 1.000,--;

3) VerkR3/840/1992 vom 04.06.1992, § 102 Abs. 1 1. Satz KFG 1967, Geldstrafe ÖS 200,--;

4) VerkR3/840/1992 vom 04.06.1992, § 102 Abs. 10 KFG 1967, Geldstrafe öS 300,--;

5) Sich-6/623/1990 vom 15.12.1992, § 14 b/1 iVm § 2 Fremdenpolizeigesetz, Geldstrafe öS 500,--;

6) VerkR3/879/1993 vom 24.06.1993, § 103 Abs. 2 KFG 1967, Geldstrafe öS 600,--;

7) VerkR3/3224/1993 vom 03.09.1993, § 5 Abs. 1 StVO, Geldstrafe öS 11.000,--;

8) VerkR3/3527/1993 vom 11.10.1993, § 36 lit. e und § 134 Abs. 1 KFG, Geldstrafe öS 400,--;

9) VerkR96-1467-1994 vom 22.06.1994, § 5 Abs. 1 StVO 1960, Geldstrafe öS 14.500,--;

10) VerkR96-8062-1994 vom 22.02.1995, § 5 Abs. 1 StVO 1960, Geldstrafe öS 19.00,-- (offenbar: öS 19.000,--);

11) VerkR96-8062-1994 vom 22.02.1995, § 19/7 iVm § 19/5 StVO 1960, Geldstrafe öS 500,--.

Durch diese Übertretungen habe er gezeigt, daß er nicht gewillt sei, die österreichischen Gesetze einzuhalten und zu respektieren. Insbesondere die dreifache Verurteilung nach § 5 Abs. 1 StVO sei so gravierend, daß das diesen Bestrafungen zugrundeliegende Fehlverhalten die Annahme rechtfertige, sein Aufenthalt gefährde die öffentliche Ordnung und Sicherheit.

Angesichts der durch sein Verhalten bewirkten schwerwiegenden Gefährdung öffentlicher Interessen sei diesen bei einer Abwägung gegen seine privaten Interessen im Sinne des Art. 8 EMRK der Vorzug zu geben.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof. Der Beschwerdeführer macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften mit dem Antrag geltend, den Bescheid aus diesem Grunde aufzuheben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer tritt der Annahme der belangten Behörde, er habe die in Rede stehenden Verwaltungsstraftaten begangen, nicht entgegen. Er vermeint allerdings, die Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit beinhalte begriffsnotwendig eine Prognoseerstellung, welche die belangte Behörde überhaupt nicht vorgenommen habe.

Dieser Argumentation ist jedoch zu entgegnen, daß die belangte Behörde aus Anzahl und Gewicht der dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Übertretungen sehr wohl den Schluß auf eine zukünftige Gefährdung der öffentlichen Sicherheit durch den weiteren Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet gezogen hat. Im Lichte der herrschenden Judikatur zu § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG vermag der Verwaltungsgerichtshof dieser Schlußfolgerung der belangten Behörde auch nicht entgegenzutreten, zumal im Hinblick auf die von alkoholisierten Lenkern ausgehenden großen Gefahren für die Allgemeinheit jedenfalls bei Vorliegen dreier Bestrafungen wegen Verwaltungsübertretungen nach § 5 Abs. 1 StVO die Annahme gerechtfertigt ist, der weitere Aufenthalt des Fremden gefährde die öffentliche Sicherheit (vgl. die hg. Erkenntisse vom 29. September 1994, Zl. 94/18/0593, und vom 23. Februar 1995, Zl. 94/18/0764, 0815).

Durch die übrigen Übertretungen des Straßenverkehr-, Kraftfahr- und Fremdenpolizeirechtes wird die Gefährlichkeitsprognose der belangten Behörde noch zusätzlich gestützt.

Wie aus § 10 Abs. 1 Z. 1 FrG in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG erhellt, ist die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes keine notwendige Voraussetzung für die Versagung einer Aufenthaltsbewilligung unter Berufung auf die letztgenannte Bestimmung, deren Anwendung auch bei Vorliegen eines gesicherten Lebensunterhaltes und einer für Inländer ortsüblichen Unterkunft in Österreich nicht ausgeschlossen ist.

Kraft ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung sind die §§ 19 und 20 FrG nur bei Entscheidungen über die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes und einer Ausweisung (bei letzterer allein § 19 FrG) anzuwenden, nicht hingegen etwa bei der Entscheidung über die Versagung eines Sichtvermerkes (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. Juli 1993, Zl. 93/18/0319). Wohl sind aber die gemäß Art. 8 Abs. 1 MRK geschützten persönlichen und familiären Interessen des Fremden bei Vorliegen des Versagungsgrundes des § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG - wenn auch nicht im Rahmen einer Ermessensentscheidung - zu berücksichtigen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. September 1993, Zl. 93/18/0321 u. a.).

In diesem Zusammenhang führt der Beschwerdeführer ins Treffen, er halte sich seit September 1989 legal in Österreich auf und stehe in Arbeit. Das so erzielte Einkommen diene der Unterstützung seiner in Rumänien aufhältigen Familie. Vor seiner Flucht nach Österreich sei er wegen eines politischen Deliktes zu 22 Monaten Gefängnis verurteilt worden, habe diese Haft jedoch nicht angetreten. Im Fall einer Rückkehr nach Rumänien habe er damit zu rechnen, die Freiheitsstrafe verbüßen zu müssen. Damit verlöre der Beschwerdeführer nicht nur den Arbeitsplatz, sondern auch die Möglichkeit, seiner darauf angewiesenen Familie die entsprechenden Unterhaltsmittel zur Verfügung zu stellen.

Indem es die belangte Behörde unterlassen habe, Feststellungen über die oben wiedergegebenen persönlichen und familiären Verhältnisse des Beschwerdeführers zu treffen, habe sie maßgebliche Verfahrensvorschriften außer Acht gelassen, was zu einer Aufhebung des Bescheides gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG zu führen habe.

Diesen Erwägungen ist entgegenzuhalten, daß der jeweiligen Situation im Heimatland des Fremden (hier: Rumänien) bei der Interessenabwägung nach § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG keine entscheidende Bedeutung zukommt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. September 1994, Zl. 94/18/0593). Maßgebend für die im Rahmen der auf § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG gestützten Entscheidung vorzunehmende Interessenabwägung sind ausschließlich die privaten und familiären Bindungen des Fremden in Österreich. Im vorliegenden Fall hält sich die Familie des Beschwerdeführers in Rumänien auf, familiäre Bindungen zu in Österreich lebenden Personen bestehen daher nicht. Seine behaupteten privaten Interessen (legaler Aufenthalt in Österreich seit September 1989, soziale Integration und aufrechte Beschäftigung) mögen beträchtlich sein. Ihnen steht aber das sehr große Gewicht der gegen die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung sprechenden öffentlichen Interessen gegenüber. Wenn die belangte Behörde wegen der vom Beschwerdeführer gezeigten Mißachtung zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit auf dem Gebiet des Straßenverkehrs- und Kraftfahrwesens sowie der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens dienender Vorschriften das öffentliche Interesse an der Verweigerung einer Aufenthaltsbewilligung als (zumindest) ebenso schwerwiegend ansah, wie das gegenläufige private Interesse des Beschwerdeführers, kann ihr nicht mit Erfolg entgegengetreten werden.

Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Bei diesem Ergebnis erübrigte sich eine Entscheidung über den Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

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