VwGH 94/18/0027

VwGH94/18/002714.4.1994

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer, Dr. Graf und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des H, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 16. Juli 1993, Zl. SD 294/93, betreffend Erlassung eines unbefristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Normen

FrG 1993 §18 Abs2 Z1;
FrG 1993 §19;
FrG 1993 §20 Abs1;
EMRK Art8 Abs2;
SGG §12 Abs1;
SGG §12 Abs3 Z3;
FrG 1993 §18 Abs2 Z1;
FrG 1993 §19;
FrG 1993 §20 Abs1;
EMRK Art8 Abs2;
SGG §12 Abs1;
SGG §12 Abs3 Z3;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) wurde gegen den Beschwerdeführer, einen türkischen Staatsangehörigen, gemäß § 18 Abs. 1 und 2 Z. 1 des Fremdengesetzes (FrG) ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen. In der Begründung dieses Bescheides stützte sich die belangte Behörde darauf, daß der Beschwerdeführer mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 9. Dezember 1992 wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren rechtskräftig verurteilt worden sei. Auf Grund dieses Urteils sei der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 1 FrG erfüllt. Die Voraussetzungen des § 18 Abs. 1 leg.cit. lägen vor.

Das Aufenthaltsverbot stelle zwar einen schweren Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers dar, der verheiratet sei, sich seit 1987 im Bundesgebiet aufhalte und hier mit seiner Frau und seinem Kind lebe. Die Erlassung des Aufenthaltsverbotes sei allerdings zur Erreichung der in der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten genannten Ziele dringend geboten, da gerade an der Bekämpfung der Suchtgiftkriminalität ein immenses öffentliches Interesse bestehe. Der Beschwerdeführer habe an einer Tat mitgewirkt, durch die eine derart große Menge von Suchtgift in Verkehr gesetzt worden wäre, daß in großem Ausmaß eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen hätte entstehen können. Die Verurteilung zu einer unbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von drei Jahren zeige, daß auch das Gericht von einem nicht geringen Verschulden des Beschwerdeführers ausgegangen sei. Angesichts des vorliegenden Sachverhaltes sei den maßgebenden öffentlichen Interessen der Vorrang gegenüber den im Hinblick auf die Dauer des Aufenthaltes des Beschwerdeführers und seiner Familie in Österreich beträchtlichen Auswirkungen des Aufenthaltsverbotes auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers und seiner Familie einzuräumen.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der mit Beschluß vom 30. November 1993, B 1598/93-10, die Behandlung der Beschwerde ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die Auffassung der belangten Behörde, daß der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 1 FrG erfüllt und die in § 18 Abs. 1 leg. cit. umschriebene Annahme gerechtfertigt sei, begegnet keinen Bedenken. Die Beschwerde enthält dazu auch keine Ausführungen.

2. Daß mit der Erlassung des Aufenthaltsverbotes ein erheblicher Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers im Sinne des § 19 FrG bewirkt wird, wurde von der belangten Behörde berücksichtigt. Deren Beurteilung, daß die Erlassung des Aufenthaltsverbotes zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Ziele (Verhinderung von strafbaren Handlungen, Schutz der Gesundheit) dringend geboten sei, entspricht - im Hinblick auf die besondere Gefährlichkeit der Suchtgiftkriminalität - der ständigen hg. Rechtsprechung (siehe etwa das hg. Erkenntnis vom 10. Februar 1994, Zl. 93/18/0617, mwN).

3. Auf dem Boden dieser Rechtsprechung kann der belangten Behörde auch nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, wenn sie im Rahmen der Interessenabwägung nach § 20 Abs. 1 FrG die für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes maßgeblichen öffentlichen Interessen ungleich höher als die im Hinblick auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers und seiner Familie zweifellos beträchtlichen privaten und familiären Interessen des Beschwerdeführers veranschlagt hat, ist doch bei Suchtgiftdelikten selbst bei ansonsten völliger sozialer Integration des Fremden die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes nicht rechtswidrig. Das Gewicht der dem Beschwerdeführer zur Last fallenden Straftat wird auch durch die von der Beschwerde behaupteten Umstände, daß es sich um seine erste Verfehlung gehandelt habe und er nur untergeordnet an der Tat beteiligt gewesen sei, nicht entscheidend verringert.

Soweit der Beschwerdeführer - um darzutun, daß Suchtgiftdelikte nicht in jedem Fall zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes führen müssen - ausführt, die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes könne nach § 20 Abs. 2 FrG unzulässig sein, wenn der Fremde lediglich wegen des Verbrechens nach § 12 Abs. 1 Suchtgiftgesetz verurteilt worden sei, ist daraus für ihn nichts zu gewinnen. Der Beschwerdeführer ist nämlich nach der Aktenlage wegen des Verbrechens nach den §§ 15 StGB und 12 Abs. 1 und 3 Z. 3 Suchtgiftgesetz rechtskräftig verurteilt worden. Die für dieses Verbrechen angedrohte Höchststrafe beträgt 15 Jahre, sodaß schon deshalb - abgesehen davon, daß vom Vorliegen der Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Z. 1 StbG nach der Aktenlage keine Rede sein kann - § 20 Abs. 2 FrG in seinem Falle nicht zur Unzulässigkeit des Aufenthaltsverbotes führen kann.

Der Beschwerdeführer meint, die belangte Behörde hätte die privaten und persönlichen Interessen "zur Gänze festzustellen gehabt, bzw. ausreichend konkretisieren müssen", er vermag jedoch damit nicht aufzuzeigen, welche Tatsachen die belangte Behörde im Rahmen der Interessenabwägung zu Unrecht nicht berücksichtigt hat. Nach dem Inhalt des angefochtenen Bescheides hat die belangte Behörde ohnedies darauf Bedacht genommen, daß der Beschwerdeführer verheiratet ist, sich seit 1987 im Bundesgebiet aufgehalten und hier mit seiner Frau und seinem Kind gelebt hat.

4. Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

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