VwGH 95/12/0228

VwGH95/12/02283.10.1995

Der Verwaltungsgerichtshof hat 1) über den Antrag des F in G, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in G, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einbringung der Verwaltungsgerichtshof-Beschwerde gemäß § 46 Abs. 1 VwGG und 2) über die Beschwerde des Nämlichen, vertreten durch den bereits genannten Rechtsanwalt, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 7. Juni 1995, Zl. 1-027337/56-95, betreffend den Zulagenanspruch des Beschwerdeführers nach § 30 d des Stmk. Landesbeamtengesetzes, den Beschluß gefaßt:

Normen

ABGB §1332;
AVG §71 Abs1 Z1;
VwGG §46 Abs1;
ABGB §1332;
AVG §71 Abs1 Z1;
VwGG §46 Abs1;

 

Spruch:

1) Dem Wiedereinsetzungsantrag wird gemäß § 46 Abs. 1 VwGG nicht stattgegeben.

2) Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer bringt zur Begründung seines Antrages, ihm die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einbringung der Verwaltungsgerichtshof-Beschwerde gegen den im Spruch bezeichneten Bescheid zu gewähren, im wesentlichen vor:

Die Frist für den Verwaltungsgerichtshof habe - ausgehend von der bei den Beschwerdeunterlagen befindlichen Kopie des Empfangscheines - am 8. August 1995 geendet. Entgegen der Weisung, nicht den allerletzten Tag ("absoluten Posttag"), sondern im Interesse einer höheren Sicherheit den vorletzten Tag der Frist ("Posttag") zu kalendieren, habe aber die Kanzleibedienstete des Beschwerdevertreters den letzten Tag der Frist ("absoluten Posttag") vorgemerkt. Der namentlich genannten Kanzleibediensteten sei ein derartiger Fehler noch nie unterlaufen; sie habe sich durch die Anwesenheit des Beschwerdeführers bei der Fristvormerkung ablenken lassen. Die Kanzleibedienstete habe daher dem Vertreter des Beschwerdeführers die Akten erst am 8. August 1995, aber in der Meinung vorgelegt, es handle sich bei der vorgemerkten Frist um den "Posttag" und nicht um den "absoluten Posttag", sodaß der Vertreter des Beschwerdeführers "das Schriftstück zur Durchsicht noch an den Beschwerdeführer" faxte. Am darauffolgenden Tag - so das Vorbringen im Wiedereinsetzungsantrag - habe die Überprüfung der Frist gezeigt, daß diese bereits am Vortag abgelaufen sei. Nach der gemeinsam mit der Beschwerde vorgelegten eidesstättigen Erklärung der Kanzleibediensteten sei diese selbst erst durch den Anruf des Klienten auf den Irrtum aufmerksam geworden.

Da der Bediensteten noch nie ein solcher Fehler passiert sei, liege - so wieder das Vorbringen im Wiedereinsetzungsantrag - ein unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis vor, das den Beschwerdeführer gehindert habe, fristgerecht die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.

Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG ist die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand auf Antrag der Partei zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, daß sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Daß der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das Verschulden des Vertreters einer Partei an der Fristversäumung dem Verschulden der Partei selbst gleichzuhalten, während jenes eines Kanzleibediensteten eines bevollmächtigten Rechtsanwaltes demjenigen der Partei oder des Rechtsanwaltes nicht schlechterdings gleichgesetzt werden darf. Das Versehen eines solchen Kanzleibediensteten stellt dann ein Ereignis gemäß § 46 Abs. 1 VwGG dar, wenn der Rechtsanwalt der ihm zumutbaren und nach der Sachlage gebotenen Überwachungspflicht jenem Bediensteten gegenüber nachgekommen ist. Ein Verschulden trifft den Rechtsanwalt jedenfalls dann nicht, wenn sich zeigt, daß die Fristversäumung auf einem ausgesprochen weisungswidrigen Verhalten des betreffenden Kanzleiangestellten beruht hat, ohne daß ein eigenes Verschulden des Rechtsanwaltes hinzugetreten wäre (vgl. dazu die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, S. 657 f, angeführte Rechtsprechung).

Der Verwaltungsgerichtshof geht im vorliegenden Fall sachverhaltsmäßig davon aus, daß die Fristvormerkung durch die Kanzleibedienstete weisungswidrig erfolgt ist. Trotzdem ist der Akt dem Beschwerdevertreter aber noch rechtzeitig, nämlich am letzten Tag der Frist, vorgelegt worden. Er hat daraufhin die nochmalige Befassung des Beschwerdeführers verfügt, aber nicht - in Kenntnis des seiner Meinung nach erst am nächsten Tag bevorstehenden Fristablaufes - die Fristvormerkung überprüft oder sonstige die Frist sichernde Anweisungen getroffen. Der Verwaltungsgerichtshof kann bei dieser Sachlage nicht finden, daß auf seiten des Beschwerdevertreters lediglich ein minderer Grad des Versehens vorliegt.

Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand war daher nicht stattzugeben.

Ausgehend von der durch den bei den Akten des Beschwerdevertreters befindlichen Empfangschein dokumentierten Zustellung des angefochtenen Bescheides an den Beschwerdeführer am 27. Juni 1995 ist im Hinblick darauf, daß die Voraussetzungen für die Bewilligung der Wiedereinsetzung gemäß § 46 Abs. 1 VwGG nicht als gegeben angenommen werden können, die mit Datum 22. August 1995 beim Verwaltungsgerichtshof eingebrachte Beschwerde außerhalb der sechswöchigen Beschwerdefrist des § 26 Abs. 1 Z. 1 VwGG erhoben worden.

Die Beschwerde mußte daher ohne weiteres Verfahren als verspätet gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückgewiesen werden.

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