VwGH 94/01/0257

VwGH94/01/025727.4.1994

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspäsident Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Dorner und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lammer, 1. über den Antrag des L, zuletzt wohnhaft in B, vertreten durch Mag. T, Rechtsanwalt in L, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Einbringung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 29. September 1993, Zl. 4.322.224/2-III/13/92, betreffend Asylgewährung, und 2. in dieser Beschwerdesache den Beschluß gefaßt:

Normen

AVG §71 Abs1 Z1;
VwGG §46 Abs1;
AVG §71 Abs1 Z1;
VwGG §46 Abs1;

 

Spruch:

1. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird abgewiesen.

2. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer begründet seinen (am 17. März 1994 gleichzeitig mit der Beschwerde zur Post gegebenen) Wiedereinsetzungsantrag damit, daß sein Vertreter nach der an ihn am 26. Jänner 1994 erfolgten - gemäß § 26 Abs. 3 VwGG für den Beginn der Frist zur Beschwerdeerhebung an den Verwaltungsgerichtshof maßgeblichen - Zustellung des Bestellungsbescheides im Rahmen der Bewilligung der Verfahrenshilfe (zur hg. Zl. VH 93/01/0913, samt einer Ausfertigung des anzufechtenden Bescheides) noch am selben Tag ein Schreiben an die zuletzt bekannte Adresse des Beschwerdeführers gerichtet habe, dieses aber mit dem Vermerk, der Beschwerdeführer sei am 3. Dezember 1993 aus dem betreffenden Flüchtlingslager entlassen worden, zurückgelangt sei. Sein Vertreter habe daraufhin am 1. Februar 1994 telefonisch vergeblich versucht, den derzeitigen Aufenthalt des Beschwerdeführers "über das Flüchtlingslager in Traiskirchen" zu erheben. Diese Umstände seien am 16. Februar 1994 von einer Kanzleiangestellten seines Vertreters "einer Bediensteten der OÖ-Rechtsanwaltskammer mitgeteilt" worden, wobei sich der genaue Inhalt des Telefonates nicht mehr rekonstruieren lasse. Jedenfalls habe die Kanzleiangestellte die Auffassung vertreten, der vorhin geschilderte Sachverhalt müsse lediglich der genannten Rechtsanwaltskammer mitgeteilt werden "und das Verfahren würde ruhen, sodaß der bereits im Kalender vorgemerkte Termin für die Einbringung der VwGH-Beschwerde hinfällig und der Fristenvormerk zu löschen sei". Dies sei dann auch in weiterer Folge geschehen, weshalb die rechtzeitige Einbringung der Beschwerde unterblieben sei. Mit Schreiben vom 14. März 1994, eingelangt am 15. März 1994, sei sein Vertreter "davon verständigt" worden, "daß er trotzdem verpflichtet sei, die Verwaltungsgerichtshofbeschwerde einzubringen".

Der aus diesem Sachverhalt abgeleiteten Rechtsauffassung des Beschwerdeführers, er sei "sohin" durch ein unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis an der Einhaltung der Frist für die Einbringung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof gehindert gewesen und erleide dadurch einen Rechtsnachteil, daß ihm "die Beschwerdemöglichkeit genommen wäre und die Versäumung der Frist ohne Verschulden, bzw. allenfalls nur auf einem Versehen minderen Grades beruht", kann nicht gefolgt werden. Der Beschwerdeführer hat nicht einmal geltend gemacht, daß sein Vertreter der ihm zumutbaren und nach der Sachlage gebotenen Überwachungspflicht gegenüber der Kanzleiangestellten, die seiner Behauptung nach eine bestimmte Rechtsauffassung vertreten habe und dementsprechend vorgegangen sei, nachgekommen sei (vgl. u.a. die Beschlüsse des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. September 1992, Zl. 92/08/0163, und vom 9. September 1993, Zl. 93/01/0547). Dazu kommt, daß dann, wenn der Beschwerdevertreter (im Rahmen einer allfälligen Überwachung) die Rechtsauffassung seiner Kanzleiangestellten geteilt hätte, für den Standpunkt des Beschwerdeführers nichts zu gewinnen wäre, weil mangelnde Rechtskenntnis oder Rechtsirrtum nicht als ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis im Sinne des § 46 Abs. 1 VwGG zu werten sind (vgl. u.a. die Beschlüsse des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. November 1980, Slg. Nr. 10309/A, und vom 22. Jänner 1986, Zlen. 85/09/0284, 0285). Wenn die Beschwerdefrist versäumt worden ist, obwohl demnach sein Vertreter an der Einhaltung der Frist nicht gehindert war, muß dies der Beschwerdeführer gegen sich gelten lassen (vgl. den Beschluß eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. Jänner 1977, Slg. Nr. 9226/A).

Dem Antrag auf Bewilligung der Wiedereinesetzung in den vorigen Stand konnte somit gemäß § 46 VwGG nicht stattgegeben werden.

Dies hat weiters zur Folge, daß die Beschwerde gemäß § 34 Abs. 1 VwGG wegen Versäumung der Einbringungsfrist ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen war.

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