VwGH 95/02/0019

VwGH95/02/001924.2.1995

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Stoll, Dr. Bernard, Dr. Riedinger und Dr. Holeschofsky als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Eigelsberger, über die Beschwerde des P, zuletzt in W, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 19. Mai 1994, Zl. UVS-01/21/00092/94, betreffend Schubhaft, zu Recht erkannt:

Normen

FrG 1993 §51;
FrG 1993 §54;
FrG 1993 §51;
FrG 1993 §54;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 19. Mai 1994 wurde der an diese vom Beschwerdeführer gerichteten Beschwerde gemäß § 51 Fremdengesetz i.V.m. § 67c Abs. 3 AVG keine Folge gegeben und die Festnahme, Anhaltung in Schubhaft sowie die Fortsetzung der Schubhaft im Zeitpunkt dieser Entscheidung für rechtmäßig erklärt; gleichzeitig wurde dem Beschwerdeführer der Ersatz von Verfahrenskosten vorgeschrieben.

In der Begründung nahm die belangte Behörde im wesentlichen folgenden Sachverhalt als erwiesen an: Der Beschwerdeführer, ein nigerianischer Staatsangehöriger, sei zunächst im Juli 1991 illegal nach Österreich eingereist und habe einen Asylantrag gestellt, welcher im Instanzenzug als unbegründet abgewiesen worden sei; eine gegen den letztinstanzlichen Bescheid eingebrachte Beschwerde habe der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 26. November 1993, Zl. 93/01/0945, als unbegründet abgewiesen. Weiters sei die Beschwerde gegen eine Versagung des Sichtvermerkes vom Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 3. Mai 1993, Zl. 93/18/0187, als unbegründet abgewiesen worden. Am 24. November 1993 habe der Beschwerdeführer beim Amt der Steiermärkischen Landesregierung einen Antrag auf Verlängerung der Bewilligung zum Aufenthalt für Fremde eingebracht. Dabei sei von ihm zum Nachweis seiner Unterkunftnahme an einer näher angeführten Adresse in Graz ein Meldezettel vorgelegt worden. In der Folge habe "die Steiermärkische Landesregierung" (richtig wohl: der Landeshauptmann von Steiermark, vgl. § 6 Abs. 4 Aufenthaltsgesetz) dem Beschwerdeführer am 6. Dezember 1993 eine bis zum 5. Juni 1994 gültige Aufenthaltsbewilligung erteilt. Der Beschwerdeführer sei bis 13. August 1993 an einer Adresse in Wien 15. gemeldet gewesen und sei an diesem Tag "nach unbekannt" abgemeldet worden. Am 8. Dezember 1993 sei der Beschwerdeführer wegen Verdachtes der Körperverletzung und der gefährlichen Drohung sowie des versuchten Widerstandes gegen die Staatsgewalt festgenommen worden, wobei er sich mit einem Meldezettel, lautend auf die erwähnte Grazer Adresse, ausgewiesen habe. Nach eigenen Angaben habe der Beschwerdeführer jedoch unangemeldet an einer näher angeführten Adresse in Wien 12. gewohnt. Wegen der erwähnten gerichtlich strafbaren Handlungen sei der Beschwerdeführer am 24. April 1994 zur Anzeige gebracht worden. Weiters sei seitens "des Amtes der Steiermärkischen Landesregierung" ein Verfahren zur Aberkennung der erteilten Aufenthaltsberechtigung eingeleitet worden. Am 24. April 1994 sei über den Beschwerdeführer mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien gemäß § 41 Abs. 1 Fremdengesetz i.V.m. § 57 Abs. 1 AVG die Schubhaft zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung, des Verfahrens zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes, der Zurückschiebung und der Abschiebung angeordnet worden. Begründet sei die Anordnung der Schubhaft damit worden, daß der Beschwerdeführer im Bundesgebiet ohne Unterstand angetroffen worden sei. Er sei am 23. April 1994 in Wien 7. innerhalb eines Monates nach seiner Einreise (4. April 1994) betreten worden, wobei festgestellt worden sei, daß er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte, da er offenkundig "den Sichtvermerk der Steiermärkischen Landesregierung" unrechtmäßig erworben habe. Weiters sei der Beschwerdeführer ohne Nachweis ausreichender Mittel für seinen Unterhalt angetroffen worden. Bei der Bundespolizeidirektion Wien sei die gegenüber dem Beschwerdeführer ausgesprochene Sichtvermerksversagung gespeichert gewesen. Die Verhängung der Schubhaft sei nach der Begründung des Schubhaftbescheides notwendig, da sonst fremdenpolizeiliche Maßnahmen unmöglich oder wesentlich erschwert würden.

Es könne - so die belangte Behörde weiter - im gegenständlichen Fall dahingestellt bleiben, ob eine Ausweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung - auf Grund der noch immer aufrechten Aufenthaltsbewilligung - in Frage kommen könne, denn ein Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes sei jedenfalls möglich, zumal gemäß § 8 Abs. 1 zweiter Satz Aufenthaltsgesetz die Bewilligung mit rechtskräftiger Erlassung eines Aufenthaltsverbotes außer Kraft trete. Der Beschwerdeführer habe vor der Behörde in Graz falsche Angaben über seinen Wohnsitz gemacht und habe die dortige polizeiliche Meldung offensichtlich nur dazu gedient, bei der Behörde eine Aufenthaltsbewilligung zu erwirken. Damit aber sei die Annahme durchaus gerechtfertigt, daß sein Aufenthalt die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit gefährden werde, und habe die Behörde zu Recht ein Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes einleiten dürfen. Die Schubhaft sei notwendig, um die angestrebten Verfahrenssicherungszwecke zu erreichen. Hier sei insbesondere auf das bisherige Verhalten des Beschwerdeführers während seines Aufenthaltes in Österreich und die ihn betreffenden Strafanzeigen sowie auf die offenkundig unrichtigen Angaben vor der Behörde in Graz zu verweisen. Weiters könne der Beschwerdeführer den Nachweis des Besitzes und des Erwerbes der finanziellen Mittel nicht erbringen und sei er in Österreich offenbar unsteten Aufenthaltes (zuletzt unangemeldet wohnhaft in Wien 7. bzw. Wien 22.). Es bestehe daher der begründete Verdacht, daß er sich dem fremdenpolizeilichen Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes und in der Folge der Abschiebung entziehen werde. Die Festnahme und Anhaltung des Beschwerdeführers sei jedenfalls zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes notwendig und mangels eines gelinderen Mittel dringend geboten.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher die Behandlung derselben mit Beschluß vom 5. Dezember 1994, B 1426/94, ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG zur Entscheidung abtrat. Dieser hat erwogen:

Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers ist der im angefochtenen Bescheid enthaltene "Verdacht", er habe unrichtige Angaben im Hinblick auf seinen Wohnsitz (in Graz) gemacht, entsprechend der Aktenlage keineswegs unberechtigt; der Beschwerdeführer vermag auch insoweit keine konkreten Gegenargumente vorzubringen. Auch läßt sich aus der Aktenlage sehr wohl entnehmen, daß gegen den Beschwerdeführer Schritte zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes unternommen wurden (welche in der Folge auch zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 5. Juli 1994 geführt haben).

Weiters war die belangte Behörde nicht gehalten, den Schubhaftbescheid vom 24. April 1994 deshalb für rechtswidrig zu erklären, weil seine Begründung - so der Beschwerdeführer - den Erfordernissen des § 60 AVG i.V.m. § 51 Abs. 1 Fremdengesetz nicht genügt habe; daß nämlich allfälligen diesbezüglichen Begründungsmängeln des Schubhaftbescheides insoweit Relevanz zukäme, daß damit auch der vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtene Bescheid mit Rechtswidrigkeit belastet wäre, vermag der Beschwerdeführer nicht darzutun.

Schließlich ist der Beschwerdeführer auf die ständige hg. Rechtsprechung (vgl. etwa das Erkenntnis vom 25. November 1994, Zl. 94/02/0261) zu verweisen, wonach in einem Verfahren nach § 51 Fremdengesetz die Prüfung der Frage, ob der Fremde in ein bestimmtes Land abgeschoben werden darf oder nicht, nicht zu prüfen ist, und zwar unabhängig davon, ob er einen Antrag nach § 54 Fremdengesetz gestellt hat, zumal diese Frage von der Fremdenpolizeibehörde in einem gesonderten Verfahren zu beantworten ist.

Da bereits der Inhalt der vorliegenden Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

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