VwGH 94/19/0424

VwGH94/19/042426.1.1995

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Hofrat Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Kremla, Dr. Stöberl, Dr. Holeschofsky und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, in der Beschwerdesache des Dr. W, Rechtsanwalt in B, gegen 1. den Beschluß des Präsidenten der Obersten Berufungs- und Disziplinarkommission für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter vom 10. Dezember 1993, Zl. 7 BKD 2/93-2 und 2. die Zustellverfügung betreffend den genannten Beschluß, beide betreffend Befangenheit in Disziplinarsachen, den Beschluß gefaßt:

Normen

B-VG Art133 Z4;
DSt Rechtsanwälte 1990 §64 Abs1;
VwGG §34 Abs1;
B-VG Art133 Z4;
DSt Rechtsanwälte 1990 §64 Abs1;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Beschluß erkannte der Präsident der Obersten Berufungs- und Disziplinarkommission für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter dahin, daß die vom Beschwerdeführer geltend gemachte Befangenheit (auch) des Präsidenten des Disziplinarrates der Rechtsanwaltskammer Niederösterreich nicht vorliege und wies den Ablehnungsantrag hinsichtlich des Präsidenten der Disziplinarräte der übrigen Rechtsanwaltskammer in Österreich zurück. Mit der weiters bekämpften Zustellverfügung ordnete der Präsident der Obersten Berufungs- und Disziplinarkommission für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter (unter anderem) die Übermittlung von 5 Ausfertigungen des Beschlusses an den Disziplinarrat der Rechtsanwaltskammer Niederösterreich unter einem mit der Übermittlung der vorgelegten Akten an.

Für die dagegen wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde ist der Verwaltungsgerichtshof - wie die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift zutreffend geltend macht - aus folgenden Erwägungen offenbar unzuständig:

Bei der Obersten Berufungs- und Disziplinarkommission für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter handelt es sich um eine Kollegialbehörde iSd Art. 133 Z. 4 B-VG. Diese für die Beurteilung des Beschwerdefalles maßgebende Vorschrift schließt die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes in den darin genannten Fällen schlechthin aus (vgl. den hg. Beschluß vom 25. August 1994, 94/19/1142). Dies gilt auch, wenn ein einzelnes Mitglied einer derartigen Kollegialbehörde eine Entscheidung im Zuge des Verfahrens - etwa hinsichtlich der Ablehnung eines anderen Mitgliedes oder über die Ablehnung von Mitgliedern anderer Behörden - zu treffen hat, sofern nur die Kollegialbehörde gemäß Art. 133 Z. 4 B-VG zur Entscheidung im Verwaltungsverfahren in letzter Instanz berufen ist, also gegen die Sachentscheidung der anderen Behörde angerufen werden kann. Eine andere Ansicht würde dazu führen, daß zwar die Sachentscheidung der Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof entzogen wäre, dieser jedoch in vorgelagerten Verfahrensfragen angerufen werden könnte; eine solche Absicht darf dem (Verfassungs)Gesetzgeber nicht unterstellt werden. Die von Art. 133 Z. 4 B-VG geforderten und in § 64 Abs 1 DSt 1990 festgeschriebenen Garantien erstrecken sich nämlich auch auf die vom Gesetz dem einzelnen Mitglied im Rahmen der Angelegenheiten, die der Kommission in letzter Instanz zur Entscheidung übertragen sind, zum Vollzug überantworteten Aufgaben. Bei Erledigung eines Ablehnungsantrages handelt es sich um einen Akt der "Rechtsprechung" (vgl zum zivilgerichtlichen Verfahren den hg. Beschluß vom 20. Dezember 1956, 2435/56, VwSlg. 4249 A/1956) und damit einen Gegenstand, der jenen Angelegenheiten zuzurechnen ist, auf die sich die durch Art 133 Z. 4 B-VG vorgesehene Ausnahme von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes bezieht.

Da sich diese Überlegungen auch auf die ausdrücklich bekämpfte Zustellverfügung des Präsidenten der Obersten Berufungs- und Disziplinarkommission für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter beziehen, war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG die gesamte Beschwerde von dem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG zusammengesetzten Senat ohne weiteres Verfahren wegen offenbarer Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes zurückzuweisen.

Im Hinblick auf die Erledigung der Beschwerde erübrigt sich eine Entscheidung des Berichters über den Antrag des Beschwerdeführers, seiner Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Eine Kostenentscheidung hatte zu unterbleiben, da Aufwandersatz nicht begehrt wurde.

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