VwGH 93/04/0023

VwGH93/04/002325.2.1993

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Salcher und die Hofräte Dr. Griesmacher und Dr. Weiss als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, in der Beschwerdesache des N in S, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in I, gegen den Gemeindevorstand der Gemeinde S wegen Verletzung der Entscheidungspflicht betreffend die Vorverlegung einer Sperrstunde, den Beschluß gefaßt:

Normen

AVG §73 Abs2;
GdO Tir 1966 §46;
VwGG §27;
AVG §73 Abs2;
GdO Tir 1966 §46;
VwGG §27;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

In der vorliegenden - inhaltlich - auf Art. 132 B-VG gestützten, gegen den "Gemeindevorstand der politischen Gemeinde S" als belangte Behörde gerichteten Beschwerde wird vorgebracht, der Bürgermeister der Gemeinde S habe mit Bescheid vom 16. Jänner 1992 als Gewerbebehörde gemäß § 337 GewO 1973 i. V.m. § 46 TGO 1960 (richtig: 1966) gemäß § 198 Abs. 5 GewO 1973 entschieden, daß die durch den Landeshauptmann von Tirol mit Sperrzeitenverordnung 1975, LGBl. Nr. 23 in der Fassung LGBl. Nr. 27/1991, mit spätestens 03.00 Uhr festgesetzte Sperrstunde für den Gastgewerbebetrieb "XY" im Standort S in der Betriebsart "Bar" des Beschwerdeführers auf 02.00 Uhr vorverlegt werde. Gleichzeitig sei ausgesprochen worden, daß gemäß § 64 Abs. 2 AVG einer allfälligen Berufung die aufschiebende Wirkung aberkannt werde. Gegen diesen Bescheid habe der Beschwerdeführer rechtzeitig am 27. Jänner 1992 Berufung erhoben, wobei der damit bekämpfte Bescheid seinem ganzen Inhalt nach angefochten worden sei. Gleichzeitig sei mit Eingabe vom 19. Februar 1992 ein Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Berufung gegen den vorbezeichneten Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde S vom 16. Jänner 1992 gestellt und um ehestmögliche Entscheidung ersucht worden. Der Bürgermeister der Gemeinde S habe "dann überhaupt keine Entscheidung über diese Berufung getroffen", weshalb der Beschwerdeführer am 31. Juli 1992 "einen Devolutionsantrag an den Gemeindevorstand der politischen Gemeinde S mit dem Antrag auf Übergang der Zuständigkeit zur Entscheidung über die von ihm gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde S vom 16. 1. 1992, Zl. 523/1992, erhobenen Berufung an den Gemeinderat der Gemeinde S als zuständiger Oberbehörde" gestellt habe. Aber auch "vom Gemeindevorstand der politischen Gemeinde S" sei innerhalb der Frist von sechs Monaten überhaupt keine Entscheidung getroffen worden. Lediglich mit Schreiben des Bürgermeisters der Gemeinde S vom 24. September 1992 sei dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers mitgeteilt worden, daß der Devolutionsantrag betreffend die Sperrstundenvorverlegung "als eigener Tagesordnungspunkt am 30.9.1992 im Gemeinderat behandelt werde". Eine weitere Reaktion sei seitens der Gemeinde S nicht erfolgt, insbesondere sei keine Entscheidung gefällt worden. Es werde daher folgender Antrag gestellt.

"Der Verwaltungsgerichtshof wolle in Form einer Sachentscheidung über die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde S vom 16. Jänner 1992, Zl. 523/1992, dergestalt entscheiden, daß der Berufung zur Gänze Folge gegeben werde, der angefochtene Bescheid aufgehoben werde und in der Sache selbst ausgesprochen werde, daß keine Sperrstundenvorverlegung auf 2 Uhr erfolgt, sondern vielmehr die Sperrstunde lt. Sperrzeitenverordnung des Landeshauptmannes von Tirol in der Fassung LGBl. Nr. 27/1991 mit 3 Uhr festzusetzen."

Gemäß § 27 VwGG kann Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht (Säumnisbeschwerde) nach Art. 132 B-VG erst erhoben werden, wenn die oberste Behörde, die im Verwaltungsverfahren, sei es im Instanzenzug, sei es im Weg eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht, angerufen werden konnte, von der Partei angerufen worden ist und nicht binnen sechs Monaten in der Sache entschieden hat. Nach § 73 Abs. 1 AVG sind die Behörden, wenn in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, verpflichtet, über Anträge von Parteien und Berufungen ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber sechs Monate nach deren Einlagen den Bescheid zu erlassen. Wird der Partei innerhalb dieser Frist der Bescheid nicht zugestellt, so geht nach Anordnung des Abs. 2 dieses Paragraphen auf ihren schriftlichen Antrag die Zuständigkeit zur Entscheidung auf die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde über.

Gemäß § 46 Tiroler Gemeindeordnung 1966 (TGO 1966) i.d.F. LGBl. Nr. 8/1973 ist, soweit gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, der Bürgermeister zur Erlassung der Bescheide in allen Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches zuständig. Über Berufungen hat der Gemeindevorstand (Stadtrat) zu entscheiden. Die letztinstanzlichen Entscheidungen haben eine Belehrung über die Bestimmungen des § 112 Abs. 1 und 2 (Vorstellungsbelehrung) zu enthalten. Die in den verfahrensgegenständlichen Bestimmungen vorgesehenen oberbehördlichen Befugnisse übt in allen Fällen der Gemeinderat aus.

Gemäß § 337 GewO 1973 sind u.a. die im § 198 leg. cit. festgelegten Aufgaben der Gemeinde mit Ausnahme der Durchführung des Verwaltungsstrafverfahrens solche des eigenen Wirkungsbereiches.

Gegenstand der vorliegenden Säumnisbeschwerde ist die Geltendmachung der Verletzung der Entscheidungspflicht in Ansehung einer Sachentscheidung über die vom Beschwerdeführer gegen den vorbezeichneten, im Grunde des § 198 Abs. 5 ergangenen Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde S vom 16. Jänner 1992. Wenn also nach dem Beschwerdevorbringen über diese Berufung seitens des gemäß § 46 TGO 1966 in der vorangeführten Fassung hiefür zuständigen Gemeindevorstandes der Gemeinde S nicht entschieden wurde, konnte und mußte der Beschwerdeführer wegen der Verletzung der Entscheidungspflicht zunächst den Gemeinderat der Gemeinde S als zuständige Oberbehörde mit nach § 73 Abs. 2 AVG unmittelbar bei diesem einzubringenden Devolutionsantrag anrufen, ehe er nach § 27 VwGG Säumnisbeschwerde gegen diesen erheben konnte.

Ausgehend von dem dargestellten Beschwerdeinhalt war daher die vorliegende, sowohl nach der Bezeichnung im Rubrum des Beschwerdeschriftsatzes als auch nach dem darauf Bezug habenden einleitenden Beschwerdevorbringen gegen den "Gemeindevorstand der Gemeinde S" erhobene Säumnisbeschwerde - unabhängig von der Frage, ob ein rechtswirksamer Devolutionsantrag im Sinne des § 73 Abs. 2 AVG eingebracht wurde, wofür das dargestellte, in diesem Zusammenhang erstattete Beschwerdevorbringen keinen schlüssigen Hinweis erkennen läßt - jedenfalls schon im Hinblick darauf gemäß § 34 Abs. 1 VwGG wegen offenbarer Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

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