VwGH 93/14/0216

VwGH93/14/021621.12.1993

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Hnatek, Dr. Karger, Dr. Baumann und Mag. Heinzl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Hutter, über die Beschwerde der R GmbH in H, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Tirol (Berufungssenat I) vom 7. September 1993, Zl. 30.526-3/93, betreffend Körperschaftsteuer 1986 und 1987, zu Recht erkannt:

Normen

AktG §126 Abs1;
EStG 1972 §27 Abs1 Z1;
EStG 1972 §4 Abs1;
EStG 1972 §4 Abs2;
EStG 1972 §6;
GmbHG §35;
KStG 1966 §22 Abs2;
KStG 1966 §8 Abs1;
AktG §126 Abs1;
EStG 1972 §27 Abs1 Z1;
EStG 1972 §4 Abs1;
EStG 1972 §4 Abs2;
EStG 1972 §6;
GmbHG §35;
KStG 1966 §22 Abs2;
KStG 1966 §8 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Die beschwerdeführende GmbH (Beschwerdeführerin) hatte auf Grund ihrer Jahresabschlüsse offene Gewinnausschüttungen an ihre Gesellschafter für 1986 von 7,2 Mio S und für 1987 von 12 Mio S beschlossen. 1992 fand bei ihr eine abgabenbehördliche Prüfung statt, die auch die erwähnten Jahre umfaßte. Auf Grund der Ergebnisse dieser Prüfung erhöhte das Finanzamt die Gewinne, und zwar für 1986 um S 94.300,--, weil Aufwendungen an Gesellschaftsteuer nicht als Betriebsausgaben anerkannt wurden und um S 1,862.451,-- sowie 1987 um S 474.384,-- wegen einer (unstrittigen) verdeckten Gewinnausschüttung (Bezahlung eines um 10 Mio S überhöhten Kaufpreises für Maschinen). Auf die hiedurch bewirkte Erhöhung des Einkommens brachte das Finanzamt nicht den gemäß § 22 Abs 2 KStG 1966 begünstigten (halben) Steuersatz zur Anwendung, obwohl die Beschwerdeführerin schon während des Prüfungsverfahrens erklärt hatte, den Mehrgewinn mit nachträglichem Gesellschafterbeschluß auszuschütten.

Die Beschwerdeführerin erhob Berufung. Sie behauptete, durch Gesellschafterbeschluß aus 1993 seien die Jahresabschlüsse 1986 und 1987 unter Berücksichtigung des Ergebnisses der Betriebsprüfung berichtigt und die Gewinnausschüttungen erhöht worden (1986: 9,2 Mio S, 1987: 12,242 Mio S). Es sei daher das gesamte Einkommen mit dem halben Steuersatz zu versteuern. Die Erhöhung der Ergebnisse in den berichtigten Jahresabschlüssen erreichte die Beschwerdeführerin durch Verminderung der Abschreibungen.

Die belangte Behörde gab der Berufung nur hinsichtlich des Jahres 1986, und zwar lediglich teilweise Folge, im übrigen wies sie die Berufung ab. Den Teilerfolg gründete die belangte Behörde auf die Berichtigung des Jahresabschlusses hinsichtlich der Nichtabzugsfähigkeit der Gesellschaftsteuer von S 94.300,--. Im übrigen sei die Berufung nicht berechtigt:

Soweit der steuerliche Gewinn 1986 nicht in der Summe aus ursprünglich ausgeschüttetem Gewinn und Handelsbilanzgewinnerhöhung auf Grund der Bilanzberichtigung Deckung finde, komme der halbe Steuersatz schon deshalb nicht zur Anwendung, weil hinsichtlich des übersteigenden Teiles eine nachträgliche Ausschüttung im Sinne des § 22 Abs 2 dritter Satz KStG 1966 vorliege, die dem Wirtschaftsjahr zuzurechnen sei, das der Beschlußfassung unmittelbar vorausgehe und daher für den Streitzeitraum ohne Wirkung sei.

Im übrigen führe die nach der Betriebsprüfung beschlossene Gewinnerhöhung nicht zum Hälftesteuersatz gemäß § 22 Abs 2 KStG 1966, weil es sich dabei um den unzulässigen Versuch handle, die verdeckte Gewinnausschüttung rückgängig zu machen um sie rückwirkend als offene Gewinnausschüttung behandeln zu können. Eine verdeckte Gewinnausschüttung könne jedoch nicht rückwirkend beseitigt werden. Vollzogene tatsächliche Handlungen könnten nicht rückwirkend auf einen anderen Zeitpunkt verlegt oder gar aufgehoben werden. Eine verdeckte Gewinnausschüttung müsse zuerst rückgängig gemacht werden, um über eine geänderte Handelsbilanz und einen diesbezüglichen Gewinnverteilungsbeschluß als offene Gewinnausschüttung behandelt werden zu können.

Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch diesen Bescheid in ihrem Recht darauf verletzt, daß auf das gesamte in beiden Jahren zu versteuernde Einkommen der halbe Körperschaftsteuersatz angewendet werde. Sie behauptet inhaltliche Rechtswidrigkeit und beantragt deshalb Bescheidaufhebung.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die belangte Behörde hat den Gewinnverteilungsbeschluß aus 1993 insoweit als nachträgliche Ausschüttung beurteilt, als der steuerliche Gewinn nicht in der Summe aus ursprünglich ausgeschüttetem Gewinn und Handelsbilanzgewinnerhöhung auf Grund der Bilanzberichtigung Deckung finde. Eine Unrichtigkeit dieser Beurteilung zeigt die Beschwerde nicht auf. Hat der ursprüngliche Gewinnverteilungsbeschluß für 1986 den laut Jahresabschluß zu verteilenden und den aus Vorjahren vorgetragenen Gewinn nicht ausgeschöpft, so liegt insofern im Gewinnverteilungsbeschluß aus 1993 eine nachträgliche Ausschüttung im Sinne des § 22 Abs 2 dritter Satz KStG 1966 (VwSlg. 4995 F/1976). Der belangten Behörde ist daher in der von ihr geäußerten Ansicht keine Rechtswidrigkeit unterlaufen. Daß der Sachverhalt den genannten Voraussetzungen nicht entsprochen hätte, behauptet die Beschwerdeführerin nicht.

Im übrigen hat die belangte Behörde die Abweisung der Berufung auf die Ansicht gestützt, es handle sich bei der "Bilanzberichtigung" um den untauglichen Versuch, rückwirkend eine verdeckte Gewinnausschüttung in eine offene Gewinnausschüttung zu verwandeln. Die Beschwerdeführerin bestreitet nicht, daß die Bilanzberichtigungen aus 1993 dazu gedient haben, die im angefochtenen Bescheid als unbestritten bezeichnete verdeckte Gewinnausschüttung nachträglich und mit Wirkung zu den Stichtagen der Jahresabschlüsse 1986 und 1987 in offene Ausschüttungen zu verwandeln.

Voraussetzung für die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes nach § 22 Abs 2 KStG 1966 ist ein sowohl formal als auch inhaltlich dem Handelsrecht entsprechender Gewinnverteilungsbeschluß. Demnach sind Ausschüttungen nur dann als unzulässig anzusehen, wenn sich die Gewinnverteilung auf einen handelsrechtlich nicht ordnungsgemäß festgestellten Jahresabschluß bezieht bzw. wenn der Ausschüttungsbeschluß sonstigen handelsrechtlichen Vorschriften widerspricht. Die Frage der Bilanzänderung im Sinne des § 4 Abs 2 zweiter Satz EStG 1972 stellt sich daher bei Anwendung des § 22 Abs 2 KStG 1966 nicht (vgl. Verwaltungsgerichtshof 24. Februar 1993, 92/13/0118).

Verdeckte Gewinnausschüttungen sind alle außerhalb der gesellschaftsrechtlichen Gewinnverteilung gelegenen Zuwendungen einer Körperschaft an Anteilsinhaber, die das Einkommen der Körperschaft vermindern und ihre Wurzel in der Anteilsinhaberschaft haben. Zu einer Berichtigung der Handelsbilanz könnte es bei einer verdeckten Gewinnausschüttung nur kommen, wenn der Rückforderungsanspruch zum Bilanzstichtag bereits den Charakter eines Vermögensgegenstandes hätte. Ähnlich dem Wirtschaftsgut muß ein Vermögensgegenstand Bewertbarkeit aufweisen, es muß sich um einen Gegenstand handeln, den man sich im kaufmännischen Leben "etwas kosten läßt" und den man letztlich - insbesondere im Bereich der Forderungen - wertmäßig auch realisieren kann. Ist ein Anspruch überhaupt nicht bekannt oder wird dieser bewußt unterdrückt bzw. negiert, so handelt es sich dabei mangels Bewertbarkeit bzw. Realisierungsabsicht weder um einen Vermögensgegenstand noch um ein Wirtschaftsgut. Daraus folgt, daß Rückforderungsansprüche aus verdeckter Gewinnausschüttung, zumindest solang sie verdeckt bleiben, keine bilanzierungsfähigen Vermögensgegenstände (Wirtschaftsgüter) darstellen. Die verdeckte Gewinnausschüttung zieht daher keineswegs automatisch die Einstellung eines Rückforderungsanspruches nach sich. Sie bewirkt somit auch keine bloße Vermögensumschichtung, sondern eine Vorteilszuwendung der Körperschaft an den Anteilsinhaber, die die entsprechenden steuerlichen Konsequenzen auslöst. Wird der handelsrechtliche Rückgriffsanspruch in weiterer Folge tatsächlich durchgesetzt, handelt es sich um eine Einlage (vgl. Putschögl-Bauer-Mayr, Die Körperschaftsteuer, Kommentar zum KStG 1966, Rz 43 und 48 zu § 8). Der Verwaltungsgerichtshof hat daher schon mehrfach erkannt, daß eine bereits bewirkte verdeckte Gewinnausschüttung nicht mit steuerlicher Wirkung rückgängig gemacht werden kann, es sei denn, die Körperschaft fordert diese noch vor dem Bilanzstichtag zurück und bilanziert eine Rückzahlungsforderung (Erkenntnis vom 19. Mai 1987, 86/14/0179, ÖStZB 1988, 135; 3. Juli 1991, 90/14/0221).

Eine Berichtigung der Handelsbilanz für das Jahr der verdeckten Gewinnausschüttung ist daher dann, wenn die Ausschüttung über den Bilanzstichtag hinaus verdeckt bleibt, nicht möglich. Da die verdeckte Gewinnausschüttung erst im Zuge der abgabenbehördlichen Prüfung im Jahre 1992 aufgedeckt wurde, widerspricht die Bilanzberichtigung im Jahre 1993, die darauf abzielte, die der verdeckten Gewinnausschüttung entsprechende Gewinnerhöhung bereits in den Jahresabschlüssen für 1986 und 1987 zur Darstellung zu bringen, handelsbilanzrechtlichen Vorschriften. Da ein den handelsrechtlichen Vorschriften entsprechender Gewinnverteilungsbeschluß eine diesen Vorschriften entsprechende Gewinnfeststellung zur Voraussetzung hat, es im Beschwerdefall aber an dieser Voraussetzung hinsichtlich der Bilanzberichtigungen aus 1993 fehlt, hat die belangte Behörde zu Recht die Anwendung des begünstigten Steuersatzes im Sinne des § 22 Abs 2 KStG 1966 verweigert.

Der Verwaltungsgerichtshof stimmt also im Ergebnis Bergmann (ÖStZ 1988, 318) und nicht Houf (SWK 1988, A 1 113) zu.

Der Beschwerde läßt sich daher keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides entnehmen.

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

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