VwGH 94/02/0038

VwGH94/02/003825.3.1994

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Stoll, Dr. Bernard, Dr. Riedinger und Dr. Holeschofsky als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Strohmaier, über die Beschwerde des S in W, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in Z, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 21. Oktober 1993, Zl. UVS-01/05/00162/93, betreffend Schubhaft, zu Recht erkannt:

Normen

AsylG 1991 §8 Abs1;
FrG 1993 §37;
FrG 1993 §54;
AsylG 1991 §8 Abs1;
FrG 1993 §37;
FrG 1993 §54;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde und der ihr angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ergibt sich folgender Sachverhalt:

Der Beschwerdeführer, ein türkischer Staatsangehöriger, reiste am 6. September 1993 unter Umgehung der Grenzkontrolle nach Österreich ein. Am 8. September 1993 stellte er einen Antrag auf Asylgewährung. Bis zur Verhängung der Schubhaft am 5. Oktober 1993 hielt er sich in Österreich ohne polizeiliche Meldung an unbekanntem Ort auf, war mittellos und ging keiner Beschäftigung nach. Sein Asylantrag wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 5. Oktober 1993 abgewiesen; einer Berufung gegen diesen Bescheid wurde gemäß § 64 Abs. 2 AVG die aufschiebende Wirkung aberkannt. Am 8. Oktober 1993 brachte der Beschwerdeführer bei der Bundespolizeidirektion Wien einen Antrag auf Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung in einen bestimmten Staat (offenbar in die Türkei) gemäß § 54 des Fremdengesetzes ein. Über diesen Antrag wurde noch nicht entschieden.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen seine Anhaltung in Schubhaft als unbegründet abgewiesen und die Fortsetzung der Anhaltung des Beschwerdeführers für rechtmäßig erklärt.

Der Verfassungsgerichtshof hat mit Beschluß vom 30. November 1993, B 1810/93, die Behandlung der an ihn gerichteten Beschwerde abgelehnt und die Beschwerde mit Beschluß vom 7. Jänner 1994 gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

In seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer macht geltend, daß die Behörde nicht geprüft habe, ob der Beschwerdeführer direkt aus der Türkei nach Österreich eingereist sei und ob ihm daher das Privileg der vorläufigen Aufenthaltsberechtigung zukomme. Dieses Vorbringen ist schon deswegen unbegründet, weil sein Asylantrag abgewiesen und der Berufung dagegen die aufschiebende Wirkung aberkannt worden ist. Gemäß § 7 Abs. 3 des Asylgesetzes ginge dem Asylwerber in einem solchen Fall die vorläufige Aufenthaltsberechtigung, die er nach direkter Einreise aus dem behaupteten Verfolgerstaat durch die Stellung eines Asylantrages erworben hätte, verloren. Die vom Beschwerdeführer vermißte Prüfung war daher entbehrlich.

Der belangten Behörde stand auch nicht die Prüfung zu, ob die Asylbehörde zu Recht oder zu Unrecht keine befristete Aufenthaltsbewilligung im Sinne des § 8 Abs. 1 des Asylgesetzes erlassen hat. Die Beantwortung dieser Frage durch die - hiefür nicht zuständige - belangte Behörde hätte keineswegs die Folge, daß der Beschwerdeführer eine derartige Berechtigung erhielte, aus der die Rechtswidrigkeit der Schubhaft abzuleiten wäre.

Dasselbe gilt für die Unterlassung der Beurteilung des Vorliegens eines Rückschiebungsverbotes im Sinne des § 37 des Fremdengesetzes im Zusammenhang mit dem erwähnten, auf § 54 leg. cit. gestützten Antrag des Beschwerdeführers (vgl. die Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes vom 4. Oktober 1993, B 364/93, und des Verwaltungsgerichtshofes vom 10. Februar 1994, Zl. 93/18/0410, wonach einem unabhängigen Verwaltungssenat in den Fällen, in denen noch keine Möglichkeit einer Antragstellung nach § 54 des Fremdengesetzes bestand, die Prüfung der Frage der Zulässigkeit einer in Aussicht genommenen Abschiebung in ein bestimmtes Land obliegt). Dies zu entscheiden ist Sache der Bundespolizeidirektion Wien. Die im Beschwerdefall von der belangten Behörde zu beurteilende Rechtmäßigkeit der Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft hat bezogen auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt dieser Entscheidung zu erfolgen. Ein Ausspruch, daß ein bestimmtes Rückschiebungsverbot besteht, bestand zu diesem Zeitpunkt nicht. Die belangte Behörde hatte daher keine Veranlassung, darauf einzugehen, ob eine solche (positive) Entscheidung zu fällen sein wird und welche Auswirkung sie auf die Rechtmäßigkeit der Schubhaft hätte.

Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht gegeben ist, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Angesichts der Erledigung der Beschwerde erübrigt sich ein Abspruch über den Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

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