Normen
BAO §115 Abs1;
BAO §119 Abs1;
BAO §184;
BAO §115 Abs1;
BAO §119 Abs1;
BAO §184;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aus der vorliegenden Beschwerde, aus dem ihr angeschlossenen angefochtenen Bescheid und aus den vom Verfassungsgerichtshof nach Ablehnung und Abtretung der an ihn gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde (siehe den Beschluß vom 16. März 1995, B 146-148 (95-12) an den Verwaltungsgerichtshof übermittelten Verwaltungsakten geht der folgende entscheidungswesentliche Sachverhalt hervor:
Der Beschwerdeführer erklärte für das Jahr 1993 aus seiner Tätigkeit als Dolmetscher bei Gesamteinnahmen von S 75.854,-- und Ausgaben von S 54.599,-- Einkünfte von S 21.255,--.
Über Ersuchen des Finanzamtes vom 8. Februar 1994 um Bekanntgabe, wovon der Beschwerdeführer 1993 seinen Lebensunterhalt bestritten habe, teilte der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 10. Februar 1994 mit, von den "restlichen Resten des Einkommens aus meiner freiberuflichen Tätigkeit als Dolmetscher. Das heißt: Von einem Betrag in der Höhe von 21.255,-- ö.S.". Seinen Lebensunterhalt bestreite er von "Privatschulden, deren Höhe ich ihnen nicht verraten werde, außer wenn sie mir einen finanzamtlichen Tip zu deren Begleichung geben könnten".
Bei der Veranlagung für die Umsatz- und Einkommensteuer 1993 schätzte das Finanzamt "mangels vollständiger und ausreichender Aufklärung der Ihnen vorgehaltenen Fragen" gemäß § 184 BAO den Betrag von S 70.000,-- dem Umsatz und auch den erklärten Einkünften aus selbständiger Arbeit "im Hinblick auf die Kosten der Lebenshaltung" zu.
Nach Einbringung einer Berufung, in der der Beschwerdeführer im wesentlichen die Zuschätzung als falsche Anwendung des § 184 BAO bezeichnete, wurde der Beschwerdeführer neuerlich mit Schreiben vom 17. März 1994 ersucht, den Nachweis über die Bestreitung der Lebenshaltungskosten zu erbringen.
Daraufhin gab der Beschwerdeführer in der Vorhaltsbeantwortung neuerlich an, er habe im Jahr 1993 den Großteil seiner Lebenshaltungskosten mit Privatschulden gedeckt. Er habe sich das Geld von Bekannten "auf Vertrauensbasis ausgeborgt". Die Vorhaltsbeantwortung enthält auch folgende Bestätigung eines K. S.:
"Wien, den 29.03.1994
An wen es interessieren mag
Wegen seiner finanziellen Schwierigkeiten habe ich dem Hrn. S. im Jahr 1993 Geldbeträge in der Höhe von insgesamt:
50.000,-- ö.S. (fünzigtausend Schilling) ausgeliehen.
In diese Privatangelegenheit lehne ich jede Einmischung seitens irgendeiner Behörde oder Person - egal in welcher Eigenschaft - kategorisch ab."
In der abweisenden Berufungsvorentscheidung vom 5. April 1994 vertrat das Finanzamt die Ansicht, die Bestreitung der Lebenshaltungskosten durch Privatdarlehen sei eine bloße Behauptung, die trotz Aufforderung weder nachgewiesen, noch glaubhaft gemacht worden sei (wie etwa durch Bekanntgabe der Höhe der Einkünfte des Darlehensgebers, Nachweis des Geldflusses, etc.). Weitere Nachweise seien sowohl vom Beschwerdeführer als auch vom "Darlehensgeber" abgelehnt worden.
Nach Stellung eines Antrages auf Entscheidung über seine Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz erklärte der Beschwerdeführer in der vor der belangten Behörde durchgeführten mündlichen Verhandlung u.a., er habe versucht, ein Bankdarlehen zu erhalten; dies sei jedoch mangels Erbringung entsprechender Sicherheiten nicht möglich gewesen. Aufgrund dessen habe er ein Privatdarlehen von K. S. aufgenommen, wobei er das Geld zurückzahlen solle, wenn es ihm möglich sei. Weitere Nachweise betreffend Geldfluß etc. könne er nicht erbringen. Betreffend die Höhe der Einkünfte des Darlehensgebers solle sich das Finanzamt, bei dem K. S. veranlagt werde, damit beschäftigen. Es sei nicht seine Aufgabe, diesbezüglich irgendwelche Aussagen zu treffen. Er habe keine anderen Einkünfte als "die strittigen". Allerdings habe er vom Sozialamt im November 1993 einen Betrag von ca. S 950,-- und im Dezember von S 1.500,-- überwiesen bekommen. Über das Privatdarlehen existierten keine schriftlichen Unterlagen; er habe das Darlehen nicht auf einmal, sondern in Raten bei Bedarf erhalten. "Unter Freunden" sei es nicht üblich, einen schriftlichen Vertrag abzufassen. Die Bestätigung über die Hingabe des Geldes liege im Akt auf.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid änderte die belangte Behörde den erstinstanzlichen Bescheid insofern zugunsten des Beschwerdeführers ab, als sie nunmehr zum Umsatz und Gewinn einen Betrag von (brutto) S 60.000,-- hinzuschätzte. Bei dieser Schätzung nach dem Lebensaufwand werde von einem "Lebensminimum" von S 7.000,-- monatlich ausgegangen, wobei die vom Sozialamt erhaltenen Beträge in Höhe von ca. S 2.500,-- zusätzlich berücksichtigt worden seien. Weiters führte die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides aus, im gegenständlichen Fall sei die Deckung des Lebensaufwandes ungeklärt, betrage doch der Gewinn 1993 laut Erklärung nur S 21.255,--, somit einen Betrag, der den Lebensaufwand keinesfalls abdecken könne. Der Beschwerdeführer habe im Ermittlungsverfahren seine Mitwirkungspflicht wiederholt verletzt. Auch die vorgelegte Bestätigung sei nicht ausreichend, die Deckung der Lebenshaltungskosten zu belegen. Trotz Aufforderung sei weder ein Nachweis über den Geldfluß noch über die Einkünfte des Darlehensgebers erbracht worden.
Die Bestätigung mit der Überschrift: "An wen es interessieren mag" sei auf der Rückseite des kopierten Vorhaltes des Finanzamtes auf der unteren Hälfte mit Schreibmaschine geschrieben, wobei der Beschwerdeführer auf der oberen Hälfte handschriftliche Äußerungen getätigt habe. Nach dem gesamten Ermittlungsverfahren handle es sich um eine reine Gefälligkeitsbestätigung, weil sie erst nach wiederholter Aufforderung vorgelegt, auf der Rückseite des kopierten Vorhaltes geschrieben und weitere Nachweise verweigert worden seien. Die Schätzungsbefugnis sei gegeben, weil der Beschwerdeführer über seine Angaben keine ausreichenden Aufklärungen zu geben vermocht habe.
In der im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzten Beschwerde werden Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften ("mangelhaftes Ermittlungsverfahren") und inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend gemacht. Der Beschwerdeführer erachtet sich dabei insoweit in seinen Rechten verletzt, als seiner Berufung durch den angefochtenen Bescheid nicht Folge gegeben worden ist.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes rechtfertigt ein in einem mängelfreien Verfahren festgestellter unaufgeklärter Vermögenszuwachs die Annahme, daß die Vermehrung des Vermögens aus nicht einbekannten Einkünften herrührt. Gleiches gilt, wenn der Abgabepflichtige nicht aufzuklären vermag, aus welchen Quellen er seinen laufenden Lebensunterhalt bestreiten konnte (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. Februar 1994, 90/13/0075). Ob diese Aufklärung der Bestreitung der Lebensunterhaltskosten gelungen ist, ist eine Frage der Beweiswürdigung, die der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle in der Richtung unterliegt, ob der Sachverhalt genügend erhoben wurde und ob die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen den Denkgesetzen und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut entsprechen (vgl. für viele das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 8. Juni 1994, 92/13/0155). Die Abgabenbehörde trägt zwar die Feststellungslast für alle Tatsachen, die vorliegen müssen, um einen Abgabenanspruch geltend zu machen, doch befreit dies die Partei nicht von der Verpflichtung, ihrerseits zur Klärung des maßgebenden Sachverhaltes beizutragen und die für den Bestand und Umfang einer Abgabenpflicht bedeutsamen Umstände vollständig und wahrheitsgemäß im Sinne des § 119 Abs. 1 BAO offenzulegen (vgl. z. B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. Februar 1994, 92/15/0159, m. w.N.).
Die Mangelhaftigkeit des Verfahrens sieht die Beschwerde darin, daß eine Einvernahme des K. S. als Zeuge, die auch von Amts wegen zu veranlassen gewesen wäre, unterblieben sei, weil "hiedurch allfällige Zweifel an der Vollständigkeit bzw. Richtigkeit der Abgabenerklärung des Beschwerdeführers beseitigt worden wären". Die belangte Behörde habe ihre Schätzungsbefugnis auch zu Unrecht ausgeübt, weil der Beschwerdeführer seine Mitwirkungspflicht bei der Sachaufklärung nicht verletzt habe. Die belangte Behörde hätte von Amts wegen die tatsächlichen Verhältnisse zu ermitteln und aus den so ermittelten "Gegebenheiten" die Besteuerungsgrundlage abzuleiten gehabt.
Zur gerügten unterbliebenen Einvernahme des K. S. ist festzuhalten, daß der Beschwerdeführer trotz hiezu ausreichend gebotener Möglichkeit im Verwaltungsverfahren einen Beweisantrag auf dessen Einvernahme nicht gestellt hat. Auch blieb seitens des Beschwerdeführers beispielsweise die in der Berufungsvorentscheidung getroffene Feststellung, daß weitere Nachweise sowohl vom Beschwerdeführer als auch vom "Darlehensgeber" K. S. abgelehnt würden (K. S. hatte sich in seiner Bestätigung vom 29. März 1994 jede Einmischung in diese Privatangelegenheit verbeten), unwidersprochen. Im übrigen wird selbst in der Beschwerde kein konkretes Beweisthema genannt, zu dem K. S. hätte einvernommen werden sollen. Der Vorwurf einer Mangelhaftigkeit des Verfahrens wegen unterbliebener Einvernahme von K. S. besteht somit insgesamt nicht zu Recht.
Der amtswegigen Ermittlungspflicht steht korrespondierend die Offenlegungspflicht des Abgabepflichtigen gegenüber (vgl. dazu z. B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. September 1994, 92/13/0027, 0028). Wenn in der Beschwerde geltend gemacht wird, der Beschwerdeführer habe seine Mitwirkungspflicht bei der Sachaufklärung nicht verletzt, so ist diesem Vorbringen die Aktenlage entgegenzuhalten, die ein Bemühen des Beschwerdeführers um Sachaufklärung nicht erkennen läßt. Wenn die belangte Behörde bei der vom Beschwerdeführer gezeigten Mitwirkung am Ermittlungsverfahren, den von ihm erteilten Auskünften und einer - nachträglich beigebrachten - allgemein gehaltenen Bestätigung über Privatdarlehensbeträge (die er "bei Bedarf" erhalten hätte und die er zurückzahlen solle, wenn es ihm "möglich sei") seiner Erklärung zur Finanzierung des Lebensunterhaltes keinen Glauben schenkte, liegt darin weder ein Verstoß gegen Denkgesetze noch gegen allgemein menschliches Erfahrungsgut.
Da der Inhalt der Beschwerde im Zusammenhalt mit den vom Verfassungsgerichtshof übermittelten Verwaltungsakten erkennen ließ, daß die behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
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