VwGH 93/16/0119

VwGH93/16/01197.10.1993

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Hofrat Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Dr. Wurdinger, über die Beschwerde des X-Vereines in L, vertreten durch Dr. B, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom 25. November 1992, Zl. 358/2-10/K-1992, betreffend Ablehnung als Vertreter in Abgabensachen, zu Recht erkannt:

Normen

ABGB §1002;
AbgO 1931 §107;
AbgO 1931 §107a Abs1;
AbgO 1931 §107a Abs7;
AbgO 1931 §107e Abs3 Z7;
BAO §321 Abs2;
BAO §83 Abs1;
BAO §83;
BAO §84 Abs1 impl;
BAO §84 Abs1;
BAO §84;
Verhütung von Mißbräuchen auf dem Gebiet der Rechtsberatung 1935 Art2 §1 Z1;
WTBO §33 Abs1 litc;
WTBO §56;
WTBO §71;
ABGB §1002;
AbgO 1931 §107;
AbgO 1931 §107a Abs1;
AbgO 1931 §107a Abs7;
AbgO 1931 §107e Abs3 Z7;
BAO §321 Abs2;
BAO §83 Abs1;
BAO §83;
BAO §84 Abs1 impl;
BAO §84 Abs1;
BAO §84;
Verhütung von Mißbräuchen auf dem Gebiet der Rechtsberatung 1935 Art2 §1 Z1;
WTBO §33 Abs1 litc;
WTBO §56;
WTBO §71;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid vom 26. Februar 1992 lehnte das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Linz den beschwerdeführenden Verein gemäß § 84 Abs. 1 BAO als Bevollmächtigten ab.

Die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung wurde mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid als unbegründet abgewiesen. Die belangte Behörde ging in der Begründung ihrer Entscheidung davon aus, daß aus den Statuten des Vereines, nach deren § 2 lit. a der Zweck des Vereines im besonderen in der Vertretung bei Gerichten, Behörden und Ämtern, soferne nicht die Vertretung durch einen Rechtsanwalt vorgeschrieben sei, sowie in der Beratung und Belehrung der Mitglieder in allen Hausbesitzerangelegenheiten bestehe, nichts für die Beurteilung der Streitfrage zu gewinnen sei. Aus der Bestimmung des § 83 Abs. 1 BAO, wonach sich die Parteien und ihre gesetzlichen Vertreter durch eigenberechtigte Personen vertreten lassen können, schloß die belangte Behörde vielmehr, daß abgesehen von Wirtschaftstreuhandgesellschaften und anderen in § 107a Abs. 3 Z. 3 bis 9 AO bzw. § 71 WTBO genannten Stellen und Körperschaften, nur physischen Personen die Eignung als Bevollmächtigter zukommen kann. Die in Z. 7 des § 107a Abs. 3 AO genannten privatrechtlichen Vereinigungen seien jedoch nur befugt, ihren Mitgliedern Hilfe zu leisten und sie in ihrer Gesamtheit, nicht auch individuell zu vertreten.

Die Behandlung der gegen diesen Bescheid an den Verfassungsgerichtshof erhobenen Beschwerde wurde von diesem Gerichtshof mit Beschluß vom 15. Juni 1993, B 35/93-3, abgelehnt. Mit weiterem Beschluß des Verfassungsgerichtshofes vom 23. Juli 1993, B 35/93-5, wurde die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof antragsgemäß abgetreten.

Vor dem Verwaltungsgerichtshof wird inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides geltend gemacht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 83 Abs. 1 BAO können sich die Parteien und ihre gesetzlichen Vertreter, sofern nicht ihr persönliches Erscheinen ausdrücklich gefordert wird, durch eigenberechtigte Personen vertreten lassen, die sich durch eine schriftliche Vollmacht auszuweisen haben.

Die Abgabenbehörde hat gemäß § 84 Abs. 1 BAO solche Personen als Bevollmächtigte abzulehnen, die die Vertretung anderer geschäftsmäßig, wenn auch unentgeltlich betreiben, ohne hiezu befugt zu sein.

Nach § 71 Abs. 1 WTBO werden die Befugnisse der Rechtsanwälte, Patentanwälte und Notare durch die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes nicht berührt. Gleiches gilt für die Befugnisse von Behörden und Körperschaften des öffentlichen Rechts, soweit sie im Rahmen ihres Aufgabenbereiches Hilfe oder Beistand in Steuersachen im Sinne der Abgabenordnung leisten, sowie der im § 107a Abs. 3 Z. 3 bis 9 der Abgabenordnung genannten Personen oder Stellen.

Nach § 321 Abs. 2 BAO erfahren die gemäß § 71 WTBO unberührt gebliebenen Befugnisse zur Vertretung vor Abgabenbehörden beziehungsweise zur Hilfe- oder Beistandsleistung in Abgabensachen durch das Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes keine Änderung; dies gilt auch für die im § 107a Abs. 3 Z. 3 bis 9 der Abgabenordnung genannten Personen und Stellen.

Gemäß § 107a Abs. 1 Satz 1 Abgabenordnung (AO), DRGBl 1931 I 161, bedürfen Personen, die geschäftsmäßig Hilfe in Steuersachen leisten, insbesondere Rat in Steuersachen erteilen, dazu der vorherigen Erlaubnis des Finanzamtes. Abs. 1 gilt nach Abs. 3 Z. 7 nicht für auf berufständischer oder ähnlicher Grundlage gebildete Vereinigungen oder Stellen, soweit sie im Rahmen ihres Aufgabenbereichs ihren Mitgliedern Hilfe in Steuersachen leisten. Nach Abs. 7 Satz 1 des § 107a AO umfaßte die Erlaubnis nach Abs. 1 Satz 1 nicht die Befugnis, als Bevollmächtigter vor Behörden aufzutreten.

Die Bestimmungen der §§ 83 f BAO regeln das Verhältnis gewillkürter Vertreter des Abgabepflichtigen zu den Abgabenbehörden. Bei einem derartigen Vertreter handelt es sich - sofern dies nicht im Einzelfall ausgeschlossen ist - um den Fall einer direkten Stellvertretung, bei der die Erklärung des Vertreters unmittelbare Wirkungen in der Person des Vertretenen erzeugt (vgl. Koziol-Welser, Grundriß des bürgerlichen Rechts I9 162).

Der beschwerdeführende Verein stützt eine seiner Meinung nach bestehende Vertretungsbefugnis auf § 107a Abs. 3 Z. 3 bis 9 AO. Zunächst mag dahingestellt bleiben, ob es sich bei dem beschwerdeführenden Verein, einer privatrechtlich organisierten Vereinigung von Grundbesitzern, wenn schon nicht um eine berufsständische, so doch um eine einer berufsständischen Vereinigung ähnliche private Körperschaft handelt (vgl. das zu einem "Schutzverband" von Steuerzahlern ergangene hg. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 7. April 1964, 495/63, Slg. 6286/A).

Abgesehen davon, daß im Beschwerdefall von vornherein nur die Z. 7 des § 107a Abs. 3 AO als Rechtsgrundlage für das Auftreten des Vereines in Betracht kommt, ist davon auszugehen, daß im § 321 Abs. 2 BAO hinsichtlich der inkraftbleibenden "Befugnisse zur Vertretung vor Abgabenbehörden beziehungsweise zur Hilfe- und Beistandsleistung in Abgabensachen" auf § 71 WTBO verwiesen wird. Die letztgenannte Gesetzesstelle sprach in ihrem zweiten Satz die Weitergeltung der Befugnisse unter anderem der im § 107a Abs. 3 Z. 7 AO genannten Personen oder Stellen aus.

Der historische Gesetzgeber hat in der Abgabenordnung klar und deutlich zwischen einer Vertretung vor Behörden durch Bevollmächtigte und einer bloßen Hilfeleistung in Steuersachen unterschieden. So war in § 107 AO die Vertretung gegenüber den Finanzbehörden geregelt (vgl. Kühn, Reichsabgabenordnung2, Stuttgart 1950, S. 86), wobei als Vertreter im wesentlichen Rechtsanwälte, Notare und Steuerberater in Betracht kamen. Hingegen regelte § 107a AO "zur Verhütung von Mißbräuchen auf dem Gebiete der Rechtsberatung" (Gesetz DRGBl 1935 I 1478) die geschäftsmäßig betriebene INTERNE HILFELEISTUNG in Steuersachen (vgl. Kühn, a.a.O., S. 93). In diesem Sinne waren die nach Abs. 1 des § 107a AO als "Helfer in Steuersachen" zugelassenen Personen nach der ausdrücklichen Bestimmung des folgenden Abs. 7 zur Vertretung vor Behörden, aber auch zu einer bloßen Beistandsleistung vor Behörden nicht befugt.

Nicht anders kann aber der im § 107a Abs. 3 Z. 7 AO verwendete Begriff "Hilfe in Steuersachen" verstanden werden. Als eine solche "Hilfe in Steuersachen" kommt somit nur eine im internen Bereich zwischen der Vereinigung (Stelle) und dem Steuerpflichtigen (dem Mitglied der Vereinigung) liegende Tätigkeit in Betracht. In diesem Sinne wird auch in den Bestimmungen der WTBO über die Befugnisse der einzelnen Arten von Wirtschaftstreuhändern, insbesondere z.B. im § 33 Abs. 1 lit. c WTBO zwischen Beratung und Hilfeleistung auf dem Gebiete des Abgabenrechtes einerseits und der Vertretung vor den Finanzbehörden des Bundes und der übrigen Gebietskörperschaften ausdrücklich unterschieden. Daraus folgt aber, daß eine "Hilfe in Steuersachen" im Sinne des § 107a Abs. 3 Z. 7 AO die Vertretung vor den Abgabenbehörden nicht einschließt.

Auf die vom Beschwerdeführer relevierte Frage, ob unter "eigenberechtigten Personen" im Sinne des § 83 Abs. 1 BAO auch juristische Personen zu verstehen sind - die belangte Behörde hat diese Frage unter Bezugnahme auf das hg. Erkenntnis vom 28. Juni 1968, 1380/66, verneint -, kommt es daher nicht mehr an. Die diesbezüglichen Ausführungen in der Beschwerdeergänzung, wonach bei verfassungskonformer Interpretation unter den als Vertreter nach § 83 Abs. 1 BAO in Betracht kommenden Personen neben natürlichen Personen auch juristische Personen zu verstehen sind, gehen damit ins Leere. Im übrigen ist die im gegebenen Zusammenhang vom Beschwerdeführer vertretene Auffassung, im Abgabenverfahren könne auch eine steuerrechtlich völlig unkundige natürliche Person als Parteienvertreter auftreten, insoweit unrichtig, als eine solche Person nicht als geschäftsmäßiger Vertreter für einen von vornherein unbestimmten Personenkreis tätig werden kann.

In der Beschwerdeschrift wird geltend gemacht, die vom Beschwerdeführer ausgeführte Vertretung sei weder berufsmäßig noch entgeltlich erfolgt. Dem ist entgegenzuhalten, daß Voraussetzung für die Ablehnung eines Vertreters nach § 84 Abs. 1 BAO weder ein "berufsmäßiges" noch ein entgeltliches, sondern vielmehr GESCHÄFTSMÄßIGES Auftreten ist. Dieses Tatbestandsmerkmal der Geschäftsmäßigkeit wird aber schon dann erfüllt, wenn aus den jeweiligen Umständen zu schließen ist, daß sich die Vertretung nicht nur auf einige bestimmte oder zumindest in einem bestimmten Zusammenhang anfallende Vertretungshandlungen bezieht, sondern einen Agendenkreis umfaßt, der verschiedene, nicht näher spezifizierte Vertretungshandlungen mit einer gewissen Häufigkeit erwarten läßt (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. Mai 1990, 89/14/0296). Geschäftsmäßig ist somit auch eine unentgeltliche Tätigkeit, soweit sie selbständig und nicht nur gelegentlich, sondern mit einer gewissen Häufigkeit vorgenommen wird (vgl. neuerlich das Erkenntnis Slg. Nr. 6286/A). Daß die Tätigkeit des Beschwerdeführers dieses Tatbestandsmerkmal erfüllt, geht aber aus den im angefochtenen Bescheid zitierten Statuten sowie der Sachverhaltsdarstellung in der Beschwerde und dem Vorbringen in der Beschwerdeergänzung selbst hervor.

Damit ist aber dargelegt, daß im Beschwerdefall der Tatbestand nach § 84 Abs. 1 BAO erfüllt war. Da somit schon der Inhalt der Beschwerde bzw. der Beschwerdeergänzung erkennen ließ, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war sie gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

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