VwGH 95/18/0441

VwGH95/18/044128.4.1995

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer, Dr. Robl und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde des D in W, vertreten durch Dr. S, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 17. Jänner 1995, Zl. SD 1189/94, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Normen

FrG 1993 §20 Abs1;
FrG 1993 §20 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 17. Jänner 1995 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen türkischen Staatsangehörigen, gemäß § 18 Abs. 1 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von fünf Jahren erlassen.

Begründend führte die belangte Behörde aus, daß die im August 1989 geschlossene Ehe des Beschwerdeführers mit einer österreichischen Staatsbürgerin nunmehr rechtskräftig für nichtig erklärt worden sei. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stelle das Eingehen einer Ehe lediglich zum Zweck der Erlangung eines Befreiungsscheines und einer Aufenthaltserlaubnis - wie im Beschwerdefall - einen solchen evidenten Rechtsmißbrauch dar, daß der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung gefährde, womit eine bestimmte Tatsache im Sinne des § 18 Abs. 1 FrG vorliege.

Dem Standpunkt des Beschwerdeführers, ein Aufenthaltsverbot dürfe aus den Gründen der §§ 19 und 20 FrG nicht erlassen werden, wenn die Eheschließung bereits lang zurückliege und diese Handlung geradezu verjährt sei, und weil er sich in fünf Jahren in Österreich integriert habe, vermöge die belangte Behörde nicht zu folgen. Zunächst sei festzuhalten, daß ein Eingriff in das Familienleben des Beschwerdeführers jedenfalls nicht vorliege, da er sich auf die rechtsmißbräuchlich eingegangene Ehe nicht berufen könne. Selbst wenn man, ungeachtet des Umstandes, daß die Aufenthaltsbewilligung durch den Rechtsmißbrauch erwirkt worden sei, im Hinblick auf den fünfjährigen Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet einen Eingriff in sein Privatleben als gegeben erachte, so sei dieser Eingriff zur Wahrung eines geordneten Fremdenwesens dringend geboten (§ 19 FrG). Bei der Interessenabwägung im Sinne des § 20 Abs. 1 FrG überwögen die nachteiligen Folgen einer Abstandnahme von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes nicht zuletzt deshalb die Auswirkungen dieser Maßnahme auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers, weil diese Auswirkungen nur eine Folge der langen Inanspruchnahme der rechtsmißbräuchlich erwirkten Vorteile darstellten.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn aus diesem Grund aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1.1. Die Beschwerde wendet sich zunächst gegen die Ansicht der belangten Behörde, es sei vorliegend die im § 18 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt. Auch für den Fall, daß die Eheschließung des Beschwerdeführers einen evidenten Rechtsmißbrauch darstelle, bedürfe es nicht der Verhängung eines Aufenthaltsverbotes, weil ein geordnetes Fremdenwesen durch den Aufenthalt des Beschwerdeführers nicht gefährdet werde. Es liege jedenfalls keine bestimmte Tatsache im Sinne des § 18 Abs. 2 FrG vor.

1.2. Der Umstand, daß in einem konkreten Fall keiner der im § 18 Abs. 2 FrG - beispielsweise - angeführten Aufenthaltsverbotsgründe verwirklicht worden ist, hat nicht zwingend die Verneinung der Berechtigung der im § 18 Abs. 1 leg. cit. umschriebenen Annahme zur Folge. Vielmehr vertritt der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, daß ein bestimmtes Fehlverhalten eines Fremden aufgrund des Gewichtes dieses Verhaltens unter dem Gesichtspunkt davon betroffener maßgeblicher öffentlicher Interessen unmittelbar - ohne daß es des Dazwischentretens einer der Tatbestände des § 18 Abs. 2 FrG bedürfte - dem § 18 Abs. 1 leg. cit. subsumierbar ist (vgl. etwa die Erkenntnisse vom 19. Jänner 1995, Zl. 94/18/1053, und vom 1. Februar 1995, Zl. 94/18/0231, jeweils mwN). Daß aber die rechtsmißbräuchliche Eingehung einer Ehe mit einer österreichischen Staatsbürgerin zum Zweck der Beschaffung fremdenrechtlich bedeutsamer Berechtigungen ein Gesamtfehlverhalten des Fremden darstellt, das als bestimmte Tatsache i.S. des § 18 Abs. 1 FrG zu werten ist, welche die dort umschriebene Annahme in Ansehung der öffentlichen Ordnung (konkret: des öffentlichen Interesses an einem geordneten Fremdenwesen) rechtfertigt, hat der Gerichtshof schon wiederholt ausgesprochen (vgl. dazu etwa das bereits zitierte Erkenntnis Zl. 94/18/1053, mwN).

2. Entgegen der Beschwerdemeinung ist das Aufenthaltsverbot - selbst wenn man, wie die belangte Behörde, von einem damit verbundenen Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers ausgeht - im Grunde des § 19 FrG zulässig, weil zum Schutz der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 MRK) dringend geboten (vgl. nochmals das hg. Erkenntnis Zl. 94/18/1053).

3. In bezug auf die Interessenabwägung nach § 20 Abs. 1 FrG weist der Beschwerdeführer auf seinen "langjährigen" Aufenthalt im Bundesgebiet und seine "erhebliche" Integration auf dem Arbeitsmarkt hin. Damit vermag er eine Rechtswidrigkeit des bekämpften Bescheides im Grunde der genannten Bestimmung nicht darzutun. Im Rahmen der - unter der Annahme eines Eingriffes in das Privatleben des Beschwerdeführers gebotenen - Abwägung gemäß § 20 Abs. 1 FrG hat die belangte Behörde zutreffend darauf hingewiesen, daß die Erlaubtheit des Aufenthaltes und der Beschäftigung des Beschwerdeführers auf sein in Rede stehendes mißbräuchliches Verhalten zurückzuführen sei. Dies bewirkt, daß weder die Dauer des Aufenthaltes des Beschwerdeführers in Österreich noch die daraus und aus seiner Beschäftigung resultierende Integration wesentlich zu seinen Gunsten zu veranschlagen sind (vgl. auch dazu das hg. Erkenntnis Zl. 94/18/1053). Das von der belangten Behörde gewonnenen Abwägungsergebnis dahin, daß die nachteiligen Folgen einer Abstandnahme von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes schwerer wögen als die Auswirkungen dieser Maßnahme auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers, begegnet somit keinem Einwand.

4. Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.

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