VwGH 95/13/0172

VwGH95/13/01722.8.1995

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Fellner und Dr. Hargassner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peternell, in der Beschwerdesache des Dr. W, gegen den Bescheid (Beschwerdeentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland als Finanzstrafbehörde zweiter Instanz vom 16. Juni 1995, GZ GA 10-278/95, betreffend Erweiterung eines eingeleiteten Finanzstrafverfahrens,

Normen

BAO §92;
BAO §93 Abs2;
BWG 1993 §38 Abs2 Z1;
FinStrG §115;
FinStrG §136;
FinStrG §33 Abs1;
FinStrG §33 Abs2 lita;
FinStrG §33 Abs2;
FinStrG §82 Abs1;
FinStrG §82 Abs3;
FinStrG §83 Abs2;
KWG 1979 §23 Abs2 Z1 idF 1986/325;
BAO §92;
BAO §93 Abs2;
BWG 1993 §38 Abs2 Z1;
FinStrG §115;
FinStrG §136;
FinStrG §33 Abs1;
FinStrG §33 Abs2 lita;
FinStrG §33 Abs2;
FinStrG §82 Abs1;
FinStrG §82 Abs3;
FinStrG §83 Abs2;
KWG 1979 §23 Abs2 Z1 idF 1986/325;

 

Spruch:

1. den Beschluß gefaßt:

Soweit der angefochtene Bescheid den Verdacht der Hinterziehung von Vorauszahlungen an Umsatzsteuer für die Monate Juli, August und September 1990 betrifft, wird die Beschwerde zurückgewiesen.

2. zu Recht erkannt:

Im übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Gegen den Beschwerdeführer, einen ehemaligen Universitätsassistenten, wurde am 31. Mai 1991 in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer der R. GmbH in Wien das Finanzstrafverfahren wegen des Verdachtes der Hinterziehung von Vorauszahlungen an Umsatzsteuer für die Monate Juli, August und September 1990 im Betrag von zusammen S 9.000,-- im Sinne des § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG eingeleitet. Mit Bescheid vom 2. Februar 1995 wurde dieses Verfahren wegen des Verdachtes der Hinterziehung von Vorauszahlungen an Umsatzsteuer für die Monate von Juli bis Oktober 1990 im Betrag von zusammen S 262.205,-- "erweitert".

Die gegen den Bescheid vom 2. Februar 1995 erhobene (Administrativ-)Beschwerde wurde mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen. In der Begründung des angefochtenen Bescheides wurde von der belangten Behörde auf die Durchführung einer abgabenbehördlichen Prüfung über den Zeitraum Juli bis Oktober 1990 hingewiesen, bei dem der Beschwerdeführer als Geschäftsführer eine Vielzahl von Privataufwendungen als Betriebsausgaben abgesetzt habe. Im einzelnen habe es sich um Stromkosten für die Privatwohnung, Kosten eines Ferienaufenthaltes, Kauf von Lebensmitteln, Getränken, Alkoholika, Büchern und Freizeitschuhen sowie Aufwendungen für einen privaten Personenkraftwagen gehandelt. Weiters seien Vorsteuerbeträge mittels dreier "von angeblichen Studenten ausgestellter Rechnungen mit gefälschten Adressen" zu Unrecht beantragt worden.

In der Beschwerde gegen diesen Bescheid wird deren inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach nunmehr ständiger Rechtsprechung kommt der Einleitung eines Finanzstrafverfahrens wegen eines vorsätzlichen Finanzvergehens (ausgenommen einer Finanzordnungswidrigkeit) seit der ab 1. Jänner 1987 geltenden Neufassung des § 23 Abs. 2 Z. 1 KWG durch die KWG-Novelle 1986, BGBl. 325, bzw. nunmehr ab 1. Jänner 1994 nach der Bestimmung des § 38 Abs. 2 Z. 1 BWG normative Wirkung und damit Bescheidcharakter zu. Mit der Einleitung des Strafverfahrens wird dabei zum Ausdruck gebracht, daß die Abgabenbehörde gegen den Verdächtigen als Finanzstrafbehörde erster Instanz wegen einer bestimmten Handlung einschreitet (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. Februar 1986, 85/16/0096, Slg. Nr. 6079/F).

Die normative Wirkung kommt aber nur der Verständigung von der Einleitung des Finanzstrafverfahrens wegen einer bestimmten Handlung zu. Wird im Zuge eines bereits eingeleiteten Finanzstrafverfahrens auf Grund neuer Erkenntnisse während des Untersuchungsverfahrens der Betrag an Abgaben, auf die sich bereits der Einleitungsbescheid bezogen hat, konkretisiert und - wie im Beschwerdefall - der Höhe nach erweitert, so entfaltet eine solche Verständigung keine Rechtswirkungen in bezug auf die Durchbrechung des Bankgeheimnisses, weil diese Rechtswirkungen bereits mit der vorangegangenen Einleitung des Finanzstrafverfahrens eingetreten sind und begrifflich kein weiteres Mal eintreten können (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Oktober 1993, 90/13/0289).

Zur Vermeidung von Mißverständnissen ist darauf zu verweisen, daß die Finanzstrafbehörden erster und zweiter Instanz an die Beurteilung im Einleitungsbescheid in keiner Weise gebunden sind, soferne die Verteidigungsrechte des Beschuldigten nicht beeinträchtigt werden (vgl. insbesondere das hg. Erkenntnis vom 19. Februar 1986, 85/16/0096, a.a.O.).

Soweit sich der angefochtene Bescheid auf einen gegen den Beschwerdeführer bestehenden Verdacht der Hinterziehung von Vorauszahlungen an Umsatzsteuer für die Monate Juli bis September 1990 bezieht, konnte er somit schon deswegen in einem subjektiven Recht nicht verletzt sein, weil der Erledigung diesbezüglich kein normativer Charakter zuzubilligen ist, vielmehr lediglich der Wahrung des Parteiengehörs diente. Die Beschwerde war daher insoweit gemäß § 34 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluß zurückzuweisen.

Einen normativen Charakter weist der angefochtene Bescheid jedoch insoweit auf, als damit der Beschwerdeführer verdächtigt wird, das Finanzvergehen der Hinterziehung von Vorauszahlungen an Umsatzsteuer auch für Oktober 1990 begangen zu haben. (Zur Klarstellung wird bemerkt, daß der Frage, ob dieses weitere Finanzvergehen mit den dem Beschwerdeführer bereits vordem angelasteten Finanzvergehen in einem Fortsetzungszusammenhang steht, aus der Sicht des Beschwerdefalles keine Bedeutung beizumessen ist.)

Für die Erlassung eines Einleitungsbescheides genügt es dabei nach ständiger Rechtsprechung, daß gegen den Verdächtigen ausreichende Verdachtsgründe vorliegen, die die Annahme rechtfertigen, daß er als Täter eines Finanzvergehens in Frage kommt. Die endgültige Beantwortung der Frage, ob der Verdächtige dieses Finanzvergehen begangen hat, bleibt demgegenüber dem Ergebnis des Untersuchungsverfahrens und dem Straferkenntnis vorbehalten.

Der Beschwerdeführer bestreitet in seiner Beschwerde nicht, daß die von der belangten Behörde unter Bezugnahme auf entsprechende abgabenbehördliche Ermittlungen festgestellten Aufwendungen tatsächlich bei der R. GmbH als Betriebsausgaben abgesetzt worden sind. Vielmehr stellt er in der Beschwerdeschrift Behauptungen über eine durch den Betrieb der R. GmbH gegebene Veranlassung dieser Aufwendungen auf. Mit diesen nach Durchführung der abgabenbehördlichen Ermittlungen aufgestellten Behauptungen wird sich die Finanzstrafbehörde im Zuge des Untersuchungsverfahrens bzw. bei Erlassung ihrer das Finanzstrafverfahren abschließenden Erledigung auseinanderzusetzen haben. Auf Grund des Umstandes, daß es sich bei den näher bezeichneten Aufwendungen um typische Aufwendungen der Lebensführung handelt, ist hingegen die Annahme gerechtfertigt, daß der Beschwerdeführer als Täter eines Finanzvergehens in Frage kommt. Ebenso rechtfertigt die Vorlage von Rechnungen mit gefälschten Adressen den Verdacht eines Finanzvergehens; durch die bloße Behauptung des Beschwerdeführers, er habe die Adressen anhand von ihm vorgelegten Ausweisen überprüft, kann ein solcher Verdacht nicht entkräftet werden (vgl. auch den Sachverhalt, der dem denselben Beschwerdeführer betreffenden Erkenntnis vom 27. April 1994, 94/13/0078, zugrunde gelegt worden ist).

Da somit schon der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung hinsichtlich der Einleitung eines Finanzstrafverfahrens wegen des Verdachtes der Hinterziehung von Vorauszahlungen an Umsatzsteuer für Oktober 1990 nicht vorliegt, war sie insoweit gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen. Durch die Abweisung der - den Mangel der Unterschrift eines Rechtsanwaltes aufweisenden - Beschwerde entfiel auch die Erteilung eines Mängelbehebungsauftrages i.S. des § 34 Abs. 2 VwGG sowie die Entscheidung über die beantragte Verfahrenshilfe.

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