VwGH 95/05/0168

VwGH95/05/016829.8.1995

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Gritsch, über die Beschwerde der F in N, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 25. April 1995, Zl. R/1-V-93223/00, betreffend eine Bauangelegenheit (mitbeteiligte Parteien:

1. EVN; 2. Stadtgemeinde Neunkirchen, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Normen

BauO NÖ 1976 §1 Abs2;
BauO NÖ 1976 §2 Z5;
BauO NÖ 1976 §92 Abs1 Z2;
BauRallg;
B-VG Art10 Abs1 Z10;
B-VG Art12 Abs1 Z5;
B-VG Art15 Abs1;
StarkstromwegeG 1968 §1;
StarkstromwegeG 1968 §2 Abs1;
StarkstromwegeG 1968 §7;
BauO NÖ 1976 §1 Abs2;
BauO NÖ 1976 §2 Z5;
BauO NÖ 1976 §92 Abs1 Z2;
BauRallg;
B-VG Art10 Abs1 Z10;
B-VG Art12 Abs1 Z5;
B-VG Art15 Abs1;
StarkstromwegeG 1968 §1;
StarkstromwegeG 1968 §2 Abs1;
StarkstromwegeG 1968 §7;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerde und dem dieser angeschlossenen angefochtenen Bescheid kann folgender Sachverhalt entnommen werden:

Die erstmitbeteiligte Partei beantragte beim Bürgermeister der Stadtgemeinde Neunkirchen als Baubehörde erster Instanz die Bewilligung zur Errichtung einer Trafostation auf dem Grundstück Nr. n KG Neunkirchen. Laut Baubeschreibung soll das geplante Gebäude eine Länge von 5 m, eine Breite von 2,59 m und eine Höhe von 2,93 m aufweisen. Die Beschwerdeführerin ist Eigentümerin des dem vorzitierten Grundstück gegenüberliegenden, durch eine Verkehrsfläche getrennten Grundstückes. Der Abstand des geplanten Gebäudes zur Grenze des Grundstückes der Beschwerdeführerin beträgt ca. 20 m.

In der am 14. Juli 1993 durchgeführten Bauverhandlung wendete die Beschwerdeführerin ein, von Trafostationen würden gesundheitsbeeinträchtigende Auswirkungen ausgehen; ein öffentliches Gebäude dürfte auch nur auf öffentlichem Grund errichtet werden.

Mit Bescheid vom 20. Juli 1993 erteilte der Bürgermeister der Stadtgemeinde Neunkirchen die beantragte Baubewilligung.

Die dagegen erhobene Berufung der Beschwerdeführerin wurde vom Gemeinderat der Stadtgemeinde Neunkirchen mit der Begründung abgewiesen, daß nur das Trafogebäude Gegenstand des Bewilligungsverfahrens sei und für die elektrotechnische Einrichtung ein eigenes Verfahren nach dem Starkstromwegegesetz durchgeführt werde.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde die dagegen erhobene Vorstellung der Beschwerdeführerin als unbegründet abgewiesen. In der Begründung führte die belangte Behörde aus, subjektiv-öffentliche Anrainerrechte der Beschwerdeführerin würden durch den Bescheid des Gemeinderates nicht verletzt, da nur das Gebäude Gegenstand der Bewilligung sei und für die erforderliche elektrotechnische Einrichtung ein eigenes Verfahren nach dem Starkstromwegegesetz durchgeführt werde. Die baubehördliche Bewilligung der Errichtung der gegenständlichen Trafostation sei in der eingereichten Form "typenmäßig" zugelassen. Vom Standpunkt der elektrotechnischen Sicherheit bestünden bei Einhaltung der vorgeschriebenen Auflagen keine Bedenken gegen die baubehördliche Bewilligung.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in ihrem subjektiven Recht auf Nichtbewilligung der gegenständlichen Trafostation verletzt. Die von den Behörden gewählte Vorgangsweise führe zu einer gröblichen Beeinträchtigung der rechtlich geschützten Position Dritter, da die Trennung des Verfahrens in ein "reines Bauverfahren das Zuwarten mit einem Verfahren um Betriebsbewilligung mich sämtlicher denkbarer Rechte aus der Position meiner Anrainerschaft beraubt". Die von den Verwaltungsbehörden vertretene Rechtsansicht, im gegenständlichen Fall gehe es nur um das Gebäude der Trafostation, die elektrotechnische Anlage sei jedoch für das gegenständliche Verfahren irrelevant, das Starkstromwegegesetz 1968 sei nur für die elektrotechnische Anlage, jedoch nicht hinsichtlich des Bauwerkes anzuwenden, widerspreche dem Starkstromwegegesetz. Vielmehr sei gemäß § 7 des Starkstromwegegesetzes 1968 davon auszugehen, daß das Baubewilligungsverfahren und das Betriebsbewilligungsverfahren in einem abzuführen seien und beide Verfahren auf der Rechtsgrundlage des Starkstromwegegesetzes zu erfolgen hätten. Eine andere Interpretation dieses Gesetzes sei denkunmöglich, da sonst die Norm des § 7 Abs. 2 Starkstromwegegesetz 1968 sinnentkleidet wäre. Der Gesetzgeber des Starkstromwegegesetzes 1968 gehe grundsätzlich von einem Verfahren aus, in welchem nicht nur das Bauwerk, sondern auch die Bewilligung zum Betrieb der Anlage abzuführen sei. Eine Ausnahme bestehe nur insoweit, als die Betriebsbewilligung vorbehalten werden könne. Offensichtlich mangle es bereits dem Bewilligungsantrag an den erforderlichen Voraussetzungen, da im Antrag nur um Baubewilligung für die Errichtung eines Gebäudes angesucht worden sei. Richtigerweise hätte um Bau- und Betriebsbewilligung für eine Anlage nach dem Starkstromwegegesetz angesucht werden müssen. Der angefochtene Bescheid leide daher schon deshalb an einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes, da er von einer unrichtigen Rechtsgrundlage getragen werde. Nicht die Niederösterreichische Bauordnung finde primär Anwendung, sondern das Starkstromwegegesetz 1968.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Elektrische Leitungsanlagen für Starkstrom unterliegen entweder den Vorschriften des Starkstromwegegesetzes 1968, BGBl. Nr. 70/1968, oder den einzelnen Landesstarkstromwegegesetzen, denen die Kompetenztatbestände des Art. 10 Abs. 1 Z. 10 B-VG oder des Art. 12 Abs. 1 Z. 5 B-VG zugrundeliegen. Zu den elektrischen Leitungsanlagen zählen insbesondere auch Umspann-, Umform- und Schaltanlagen (vgl. § 2 Abs. 1 Starkstromwegegesetz 1968).

Das Elektrizitätsrecht regelt aber eine Materie, die im allgemeinen einen anderen Regelungsgegenstand und immer andere Gesichtspunkte umfaßt als das Baurecht. Daraus folgt, daß durch die Erteilung der in den Starkstromwegegesetzen vorgesehenen elektrizitätsrechtlichen Baubewilligung nicht die allenfalls nach den Bestimmungen der jeweiligen Landesbauordnung erforderliche Baubewilligung substituiert wird (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. März 1971, Slg. Nr. 8001/A).

Gemäß § 92 Abs. 1 Z. 2 Niederösterreichische Bauordnung 1976 (BO) bedarf die Errichtung anderer Bauwerke und Anlagen, durch welche Gefahren für Personen und Sachen entstehen oder das Orts- und Landschaftsbild beeinträchtigt oder Rechte der Nachbarn verletzt werden könnten, einer Bewilligung der Baubehörde.

Gemäß § 2 Z. 5 leg. cit. gilt als Bauwerk ein Objekt, dessen fachgerechte Herstellung ein wesentliches Maß an bautechnischen Kenntnissen erfordert und mit dem Boden kraftschlüssig verbunden ist; enthält ein Bauwerk ein Dach und wenigstens zwei Wände, kann es von Menschen betreten werden und ist es dazu bestimmt, Menschen, Tiere oder Sachen zu schützen, dann ist es ein Gebäude, ansonsten ist es eine bauliche Anlage.

Ausgehend von dieser Rechtslage vermag daher der Verwaltungsgerichtshof eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht zu erblicken, wenn die belangte Behörde davon ausging, daß die Errichtung der gegenständlichen Trafostation als Anlage im Sinne des § 92 Abs. 1 Z. 2 i.V.m. § 2 Z. 5 BO auch einer baurechtlichen Bewilligung bedurfte. Inwiefern die Beschwerdeführerin durch die baurechtliche Bewilligung in ihren subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt worden sein soll, wird in der Beschwerde jedoch nicht aufgezeigt. Insbesondere verletzt der angefochtene Bescheid nicht das als Beschwerdepunkt geltend gemachte "Recht auf Durchführung eines dem Starkstromwegegesetz entsprechenden Verfahrens".

Die baurechtliche Bewilligung vermag aber das starkstromwegerechtliche Baubewilligungs- und Betriebsbewilligungsverfahren nicht zu ersetzen.

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die Beschwerdeführerin in dem vom Beschwerdepunkt umfaßten subjektiv-öffentlichen Recht nicht verletzt ist, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Im Hinblick auf die Erledigung des Beschwerdeverfahrens erübrigte sich auch eine Entscheidung über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

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