Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Im Jänner 1994 beantragte der Beschwerdeführer die baubehördliche Bewilligung für die Errichtung einer Kompostieranlage im Ausmaß von 50 m x 10 m mit einem Anlieferungsplatz in der Größe von 100 m2 auf dem Grundstück Nr. 1298, KG O. Eine Ladung zur Verhandlung am 23. März 1994 erging unter Hinweis auf die Präklusionsfolgen an sämtliche unmittelbaren Anrainer persönlich, nicht jedoch an den Erstmitbeteiligten, der kein unmittelbarer Anrainer des verfahrensgegenständlichen Grundstückes ist. In den vorgelegten Akten der Gemeinde findet sich keine Kundmachung der Anberaumung der mündlichen Bauverhandlung, sondern lediglich eine Ladung zur mündlichen Verhandlung vom 23. März 1994 mit dem Vermerk, an wen diese Ladung zu ergehen hat. Einen Vermerk, daß die Ladung öffentlich kundzumachen ist, enthält der Akt bzw. die Ladung nicht. Im formularmäßigen Text der Niederschrift über diese mündliche Verhandlung ist der Passus "Die Verhandlungsausschreibung wurde darüberhinaus an der Amtstafel kundgemacht." nicht durchgestrichen. Der Beschwerdeführer hat mit der Beschwerde folgende Erklärung des Bürgermeisters der zweitmitbeteiligten Partei vom 22. Dezember 1994 vorgelegt:
"Der Bürgermeister der Marktgemeinde W bestätigt, daß die Ladung zur Bauverhandlung vom 10.3.1994 ordnungsgemäß an der Amtstafel kundgemacht war.
Die ordnungsgemäße Kundmachung wurde zu Beginn der Bauverhandlung festgehalten."
In der mündlichen Verhandlung vom 24. März 1994 erschien ein Vertreter des Erstmitbeteiligten und legte dessen schriftliche Stellungnahme vor, die dem Bauakt beigelegt wurde. Am Ende der mündlichen Verhandlung gab der Vertreter des Erstmitbeteiligten u.a. für diesen die Zustimmung zur Kompostierungsanlage. Bezüglich Pkt. 4 der schriftlichen Stellungnahme des Erstmitbeteiligten, in dem dieser um Bekanntgabe einer Prognose über das zu erwartende Verkehrsaufkommen im Zusammenhang mit der geplanten Anlage vor Baubeginn ersucht habe, nehme der Vertreter des Erstmitbeteiligten an, daß ca. 25 bis 30 LKW im Jahr das Verkehrsaufkommen ausmachten.
Mit Bescheid des Bürgermeisters der zweitmitbeteiligten Partei vom 6. April 1994 wurde die Baubewilligung für das angeführte Bauvorhaben erteilt. Dagegen erhob der Erstmitbeteiligte Berufung. Er habe in seiner schriftlichen Stellungnahme dem Projekt zwar grundsätzlich unter Einhaltung bestimmter Auflagen, wie Errichtung und Betrieb gemäß dem Stand der Technik und ein fachgerechtes Betreiben der Anlage, sodaß unzumutbare Geruchsemissionen im Bereich der Wohnnachbarschaft hintangehalten würden, zugestimmt. In der Verhandlung sei in bezug auf seine Einwendungen auf die Ausführungen des anwesenden Sachverständigen S. verwiesen worden, der jedoch auf diese Einwendungen nur teilweise eingegangen sei. Aus der gutächtlichen Stellungnahme ergäbe sich, daß es bei der geplanten Anlage zu "üblichen Gerüchen" kommen werde, daß jedoch kein erhöhter Emissionsschutz geltend gemacht werden könne. Dies wäre genau zu überprüfen. Bei der Beurteilung der Windverhältnisse sei zu wenig Rücksicht auf kleinklimatische Gegebenheiten genommen worden, sonst wäre man zu einem anderen Ergebnis gekommen. Das Gutachten des Sachverständigen für Kompostieranlagen und Emissionsfragen enthalte weder schlüssige, noch nachvollziehbare Aussagen. Es sei ein gravierender Fehler, daß bei der mündlichen Bauverhandlung kein medizinischer Sachverständiger anwesend gewesen sei. Ein weiterer wichtiger Aspekt sei die Auswahl des geeigneten Standortes für eine derartige Anlage.
Mit Bescheid des Gemeinderates der zweitmitbeteiligten Partei vom 22. Juni 1994 wurde dem Erstmitbeteiligten unter Spruchpunkt 1 die Parteistellung zuerkannt und unter Spruchpunkt 2 der Berufung des Erstmitbeteiligten stattgegeben, der erstinstanzliche Bescheid ersatzlos behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an den Bürgermeister als Behörde erster Instanz zurückverwiesen. Es hätten bei der Entscheidung erster Instanz folgende entscheidungswichtige Unterlagen gefehlt: die Darstellung des Betriebsvorganges und der Zusammensetzung und Menge des angelieferten Biomaterials, ein biologisches, ein medizinisches und ein Gutachten eines Kompostsachverständigen.
In der dagegen erhobenen Vorstellung des Beschwerdeführers erachtete der Beschwerdeführer die Aufhebung der bereits von der ersten Instanz erteilten baubehördlichen Bewilligung für rechtswidrig, da die Berufungsbehörde die Einwände des Erstmitbeteiligten wegen bereits eingetretener Präklusion nicht mehr hätte berücksichtigen dürfen.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Vorstellung des Beschwerdeführers als unbegründet abgewiesen. Die Präklusionsfolgen gemäß § 42 AVG träfen nur jene, die ordnungsgemäß - bekannte beteiligte durch persönliche Ladung, andere durch öffentliche Kundmachung - geladen wurden. Auf den Erstmitbeteiligten treffe nach der Aktenlage keine dieser Voraussetzungen zu. Hinsichtlich der durch den Vertreter des Erstmitbeteiligten erfolgten Zustimmungserklärung werde auf den Umstand verwiesen, daß unmittelbar vor Abgabe dieser Erklärung noch die Einholung eines medizinischen Gutachtens für notwendig erachtet worden sei. Gemäß § 118 Abs. 9 und § 62 Abs. 2 Nö Bauordnung 1976 habe der Nachbar einen Anspruch darauf, daß im Rahmen eines Baubewilligungsverfahrens alle jene Anordnungen getroffen würden, die alle örtlich unzumutbaren Belästigungen der Nachbarn hintanzuhalten vermögen. Einwendungen von Nachbarn bezüglich drohender Immissionen verpflichteten die Baubehörde also jedenfalls zu einer Prüfung, ob Vorkehrungen nach § 62 Abs. 2 Nö Bauordnung 1976 nötig seien. Die Beurteilung der örtlichen Zumutbarkeit einer Belästigung erfordere aber ein Gutachten eines Arztes, dem ein technisches Gutachten (allenfalls auch mehrere) über die Intensität der Auswirkungen des Bauvorhabens zugrunde zu legen sei. Da die im erstinstanzlichen Verfahren durchgeführten Ermittlungen für eine abschließende Beurteilung der Auswirkungen der Anlage nicht ausgereicht hätten und die Verletzung von Nachbarrechten im Sinne der Nö Bauordnung 1976 nicht ausgeschlossen werden könne, sei die Entscheidung der Berufungsbehörde zu Recht erfolgt.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde wird dessen Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht. Der Beschwerdeführer erachtet sich "in seinem Recht auf gesetzmäßige Anwendung des AVG, insbesondere in Anwendung des § 42 AVG und der Nö Bauordnung, insbesondere in Anwendung des § 99 Nö Bauordnung verletzt".
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor, erstattete jedoch keine Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:
Gemäß § 41 Abs. 1 AVG hat die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung durch persönliche Verständigung der bekannten Beteiligten zu erfolgen und wird nach Bedarf überdies noch durch Anschlag in der Gemeinde oder durch Verlautbarung in der für amtliche Kundmachungen der Behörde bestimmten Zeitung bekanntgemacht. Wurde eine mündliche Verhandlung durch Anschlag in der Gemeinde oder auch durch Verlautbarung in der für amtliche Kundmachungen der Behörde bestimmten Zeitung bekanntgemacht, so hat dies gemäß § 42 Abs. 1 AVG zur Folge, daß Einwendungen, die nicht spätestens am Tag vor Beginn der Verhandlung bei der Behörde oder während der Verhandlung vorgebracht wurden, keine Berücksichtigung finden und angenommen wird, daß die Beteiligten dem Parteiantrag, dem Vorhaben oder der Maßnahme, die den Gegenstand der Verhandlung bilden, zustimmen. Gemäß § 42 Abs. 2 AVG erstreckt sich im Fall einer nur durch Verständigung der Beteiligten anberaumten Verhandlung die in § 42 Abs. 1 AVG bezeichnete Rechtsfolge bloß auf die Beteiligten, die rechtzeitig die Verständigung von der Anberaumung der Verhandlung erhalten haben.
Der Beschwerdeführer macht geltend, daß - entgegen den Ausführungen im angefochtenen Bescheid - die Bauverhandlung vom 23. März 1994 ordnungsgemäß öffentlich kundgemacht worden sei. Dies ergebe sich aus der Niederschrift über die Verhandlung. Darüberhinaus werde auf ein Schreiben des Bürgermeisters der zweitmitbeteiligten Partei vom 22. Dezember 1994 verwiesen, in dem die ordnungsgemäße Kundmachung der Ladung zur verfahrensgegenständlichen Bauverhandlung bestätigt werde.
Die Präklusionsfolgen gemäß § 42 AVG treten immer nur ein, wenn ein bekannter Beteiligter unter Hinweis auf diese Folgen persönlich geladen wurde oder nicht bekannten Beteiligten gegenüber eine ordnungsgemäße Kundmachung der Anberaumung der mündlichen Verhandlung unter Hinweis auf die Präklusionsfolgen erfolgte. Gemäß § 99 Abs. 1 erster Satz Nö Bauordnung, LGBl. 8200-0 in der Fassung der Novelle LGBl. 8200-6, sind zur Bauverhandlung jene Anrainer persönlich zu laden, deren Grundstücke mit dem vom Bauvorhaben betroffenen eine gemeinsame Grenze haben. Da der Erstmitbeteiligte kein in diesem Sinne "unmittelbarer" Nachbar des Beschwerdeführers ist, muß die Frage beantwortet werden, ob eine ordnungsgemäße öffentliche Kundmachung der Anberaumung der mündlichen Verhandlung vom 23. März 1994 erfolgte. Diese Frage wurde von der belangten Behörde zutreffend verneint. Wie bereits eingangs festgestellt, enthalten die Gemeindeakten keine öffentliche Kundmachung der Anberaumung der öffentlichen Verhandlung vom 23. März 1994. Wenn nunmehr im Beschwerdeverfahren behauptet wird, die im Akt einliegende Ladung betreffend die persönlich zur Verhandlung zu Ladenden sei auch an der Amtstafel der Zweitmitbeteiligten kundgemacht worden, ist festzustellen, daß ein solcher Aushang einer konkreten Ladung keine Kundmachung der öffentlichen mündlichen Verhandlung durch Anschlag an der Amtstafel im Sinne des § 42 AVG darstellt, weil sie sich ausdrücklich nur an einen ganz bestimmten Adressatenkreis richtete. Wenn aber keine ordnungsgemäße Kundmachung der öffentlichen Bauverhandlung vom 23. März 1994 erfolgt ist, dann können gegenüber dem Erstmitbeteiligten die Präklusionsfolgen gemäß § 42 AVG nicht eingetreten sein. Daran ändert auch der Umstand nichts, daß der in der Verhandlung erschienene Vertreter des Erstmitbeteiligten letztlich dem Projekt in der Verhandlung zugestimmt hat. Auch eine solche Zustimmung bedeutet nichts anderes, als daß in der mündlichen Verhandlung gegen das verfahrensgegeständliche Projekt keine Einwendungen erhoben wurden. Die auch an eine solche Zustimmung zu knüpfende Präklusion gemäß § 42 AVG für das weitere Verfahren ergibt sich aber nur bei ordnungsgemäßer Ladung des Betreffenden (persönlich oder mittels öffentlicher Bekanntmachung; vgl die hg. Erkenntnisse vom 18. November 1974, Zl. 273/74, und vom 15. Dezember 1983, Zl. 83/06/0109, 0110). Die belangte Behörde hat daher zu Recht die Auffassung der Berufungsbehörde bestätigt, daß gegenüber dem Erstmitbeteiligten die Präklusionsfolgen des § 42 AVG nicht eingetreten sind und seine Berufung daher aus diesem Grund nicht abgewiesen werden konnte. Die vorliegende Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
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