Normen
EStG 1972 §18 Abs1 Z4;
GewStG §6 Abs3;
EStG 1972 §18 Abs1 Z4;
GewStG §6 Abs3;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird, soweit er Einkommensteuer für das Jahr 1987 betrifft, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, im übrigen wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Begründung
Beim Mitbeteiligten, der für die Streitjahre aus seinem Malereibetrieb und aus seiner Frühstückspension Einkünfte aus Gewerbebetrieb sowie aus der Vermietung von Appartements Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erklärt hatte, fand im Jahre 1989 eine diese Jahre umfassende abgabenbehördliche Prüfung statt, bei der der Prüfer folgende Mängel feststellte:
"MÄNGEL DER KASSENGEBARUNG:
Am Jahresende wurden bereits während des Jahres bezahlte Verbindlichkeiten bzw. Kundenforderungen über das Konto "Privat" nachgebucht.
Daraus ergibt sich, daß keine Abstimmung des Standes lt. Kassabuch mit dem tatsächlichen Kassastand erfolgte. Durch zwischen den Zeilen des Kassabuches eingefügte Darlehensbeträge (Darlehen von Gattin, Eltern) wurden Fehlbeträge vermieden.
Die Eintragung in das Kassbuch erfolgte teilweise unchronologisch.
Im Kassabuch wurden sowohl die Bareinnahmen aus der Malerei als auch die Einnahmen aus der Appartementvermietung und der Frühstückspension erfaßt.
Im Zuge der BP wurden bei der Appartementvermietung .... und
der Frühstückspension .... Einnahmen festgestellt, deren
Eintragung in das Kassabuch unterblieb.
NICHTAUFGEKLÄRTES DARLEHEN:
Für das im Jahr 1986 verbuchte Darlehen von den Eltern in Höhe von S 100.000,-- konnten keine Beweise in Form von Sparbuchabhebungen bzw. Abhebungen vom Girokonto erbracht werden. Dieses Darlehen wurde daher im Zuge der Betriebsprüfung als fiktiv angesehen."
Auf Grund dieser Mängel gelangte der Prüfer gemäß § 184 BAO unter anderem zu einer Erlöszurechnung für das Jahr 1986 von netto S 100.000,--. Den unter Berücksichtigung dieser Korrekturpost für das Jahr 1986 sich ergebenden Verlust wertete der Prüfer als nicht vortragsfähig.
Gegen die der Rechtsansicht des Prüfers folgenden, in wiederaufgenommenen Verfahren erlassenen Abgabenbescheide des Finanzamtes erhob der Mitbeteiligte Berufung und beantragte, einerseits den "Sicherheitszuschlag von S 100.000,--" für das Jahr 1986 entfallen zu lassen und andererseits uneingeschränkte Anerkennung seiner Verluste in diesem Jahr als vortragsfähig. Aus unter einem dem Finanzamt übersandten Unterlagen gehe nämlich hervor, daß die Eltern des Mitbeteiligten durch Abhebung eines Betrages von S 95.574,60 von einem Sparbuch über die für die Darlehensgewährung an den Mitbeteiligten erforderlichen Mittel verfügt hätten.
Das Finanzamt wertete die Angaben des Mitbeteiligten über die Hingabe eines Darlehens durch seine Eltern in der sodann erlassenen abweislichen Berufungsvorentscheidung deswegen als nicht glaubhaft, weil die Abhebung vom Sparbuch schon am 16. Oktober 1985, die Darlehensbuchung aber erst zum 1. September 1986 erfolgt sei. Außerdem stehe nicht fest, daß die Sparbuchabhebung durch die Eltern des Mitbeteiligten erfolgt sei.
Nach Einvernahme der Eltern des Mitbeteiligten wurde letzterem ein ergänzender Betriebsprüfungsbericht übermittelt, in dem die Mängel der Kassenführung im Detail angeführt sind. Daraus geht unter anderem hervor, daß nicht nur ein Darlehen der Eltern des Mitbeteiligten in Höhe von S 100.000,--, sondern auch ein Darlehen seiner Ehegattin in Höhe von S 50.000,-- zur Vermeidung von Kassenfehlbeträgen erforderlich war.
Nach weiteren Sachverhaltsermittlungen und Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde wies diese mit dem angefochtenen Bescheid unter anderem die Berufung gegen den Einkommen- und Gewerbesteuerbescheid für das Jahr 1986 als unbegründet ab; der Berufung gegen den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1987 gab sie teilweise Folge; dies nach Darstellung des Verfahrensganges und der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes betreffend die Anerkennung von Verträgen zwischen nahen Angehörigen im wesentlichen mit folgender Begründung:
Bei der Überprüfung des "buchmäßig" nachgetragenen, angeblich von den Eltern des Mitbeteiligten diesem gewährten "Darlehens" in Höhe von S 100.000,-- hätten sich widersprüchliche Aussagen sowohl über die Identität des Bankinstitutes als auch über den zeitlichen Zusammenhang von Behebung und Hingabe des Betrages ergeben. Die vom Mitbeteiligten gegebene Sachverhaltsdarstellung, wonach dieser Betrag zunächst seiner Schwester als Darlehen gewährt worden und dann über einen Zeitraum von rund sieben Monaten im elterlichen Haushalt bar aufbewahrt worden sei, widerspreche der allgemeinen Lebenserfahrung. Es könne somit nicht als erwiesen angesehen werden, daß die von einem Sparbuch im Oktober 1985 behobenen Geldmittel dem Mitbeteiligten im September 1986 als Darlehen zur Verfügung gestellt worden seien. Auch fehlten sämtliche Voraussetzungen für die steuerliche Anerkennung einer solchen Darlehensgewährung, da weder eine Vereinbarung über Zinsen oder Tilgung des Betrages vereinbart worden noch bis November 1991 tatsächlich eine Rückzahlung erfolgt sei. Der vom Mitbeteiligten beantragte Vortrag des im Jahre 1986 im Bereich des Malereibetriebes entstandenen Verlustes sei jedoch 1987 zu gewähren, weil "der Verlust nach Korrektur der Buchhaltung auf Grund der Betriebsprüfung ermittelbar erschien".
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Präsidentenbeschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend gemacht wird.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt, von der Erstattung einer Gegenschrift jedoch Abstand genommen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerde bringt zunächst vor, die belangte Behörde hätte in bezug auf das behauptete Darlehen der Ehegattin des Mitbeteiligten nicht zu einem anderen Ergebnis gelangen dürfen als in bezug auf das behauptete Darlehen der Eltern des Mitbeteiligten, seien doch alle diese Mittel erforderlich gewesen, Kassenfehlbeträge im Jahr 1986 zu vermeiden. Die Ehegattin des Mitbeteiligten habe aber aus näher angeführten Gründen über derartige Mittel nicht verfügt.
Die belangte Behörde hat es verabsäumt, zu diesem Punkt im angefochtenen Bescheid den maßgebenden Sachverhalt festzustellen und sodann rechtlich zu würdigen. Diese Verletzung der amtlichen Ermittlungs- und Begründungspflicht ist auch wesentlich, weil bei Vermeidung dieser Mängel nicht auszuschließen ist, daß die belangte Behörde zu einem anderen Bescheid hätte kommen können. Eine inhaltliche Rechtswidrigkeit kann der belangten Behörde in diesem Zusammenhang mangels jeglicher Ausführungen zu diesem Punkt im angefochtenen Bescheid jedoch nicht angelastet werden.
Die Beschwerde macht weiters geltend, der Vortrag von Verlusten aus Gewerbetrieb auf das Jahr 1987 sei im Beschwerdefall deswegen nicht zulässig, weil der Mitbeteiligte im Jahr 1986, in dem die Verluste entstanden seien, nicht ordnungsgemäß Buch geführt habe, und zwar so, daß die gewerblichen Einkünfte fehlerlos errechnet werden könnten und das Ergebnis daraus auch überprüfbar sei. Im Beschwerdefall sei nämlich der Verlust des Mitbeteiligten für das Jahr 1986 nicht nach Korrektur seiner Buchhaltung, sondern weitgehend durch griffweise und pauschale Schätzung ermittelt worden.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bedeutet die Formulierung "auf Grund ordnungsmäßiger Buchführung" im § 18 Abs. 1 Z. 4 EStG 1972 nicht, daß eine formell ordnungsmäßige Buchhaltung Voraussetzung für den Verlustvortrag ist, sondern daß ein Verlustvortrag für bilanzierende Einkommensteuerpflichtige immer dann zulässig ist, wenn der Verlust - allenfalls nach Korrektur der Buchhaltung durch den Steuerpflichtigen oder auf Grund einer Betriebsprüfung - seiner Höhe nach errechnet werden kann und das Ergebnis auch überprüfbar ist (vgl. hiezu beispielsweise die hg. Erkenntnisse vom 19. Oktober 1993, Zl. 91/14/0172, vom 19. April 1988, Zl. 88/14/0001, und vom 22. September 1987, Zlen. 85/14/0038, 0039). Im letztzitierten Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof auch ausgeführt, daß von einem seiner Höhe nach errechneten und auch überprüfbaren Verlust dann keine Rede sein kann, wenn der Gewinn weitgehend durch griffweise und pauschale Schätzung ermittelt worden ist.
Legt man diesen Maßstab auf den Beschwerdefall an, so ist die Beurteilung der belangten Behörde, der Verlust des Mitbeteiligten erscheine nach Korrektur der Buchhaltung durch die Betriebsprüfung ermittelbar, mit den festgestellten Buchführungsmängeln nicht vereinbar. Diese Mängel strahlen vielmehr nach Art und Umfang auf das ganze Rechenwerk aus und lassen dieses somit insgesamt als für eine periodengerechte Gewinnermittlung ungeeignet erscheinen.
Ob die für die Vortragsfähigkeit eines Verlustes geforderte Voraussetzung einer ordnungsmäßigen Buchführung im Verlustjahr gegeben war, ist - anders als die Ermittlung des vortragsfähigen Verlustes - für das Jahr zu entscheiden, für welches der Verlustvortrag als Sonderausgabe berücksichtigt werden soll (vgl. hiezu beispielsweise das hg. Erkenntnis vom 5. Mai 1992, Zl. 92/14/0018). Da dies das Jahr 1987 war, haftet somit dem Einkommensteuerbescheid für dieses Jahr die eben aufgezeigte Rechtswidrigkeit des Inhaltes an; insoweit war daher der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben. Im übrigen - also hinsichtlich der Einkommensteuer für das Jahr 1986 und im Hinblick auf die Folgewirkungen auch hinsichtlich der Gewerbesteuer für dieses Jahr - war der angefochtene Bescheid aus den oben näher angeführten Gründen gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
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